Bundesverfassungsgericht

Entscheidungsdatum: 09.03.2015


BVerfG 09.03.2015 - 1 BvR 2819/14

Stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch Nichtberücksichtigung erstinstanzlichen Parteivorbringens durch das Berufungsgericht


Gericht:
Bundesverfassungsgericht
Spruchkörper:
1. Senat 2. Kammer
Entscheidungsdatum:
09.03.2015
Aktenzeichen:
1 BvR 2819/14
ECLI:
ECLI:DE:BVerfG:2015:rk20150309.1bvr281914
Dokumenttyp:
Stattgebender Kammerbeschluss
Vorinstanz:
vorgehend LG Frankfurt (Oder), 27. März 2014, Az: 15 S 102/13, Urteil
Zitierte Gesetze

Tenor

1. Das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 27. März 2014 - 15 S 102/13 - verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Frankfurt (Oder) zurückverwiesen. Damit wird der Beschluss des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 26. September 2014 - 15 S 102/13 - gegenstandslos.

2. Das Land Brandenburg hat die notwendigen Auslagen der Beschwerdeführer zu erstatten.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Gewährung rechtlichen Gehörs in einem Zivilrechtsstreit aus dem Nachbarschaftsrecht.

2

1. a) Die Beschwerdeführer, die Beklagte des Ausgangsverfahrens waren, und die Kläger des Ausgangsverfahrens sind seit dem Jahr 2000 Grundstücksnachbarn. Eine Zufahrt von der öffentlichen Straße auf das Grundstück der Kläger ist nur über das Grundstück der Beschwerdeführer möglich. Das Grundstück der Beschwerdeführer wird im Norden durch eine Mauer von einem im Eigentum eines Dritten stehenden Grundstücks getrennt. Auf dem Grundstück der Beschwerdeführer befindet sich in einer Breite von 1 bis 1,15 m an dieser Grenzmauer ein Beet. An das Beet schließt sich eine gepflasterte Einfahrt an. Diese wird auf der dem Beet gegenüberliegenden Seite an ihrer schmalsten Stelle von 2,5 m Breite durch den Haustritt der Beschwerdeführer begrenzt. Über diese Einfahrt erfolgt seit ihrem Einzug die Zufahrt der Kläger zu ihrem Grundstück. In der Folgezeit entstand Streit zwischen den Parteien über die Berechtigung der Kläger, das Grundstück der Beschwerdeführer zu befahren. In einem Rechtsstreit wurden die Beschwerdeführer im Jahr 2009 durch das Landgericht Frankfurt (Oder) (6a S 319/04) verurteilt, dem Eigentümer des Grundstücks der Kläger eine beschränkte Grunddienstbarkeit zu bewilligen, wonach dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks der Kläger das Befahren und Begehen auf einem 3 m breiten Streifen entlang der Nordgrenze des dienenden Grundstücks der Beschwerdeführer gestattet werde. Die Grunddienstbarkeit wurde mit diesem Inhalt im Grundbuch eingetragen. Die Zufahrt der Kläger zu ihrem Grundstück erfolgte danach weiter über die gepflasterte Einfahrt.

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b) Im Jahr 2010 begehrten die Kläger von den Beschwerdeführern im Klageweg vor dem Amtsgericht Bernau (10 C 1302/10) die Beseitigung aller Anpflanzungen, die sich entlang der Nordgrenze auf dem 3 m breiten Streifen - also einschließlich des Beetes - befänden, da sie sonst nur ihr Fahrrecht in einer Breite von 2 bis 2,5 m entlang der Grenze ausüben könnten. Der Rechtsstreit wurde am 26. April 2012 vor dem Amtsgericht durch einen Vergleich beendet. Darin verpflichteten sich die Beschwerdeführer in Ziffer 1 unter anderem, "alle Anpflanzungen und Feldsteine, die sich auf dem 3 m breiten Streifen entlang der Nordgrenze … befinden, zu beseitigen. Diesbezüglich sind die Gehölzer mit Wurzeln zu entfernen, im Übrigen genügt ein Abmähen". In Ziffer 3 des Vergleichs heißt es: "Die Parteien verpflichten sich, auf Grundlage von § 19 des notariellen Vertrages vom 30. Dezember 1992 zukünftig die Ausübung zu regeln". In § 19 des notariellen Vertrages vom 30. Dezember 1992, mit welchem der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer das Grundstück erworben hatte, ist die Bestellung einer Grunddienstbarkeit für ein Fahr- und Wegerecht auf 3 m Breite für das nun im Eigentum der Kläger stehende Grundstück geregelt. In der entsprechenden Anlage ist die zu bestellende Grunddienstbarkeit beginnend an der Nordgrenze des Grundstücks der Beschwerdeführer eingezeichnet, umfasst also vollständig das bis zu 1,15 m breite Beet.

