Entscheidungsdatum: 13.05.2015
I.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist darauf gerichtet, das zum 1. Juni 2015 vorgesehene Inkrafttreten des Gesetzes zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten und zur Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung (Mietrechtsnovellierungsgesetz - MietNovG) vom 21. April 2015 (BGBl I S. 610) auszusetzen, soweit durch das Gesetz das so genannte Bestellerprinzip bei der Vermittlung von Mietverträgen über Wohnraum vorgeschrieben werden soll.
1. Durch das Mietrechtsnovellierungsgesetz wird im Gesetz zur Regelung der Wohnungsvermittlung (WoVermG) das "Bestellerprinzip in seiner materiellen Bedeutung" für die Vermittlung oder den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss von Mietverträgen über Wohnräume eingeführt. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung soll diejenige Partei, die sich eines Wohnungsvermittlers bediene und in deren wirtschaftlichem Interesse der Vermittler vorwiegend tätig werde, auch dessen Vertragspartner im rechtlichen Sinne werden und bleiben; der Veranlasser der Maklerleistung soll daher verpflichtet sein, die anfallende Maklercourtage zu begleichen (vgl. BTDrucks 18/3121, S. 16). Danach kommen entgeltpflichtige Maklerverträge, die zukünftig der Textform bedürfen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 WoVermG n.F.), zwischen einem Wohnungsuchenden und einem Wohnungsvermittler (Makler) nur noch dann zustande, wenn der Makler ausschließlich wegen des Vertrags mit dem Wohnungsuchenden diejenige Wohnung beschafft, über die der Mietvertrag schließlich zustande kommt (§ 2 Abs. 1a WoVermG n.F.). Hat hingegen der Vermieter dem Makler eine Wohnung zur Suche eines für ihn geeigneten Mieters an die Hand gegeben, soll der Mieter nicht zur Zahlung der Courtage verpflichtet sein. Vereinbarungen, durch die Wohnungsuchende verpflichtet werden, ein vom Vermieter oder einem Dritten geschuldetes Vermittlungsentgelt zu zahlen, sind unwirksam (§ 2 Abs. 5 Nr. 2 WoVermG n.F.). Verstöße von Wohnungsvermittlern gegen das Verbot, von Wohnungsuchenden ein Entgelt zu fordern, können mit Bußgeldern bis zu 25.000 € verfolgt werden (§ 8 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 WoVermG n.F.).
Auch künftig könnten aber sowohl Mieter als auch Vermieter Auftraggeber des Wohnungsvermittlers sein (vgl. BTDrucks 18/3121, S. 1). Die Regelung ist ausweislich der Gesetzesbegründung in erster Linie für angespannte Wohnungsmärkte relevant. Auf ausgeglichenen Wohnungsmärkten oder auf Teilmärkten mit einem Überschuss an freien Mietwohnungen habe der Vermieter jedenfalls nicht zwingend die Marktmacht, Maklerkosten auf den Wohnungsuchenden abzuwälzen (vgl. BTDrucks 18/3121, S. 16).
2. Die Antragsteller zu 1) und 2) sind Immobilienmakler, die sich durch die Einführung des Bestellerprinzips in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht sehen. Der Antragsteller zu 3) ist ein Wohnungsmieter, der meint, in seinem Recht auf Vertragsfreiheit verletzt zu sein.
a) Der Antragsteller zu 1) betreibt seit dem Jahr 1994 in W. im Landkreis R. ein einzelkaufmännisches Unternehmen zur Immobilienvermittlung. Seine Geschäftstätigkeit besteht unter anderem in der Vermittlung von Miet- und Kaufverträgen. Nach eigenen Angaben führt der Antragsteller zu 1) jährlich bis zu 1.000 Grundstücks- und Wohnungsbesichtigungen in einem Gebiet zwischen dem Bodensee und der Stadt Laupheim (Landkreis Biberach) durch. Dabei sollen bislang etwa 30 % des Umsatzes auf den Bereich der Wohnraumvermietung entfallen sein. Bereits seit der Verabschiedung des Gesetzes durch den Bundestag am 5. März 2015 und der Zustimmung durch den Bundesrat am 27. März 2015 hätten sich erhebliche Umsatzeinbußen bemerkbar gemacht. Im ersten Quartal 2013 habe der Umsatzanteil aus Mietverträgen noch 28 %, im ersten Quartal 2014 noch 18 % und im ersten Quartal 2015 nur noch knapp 6 % betragen. Der anteilige Gewinn sei entsprechend zurückgegangen. Die Gewinnentwicklung könne jedoch noch nicht genauer bestimmt werden, weil sich der Gesamtumsatz aus mehreren Bereichen zusammensetze, unter anderem auch aus der Vermittlung von Grundstücken zum Erwerb.
