Entscheidungsdatum: 12.11.2014
Das Land Brandenburg hat dem Beschwerdeführer die Hälfte der im Verfassungsbeschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.
Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 25.000 € (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.
Die Verfassungsbeschwerde betraf eine Entscheidung zum elterlichen Sorgerecht. Der Beschwerdeführer ist der Vater eines nichtehelich geborenen Sohnes, für den keine Sorgeerklärung abgegeben wurde.
1. Im März 2008 beantragte der Beschwerdeführer wegen Meinungsverschiedenheiten in Fragen der Gesundheitssorge, der Kindesmutter das Sorgerecht gemäß § 1666 BGB zu entziehen und auf ihn zur alleinigen Ausübung zu übertragen, hilfsweise sinngemäß die Einräumung des gemeinsamen elterlichen Sorgerechts. Die Kindesmutter stimmte der Einräumung des gemeinsamen Sorgerechts nicht zu, woraufhin das Amtsgericht den Antrag insgesamt zurückwies. Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Entziehung des Sorgerechts nach § 1666 BGB lägen nicht vor. Die Begründung eines Mitsorgerechts des Beschwerdeführers setze zwingend die Zustimmung der Kindesmutter voraus, an der es fehle. Die hiergegen gerichteten Beschwerden zum Oberlandesgericht und zum Bundesgerichtshof blieben ohne Erfolg.
2. Mit seiner Verfassungsbeschwerde machte der Beschwerdeführer die Verletzung seines Elternrechts geltend, wobei er sich auf die Verfassungswidrigkeit der Entscheidung insgesamt sowie mittelbar der Rechtslage, wonach eine Einräumung des Sorgerechts von der Zustimmung der Kindesmutter abhänge, wenn kein Fall des § 1666 BGB vorliege, berief.
3. Nachdem der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluss vom 21. Juli 2010 entschieden hatte, dass es mit Art. 6 Abs. 2 GG unvereinbar sei, den Vater eines nichtehelichen Kindes von der Sorgetragung generell auszuschließen, wenn die Weigerung der Mutter des Kindes, der gemeinsamen Sorge mit dem Vater oder dessen Alleinsorge für das Kind zuzustimmen, nicht gerichtlich am Maßstab des Kindeswohls überprüft werden kann (BVerfGE 127, 132 ff.), erklärte der Beschwerdeführer die Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache insgesamt für erledigt und ersuchte um Auslagenerstattung sowie Festsetzung des Gegenstandswerts.
4. Das Land Brandenburg hat zur Auslagenerstattung und zum Gegenstandswert Stellung genommen.
1. In dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang war anzuordnen, dass dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu ersetzen sind.
a) Der Maßstab für die der Kammer nach Erledigung der Verfassungsbeschwerde obliegende Entscheidung (vgl. BVerfGE 72, 34) über die Erstattung der dem Beschwerdeführer durch die Verfassungsbeschwerde entstandenen Auslagen ergibt sich aus § 34a Abs. 3 BVerfGG, wonach das Bundesverfassungsgericht auch in Fällen, in denen sich die Verfassungsbeschwerde nicht als begründet erweist, volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen kann. Diese Entscheidung ist nach Billigkeitsgründen zu treffen, wobei insbesondere dem Grund, der zur Erledigung geführt hat, wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. BVerfGE 85, 109 <114 f.>; 87, 394 <397>). Beseitigt die öffentliche Gewalt von sich aus den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Akt oder hilft sie der Beschwer auf andere Weise ab, so kann, falls keine sonstigen Gründe ersichtlich sind, davon ausgegangen werden, dass sie das Begehren des Beschwerdeführers selbst für berechtigt erachtet hat. In diesem Fall ist es billig, die öffentliche Hand ohne weitere Prüfung an ihrer Auffassung festzuhalten und dem Beschwerdeführer die Erstattung seiner Auslagen in gleicher Weise zuzubilligen, wie wenn seiner Verfassungsbeschwerde stattgegeben worden wäre (vgl. BVerfGE 87, 394 <397>). Daneben kommt eine Erstattung der Auslagen aus Billigkeitsgründen in Betracht, wenn die Verfassungsbeschwerde bei überschlägiger Beurteilung offensichtlich Aussicht auf Erfolg hatte und im Rahmen der hierfür vorzunehmenden kursorischen Prüfung zu verfassungsrechtlichen Zweifelsfragen nicht Stellung genommen zu werden braucht (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16. Oktober 2013 - 2 BvR 1446/12 -, juris, Rn. 5).
b) Hiernach entspricht die Anordnung der Auslagenerstattung zur Hälfte und damit in dem Umfang der Billigkeit, in dem die Verfassungsbeschwerde sich gegen die Zurückweisung des im Ausgangsverfahren gestellten Hilfsantrages des Beschwerdeführers und mittelbar gegen die diesbezügliche Rechtslage richtete. Insoweit wäre die Verfassungsbeschwerde aller Voraussicht nach erfolgreich gewesen, da der Sachverhalt insoweit dem der Senatsentscheidung vom 21. Juli 2010 zugrundeliegenden entsprach. Im Übrigen - soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Zurückweisung des im Ausgangsverfahren gestellten Hauptantrages richtete - entspräche die Anordnung der Auslagenerstattung dagegen nicht der Billigkeit. Insoweit war die Erklärung der Erledigung durch die Senatsentscheidung schon nicht veranlasst.
2. Grundlage der Festsetzung des Gegenstandswerts für das Verfassungsbeschwerdeverfahren ist § 37 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.