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Die Beschwerdeführer erfüllten nachfolgend ihre Pflichten aus dem Vergleich, entfernten alle Gehölze und mähten die übrigen Pflanzen ab, so dass aus dem bepflanzten Beet ein mit Unkraut bewachsener Erdstreifen wurde. Im August 2012 stellten die Beschwerdeführer in ihrer gepflasterten Einfahrt auf der Seite ihres Hauses einen Blumenkübel und ein Sichtschutzelement mit einem Abstand von 3 m zur Grundstücksnordgrenze auf, so dass diese Gegenstände zum Teil auf der gepflasterten Fahrspur der Einfahrt stehen.

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c) Die Kläger begehrten im Ausgangsverfahren - soweit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren von Belang - die Entfernung dieser Hindernisse, da diese die gepflasterte Einfahrt auf eine Breite von 2 beziehungsweise 2,19 m einengten und somit ihr Wegerecht beeinträchtigten. Die Beschwerdeführer traten dem in der Klageerwiderung entgegen und beriefen sich darauf, dass den Klägern nur ein Wegerecht von 3 m Breite ab der Grundstücksnordgrenze zustünde. Die Kläger hätten in dem durch den Vergleich beendeten Verfahren vor dem Amtsgericht Bernau (10 C 1302/10) auf einer Entfernung aller Pflanzen des Beetes an der Grundstücksgrenze mit der Begründung bestanden, dass das Beet von ihrem Fahr- und Wegerecht, gemessen 3 m von der Nordgrenze, umfasst sei.

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Das Amtsgericht wies die Klage ab. Das Wegerecht sei weder durch den Blumenkübel noch das Sichtschutzelement beeinträchtigt. Den Klägern stehe nur ein Wegerecht in 3 m Breite ab der Grundstücksgrenze zu. Das ergebe sich aus dem Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) (6a S 319/04), in welchem die beschränkte Dienstbarkeit zum Befahren und Begehen des dienenden Grundstücks für den Eigentümer des herrschenden Grundstücks auf einem 3 m breiten Streifen "entlang der Nordgrenze" bewilligt worden sei. Dies sei einer Auslegung nur dahin zugänglich, dass damit der 3 m breite Streifen an der Nordgrenze beginne und nicht irgendwo weiter weg auf dem Grundstück der Beschwerdeführer. Soweit die Beschwerdeführer jahrelang eine Nutzung des Wegerechts durch Befahren der Einfahrt gewährt hätten, handele es sich nur um eine einseitig gewährte anderweitige Nutzung, die jederzeit kündbar gewesen sei. Die Kündigung sei durch die Beschwerdeführer konkludent durch das Aufstellen des Blumenkübels und des Sichtschutzelements erfolgt.

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d) Auf die Berufung der Kläger wies das Landgericht erstmals in der mündlichen Verhandlung darauf hin, dass die Berufung Erfolg haben werde und regte eine gütliche Einigung bis zum Verkündungstermin an. Diese kam nicht zustande. In einem nicht nachgelassenen Schriftsatz beantragte der Prozessbevollmächtigte der Beschwerdeführer den Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung und trug den vollständigen Inhalt des Vergleichs vor dem Amtsgericht Bernau (10 C 1302/10) vor.