Darüber hinaus bietet der Antragsteller zu 1), angeblich als einziger Makler in der Region, in größerem Umfang "Home Staging" an. Hierbei werden durch gezielten Einsatz von Möbeln, Farbe, Licht und Fußbodengestaltung Immobilien auf den Verkauf vorbereitet, um die Angebotszeit zu verkürzen und einen höheren Kaufpreis zu erzielen. Nach dem Vortrag des Antragstellers zu 1) hätten verschiedene Eigentümer, die ihm für diese Dienste zuvor schon mehrere Objekte an die Hand gegeben hätten, klar zum Ausdruck gebracht, dass sie nach dem 1. Juni 2015 die Zusammenarbeit einstellen oder zumindest stark einschränken würden. Er sei daher bereits gezwungen gewesen, Personal abzubauen, insbesondere die Zusammenarbeit mit anderen selbständigen Maklern zu beenden. Ihre künftige Bezahlung habe er trotz Umplanungen und Einsparung an anderer Stelle angesichts der zu erwartenden Umsatzentwicklung nicht mehr garantieren können.
b) Der Antragsteller zu 2) betreibt in N. (Landkreis H.) in Form einer Kommanditgesellschaft ein auf die Vermittlung von Mietwohnungen spezialisiertes Maklerbüro. Nach eigenen Angaben erzielt er seit circa 20 Jahren durchschnittlich mindestens 95 % seiner Einnahmen aus diesem Bereich. Er verfüge auch nur über eine Gewerbeerlaubnis für die Vermittlung von Mietverträgen und nicht für den Verkauf von Immobilien. Den Lebensunterhalt für sich und seine Ehefrau bestreite er derzeit vollständig aus Provisionen, die er durch die Vermittlung von Mietobjekten erziele. Die Maklertätigkeit solle auch im Alter den gemeinsamen Lebensunterhalt sichern, eine andere Vorsorge hätten sie nicht getroffen. Zu diesem Zweck habe der Antragsteller zu 2) schon seit einiger Zeit Kernbereiche des Unternehmens wie die Terminvereinbarungen und die Akquise von Wohnungen und Mietinteressenten auf externe Mitarbeiter ausgelagert, von denen einige bereits Ende des Jahres 2014 mit Blick auf die Einführung des Bestellerprinzips ihre Zusammenarbeit gekündigt hätten. Derzeit befänden sich 68 Wohnungen im Bestand des Antragstellers zu 2), die mit Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Juni 2015 faktisch und rechtlich unvermittelbar seien, weil er weder von den Eigentümern noch von den Mietinteressenten eine Provision erhalten könne.
c) Der Antragsteller zu 3) ist Mieter einer Wohnung in W. (Landkreis R.), die ihm vom Antragsteller zu 1) vermittelt worden ist. Er beabsichtigt, auch künftig Wohnungen über ihn und andere Makler anzumieten und diese dafür angemessen zu bezahlen. Letzteres sei mit Inkrafttreten des Gesetzes ab dem 1. Juni 2015 jedoch nicht mehr auf legale Weise möglich.
3. Die Antragsteller zu 1) und 2) rügen die Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG. Der Antragsteller zu 3) sieht sich in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Neben dem vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung haben sie mit den gleichen Rügen Verfassungsbeschwerde erhoben (1 BvR 1015/15).
