Entscheidungsdatum: 11.03.2010
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, denn sie ist unzulässig. Sie ist nicht im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG hinreichend begründet.
1. Nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG muss sich die Verfassungsbeschwerde mit dem zugrunde liegenden einfachen Recht sowie mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung des vorgetragenen Sachverhalts auseinandersetzen und hinreichend substantiiert darlegen, dass eine Grundrechtsverletzung möglich erscheint (vgl. BVerfGE 89, 155 <171>). Der Beschwerdeführer muss darlegen, mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die angegriffene Maßnahme kollidiert (vgl. BVerfGE 108, 370 <386>). Soweit das Bundesverfassungsgericht für bestimmte Fragen bereits verfassungsrechtliche Maßstäbe entwickelt hat, muss anhand dieser Maßstäbe aufgezeigt werden, inwieweit Grundrechte durch die angegriffene Maßnahme verletzt werden (vgl. BVerfGE 99, 84 <87>; 101, 331 <346>; 102, 147 <164>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 2. September 2009 - 1 BvR 1997/08 -, juris, Rn. 5). Bei Urteilsverfassungsbeschwerden ist zudem in der Regel eine ins Einzelne gehende argumentative Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung erforderlich (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 28. Februar 2008 - 1 BvR 1778/05 -, juris, Rn. 2 m.w.N.).
2. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
a) Die Ausführungen zu einer Verletzung des in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltenen Diskriminierungsverbots durch die angebliche Besserstellung berufstätiger Eltern gegenüber Eltern, die während der ersten drei Lebensjahre ihres Kindes keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, bei der Bestimmung der Höhe des Bemessungsentgelts nach §§ 130, 132 SGB III in der Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl I S. 2848) gehen nicht auf die vom Bundesverfassungsgericht insoweit entwickelten Grundsätze ein. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist Art. 6 Abs. 1 GG in seiner Funktion als Diskriminierungsverbot nicht einschlägig, wenn es um den Vergleich von Personengruppen geht, die gleichermaßen von Art. 6 Abs. 1 GG geschützt sind (vgl. BVerfGE 9, 237 <242 f.>; 11, 64 <69>; 29, 71 <79>; 45, 104 <126>). Das Bundesverfassungsgericht hat sogar entschieden, dass sich in solchen Fällen wegen der Gleichrangigkeit des durch das Grundgesetz gewährleisteten Schutzes gar keine besonderen Anforderungen an die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers aus Art. 6 Abs. 1 GG herleiten lassen (vgl. BVerfGE 66, 84 <94 f.>).
Unsubstantiiert ist der Einwand, durch §§ 130, 132 SGB III werde in die Entscheidungsfreiheit der Eltern, ob sie wegen der Betreuung ihrer Kinder auf eine Erwerbstätigkeit verzichten wollen, eingegriffen. Warum in der Gewährung einer Sozialleistung, die bei Fortsetzung der Erwerbstätigkeit höher ausgefallen wäre, ein abwehrrechtlich relevanter Eingriff in das aus Art. 6 Abs. 1 GG folgende Freiheitsrecht (vgl. z.B. BVerfGE 80, 81 <92>) liegen soll, legt die Beschwerdeführerin nicht dar. Sie setzt sich auch nicht damit auseinander, dass das Bundesverfassungsgericht die Frage der hinreichenden Berücksichtigung der Erziehung und Betreuung von Kindern auf der Leistungsseite im Sozialversicherungsrecht bislang nicht an dem aus Art. 6 Abs. 1 GG folgenden Abwehrrecht gemessen hat (vgl. BVerfGE 87, 1 <35 ff.>; 103, 242 <258 ff.>; 109, 96 <125 f.>).
b) Hinsichtlich des als verletzt gerügten Art. 6 Abs. 4 GG fehlt es an einer Auseinandersetzung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Danach können aus Art. 6 Abs. 4 GG für Sachverhalte, die nicht allein Mütter betreffen, keine besonderen Rechte hergeleitet werden (vgl. BVerfGE 87, 1 <42>; 94, 241 <259>). Obwohl das Bundessozialgericht sich ausdrücklich auf diese Rechtsprechung bezogen hat, erwähnt sie die Beschwerdeführerin ebenso wenig wie die daraus in der Literatur gezogene Schlussfolgerung, Belastungen, die der Mutter durch die Betreuung und Erziehung des Kindes entstünden, eröffneten den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 4 GG nicht, da sie auch Väter gleichermaßen treffen könnten (vgl. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl. 2009, Art. 6 Rn. 53 m.w.N.). Im Falle der Beschwerdeführerin sind es zudem nicht die Mutterschutzfristen nach § 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 MuSchG, die dazu führen, dass nach § 132 Abs. 1 SGB III ein fiktives Arbeitsentgelt als Bemessungsentgelt anzusetzen ist. Diese lagen vielmehr, wie das Bundessozialgericht festgestellt hat, außerhalb des erweiterten Bemessungsrahmens nach § 130 Abs. 3 Satz 1 SGB III.
c) Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG, eventuell in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG, geltend macht, sie werde zum Einen im Verhältnis zu Versicherten, die bis zum Zeitpunkt der Entstehung der Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld durchgehend voll erwerbstätig waren, ohne sachlichen Grund benachteiligt und zum Anderen in verfassungswidriger Weise mit Versicherten mit lückenhafter und prekärer Erwerbsbiographie, die ihre Erwerbstätigkeit unfreiwillig häufiger unterbrächen, gleich behandelt, sind ihre Ausführungen unzureichend.
