Entscheidungsdatum: 29.05.2015
1. Der Beschluss des Landgerichts Lüneburg vom 14. Oktober 2014 - 5 S 48/14 - und das Urteil des Amtsgerichts Winsen (Luhe) vom 19. Juni 2014 - 24 C 1308/13 - verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss des Landgerichts Lüneburg vom 14. Oktober 2014 - 5 S 48/14 - wird aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Lüneburg zurückverwiesen. Damit wird der Beschluss des Landgerichts Lüneburg vom 16. Dezember 2014 - 5 S 48/14 - gegenstandslos.
2. Das Land Niedersachsen hat die notwendigen Auslagen der Beschwerdeführerin zu erstatten.
3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 € (in Worten: fünftausend Euro) festgesetzt.
I.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft einen Rechtsstreit aus dem allgemeinen Zivilrecht.
1. Die Beschwerdeführerin, Klägerin des Ausgangsverfahrens, erwirkte im Jahr 1996 einen rechtskräftigen Vollstreckungsbescheid gegen den Ehemann der Beklagten des Ausgangsverfahrens (nachfolgend Schuldner). Aus diesem Titel ist mittlerweile ein Betrag von 17.500 € vollstreckbar. Der Schuldner verfügt über kein eigenes Girokonto. Er wickelt seinen gesamten Zahlungsverkehr über das Girokonto der Beklagten ab.
Die Beschwerdeführerin beantragte den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gegen die Beklagte als Drittschuldnerin, mit dem Inhalt, dass die auf dem Konto der Drittschuldnerin eingehenden und für den Schuldner bestimmten Geldbeträge solange gepfändet werden, bis der Anspruch der Beschwerdeführerin gedeckt ist. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurde der Beklagten am 5. September 2012 zugestellt. Zugleich pfändete die Beschwerdeführerin den Arbeitslohn des Schuldners bei dessen Arbeitgeber und ließ ihn sich überweisen, soweit dieser nach den gesetzlichen Vorgaben der Pfändung unterliegt. Den gegen diese Pfändungen gerichteten Pfändungsschutzantrag (gemäß § 765a ZPO) des Schuldners wies das Landgericht als Vollstreckungsgericht in zweiter Instanz durch die Einzelrichterin der 5. Zivilkammer mit Beschluss vom 22. April 2013 rechtskräftig zurück. Über das Vermögen des Schuldners wurde auf dessen Antrag hin am 8. April 2013 das Insolvenzverfahren eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt.
2. Die Beschwerdeführerin begehrte mit ihrer Klage von der Beklagten als Drittschuldnerin einen Teilbetrag in Höhe von 2.000 € der auf ihrem Konto seit der Wirksamkeit des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses eingegangenen pfändungsfreien Lohnzahlungen des Arbeitgebers des Schuldners für die Monate September und Oktober 2012, die sie mit monatlich 1.029,99 € bezifferte.
a) Das Amtsgericht wies die Klage ab. Der Einziehungsprozess verstoße gegen die guten Sitten und könne nach dem Rechtsgedanken des § 826 BGB nicht zum Erfolg führen. Der Beschwerdeführerin gehe es allein um die Abschöpfung von Beträgen, bei denen es sich um pfändungsfreies Einkommen des Schuldners nach den §§ 850 ff. ZPO handele. Auch wenn die direkte Anwendung dieser Vorschriften auf den Auszahlungsanspruch des Schuldners gegen die Beklagte ausgeschlossen sei, könnten diese gesetzlichen Wertungen nicht unbeachtet bleiben. Lasse ein Arbeitnehmer seinen Lohn in Ermangelung eines Pfändungsschutzkontos auf das Konto seiner Ehefrau einzahlen, stelle ein genau gezielter Zugriff auf diese Beträge eine unlautere Vollstreckungshandlung dar. Wäre der Einziehungsprozess erfolgreich, würden dem Schuldner die Mittel entzogen, die ihm aufgrund seiner Berufstätigkeit zum Leben belassen werden sollten.
b) Die dagegen gerichtete Berufung der Beschwerdeführerin wies das Landgericht nach erteiltem Hinweis und einer Stellungnahme der Beschwerdeführerin dazu durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurück.