Die Einführung des Bestellerprinzips sei schon nicht hinreichend geeignet, um das gesetzgeberische Ziel einer besseren Versorgung sozial schwacher Bürger mit angemessenem Wohnraum zu erreichen, weil der Mangel an bezahlbarem Wohnraum nichts mit dem bisherigen Geschäftsgebaren von Wohnungsmaklern zu tun habe. Darüber hinaus greife das Mietrechtsnovellierungsgesetz auch unverhältnismäßig in die Berufsfreiheit der Antragsteller zu 1) und 2) und in ihr von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschütztes Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ein. Die Unverhältnismäßigkeit der Regelung ergebe sich zum einen daraus, dass der Gesetzgeber keine Übergangsfrist vorgesehen habe, innerhalb derer sie in der Lage gewesen wären, zumindest ihren bisherigen Wohnungsbestand noch zu den gewohnten Konditionen vermarkten zu können. Zudem führe das Verbot des § 2 Abs. 1a WoVermG n.F. dazu, dass der Makler für seine Tätigkeit gar keine Vergütung mehr verlangen könne und sei daher mit untragbaren wirtschaftlichen Nachteilen verbunden. Die vom Gesetzgeber bezweckte Abwälzung der Kostenlast auf die Anbieterseite führe dazu, dass Eigentümer und Vermieter kaum noch Aufträge erteilen würden. Um Maklerkosten zu sparen, würden sie eher selbst nach einem Mieter suchen oder ihre Wohnungen sogar vorübergehend leer stehen lassen, weil dies immer noch günstiger sei. Dies könne sich auch negativ auf die Belange der Wohnungsuchenden auswirken, weil die für sie nützlichen Aspekte der Vermittlungstätigkeit wie die Ortskenntnis des Maklers, die Präsentation der Wohnung und eine sachkundige Beratung wegfielen.
Ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung müsse daher bereits deshalb entsprochen werden, weil auch bei summarischer Prüfung der Erfolgsaussichten die Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet sei. Doch selbst wenn man davon ausgehe, dass die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen seien, müsse die einstweilige Anordnung unter dem Gesichtspunkt einer umfassenden Folgenabwägung ergehen. Denn durch ihren Erlass würde das Inkrafttreten des Gesetzes nur über einen überschaubaren Zeitraum hinausgeschoben. Werde eine einstweilige Anordnung dagegen abgelehnt, sich die Verfassungsbeschwerde dann jedoch als erfolgreich erweisen sollte, hätten tausende Immobilienmakler bereits gravierende Umsatzeinbußen erlitten und wären zu organisatorischen Maßnahmen wie Personalabbau gezwungen, die später nur mit erheblichem Aufwand oder gar nicht wieder rückgängig zu machen seien. Namentlich dem Antragsteller zu 2) drohe die Insolvenz, wenn keine einstweilige Anordnung ergehen würde. Der Antragsteller zu 1) müsse mit weiteren Umsatz- und Gewinneinbußen rechnen, so dass ein weiterer Personalabbau äußerst wahrscheinlich sei. Aber auch für Millionen zahlungswillige und zahlungsfähige Mieter wie dem Antragsteller zu 3), die bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache keine Makleraufträge mehr erteilen könnten, träten irreversible Nachteile ein, weil die einmal begangene Verletzung ihrer Vertragsfreiheit nicht mehr rückgängig zu machen sei.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bleibt ohne Erfolg.
Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.
Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 BVerfGG gegeben sind, ist wegen der weittragenden Folgen einer verfassungsgerichtlichen einstweiligen Anordnung regelmäßig ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BVerfGE 55, 1 <3>; 82, 310 <312>; 94, 166 <216 f.>; 104, 23 <27>; 106, 51 <58>). Dabei müssen die Gründe, welche für die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Maßnahme sprechen, außer Betracht bleiben, es sei denn, die Verfassungsbeschwerde erwiese sich als von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet (vgl. BVerfGE 121, 1 <15>; 122, 342 <355>; 131, 47 <55>; stRspr). Das Bundesverfassungsgericht hat lediglich die Nachteile abzuwägen, die einträten, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber in der Hauptsache Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. BVerfGE 122, 342 <361>; 131, 47 <55>; stRspr).