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Mit der angegriffenen Entscheidung änderte das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts ab und gab - soweit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren relevant - der Klage statt. Den Klägern stehe ein Anspruch auf Beseitigung beziehungsweise Rückbau des Blumenkübels und des Sichtschutzelements aus den §§ 1024, 1004 BGB zu. Der Inhalt von Grunddienstbarkeiten sei der Auslegung zugänglich. Allein nach dem Grundbucheintrag und der Eintragungsbewilligung sei die Ausübungsstelle des Wegerechts aber nicht in hinreichender Deutlichkeit definiert, da der Tenor des Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) (6a S 319/04) nicht eindeutig sei. "Entlang" der Nordgrenze bedeute nicht notwendig "ohne jeglichen Zwischenraum". Sicher sei, dass der Verlauf des Wegerechts parallel zur Grenze und in enger räumlicher Nähe erfolgen solle. Dieses Kriterium erfülle bezogen auf eine tatsächliche Breite des Wegerechts von 3 m der vorhandene Weg, der circa 50 bis 65 cm versetzt von der Nordgrenze errichtet worden sei. Jedenfalls könne der bei der Abgabe der Eintragungsbewilligung seit 10 Jahren tatsächlich existierende Verlauf des Weges als wichtiger Umstand für die Auslegung herangezogen werden. Es sei auch nicht erkennbar, dass die Parteien durch den Vergleich vor dem Amtsgericht Bernau (10 C 1302/10) die Ausübungsstelle des Wegerechts neu hätten regeln wollen. Es sei nicht treuwidrig, wenn die Kläger jetzt die Entfernung der Gegenstände forderten. Denn ihrer Einlassung nach hätten sie das Verfahren vor dem Amtsgericht nur insoweit betrieben, als ihr Wegerecht in Ansehung einer gesamten Breite von 3 m von den aus dem Beet hineinragenden Anpflanzungen betroffen gewesen sei. Das neue Vorbringen der Beschwerdeführer nach der mündlichen Verhandlung hinsichtlich des Inhalts des Vergleichs vor dem Amtsgericht (10 C 1302/10) unterliege der Zurückweisung nach § 296a, § 531 Abs. 2 ZPO. Das Vertrauen auf die eigene Rechtsmeinung entbinde eine Partei nicht davon, auf das gesamte relevante Vorbringen der Gegenseite zu erwidern.

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e) Die dagegen erhobene Anhörungsrüge der Beschwerdeführer wies das Landgericht zurück.

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2. Mit der Verfassungsbeschwerde wenden sich die Beschwerdeführer gegen das Berufungsurteil des Landgerichts und rügen die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG sowie einen Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG.

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3. Die Verfassungsbeschwerde wurde dem Ministerium der Justiz des Landes Brandenburg sowie beiden Klägern zugestellt, die sich nicht geäußert haben.

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4. Die Akte des Ausgangsverfahrens sowie die Akte des Verfahrens vor dem Amtsgericht Bernau (10 C 1302/10) haben der Kammer vorgelegen.

II.

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Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des grundrechtsgleichen Rechts der Beschwerdeführer aus Art. 103 Abs. 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die hier maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden. Die Verfassungsbeschwerde ist danach offensichtlich begründet.

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1. Die angegriffene Entscheidung verletzt die Beschwerdeführer in ihrem grundrechtsgleichen Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Unter den hier gegebenen Umständen durfte das Landgericht das erstinstanzliche Klageerwiderungsvorbringen der Beschwerdeführer zum Gegenstand des mit Vergleich abgeschlossenen Vorprozesses vor dem Amtsgericht Bernau (10 C 1302/10) - den sie in dem für präkludiert erachteten Schriftsatz nach der mündlichen Verhandlung nochmals aufgegriffen und vertieft hatten - nicht unberücksichtigt lassen.

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a) Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verpflichtet das entscheidende Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerfGE 21, 191 <194>; 96, 205 <216>; stRspr). Grundsätzlich ist das Gericht nicht gehalten, jedes Vorbringen in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden (vgl. BVerfGE 25, 137 <140>; 134, 106 <117 Rn. 32>; stRspr). Geht das Gericht aber auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von entscheidender Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert war (vgl. BVerfGE 47, 182 <187 ff.>; 86, 133 <146>; stRspr). Art. 103 Abs. 1 GG gewährt allerdings keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen (vgl. BVerfGE 21, 191 <194>; 96, 205 <216>; stRspr).

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b) Tragfähige prozessrechtliche Gründe dafür, dass das Landgericht das Vorbringen der Beschwerdeführer zum genauen Gegenstand des Verfahrens 10 C 1302/10 des Amtsgerichts Bernau sowie zum Inhalt des dort geschlossenen Vergleichs außer Acht gelassen hat, sind ersichtlich nicht gegeben. Es hätte deren Vortrag hierzu vielmehr in seine Erwägungen einbeziehen müssen, auch wenn diese sich dazu nur in ihrer erstinstanzlichen Klageerwiderung verhalten hatten.