Pfände der Gläubiger den einem Schuldner zustehenden Auszahlungsanspruch aus dem Girokontovertrag gegen seinen Ehepartner als Drittschuldner, könne der Schuldner nach der Rechtsprechung des Bundesgerichthofs unter den Voraussetzungen des § 765a ZPO Vollstreckungsschutz beanspruchen, soweit das Guthaben auf dem Girokonto aus der Überweisung von unpfändbarem Arbeitseinkommen des Schuldners oder diesem zustehenden Sozialleistungen herrühre (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2008 - VII ZB 32/07 -, NJW 2008, S. 1678 Rn. 10 ff.; Beschluss vom 4. Juli 2007 - VII ZB 15/07 -, NJW 2007, S. 2703 <2704 Rn. 11 ff.>). Entscheidend sei, dass nur Beträge des Schuldners auf das Konto der Beklagten gelangt seien, die als Arbeitseinkommen dem Pfändungsschutz nach § 850c ZPO unterlägen und bei Überweisung auf ein vom Schuldner geführtes Konto pfändungsfrei wären. Der Pfändungsschutz greife nur deshalb nicht ein, weil das Arbeitseinkommen des Schuldners auf ein sogenanntes Drittkonto überwiesen wurde, nämlich das Konto der Beklagten. Das Ausnutzen dieser besonderen Situation durch die Beschwerdeführerin stelle eine sittenwidrige Härte im Sinne des § 765a ZPO dar. Der Umstand, dass der Schuldner über kein eigenes Konto verfüge, dürfe nicht zu einer Erweiterung der Vollstreckungsmöglichkeiten der Beschwerdeführerin führen. Der vom Schuldner gestellte Vollstreckungsschutzantrag nach § 765a ZPO gegen die Pfändung und Überweisung der für ihn auf dem Konto der Beklagten eingehenden Geldbeträge sei zwar von der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer als Vollstreckungsgericht zurückgewiesen worden; über die Berufung entscheide aber nun die 5. Zivilkammer als Prozessgericht, mithin nicht dasselbe Gericht. Im Übrigen sei das Gericht auch nicht an seine frühere eigene Rechtsprechung gebunden.
c) Die dagegen erhobene Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin wies das Landgericht zurück. Die Kammer habe keine Entscheidung zum Pfändungsschutz gemäß § 765a ZPO getroffen. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 765a ZPO führe dazu, dass die von der Beschwerdeführerin beabsichtigte Vollstreckung rechtsmissbräuchlich sei. Lägen die Voraussetzungen der im Vollstreckungsrecht spezielleren Regelung des § 765a ZPO vor, so seien im Einziehungsprozess in der Regel auch die Voraussetzungen des § 826 BGB erfüllt.
3. Mit der Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen das Urteil des Amtsgerichts und die Beschlüsse des Landgerichts. Sie rügt eine Verletzung des Willkürverbots aus Art. 3 Abs. 1 GG und des Rechtsstaatsprinzips aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG sowie ihrer Ansprüche auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG und führt dies näher aus.
4. Die Verfassungsbeschwerde wurde dem Niedersächsischen Justizministerium sowie der Beklagten des Ausgangsverfahrens zugestellt, die sich nicht geäußert haben.
5. Die Akte des Ausgangsverfahrens sowie die Akte des Vollstreckungsschutzverfahrens vor dem Amtsgericht Winsen (Luhe) (Az. 9a M 21347/12 = Landgericht Lüneburg 5 T 2/13) haben der Kammer vorgelegen.
II.
1. Die Kammer nimmt die zulässige Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführerin aus Art. 3 Abs. 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG; vgl. BVerfGE 90, 22 <25>). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die hier maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden. Die Verfassungsbeschwerde ist danach offensichtlich begründet.
2. a) Ein Richterspruch verstößt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dann gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als Verbot objektiver Willkür (Art. 3 Abs. 1 GG), wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. Schuldhaftes Handeln des Richters ist nicht erforderlich. Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht objektiv willkürlich. Schlechterdings unhaltbar ist eine fachgerichtliche Entscheidung vielmehr erst dann, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt, der Inhalt einer Norm in krasser Weise missverstanden oder sonst in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewendet wird (vgl. BVerfGE 89, 1 <13 f.>; 96, 189 <203>).
b) Nach diesen Maßstäben verletzt der die Berufung zurückweisende Beschluss des Landgerichts die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG. Die Annahme einer sittenwidrigen Schädigung der Beklagten im Sinne des § 826 BGB durch die Beschwerdeführerin im Ausgangsverfahren ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar.