1. Die Verfassungsbeschwerde der Antragsteller zu 1) und 2) ist zwar mit Blick auf das Inkrafttreten der angegriffenen gesetzlichen Neuregelung zum 1. Juni 2015 weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet (a). Nach dem Ergebnis der hiernach gebotenen Folgenabwägung kann aber gleichwohl keine einstweilige Anordnung ergehen (b).
a) Die vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken, insbesondere ob die Änderungen des Wohnungsvermittlungsgesetzes durch das Mietrechtsnovellierungsgesetz mit dem Grundrecht der Antragsteller zu 1) und 2) aus Art. 12 Abs. 1 GG in Einklang stehen, bedürfen einer näheren Prüfung im Verfassungsbeschwerdeverfahren. Durch die gesetzliche Neuregelung wird namentlich in den Schutzbereich der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) eingegriffen. Sie hindert Wohnungsvermittler zukünftig in einer Vielzahl von Fällen an vertraglichen Vereinbarungen, wonach eine Vergütung ihrer beruflichen Tätigkeit von Wohnungsuchenden zu leisten ist. Es wird insbesondere zu prüfen sein, ob die durch das Mietrechtsnovellierungsgesetz gewählte Ausgestaltung des Bestellerprinzips mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist (vgl. insoweit auch die Stellungnahme des Bundesrats zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 18/3121, S. 46 f.).
b) Allerdings führt die danach gebotene Folgenabwägung vorliegend zur Ablehnung der Anträge. Ungeachtet der Frage nach der Schwere der nachteiligen Folgen, die für den Fall des Ergehens einer einstweiligen Anordnung für die Allgemeinheit eintreten müssten, ist den Antragstellern zu 1) und 2) jedenfalls die Darlegung eines unter den gegebenen Umständen hinreichend schwerwiegenden Nachteils weder für die Gesamtheit oder eine erhebliche Zahl der Wohnungsvermittler noch im Hinblick auf ihre eigene Situation gelungen.
aa) Wird die Aussetzung des Vollzugs eines Gesetzes begehrt, ist bei der Folgenabwägung ein besonders strenger Maßstab anzulegen (vgl. BVerfGE 121, 1 <17 f.>; 122, 342 <361>; stRspr). Das Bundesverfassungsgericht darf von seiner Befugnis, das Inkrafttreten eines Gesetzes zu verzögern, nur mit größter Zurückhaltung Gebrauch machen, weil der Erlass einer solchen einstweiligen Anordnung stets einen erheblichen Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers darstellt. Ein Gesetz darf deshalb nur dann vorläufig am Inkrafttreten gehindert werden, wenn die Nachteile, die mit seinem Inkrafttreten nach späterer Feststellung seiner Verfassungswidrigkeit verbunden wären, in Ausmaß und Schwere die Nachteile deutlich überwiegen, die im Falle der vorläufigen Verhinderung eines sich als verfassungsgemäß erweisenden Gesetzes einträten. Bei dieser Folgenabwägung sind die Auswirkungen auf alle von dem Gesetz Betroffenen zu berücksichtigen, nicht nur Folgen, die sich für den Antragsteller ergeben (vgl. BVerfGE 106, 369 <375>; 112, 220 <221>; 112, 284 <292>; 121, 1 <17 f.>; 122, 342 <362>; 131, 47 <61>).
Hiernach müssen die Gründe, die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechen, im Vergleich zu den Gründen für Anordnungen, die weniger schwer in die Interessen der Allgemeinheit eingreifen, ganz besonderes Gewicht haben (vgl. BVerfGE 104, 23 <27 f.>; 117, 126 <135>). Schon wenn die jeweiligen Nachteile der abzuwägenden Folgenkonstellation einander in etwa gleichgewichtig gegenüberstehen, gebietet es die gegenüber der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers notwendige Zurückhaltung des Gerichts, das angegriffene Gesetz nicht am Inkrafttreten zu hindern, bevor geklärt ist, ob es vor der Verfassung Bestand hat (vgl. BVerfGE 104, 51 <60>; 106, 369 <376>; 108, 45 <51>).
