Entscheidungsdatum: 27.04.2017
Die Beschwerde, mit der eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), eine Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und ein Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) geltend gemacht wird, ist unzulässig, weil sie bezüglich aller Zulassungsgründe nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt.
1. Die Revision ist nicht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
1.1 Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn sich die aufgeworfene Frage im Revisionsverfahren nicht stellen würde, wenn sie bereits geklärt ist bzw. aufgrund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann oder wenn sie einer abstrakten Klärung nicht zugänglich ist (BVerwG, Beschlüsse vom 1. April 2014 - 1 B 1.14 - AuAS 2014, 110 und vom 10. März 2015 - 1 B 7.15 - juris).
Für die Zulassung der Revision reicht, anders als für die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO/§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG (BVerwG, Urteil vom 31. Juli 1984 - 9 C 46.84 - BVerwGE 70, 24 <26>), eine Tatsachenfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht aus. Die Klärungsbedürftigkeit muss vielmehr in Bezug auf den anzuwendenden rechtlichen Maßstab, nicht die richterliche Tatsachenwürdigung und -bewertung bestehen; auch der Umstand, dass das Ergebnis der zur Feststellung und Würdigung des Tatsachenstoffes berufenen Instanzgerichte für eine Vielzahl von Verfahren von Bedeutung ist, lässt für sich allein nach geltendem Revisionszulassungsrecht eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht zu. Der Gesetzgeber hat insoweit auch für das gerichtliche Asylverfahren an den allgemeinen Grundsätzen des Revisionsrechts festgehalten und für das Bundesverwaltungsgericht keine Befugnis eröffnet, Tatsachen(würdigungs)fragen grundsätzlicher Bedeutung in "Länderleitentscheidungen", wie sie etwa das britische Prozessrecht kennt, zu treffen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 8. September 2011 - 10 C 14.10 - BVerwGE 140, 319 Rn. 28 - zur Feststellung einer extremen Gefahrenlage) haben sich allerdings die Berufungsgerichte nach § 108 VwGO (erkennbar) mit abweichenden Tatsachen- und Lagebeurteilungen anderer Oberverwaltungsgerichte/Verwaltungsgerichtshöfe auseinanderzusetzen.
Anderes folgt auch nicht aus dem Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14. November 2016 (2 BvR 31/14 - InfAuslR 2017, 75). Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Beschluss nicht entschieden, dass in Fällen, in denen Oberverwaltungsgerichte/Verwaltungsgerichtshöfe auf der Grundlage (weitestgehend) identischer Tatsachenfeststellungen zu einer im Ergebnis abweichenden rechtlichen Beurteilung kommen, stets und notwendig eine (klärungsbedürftige) Rechtsfrage des Bundesrechts vorliegt, welche eine Rechtsmittelzulassung gebietet, um den Zugang zur Rechtsmittelinstanz nicht in einer durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigenden Weise zu erschweren. Das Bundesverfassungsgericht hat vielmehr als Grund der bei als identisch angenommener Tatsachengrundlage im Ergebnis unterschiedlichen Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen einerseits, des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg andererseits eine unterschiedliche Rechtsauffassung zur Rechtsfrage bezeichnet, ob der Asylbewerber tatsächlich politisch aktiv war oder ob es ausreicht, dass die Behörden des Heimatstaates von einer solchen Betätigung ausgingen. Für Tatsachenfragen - und damit auch für Unterschiede bei der tatsächlichen Bewertung identischer Tatsachengrundlagen - hat es vorab ausdrücklich bestätigt, dass wegen der Bindung des Revisionsgerichts an die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) eine weitergehende Vereinheitlichung der Rechtsprechung durch das Bundesverwaltungsgericht ausscheidet. Auch in Fällen (weitgehend) identischer Tatsachengrundlagen ist für die Revisionszulassung mithin eine Darlegung erforderlich, dass die im Ergebnis abweichende Bewertung der Tatsachengrundlage eine klärungsbedürftige Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, und diese Frage hinreichend klar zu bezeichnen.
Im Ergebnis unterschiedliche Bewertungen von Tatsachen bei (weitgehend) identischer Tatsachengrundlage weisen auch nicht auf rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftige Fragen zur Auslegung und Anwendung des § 108 VwGO hin; im Übrigen sind (mögliche) Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung nach ständiger Rechtsprechung revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen. Ein - hier nicht geltend gemachter - Verfahrensfehler kann ausnahmsweise dann gegeben sein, wenn die Beweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet (BVerwG, Beschlüsse vom 25. Juni 2004 - 1 B 249.03 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 284 und vom 23. September 2011 - 1 B 19.11 - juris, jeweils m.w.N.). Ein Verfahrensmangel bei der Beweiswürdigung liegt aber nur dann vor, wenn sich der gerügte Fehler hinreichend eindeutig von der materiellrechtlichen Subsumtion, d.h. der korrekten Anwendung des sachlichen Rechts abgrenzen lässt und der Tatrichter den ihm bei der Tatsachenfeststellung durch den Grundsatz freier Beweiswürdigung gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffneten Wertungsrahmen verlassen hat.