Es fehlt an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit den ausführlichen Erwägungen des Bundessozialgerichts zum Vorliegen
eines sachlichen Grundes. Diesen leitet das Bundessozialgericht aus der Funktion des Arbeitslosengeldes als Lohnersatzleistung
ab: Das Arbeitslosengeld solle das Arbeitsentgelt ersetzen, das der Arbeitslose wegen der Arbeitslosigkeit aktuell, also in
einer potentiellen neuen Beschäftigung, nicht erzielt (sog. Entgeltausfallprinzip, siehe auch BTDrucks 13/5062, S. 6; BVerfG,
Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 15. Februar 1993 - 1 BvR 1754/92 -, juris, Rn. 6). Dem im Bemessungszeitraum
erzielten Arbeitsentgelt messe das Gesetz grundsätzlich Indizwirkung in dem Sinne bei, dass es typisierend das Arbeitsentgelt
anzeige, das der Arbeitslose, hätte er Arbeit, auch aktuell erzielen könnte. Bei länger zurück liegenden Bemessungsentgelten
sei jedoch die Vermutung nicht mehr gerechtfertigt, dass der Arbeitslose dieses Bemessungsentgelt auch in Zukunft verdienen
könne. Diese Überlegungen hätten auch früheren Regelungen (§ 112 Abs. 7 2. Alt. Arbeitsförderungsgesetz
Diese Erwägungen gibt die Beschwerdeführerin nur verkürzt und unzutreffend wieder, indem sie ausführt, das Bundessozialgericht erwähne das Risiko des Qualifikationsverlustes, was jedoch als sachlicher Grund nicht ausreiche. Den entscheidenden Ansatz des Bundessozialgerichts erörtert sie nicht. Das Bundessozialgericht hat nicht etwa darauf abgestellt, dass Versicherte, die, wie die Beschwerdeführerin, wegen der Betreuung und Erziehung ihrer Kinder mit der Erwerbstätigkeit aussetzen, ihre einmal erworbenen Qualifikationen verlören. Vielmehr hat es sich darauf gestützt, dass der Gesetzgeber typisierend davon ausgehe, dass bei einer mehrjährigen Unterbrechung des Erwerbslebens ein nahtloser Wiedereinstieg in die bisherige Berufsbiographie, insbesondere mit einem unveränderten Marktwert der angebotenen Arbeitsleistung, nicht als gesichert gelten könne. Der Marktwert der angebotenen Arbeitsleistung kann sich auch durch andere Umstände als den Verlust von Kenntnissen und Fertigkeiten durch fehlende Ausübung einer Erwerbstätigkeit verringern, z.B. durch einen zunehmenden Überhang von Bewerbern, veränderte Arbeitsbedingungen und gesamtwirtschaftliche Lohnschwankungen. Warum die vom Bundessozialgericht angenommene Sichtweise des Gesetzgebers die verfassungsrechtlichen Grenzen zulässiger Typisierung (vgl. hierzu z.B. BVerfGE 17, 1 <23 f.>; 111, 115 <137>) überschreiten soll, legt die Beschwerdeführerin nicht dar.
Vor diesem Hintergrund sind auch die Ausführungen der Beschwerdeführerin zu einer angeblich unzulässigen Gleichbehandlung mit Versicherten, die aus anderen Gründen Lücken in ihrer Erwerbsbiographie aufweisen, nicht nachvollziehbar. Warum in Anbetracht der vom Bundessozialgericht herausgearbeiteten Intention des Gesetzgebers dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin ihr Beschäftigungsverhältnis freiwillig wegen der Betreuung und Erziehung ihres Kindes unterbrochen habe, für die Bestimmung der Höhe des Arbeitslosengeldes entscheidende Bedeutung zukommen soll, legt die Beschwerdeführerin nicht dar.
Soweit die Beschwerdeführerin bemängelt, die arbeitsrechtlichen Regelungen über die Inanspruchnahme von Elternzeit und die Regelungen über die Bestimmung des Bemessungsentgelts als Grundlage für die Höhe des Arbeitslosengeldes seien nicht kohärent, setzt sie sich nicht mit der vom Bundessozialgericht zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auseinander, wonach Art. 3 Abs. 1 GG den Gesetzgeber, der sich im Rahmen seines Ermessens bei der Ausgestaltung von staatlichen Leistungen für eine familienpolitische Förderung durch Gewährung von Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub entschieden hat, nicht verpflichtet, diese Förderung auch im Zusammenhang mit anderen sozialrechtlichen Regelungen uneingeschränkt zur Geltung zu bringen (vgl. BVerfGK 4, 215 <218 f.>).
Die Beschwerdeführerin erörtert schließlich nicht, dass, wie das Bundessozialgericht hervor gehoben hat, Eltern in der Arbeitslosenversicherung seit dem 1. Januar 2003 dadurch begünstigt werden, dass sie zum Einen während der Erziehungszeit nach § 26 Abs. 2a SGB III in einem Versicherungspflichtverhältnis stehen und so die Anwartschaftszeit nach §§ 123, 124 SGB III für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld dem Grunde nach auch ohne Erwerbstätigkeit erfüllen können und sich zum Anderen die Höhe des Arbeitslosengeldes nach einem Arbeitsentgelt richtet, bei dem der Gesetzgeber typisierend davon ausgeht, dass es dem aktuellen Marktwert der Arbeitsleistung in Abhängigkeit von der beruflichen Qualifikation entspricht. Gegen die gesetzlich bestimmte Höhe des anzusetzenden fiktiven Arbeitsentgelts nach § 132 Abs. 2 SGB III hat die Beschwerdeführerin keine verfassungsrechtlichen Einwände erhoben.
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.