Die Entscheidung, ob eine einstweilige Anordnung zu erlassen ist oder nicht, hängt unter diesen Umständen von einer Gewichtung der Folgen ab, die in dem einen oder dem anderen Fall eintreten würden. Dabei sind zum einen die Folgen zu berücksichtigen, die der Inhalt der Entscheidung für die vom Gesetzgeber verfolgten Belange des Schutzes der Wohnungsuchenden hätte. Zum anderen sind die Folgen der jeweiligen Entscheidung für die beruflichen und wirtschaftlichen Belange der Beschwerdeführer und der Wohnungsvermittler in ähnlicher Lage zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 96, 120 <129>). Entscheidend ist, ob die ihnen entstehenden wirtschaftlichen Nachteile entweder zu einem endgültigen und auf Dauer nicht kompensierbaren Schaden führen oder in der Zeit zwischen dem Inkrafttreten der Änderungen des Wohnungsvermittlungsgesetzes und der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in der Hauptsache sehr schwerwiegend sind (vgl. BVerfGE 108, 45 <50>; 131, 47 <61 ff.>). Dieser äußerst strenge Maßstab verlangt nicht nur eine besondere Schwere der im Fall des Unterbleibens einer einstweiligen Anordnung entstehenden Nachteile, sondern stellt auch sehr hohe Anforderungen an die Darlegung, dass solche Nachteile zu gewärtigen sind (vgl. zu diesem Kriterium BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 27. Dezember 2002 - 1 BvR 2351/02 -, NVwZ 2003, S. 725 <726>).
bb) Daran gemessen genügen die Darlegungen der Antragsteller zu 1) und 2) nicht für die angestrebte Aussetzung des Vollzugs der gesetzlichen Vorschriften zur Einführung des Bestellerprinzips.
Bleibt das Gesetz in der vorliegenden Fassung in Kraft, so zwingt dies zwar die Antragsteller zu 1) und 2) wie alle Wohnungsvermittler zu erheblichen Umstellungen in ihrem Geschäftsmodell, deren wirtschaftliche Auswirkungen nach den Ausführungen des Gesetzentwurfs erheblich, im Einzelnen aber schwer abschätzbar sind. Weiterführend ist es den Antragstellern zu 1) und 2) nicht gelungen, im Hinblick auf die Gesamtheit oder doch einen signifikanten Anteil der Wohnungsvermittler oder im Hinblick auf ihre eigene Situation hinreichend schwerwiegende Nachteile darzutun.
(1) Die Gesetzesbegründung selbst geht von "deutlichen Umsatzrückgängen" für Wohnungsvermittler durch die Neuregelungen im Wohnungsvermittlungsrecht aus (vgl. BTDrucks 18/3121, S. 4).
(a) Von den gesetzlichen Änderungen sollen ausweislich des Gesetzentwurfs etwa 537.000 Vermietungsfälle jährlich betroffen sein, in denen die Wohnungsuchenden nicht mehr die Maklercourtage tragen müssen. Daraus ergäben sich für die Wohnungsuchenden mit Berücksichtigung der Umsatzsteuer Einsparungen von 573,52 Millionen Euro (vgl. BTDrucks 18/3121, S. 26). Bezüglich dieser Fälle geht der Gesetzentwurf allerdings davon aus, dass die Vermieter nur in der Hälfte der Fälle die Wohnungsvermietung selbst übernehmen, während sie in den verbleibenden Fällen auch künftig Makler einschalten würden. Da ein verstärkter Preiswettbewerb zwischen den Maklern zu erwarten sei, erscheine die Annahme plausibel, dass sich die gegenüber Vermietern durchzusetzende Courtage halbiere (vgl. BTDrucks 18/3121, S. 26). Aus diesen auch vom Nationalen Normenkontrollrat in seiner Stellungnahme bestätigten Zahlen ergeben sich entgangene Einnahmen der Wohnungsvermittler in Höhe von circa 310 Millionen Euro (vgl. BTDrucks 18/3121, S. 39, 41).
(b) Auf dieser Grundlage, die von den Antragstellern zu 1) und 2) nicht mit belastbaren weiteren Angaben ergänzt worden ist, ist die für den ganzen Berufsstand der Wohnungsvermittler geltend gemachte Existenzbedrohung nicht hinreichend substantiiert dargelegt.
Nach den Daten des Statistischen Bundesamtes gab es im Jahr 2012 in Deutschland 37.900 Unternehmen (einschließlich inhabergeführter Unternehmen), die ihren wirtschaftlichen Schwerpunkt in der Vermittlung und Verwaltung von Grundstücken, Gebäuden und Wohnungen für Dritte haben. Diese Unternehmen setzten im Jahr 2012 rund 17,1 Milliarden Euro um. Für jedes Unternehmen wurden durchschnittlich 451.000 € erwirtschaftet (Statistisches Bundesamt, Fachserie 9 Reihe 4.3, Strukturerhebung im Dienstleistungsbereich Grundstücks- und Wohnungswesen 2012, 2014, S. 3, 5). Daraus ergibt sich auf der Basis der in der Gesetzesbegründung genannten Zahlen eine durchschnittliche Belastung dieser Unternehmen in Höhe von circa 8.200 € durch das Inkrafttreten des Mietrechtsnovellierungsgesetzes. Von einer Existenzbedrohung des gesamten Berufsstandes der Wohnungsvermittler lässt sich hiernach nicht ausgehen.