1.2 Nach diesen Grundsätzen ist eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache schon nicht dargelegt.
a) Die Beschwerde hält zunächst - unter Hinweis auf die im Ergebnis unterschiedliche Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte und der Oberverwaltungsgerichte - sinngemäß die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig,
ob einer aus Syrien flüchtigen Person, der "im Rückkehrfall nach Syrien - ungeachtet etwaiger individueller Asylgründe - schon wegen seiner illegalen Ausreise, der Asylantragstellung sowie längerem Auslandsaufenthalt die Festnahme und damit verbunden die Gefahr von Folter droht, mit der einer vermuteten Einstellung gegen das derzeitige politische System nachgegangen wird" und ihr damit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG drohe.
Diese grundsätzliche Frage bedürfe empirisch fundierter sachverständiger Klärung durch Einholung eines unabhängigen qualifizierten Gutachtens. Andernfalls könne die Feststellung, ob eine Verfolgung der vorstehend näher beschriebenen Art drohe, d.h. sich der Ausländer wie der Kläger im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG aus begründeter Furcht vor einer solchen Verfolgung außerhalb des Herkunftslandes befände, nicht anhand einer "hinreichend objektiven Verfolgungsprognose" beurteilt werden.
Mit diesem und dem weiteren Vorbringen wird eine grundsätzliche Bedeutung nicht dargelegt. Von einer grundsätzlichen Bedeutung ist regelmäßig auszugehen, wenn eine bundesrechtliche Rechtsfrage in der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte uneinheitlich beantwortet wird und es an einer Klärung des für die materiellrechtliche Subsumtion sowie die Tatsachenfeststellung und -würdigung heranzuziehenden rechtlichen Maßstabes durch das Bundesverwaltungsgericht fehlt.
Dass sich vor diesem Hintergrund im vorliegenden Verfahren eine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage stellt, wird von der Beschwerde nicht substantiiert dargelegt. Der bloße Hinweis darauf, dass Obergerichte - bei als identisch angenommener Tatsachengrundlage - zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen seien, weist gerade nicht auf eine (klärungsfähige) Rechtsfrage des Bundesrechts, wenn und weil es an Darlegungen zur Frage fehlt, auf welchem (klärungsbedürftigen) Unterschied in den der Tatsachenbewertung zugrunde liegenden Rechtsauffassungen die im Ergebnis abweichende Beurteilung beruht. Betroffen ist vielmehr eine Tatsachenfrage.
Dies verdeutlicht letztlich auch die Beschwerdebegründung selbst mit dem Vortrag, die Frage von grundsätzlicher Bedeutung, ob die syrischen Sicherheitsbehörden in diesem Sinne letztlich jeden Rückkehrer, der Syrien illegal verlassen, einen Asylantrag gestellt und sich längere Zeit im Ausland aufgehalten hat, ohne weitere Anhaltspunkte der Opposition zurechneten, hätte erschöpfend anhand aktuellster empirischer Erkenntnisse geprüft werden müssen. Auch das Vorbringen, es sei nicht "ersichtlich, dass diese Frage auf Grundlage einer neutralen und sachverständigen Quelle mittels empirisch anerkannter Methoden wissenschaftlich fundiert und nachvollziehbar bei Beurteilung der wahren, konkreten und aktuellen Gefahrenlage beantwortet wurde, sodass sich das OVG hiermit hätte auseinandersetzen und schließlich sachlich begründet das Für und Wider hätte darstellen können", legt nicht eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung dar, sondern greift die einzelfallbezogene Feststellung und Würdigung des Sachverhaltes durch das Berufungsgericht an. Soweit dieses Vorbringen dahin gewertet werden sollte, dass damit zugleich eine im Einzelfall unzureichende Sachaufklärung in Bezug auf die für die Beurteilung der Anknüpfung drohender Handlungen des syrischen Staates an einen Verfolgungsgrund erheblichen Tatsachen hat gerügt werden sollen, führte auch dies nicht zur Revisionszulassung. Eine Verletzung der Aufklärungspflicht liegt regelmäßig dann nicht vor, wenn das Gericht den nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Sachverhalt aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme für aufgeklärt gehalten hat und die sachkundig vertretenen Verfahrensbeteiligten keine Beweisanträge gemäß § 86 Abs. 2 VwGO gestellt haben (BVerwG, Urteil vom 27. Juli 1983 - 9 C 541.82 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 146; Beschluss vom 10. Oktober 2013 - 10 B 19.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziffer 3 VwGO Nr. 67). Hierzu ist in der Beschwerde substantiiert nicht vorgetragen.
