Bundesverfassungsgericht

Entscheidungsdatum: 13.10.2016


BVerfG 13.10.2016 - 1 BvQ 42/16

Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung: Unzulässigkeit wegen Subsidiarität gegenüber fachgerichtlichem Eilrechtsschutz sowie wegen unzureichender Substantiierung des eA-Antrags


Gericht:
Bundesverfassungsgericht
Spruchkörper:
1. Senat 2. Kammer
Entscheidungsdatum:
13.10.2016
Aktenzeichen:
1 BvQ 42/16
ECLI:
ECLI:DE:BVerfG:2016:qk20161013.1bvq004216
Dokumenttyp:
Ablehnung einstweilige Anordnung
Zitierte Gesetze

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Gründe

1

Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG liegen nicht vor.

2

1. Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Es ist zwar nicht erforderlich, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits ein Verfassungsbeschwerdeverfahren in der Hauptsache anhängig ist (vgl. BVerfGE 105, 235 <238>; 113, 113 <119 f.>; stRspr). Jedoch gilt auch im vorgelagerten verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutzverfahren der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (vgl. § 90 Abs. 2 BVerfGG). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kommt daher nur in Betracht, wenn der Antragsteller bestehende Möglichkeiten, fachgerichtlichen Eilrechtsschutz zu erlangen, ausgeschöpft hat (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 24. März 2014 - 1 BvQ 9/14 -, NVwZ 2014, S. 882 <883>; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 22. September 2016 - 2 BvQ 52/16 -, juris, Rn. 2).

3

Vorliegend ist nicht erkennbar, dass der fachgerichtliche Rechtsweg erschöpft ist. Denn aus dem Vortrag der Beschwerdeführerin lässt sich nicht entnehmen, dass sie fachgerichtlichen Rechtsschutz überhaupt in Anspruch genommen hätte. Ebenso wenig ist - gerade vor dem Hintergrund, dass bei Prüfung der Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 BVerfGG ein strenger Maßstab zugrunde zu legen ist (vgl. BVerfGE 3, 41 <44>; 6, 1 <3 f.>; 55, 1 <3>; 82, 310 <312>; 87, 107 <111>; 94, 166 <216 f.>; 104, 23 <27>; 106, 51 <58>; 132, 195 <232 Rn. 86>; stRspr) - ersichtlich, dass ihr ein Zuwarten bis zu einer fachgerichtlichen (Eil-)Entscheidung nicht zuzumuten wäre, weil ihr sonst ein schwerer oder unabwendbarer Nachteil entstünde (vgl. § 90 Abs. 2 BVerfGG). Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Bundesverfassungsgericht ist - anders als der vorläufige Rechtsschutz im fachgerichtlichen Verfahren - nicht darauf angelegt, möglichst lückenlos vorläufigen Rechtsschutz zu bieten (vgl. BVerfGE 94, 166 <216>). Erst recht dient es nicht dazu, das fachgerichtliche Verfahren vorwegzunehmen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 24. März 2014 - 1 BvQ 9/14 -, NVwZ 2014, S. 882 <883>; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 22. September 2016 - 2 BvQ 52/16 -, juris, Rn. 4).

4

2. Im Übrigen hat die Beschwerdeführerin ihren Antrag nicht hinreichend substantiiert. Eine einstweilige Anordnung kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht ergehen, wenn eine Verfassungsbeschwerde von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet wäre (vgl. BVerfGE 111, 147 <152 f.>; stRspr). Ein Antrag nach § 32 Abs. 1 BVerfGG ist zudem nur zulässig, wenn das Vorliegen der sich hieraus ergebenden Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung substantiiert dargelegt ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 17. November 2006 - 1 BvQ 33/06 -, juris, Rn. 2; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 29. Oktober 2013 - 1 BvQ 44/13 -, juris, Rn. 2; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Januar 2016 - 2 BvQ 1/16 -, juris, Rn. 2). Diesen Anforderungen wird die Antragsbegründung nicht gerecht. Ihr lässt sich noch nicht einmal entnehmen, dass sich die Beschwerdeführerin wegen ihres Anliegens bereits an die Stadt gewendet und dort kein Gehör gefunden hätte. Zu dem gesamten Vorgang der Zuweisung der jetzigen Unterkunft legt die Beschwerdeführerin vielmehr nur einen Gebührenbescheid vor. Es fehlt daher auch an der hinreichenden Darlegung eines verfassungsrechtlich relevanten Nachteils, der den Erlass einer einstweiligen Anordnung dringend geboten erscheinen lassen könnte.

5

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.