Entscheidungsdatum: 20.08.2012
Das Land Niedersachsen hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.
Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.
Die Verfassungsbeschwerde richtete sich gegen die Zurückweisung eines Verfahrenskostenhilfeantrages für ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren.
1. Der Beschwerdeführer geht davon aus, der biologische Vater einer Tochter zu sein. Nachdem die Kindesmutter die Beziehung beendet und seinen Wunsch nach Umgang mit dem Kind zurückgewiesen hatte, beantragte er die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren. Der aus Nigeria geflohene Beschwerdeführer verwendete gegenüber den deutschen Behörden und dem Amtsgericht zunächst den Namen "S. B.". Vor der Entscheidung über den Verfahrenskostenhilfeantrag korrigierte der Beschwerdeführer seine Identitätsangaben und teilte mit, er heiße tatsächlich O. S. K. Das Amtsgericht Osnabrück lehnte den Verfahrenskostenhilfeantrag ab, weil die Identität des Beschwerdeführers nicht bekannt sei. Das Oberlandesgericht Oldenburg bestätigte diese Entscheidung.
2. Gegen die Versagung von Verfahrenskostenhilfe erhob der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde, mit der er eine Verletzung des Justizgewährungsanspruchs aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG, seines Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 GG, der Rechtsschutzgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG sowie des Willkürverbotes und des Art. 1 GG rügte. Er beantragte zugleich, ihm Prozesskostenhilfe für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu bewilligen.
3. Nachdem die Kindesmutter mit dem Kind umgezogen war, beantragte der Beschwerdeführer beim nunmehr zuständigen Amtsgericht Bersenbrück erneut die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren. Er blieb vor dem Amtsgericht erfolglos. Auf seine Beschwerde hin, bei der er auch die Verfassungsbeschwerdeschrift vorlegte, bewilligte derselbe Senat des Oberlandesgerichts Oldenburg nunmehr Verfahrenskostenhilfe. Die Voraussetzungen des § 1600d BGB für eine Vaterschaftsfeststellung seien dargelegt. Die verbleibenden Zweifel an der Richtigkeit der Angaben zur Person rechtfertigten es nicht, dem Beschwerdeführer den Zugang zum Gericht zu verweigern.
4. Im Hinblick auf diese Entscheidung hat der Beschwerdeführer die Verfassungsbeschwerde für erledigt erklärt und beantragt, dem Land Niedersachsen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, den Gegenstandswert festzusetzen sowie über seinen Prozesskostenhilfeantrag zu entscheiden.
5. Das Land Niedersachsen hat auf eine Stellungnahme verzichtet.
1. Dem Beschwerdeführer sind seine notwendigen Auslagen im vollen Umfang zu erstatten.
Über die Erstattung der Auslagen ist, nachdem der Beschwerdeführer seine Verfassungsbeschwerde für erledigt erklärt hat, nach Billigkeitsgesichtspunkten zu entscheiden (§ 34a Abs. 3 BVerfGG). Dabei kann insbesondere dem Grund, der zur Erledigung geführt hat, wesentliche Bedeutung zukommen. Beseitigt die öffentliche Gewalt von sich aus den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Akt oder hilft sie der Beschwer auf andere Weise ab, so kann, falls keine anderweitigen Gründe ersichtlich sind, davon ausgegangen werden, dass sie das Begehren des Beschwerdeführers selbst für berechtigt erachtet hat. In diesem Fall ist es billig, die öffentliche Hand ohne weitere Prüfung an ihrer Auffassung festzuhalten und dem Beschwerdeführer die Erstattung seiner Auslagen in gleicher Weise zuzubilligen, wie wenn seiner Verfassungsbeschwerde stattgegeben worden wäre (vgl. BVerfGE 85, 109 <114 f.>).
Nach diesen Grundsätzen erscheint es im vorliegenden Fall gerechtfertigt, die Auslagenerstattung anzuordnen. Das Oberlandesgericht hat dem Beschwerdeführer in einem neuen, gleichgerichteten Verfahren Verfahrenskostenhilfe bewilligt und es ihm so ermöglicht, das auch hier angestrebte Vaterschaftsfeststellungsverfahren wie begehrt mit anwaltlicher Unterstützung zu betreiben. Es ist nicht ersichtlich, dass im Zeitraum zwischen der mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Ablehnung des ersten Verfahrenskostenhilfeantrags und der jetzt erfolgten Bewilligung im Hinblick auf den Namen des Beschwerdeführers größere Klarheit erreicht worden wäre oder sich die tatsächlichen oder rechtlichen Umstände sonst wesentlich verändert hätten. Vielmehr ergibt sich aus den jeweiligen Beschlussgründen, dass der unverändert zuständige Senat des Oberlandesgerichts Oldenburg seine Ansicht dazu geändert hat, inwiefern sich die Korrektur der Identitätsangaben auf das Vaterschaftsfeststellungsverfahren auswirkt. Hieran kann das Oberlandesgericht ohne weitere Prüfung festgehalten und die Auslagenerstattung dem Beschwerdeführer in gleicher Weise zugebilligt werden, wie wenn der Verfassungsbeschwerde stattgegeben worden wäre.
2. Die Entscheidung über die Festsetzung des Gegenstandswertes folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. auch BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).
3. Mit der Anordnung der Erstattung der notwendigen Auslagen erledigt sich der Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (vgl. BVerfGE 71, 122 <136 f.>).