aa) § 826 BGB gewährt Schutz bei vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung. Die Weite der haftungsbegründenden Verhaltensweisen wird durch das Vorsatzerfordernis und die Notwendigkeit eines Sittenverstoßes begrenzt. Allerdings ermöglicht gerade das Merkmal der Sittenwidrigkeit eine flexible Anpassung des Haftungsrechts an veränderte faktische Situationen oder soziale Umstände (vgl. Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 9. Aufl., § 826 Rn. 1). § 826 BGB ist durch Richterrecht konkretisiert worden, das sich in Fallgruppen zusammenfassen lässt. Diese Fallgruppen ermöglichen eine Orientierung bei der Anwendung des § 826 BGB, entbinden jedoch weder von der Prüfung der Umstände jedes Einzelfalls noch sind sie abschließend, insbesondere sind die subjektiven Tatbestandsmerkmale jeweils konkret festzustellen (vgl. Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 9. Aufl., § 826 Rn. 13). Im Rahmen eines Prozesses kann eine Prozesspartei sich nicht nur durch Erschleichung oder Ausnutzung materiellrechtlich unrichtiger Titel sittenwidrig verhalten und dem Gegner nach § 826 BGB haftbar werden, sondern unter Umständen auch in anderer Weise, so etwa durch Anbringung unberechtigter Insolvenzanträge, durch Erstattung von Strafanzeigen wegen fiktiver Delikte oder durch Erhebung unbegründeter Zivilklagen, wenn etwa unlautere Mittel eingesetzt werden. Die Haftungsfrage darf dabei allerdings nicht ohne Rücksicht auf das Verfahren selbst und die mit seiner Durchführung gewährleisteten Garantien gewürdigt werden. Denn nach ständiger Rechtsprechung werden die Folgen bestimmter Verhaltensweisen in gerichtlichen Verfahren durch die jeweilige Verfahrensordnung geregelt (vgl. BVerfGE 74, 257 <260 f.>; BGHZ 36, 18 <20 f.>; 74, 9 <14 ff.>; 95, 10 <19 ff.>; Wagner, in: MünchKommBGB, 6. Aufl. 2013, § 826 Rn. 190; Schaub, in: Prütting/ Wegen/Weinreich, BGB, 9. Aufl., § 826 Rn. 46).
bb) Der die Berufung zurückweisende Beschluss des Landgerichts verhält sich nicht zu einer konkreten, vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung der Beklagten als Drittschuldnerin durch die Beschwerdeführerin.
(1) Die Beschwerdeführerin bedient sich vorliegend zur Durchsetzung ihres titulierten Anspruchs im Rahmen der Zwangsvollstreckung eines gesetzlich geregelten Verfahrens und macht lediglich die ihr zustehenden Rechte aus einem wirksamen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen die Beklagte als Drittschuldnerin geltend. Ab der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses durfte die Beklagte gemäß § 829 Abs. 1 ZPO nicht über die für den Schuldner auf ihrem Konto eingehenden Beträge verfügen. Im Gegensatz zu der rechtstreuen, sich im Rahmen der Verfahrensordnung bewegenden Beschwerdeführerin hat die Beklagte nach dem unstreitigen Vortrag der Beschwerdeführerin unter Missachtung der ausgebrachten Pfändung und des damit verbundenen wirksamen Arrestatoriums die Beträge an den Schuldner ausgekehrt.