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aa) Das Bundesverfassungsgericht ist zwar davon ausgegangen, dass die globale Bezugnahme einer Partei auf ihr Vorbringen in erster Instanz nicht ausreicht, um ein Berufungsgericht verfassungsrechtlich auch in die Pflicht zu nehmen, die gesamten erstinstanzlichen Ausführungen auf ihre Bedeutsamkeit für das Berufungsverfahren zu überprüfen. Unabhängig von den jeweiligen Parteirollen hat das Bundesverfassungsgericht jedoch hiervon Ausnahmen anerkannt. So hat es einen Verstoß gegen das rechtliche Gehör bejaht, wenn ein Vorbringen einer Partei in erster Instanz für das Urteil unerheblich geblieben ist, dieses von der anderen Partei angegriffen wird und das Berufungsgericht nunmehr dem Berufungsbegehren stattgeben will mit der Folge, dass das bisher nicht relevante Vorbringen der anderen Partei für die Entscheidung erheblich wird (vgl. BVerfGE 36, 92 <99>; 46, 315 <320>; 60, 305 <311>; 70, 288 <295>; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 13. November 1992 - 1 BvR 1694/88 -, NJW-RR 1993, S. 636 f.; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 1. Februar 1994 - 2 BvR 1144/93 -, juris, Rn. 16, zu den einschlägigen Vorschriften der ZPO in früherer Fassung). Im Hinblick auf die Anforderungen an die Berufungserwiderung des Berufungsbeklagten hat das Bundesverfassungsgericht hervorgehoben, dass eine Regelung, die es dem Berufungsbeklagten auferlegt, erstinstanzliches Vorbringen zu wiederholen oder jedenfalls in Bezug zu nehmen, nicht existiert, anders als für den Berufungskläger gemäß § 519 Abs. 3 ZPO a.F. (entspricht jetzt § 520 Abs. 3 ZPO). Dem Berufungsbeklagten obliegt es (vormals gemäß § 520 Abs. 2 Satz 2 a.F. i.V.m. § 277 Abs. 1 ZPO a.F., jetzt nach § 521 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 277 Abs. 1 ZPO) nur, seine Verteidigungsmittel insoweit vorzubringen, als es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht. Danach darf er sich in erster Linie darauf beschränken, die zu seinen Gunsten ergangene Entscheidung zu verteidigen und neue Angriffsmittel des Berufungsklägers abzuwehren (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Juni 1999 - 2 BvR 762/98 -, NJW 2000, S. 131). Dem folgt der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zu § 521 Abs. 2 Satz 1 n.F. in Verbindung mit § 277 Abs. 1 ZPO n.F. (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 2007 - XI ZR 195/05 -, NJW 2007, S. 2106 Rn. 44 m.w.N.; Beschluss vom 18. November 2009 - IV ZR 69/07 -, juris, Rn. 5; Beschluss vom 31. Juli 2013 - IV ZR 158/12 -, juris, Rn. 16), weshalb der in erster Instanz obsiegende Berufungsbeklagte in verstärktem Maße einen Hinweis durch das Berufungsgericht nach § 139 ZPO erwarten darf, wenn dieses eine andere Beweiswürdigung vornehmen will oder bislang unerhebliches Vorbringen abweichend vom Erstgericht für erheblich erachtet (vgl. Wulf, in: BeckOK-ZPO, Stand: 15.09.2014, Edition 14, § 521 Rn. 5; Rimmelspacher, in: MünchKommZPO, 4. Aufl., § 521 Rn. 11).

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bb) Den vorgenannten Grundsätzen wird das angegriffene Urteil in Bezug auf den Vortrag der Beschwerdeführer zu dem Vorbringen und Klageantrag der Kläger in dem Verfahren vor dem Amtsgericht Bernau (10 C 1302/10) und dem Inhalt des dort geschlossenen Vergleichs nicht gerecht. Das Landgericht durfte sich entgegen seiner Ansicht nicht darauf beschränken, seiner Entscheidung ausschließlich den unzutreffenden Vortrag der Kläger aus ihrer Berufungsbegründung (Schriftsatz vom 19. August 2013, S. 4) zugrunde zu legen, wonach sie das Verfahren vor dem Amtsgericht nur insoweit betrieben hätten, als ihr Wegerecht durch überwachsende Sträucher und vorhandene Feldsteine behindert gewesen sei, und sich die Beschwerdeführer in dem geschlossenen Vergleich nur zur Beseitigung von in den Weg ragenden Anpflanzungen verpflichtet hätten.