Die Wohnungsvermittler werden dadurch, dass die bisherigen Formen der Abwälzung ihres Honorars auf die Wohnungsuchenden nicht mehr im bisherigen Umfang möglich sein werden, auch nicht zu einer grundlegenden Veränderung ihrer beruflichen Tätigkeit in dem Sinne gezwungen, dass sie die bisher ihre Lebensgrundlage bildende Tätigkeit völlig aufgeben und eine neue, auf anderen beruflichen Voraussetzungen beruhende Existenz aufbauen müssen. Sie können vielmehr im bisherigen beruflichen Tätigkeitsbereich verbleiben und sind nicht zum Erwerb grundlegend neuer Kenntnisse und Fähigkeiten gezwungen; auch das auf ihrem beruflichen Lebensweg erworbene Wissen und die spezifischen Berufserfahrungen können sie weiterhin verwerten (vgl. BVerfGE 25, 367 <370>).
Das gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass die meisten Makler nicht ausschließlich als Wohnungsvermittler tätig sein dürften. Vielmehr vermitteln sie in der Regel auch Mietverträge über gewerblich genutzte Immobilien sowie Kaufverträge über private und gewerbliche Immobilien. Vielfach sind sie auch in der Immobilienverwaltung und anderen immobiliennahen Dienstleistungsbereichen tätig. Diese Tätigkeitsfelder und Einnahmequellen bleiben durch die Änderungen im Wohnungsvermittlungsgesetz gänzlich unberührt. Darüber hinaus ist nicht auszuschließen, dass für die Wohnungsvermittlung neue Modelle zur Vergütung jedenfalls durch Vermieter entwickelt werden, die mit § 2 Abs. 1a WoVermG n.F. vereinbar sind und so die anzunehmenden Einnahmeausfälle zumindest teilweise kompensiert werden können.
Soweit die Wohnungsvermittler im Bereich der Vermittlung von Wohnraum ihr Entgelt zukünftig vom Vermieter verlangen können, ergibt sich aus der ebenfalls durch das Mietrechtsnovellierungsgesetz eingeführten Regelung zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten ("Mietpreisbremse") voraussichtlich keine übermäßige Zusatzbelastung. In den angespannten Wohnungsmärkten, in denen diese greifen wird, verfügen die Vermieter über die Marktmacht, die Mieten bei Neuvermietungen im Rahmen des gesetzlich Zulässigen zu erhöhen; im Übrigen enthält das Gesetz verschiedene Ausnahmetatbestände, bei deren Vorliegen die Mietpreisbremse nicht greift. Es bleibt den Vermietern also unbenommen, die ihnen nunmehr entstehenden Maklerkosten bei der Festlegung der Höhe der Miete zu berücksichtigen.
(2) Im Hinblick auf die eigene Situation der Antragsteller zu 1) und 2) ist im Ausgangspunkt zu berücksichtigen, dass wirtschaftliche Nachteile, die lediglich Einzelnen durch den Vollzug eines Gesetzes entstehen, im Allgemeinen nicht geeignet sind, die Aussetzung der Anwendung von Normen zu begründen (vgl. BVerfGE 6, 1 <6>; 7, 175 <179, 182 f.>; 14, 154; BVerfGK 7, 188 <191 f.>). Das gilt hier in besonderem Maße, weil das vom Gesetzgeber gewählte legitime Ziel gerade in einer finanziellen Entlastung der Wohnungsuchenden von Maklerkosten besteht.