(2) Die Beschwerdeführerin hat mit dem gegen die Beklagte gerichteten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht das Arbeitseinkommen des Schuldners, sondern nur dessen Auszahlungsanspruch gemäß § 667 BGB gegenüber der Beklagten gepfändet. Ohnehin sind die Schuldnerschutzvorschriften der §§ 850 ff. ZPO im Verhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und der Beklagten als Drittschuldnerin nicht einschlägig, ist mithin in ihrem Prozessverhältnis § 850c ZPO nicht anwendbar. Dies verkennt das Landgericht, indem es zur Begründung der Sittenwidrigkeit - im Verhältnis der Beschwerdeführerin zur Drittschuldnerin - darauf abstellt, dass die auf dem Konto der Beklagten (als Drittschuldnerin) eingehenden Beträge im Ergebnis dem Pfändungsschutz gemäß § 850c ZPO unterlägen. Des Weiteren wäre selbst im Verhältnis der Beschwerdeführerin zum Schuldner, der jedoch nicht Partei des Ausgangserkenntnisverfahrens ist, vorliegend § 850k ZPO nicht anwendbar, da der Schuldner gerade kein eigenes Girokonto und somit auch kein Pfändungsschutzkonto unterhält. § 850k ZPO ist auch nicht entsprechend anwendbar, wenn das Arbeitseinkommen des Schuldners - wie hier - auf dessen Weisung auf ein Konto eines Dritten (hier der Beklagten) überwiesen wird, und der Gläubiger (die Beschwerdeführerin) entweder den Anspruch des Berechtigten (des Schuldners) gegen den Kontoinhaber (die Beklagte) auf Auskehrung des betreffenden Betrages oder den Auszahlungsanspruch des Dritten (der Beklagten) gegen die kontoführende Bank pfändet (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2008 - VII ZB 32/07 -, NJW 2008, S. 1678 Rn. 10 m.w.N.; Beschluss vom 4. Juli 2007 - VII ZB 15/07 -, NJW 2007, S. 2703 <2704 Rn. 10> m.w.N.). Dem Schuldner steht in dieser Konstellation der Weg über ein (eigenes) Pfändungsschutzkonto offen, wenn er Gelder auf Konten vor Pfändung schützen will. Denn seit dem 1. Januar 2012 wird Kontopfändungsschutz für den Schuldner - abgesehen von der Generalklausel des § 765a ZPO - durch ein Pfändungsschutzkonto gewährt (vgl. BTDrucks 16/12714, S. 16; Becker, in: Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl. 2015, § 850k Rn. 1b; Riedel, in: Beck'scher Online-Kommentar ZPO, Stand: 1. März 2015, vor § 850k). Diesem Schutz entzieht sich der Schuldner selbst, indem er es unterlässt, dafür Sorge zu tragen, dass die Zahlungen auf seinem Pfändungsschutzkonto eingehen, und er allein aufgrund des fehlenden Pfändungsschutzkontos den Fall einer besonderen Härte im Sinne des § 765a ZPO herbeizuführen sucht, mit welcher vorliegend das Landgericht die vorsätzlich sittenwidrige Schädigung der Beklagten durch die Beschwerdeführerin begründet hat. Der Schuldner hat nach dem Willen des Gesetzgebers selbst für den Schutz seines Gehalts Sorge zu tragen, indem er alles dahin veranlasst, dass seine Zahlungen auf einem eigenen Pfändungsschutzkonto statt auf dem Konto eines Dritten eingehen. Kommt er dem nicht nach, so kann die Pfändung der betreffenden Beträge bei einem Dritten auch keine vorsätzlich sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB begründen.
cc) Entgegen der Ansicht des Landgerichts als Prozessgericht kann eine vorsätzlich sittenwidrige Schädigung der Beklagten durch die Beschwerdeführerin im Erkenntnisverfahren nicht durch einen Rückgriff auf das Verhältnis der Beschwerdeführerin zu dem Schuldner unter Verweis auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 765a ZPO begründet werden. Dieses Verhältnis ist für den Rechtsstreit gegen die Beklagte unerheblich. § 765a ZPO ist im Erkenntnisverfahren bereits nicht anwendbar. Der Schuldner, und nur dieser, konnte ausschließlich Vollstreckungsschutz unter den Voraussetzungen des § 765a ZPO vor dem Vollstreckungsgericht beanspruchen. Dieser Schutz wurde dem Schuldner jedoch durch die im Ausgangsverfahren erkennende 5. Zivilkammer des Landgerichts, die in dem Vollstreckungsschutzverfahren als Vollstreckungsgericht zur Entscheidung berufen war, nicht gewährt.
(1) Die Zivilkammer des Landgerichts hat - unter Verweis auf eine Kommentierung ihres Vorsitzenden - im Erkenntnisverfahren in dem die Berufung zurückweisenden Beschluss eine sittenwidrige Härte im Sinne des § 765a ZPO für den Schuldner durch die von der Beschwerdeführerin ausgebrachte Pfändung bejaht, da nur Beträge des Schuldners auf das Konto der Beklagten gelangen würden, die als Arbeitseinkommen dem Pfändungsschutz nach § 850c ZPO unterlägen (Hinweis auf Bendtsen, in: Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 2. Aufl. 2013, § 765a Rn. 46). Danach seien in der Regel die Voraussetzungen des § 826 BGB erfüllt, wenn die Voraussetzungen der spezielleren Regelung des § 765a ZPO vorlägen. Die beabsichtigte Vollstreckung in das Konto der Beklagten sei deshalb rechtsmissbräuchlich. Das Landgericht als Prozessgericht hat dabei verkannt, dass zum einen der Schuldner nicht Partei des Erkenntnisverfahrens zwischen der Beschwerdeführerin und der Beklagten und zum anderen § 765a ZPO vor dem Prozessgericht im Erkenntnisverfahren nicht anwendbar ist. So heißt es auch in der vom Landgericht zitierten Kommentierung an anderer Stelle, im Einklang mit der Rechtsprechung, dass nur der Schuldner antragsberechtigt sei, Dritte sich nicht auf § 765a ZPO berufen könnten und über einen Antrag nach § 765a ZPO allein das Vollstreckungsgericht zu befinden habe (vgl. Bendtsen, in: Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 2. Aufl. 2013, § 765a Rn. 24, 60, 69).