2. Die Revision ist auch nicht wegen der geltend gemachten Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.
2.1 Eine Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts oder eines anderen in der Vorschrift genannten Gerichts aufgestellten ebensolchen entscheidungstragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Die nach Auffassung des Beschwerdeführers divergierenden Rechtssätze müssen einander präzise gegenübergestellt werden (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17. Dezember 2010 - 8 B 38.10 - ZOV 2011, 45 und vom 17. Februar 2015 - 1 B 3.15 - juris Rn. 7). Allein das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen eines der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge nicht.
2.2 Auch diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Insbesondere werden die sich angeblich widersprechenden Rechtssätze nicht konkret herausgearbeitet. In dem herangezogenen Beschluss vom 10. Juli 1989 - 2 BvR 502/86 u.a. - (BVerfGE 80, 315) hatte das Bundesverfassungsgericht - noch zu Art. 16 GG - grundsätzliche Ausführungen zum Begriff der "politischen Verfolgung" und den Voraussetzungen gemacht, unter denen eine derartige asylerhebliche Verfolgung anzunehmen ist. Das Vorbringen, das Oberverwaltungsgericht sei "letztlich nur deshalb zu einer Versagung der Flüchtlingseigenschaft gekommen (...), indem es den Begriff der 'begründeten Furcht' durch weitere nach der Lebenserfahrung und auch den allgemeinkundigen Erkenntnissen gar nicht gerechtfertigte, ungeschriebene Voraussetzungen eingeengt und damit indirekt überhöhte Voraussetzungen für die Gewährleistung des sich aus Art. 1, 2, 16a GG ergebenden Grundrechtsschutzes aufgestellt hat, die der Realität grundsätzlicher Gefahr für aus Syrien stammende, eine Verfolgung bei ihrer Rückkehr begründet fürchtende Asylbewerber nicht gerecht wird", stellt den Rechtsausführungen des Bundesverfassungsgerichts keinen von diesen abweichenden, vom Berufungsgericht aufgestellten Rechtssatz gegenüber. Allenfalls wird eine fehlerhafte Anwendung unbestrittener Rechtssätze, die sich das Berufungsgericht in seinem in Bezug genommen Urteil vom 16. Dezember 2016 - 1 A 10922/16.OVG - durch Anwendung des § 3a AsylG auch zu eigen gemacht hat, auf den Einzelfall unter unzutreffender Auswertung oder Würdigung der Herkunftslandinformationen gerügt. Im Übrigen erging die von der Beschwerde in diesem Zusammenhang zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Begriff der politischen Verfolgung in Art. 16 Abs. 1 GG, während es vorliegend um die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach §§ 3 ff. AsylG geht.
3. Die Revision ist schließlich nicht wegen des geltend gemachten Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs oder der Amtsermittlungspflicht dadurch, dass das Berufungsgericht nicht von Amts wegen Sachverständigenbeweis erhoben und kein "Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen über die entscheidungserhebliche Tatsache der begründeten Furcht vor Verfolgung im Falle der Rückkehr eingeholt" hat und sich stattdessen "auf sekundäre, teilweise hoch streitbare und empirisch nicht gesicherte Quellen" verlassen hat, ist schon nicht dargelegt.
Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung gemäß § 86 Abs. 1 VwGO grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer sich nicht aufdrängenden Beweiserhebung absieht, die - wie hier - ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 25. August 2015 - 1 B 40.15 - Buchholz 402.25 § 3 AsylVfG Nr. 19). Aus welchen Gründen sich dem Oberverwaltungsgericht eine weitere Aufklärung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen, legt die Beschwerde nicht dar. Der Verweis auf ein Gutachten eines "unabhängigen Sachverständigen" genügt hierzu schon deswegen nicht, weil nicht einmal ansatzweise dargelegt wird, welcher Sachverständige bzw. welche sachverständige Stelle insoweit über besondere, die vom Berufungsgericht ausgewerteten Informationen und Quellen hinausreichende Informationen zur Gefährdung von zurückkehrenden, insbesondere der Wehrpflicht unterfallenden Personen, verfügen könnte.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG; Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.