Unter welchen Umständen anderes zu gelten hat, wenn die unmittelbare Gefahr besteht, dass ein Gewerbebetrieb unter Geltung und Vollzug der gesetzlichen Regelung, deren einstweilige Aussetzung beantragt ist, vollständig zum Erliegen käme und ihm dadurch ein Schaden entstünde, der im Falle der späteren Feststellung der Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Regelung nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte (vgl. BVerfGE 14, 153 f.; 40, 179 <181>; 68, 233 <236>; 131, 47 <61 ff.>; BVerfGK 7, 188 <192>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 15. September 1994 - 1 BvR 1651/94 -, NJW 1995, S. 771), kann vorliegend offen bleiben. Denn angesichts der hohen Anforderungen, die hieran jedenfalls zu stellen sind, mangelt es dem Vortrag der Antragsteller zu 1) und 2) an einer hinreichend substantiierten Darlegung sowohl eines auf die Einführung des Bestellerprinzips zurückzuführenden schweren Nachteils als auch des von § 32 Abs. 1 BVerfGG zur Abwehr eines solchen geforderten dringenden Gebotenseins des Erlasses einer einstweiligen Anordnung. Insoweit bedarf es in tatsächlicher Hinsicht zumindest im Sinne einer Plausibilitätskontrolle nachprüfbarer individualisierter und konkreter Darlegungen (vgl. BVerfGE 106, 351 <357>; BVerfGK 7, 188 <192>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. September 1999 - 2 BvR 1646/98 -, NVwZ-RR 2000, S. 16).
So hat der Antragsteller zu 1) zwar durch die Vorlage der Erklärung seines Steuerberaters konkret dargelegt, wie groß der auf die Wohnraumvermietung entfallende Umsatzanteil ist. Sein Vortrag verhält sich aber nicht dazu, ob ein nennenswerter Anteil dieser Einnahmen aus von Mietern gezahlten Provisionen stammt. Jedenfalls aber behauptet er angesichts seiner weiteren Einnahmequellen nicht einmal, dass die Einführung des Bestellerprinzips den Fortbestand seines Unternehmens gefährden könnte. Auch als eine entsprechende Neuregelung noch nicht absehbar war, erzielte er bereits über 70 % seiner Umsätze aus der Vermittlung von Grundstücken und Eigentumswohnungen und dem so genannten Home Staging.
Demgegenüber macht der Antragsteller zu 2) zwar geltend, dass ihm die Insolvenz drohe, falls das Mietrechtsnovellierungsgesetz in Kraft trete, allerdings ohne dies durch konkrete Zahlen belegen zu können. Er legt weder seine Umsätze noch Gewinne näher dar und nimmt auch keine Stellung dazu, ob er seine Provisionen bislang ausschließlich von Mietern oder auch von Anbieterseite erhalten hat.
2. Die Verfassungsbeschwerde des Antragstellers zu 3) ist dagegen bereits offensichtlich unzulässig, so dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG bereits aus diesem Grund abzulehnen ist, ohne dass es einer Folgenabwägung bedarf.
Ungeachtet der Frage, dass bereits eine Beschwer des Antragstellers zu 3) als eines potentiellen Wohnungsuchenden und damit als eines Begünstigten der gesetzlichen Neuregelung zweifelhaft erscheint, ist jedenfalls dem Begründungserfordernis (§§ 92, 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG) nicht genügt. Eine ausreichende Begründung setzt voraus, dass die Möglichkeit der Verletzung des Beschwerdeführers in einem Grundrecht oder grundrechtsgleichen Recht mit hinreichender Deutlichkeit aufgezeigt wird (vgl. BVerfGE 108, 370 <386 f.> m.w.N.; stRspr). Dies ist dem Antragsteller weder im vorliegenden Verfahren noch mit der Begründung der gleichzeitig erhobenen Verfassungsbeschwerde gelungen. Insbesondere ist nicht zu ersehen, dass der Antragsteller zu 3) in seiner durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Vertragsfreiheit verletzt sein könnte. Es bleibt ihm weiterhin unbenommen, über den Nachweis oder die Vermittlung von Wohnraum wirksame Maklerverträge zu schließen und sich zur Zahlung der Courtage zu verpflichten. Nicht jedes Entgeltversprechen eines Wohnungsuchenden unterfällt dem Verbot des § 2 Abs. 1a WoVermG n.F., vielmehr ist durch dessen zweiten Halbsatz ausdrücklich der Fall ausgenommen, dass der Wohnungsuchende dem Makler einen Suchauftrag erteilt und dieser daraufhin ausschließlich in seinem Interesse und nicht für den Vermieter tätig geworden ist (vgl. BTDrucks 18/3121, S. 26).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.