(2) Auch die Übertragung der in § 765a ZPO zum Ausdruck kommenden Wertung auf die Beurteilung der Frage einer sittenwidrigen Schädigung (nach § 826 BGB) ist nicht haltbar. Denn die Voraussetzungen des § 765a ZPO liegen im Verhältnis der Beschwerdeführerin zum Schuldner gerade nicht vor, wie die 5. Zivilkammer des Landgerichts als Vollstreckungsgericht festgestellt hat. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichthofs die Anwendung des § 765a ZPO in Betracht kommen, wenn sich der Schuldner Sozialleistungen auf das Konto eines Dritten überweisen lässt und der Gläubiger seinen Anspruch aus § 667 BGB pfändet (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juli 2007 - VII ZB 15/07 -, NJW 2007, S. 2703 <2704 Rn. 11 ff.>). Gleiches gilt entsprechend bei der Pfändung des Kontos eines Ehegatten hinsichtlich des unpfändbaren Teils des auf dieses Konto überwiesenen Arbeitseinkommens des nicht schuldenden Ehegatten (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2008 - VII ZB 32/07 -, NJW 2008, S. 1678 Rn. 10 ff.). Bei § 765a ZPO handelt es sich aber um eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift. Der Schuldner muss sich deshalb mit den Härten, die jede Zwangsvollstreckungsmaßnahme mit sich bringt, abfinden. Anzuwenden ist § 765a ZPO daher nur in ganz besonders gelagerten Fällen, nämlich dann, wenn im Einzelfall das Vorgehen des Gläubigers zu einem ganz untragbaren Ergebnis führen würde (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Juni 2004 - IXa ZB 267/03 -, NJW 2004, S. 3635 <3636 m.w.N.>). Der vom Schuldner nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an die Beklagte als Drittschuldnerin gemäß § 765a ZPO gestellte Pfändungsschutzantrag wurde von der(selben) 5. Zivilkammer des Landgerichts als zuständiges Vollstreckungsgericht in zweiter Instanz durch die Einzelrichterin mit Beschluss vom 22. April 2013 rechtskräftig zurückgewiesen (Az. 5 T 2/13). Das Landgericht - Vollstreckungsgericht - erblickte in der Pfändung keine Härte, die mit den guten Sitten nicht vereinbar sei. Dass auch die Beklagte als Ehefrau des Schuldners durch die gegen den Schuldner gerichteten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen betroffen sei, sei eine normale Folge der Zwangsvollstreckung und könne eine besondere Härte im Sinne des § 765a ZPO nicht begründen.
c) Aus den vorstehenden Gründen erweist sich die Annahme einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung der Beklagten durch die Beschwerdeführerin im Sinne des § 826 BGB als schlechterdings unvertretbar. Sie ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt tragfähig. Andere als die angeführten Gründe, die die Entscheidung rechtfertigen könnten, sind nicht erkennbar.
3. Danach kann offenbleiben, ob bezüglich der von der Beschwerdeführerin als verletzt gerügten Rechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG (Rechtsstaatsprinzip), Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 103 Abs. 1 GG die Annahmevoraussetzungen vorliegen.
III.
1. Der die Berufung zurückweisende Beschluss des Landgerichts beruht auf der objektiv unhaltbaren Begründung. Auch dem vorangegangenen Urteil des Amtsgerichts haften dieselben Fehler an. Die Kammer hebt den Beschluss des Landgerichts gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG auf und verweist die Sache an das Landgericht zurück. Der Beschluss des Landgerichts über die Anhörungsrüge wird damit gegenstandslos.
2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG und den Grundsätzen für die Festsetzung des Gegenstandswerts im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>; BVerfGK 20, 336 <337 ff.>).