19

Die Beschwerdeführer hatten sich im Ausgangsverfahren bereits in ihrer Klageerwiderung vor dem Amtsgericht wahrheitsgemäß darauf berufen, dass die Kläger entgegen ihrem Vortrag in der Klageschrift im Verfahren vor dem Amtsgericht Bernau (10 C 1302/10) in ihrer dortigen Klageschrift (vom 26. November 2010, S. 3) auf einer Entfernung aller Anpflanzungen auf dem 3 m breiten Streifen entlang der Grundstücksgrenze mit der Begründung bestanden hatten, dass diese Pflanzen von ihrem Fahr- und Wegerecht auf einer Breite von 3 m entlang der Nordgrenze des Grundstücks erfasst seien, und dass dieser Rechtsstreit durch einen Vergleich beendet worden sei, indem sich die Beschwerdeführer zur Beseitigung aller Anpflanzungen auf dem 3 m breiten Streifen entlang der Grundstücksgrenze verpflichtet hatten und dem auch nachgekommen seien (Schriftsatz vom 27. Dezember 2012, S. 2 f.). Einer Wiederholung dieses erstinstanzlichen Vorbringens in der Berufungserwiderung bedurfte es nach der oben dargestellten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs ebenso wenig wie einer zumindest pauschalen Bezugnahme.

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c) Die angefochtene Entscheidung beruht auf dem Gehörsverstoß. Der Vortrag der Beschwerdeführer ist von zentraler Bedeutung, sowohl für die Auslegung der Formulierung "entlang der Grenze" bei der Bestimmung der Grunddienstbarkeit als auch bezüglich des Einwandes der Beschwerdeführer, die Kläger verhielten sich rechtsmissbräuchlich, weil sie zunächst einerseits die Beseitigung der Anpflanzungen aufgrund des Wegerechts von 3 m Breite entlang der Grundstücksgrenze begehrt und durchgesetzt hätten, und nun die vollständige, diese 3 m Breite überschreitende, Nutzung der gepflasterten Einfahrt und der vormaligen Beetfläche geltend machten. Es ist nicht auszuschließen, dass das Landgericht, hätte es sich mit dem entscheidungserheblichen Vortrag der Beschwerdeführer zu dem Vorbringen der Kläger im Verfahren vor dem Amtsgericht Bernau (10 C 1302/10) und dem dort abgeschlossenen Vergleich auseinandergesetzt, zu einem anderen, den Beschwerdeführern günstigeren Ergebnis gelangt wäre (vgl. BVerfGE 7, 95 <99>; 62, 392 <396>; stRspr).

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2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführer ist zur Durchsetzung ihrer verfassungsmäßigen Rechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG), weil die in Rede stehende Grundrechtsverletzung auf eine grobe Verkennung des Grundrechtsschutzes und einen leichtfertigen Umgang mit grundrechtlich geschützten Positionen hindeutet (vgl. BVerfGE 90, 22 <25>). Die angefochtene Entscheidung würde dazu führen, dass die Kläger mit ihrer Grunddienstbarkeit über eine nur 3 m breite Fläche die vollständige, nun 3,65 m breite Fläche - das ehemalige Beet und den gepflasterten Einfahrtsbereich - der Beschwerdeführer nutzen könnten, da die Beschwerdeführer aufgrund des Vergleichs im Prozess vor dem Amtsgericht Bernau (10 C 1302/10) ihr Beet roden mussten. Diese Rodung hätte jedoch nach der hier angegriffenen Entscheidung des Landgerichts keinen Einfluss auf die tatsächliche Nutzung ihres Grundstücks auf dem gepflasterten, neben dem Beet gelegenen Teil der Einfahrt durch die Kläger.

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3. Ob auch bezüglich des von den Beschwerdeführern als verletzt gerügten Rechts aus Art. 14 Abs. 1 GG die Annahmevoraussetzungen vorliegen, bedarf damit keiner Entscheidung.

III.

23

Das Urteil des Landgerichts ist wegen dieses Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen. Der auf die Anhörungsrüge hin ergangene Beschluss wird damit gegenstandslos.