Entscheidungsdatum: 25.06.2015
1. Das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 24. September 2014 - 22 C 8352/14 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Das Urteil wird aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht Düsseldorf zurückverwiesen.
2. Das Land Nordrhein-Westfalen hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.
I.
1. Das Ausgangsverfahren betrifft einen Rechtsstreit mit einem 600 Euro nicht übersteigenden Streitwert (vgl. § 495a ZPO). Die Beschwerdeführerin stellte einen Antrag auf mündliche Verhandlung. Gleichwohl entschied das Amtsgericht durch das angegriffene Urteil, ohne zuvor eine solche durchgeführt zu haben, und wies die Klage ab.
Die Beschwerdeführerin erhob Anhörungsrüge und rügte die unterbliebene mündliche Verhandlung. Durch nicht explizit angegriffenen Beschluss wies das Amtsgericht die Anhörungsrüge auf Kosten der Beschwerdeführerin als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es an, es habe weder das rechtliche Gehör verletzt noch wäre eine solche Verletzung entscheidungserheblich gewesen.
2. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör.
3. Der Kammer liegt die Akte des Ausgangsverfahrens vor. Die Gegenpartei, die die Verfassungsbeschwerde für unbegründet hält, und das Land Nordrhein-Westfalen hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
II.
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des grundrechtsgleichen Rechts der Beschwerdeführerin aus Art. 103 Abs. 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden. Ausgehend davon ist die Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet.
1. Gemäß § 495a Satz 1 ZPO kann das Gericht sein Verfahren nach billigem Ermessen bestimmen, wenn der Streitwert 600 Euro nicht übersteigt. Nach Satz 2 der Vorschrift muss auf Antrag mündlich verhandelt werden.
Aus Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. Art. 6 Abs. 1 EMRK) folgt nicht unmittelbar ein Anspruch auf eine mündliche Verhandlung (vgl. BVerfGE 5, 9 <11>; 21, 73 <77>; 36, 85 <87>; 60, 175 <210>; 89, 381 <391>; 112, 185 <206>). Es ist vielmehr Sache des Gesetzgebers, zu entscheiden, in welcher Weise das rechtliche Gehör gewährt werden soll (vgl. BVerfGE 9, 89 <95 f.>; 60, 175 <210 f.>; 67, 208 <211>; 74, 1 <5>; 89, 381 <391>). Hat eine mündliche Verhandlung jedoch von Gesetzes wegen stattzufinden, wie dies in den Fällen des § 495a Satz 2 ZPO auf Antrag einer Partei vorgeschrieben ist, begründet der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG ein Recht auf Äußerung in der mündlichen Verhandlung und zugleich auf deren Durchführung durch das Gericht. Da die nach § 495a Satz 2 ZPO beantragte Verhandlung zwingend durchzuführen ist, muss mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung dann nicht gerechnet werden (vgl. BVerfGK 19, 377 <381 ff.> m.w.N.).
2. Gemessen daran hat das Amtsgericht den Gehörsanspruch der Beschwerdeführerin aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Gemäß § 495a Satz 2 ZPO musste es dem Antrag der Beschwerdeführerin entsprechend vor seinem Urteil zunächst mündlich verhandeln. Die Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung war zur Wahrung des rechtlichen Gehörs der Beschwerdeführerin verfassungsrechtlich geboten.
Die Entscheidung beruht auch auf dem Gehörsverstoß. Unterbleibt eine einfachrechtlich zwingend gebotene mündliche Verhandlung, kann in aller Regel nicht ausgeschlossen werden, dass bei Durchführung der mündlichen Verhandlung eine andere Entscheidung ergangen wäre. Eines substantiierten Vortrags des Betroffenen, welcher entscheidungserhebliche Vortrag ihm durch das Unterbleiben der mündlichen Verhandlung abgeschnitten worden sei, bedarf es in diesen Fällen nicht. Denn die mündliche Verhandlung hat grundsätzlich den gesamten Streitstoff in prozess- und materiellrechtlicher Hinsicht zum Gegenstand. Sie kann so je nach Prozesslage, Verhalten der Gegenseite und Hinweisen des Gerichts zu weiterem Sachvortrag, Beweisanträgen und Prozesserklärungen führen, ohne dass dies im Einzelnen sicher vorhersehbar wäre. Der schlichte Hinweis des Amtsgerichts auf die fehlende Entscheidungserheblichkeit kann die in diesen Fällen bestehende Beruhensvermutung nicht entkräften.
III.
Die Entscheidung über die Erstattung der Auslagen der Beschwerdeführerin folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.