Entscheidungsdatum: 10.02.2011
Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.
1. Die Beschwerde wendet sich in erster Linie dagegen, dass das Berufungsgericht die Ausweisung des Klägers, die wegen des ihm zustehenden besonderen Ausweisungsschutzes als Ermessensausweisung verfügt worden ist, als rechtmäßig bestätigt hat. Sie macht geltend, das Berufungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts des Klägers sein privates Interesse an einem weiteren Verbleib in Deutschland überwiege. In diesem Zusammenhang hält sie die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig,
"ob es im Falle einer Ermessensausweisung innerhalb des der Ausländerbehörde zustehenden Ermessensspielraums liegt, dass das zwischen dem auszuweisenden Ausländer und seinem minderjährigen deutschen Kind bestehende schützenswürdige Familienleben als nachrangig gegenüber dem öffentlichen Vollzugsinteresse eingestuft wird
bzw. ob das Wohl minderjähriger Kinder im Rahmen der Ermessensausweisung eines ausländischen Elternteils generell Vorrang vor dem Vollzugsinteresse des Staates genießt."
Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, das Berufungsgericht habe das Wohl der minderjährigen Kinder des Klägers unzureichend berücksichtigt bzw. gewichtet. Es habe neueste Entwicklungen auf dem Gebiet des Europarechts sowie den Kindeswohlvorrang nach Art. 3 Abs. 1 der UN-Kinderrechtskonvention (KRK) vom 20. November 1989, die nach Rücknahme der Vorbehaltserklärung durch die Bundesrepublik Deutschland nunmehr unmittelbare Rechtswirkungen habe, nicht ausreichend beachtet. Sie nimmt insoweit auf einen Aufsatz von Benassi (InfAuslR 2010, 283 <289>) sowie auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 24. November 2009 (Nr. 182/08, Omojudi, InfAuslR 2010, 178) Bezug.
Mit diesem Vorbringen werden grundsätzlich klärungsbedürftige Rechtsfragen im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht aufgezeigt. Die Beschwerde legt nicht dar, inwiefern die von ihr aufgeworfenen Fragen der Klärung in einem Revisionsverfahren bedürfen. Dies ist auch sonst nicht ersichtlich. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist geklärt, dass es bei der im Rahmen der Ermessensentscheidung zu prüfenden Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung einer einzelfallbezogenen Würdigung und Abwägung der für die Ausweisung sprechenden öffentlichen Belange und der gegenläufigen Interessen des Ausländers unter Beachtung der insbesondere vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK entwickelten Kriterien bedarf (vgl. Urteil vom 22. Oktober 2009 - BVerwG 1 C 26.08 - BVerwGE 135, 137 Rn. 28 m.w.N.). An der Notwendigkeit einer jeweils einzelfallbezogenen Abwägung hat sich durch das nunmehr auch in Deutschland unmittelbar geltende Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989 (BGBl II 1992 S. 121) - UN-Kinderrechtskonvention (KRK) - und dessen Art. 3 Abs. 1 nichts Wesentliches geändert, da schon bisher gemäß Art. 8 EMRK bzw. Art. 6 GG das besondere Gewicht der familiären Bindungen und insbesondere das Kindeswohl minderjähriger Kinder zu berücksichtigen waren. Art. 3 Abs. 1 KRK sieht vor, dass bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt ist, der vorrangig zu berücksichtigen ist. Er schließt damit aber eine Aufenthaltsbeendigung für einen Elternteil aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung - jedenfalls bei besonders schweren Straftaten und langfristig ungünstiger Prognose, wie sie hier vom Berufungsgericht festgestellt worden sind - nicht generell und unter allen Umständen aus. Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen sind deshalb ohne Weiteres dahingehend zu beantworten, dass das zwischen dem Ausländer und seinem minderjährigen deutschen Kind bestehende Familienleben bzw. das Kindeswohl nicht generell und ausnahmslos Vorrang vor dem öffentlichen Vollzugsinteresse haben. Etwas anderes lässt sich auch aus dem von der Beschwerde angeführten Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht herleiten, der ebenfalls eine Abwägung der Schwere der Straftat und des Gewichts der familiären Bindungen im Einzelfall vornimmt. Soweit die Beschwerde die Abwägung des Berufungsgerichts im Falle des Klägers beanstandet, wirft sie keine Rechtsfrage auf, die sich losgelöst von den tatsächlichen Gegebenheiten des Einzelfalles in verallgemeinerungsfähiger, grundsätzlicher Weise beantworten ließe.
2. Soweit die Beschwerde sich außerdem gegen die Ablehnung eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis durch das Berufungsgericht wendet, legt sie einen Revisionszulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dar. Sie setzt sich schon nicht mit der selbstständig tragenden Begründung des Berufungsgerichts auseinander, dass der Erteilung eines Aufenthaltstitels die Sperrwirkung der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG entgegensteht. Im Übrigen führt die Beschwerde lediglich aus, das Berufungsgericht habe sich in Widerspruch zu einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover vom 23. Februar 2010 gesetzt, welche auf zahlreichen höchstrichterlichen Rechtsprechungen zur Ausnahme von der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG beruhe. Sie wirft aber hierzu weder eine klärungsfähige und klärungsbedürftige Frage des revisiblen Rechts auf, die die Zulassung einer Grundsatzrevision rechtfertigen könnte, noch benennt sie einen sonstigen Zulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO. Insbesondere zeigt sie keinen bestimmten abstrakten Rechtssatz aus dem Berufungsurteil auf, mit dem das Berufungsgericht von einem ebensolchen Rechtssatz in einer Entscheidung der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten obersten Gerichte abgewichen ist, wie dies für die Darlegung einer Divergenz im Sinne dieser Vorschrift erforderlich wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 45 Abs. 1 Satz 2 sowie § 52 Abs. 2 GKG und berücksichtigt, dass neben der Ausweisung die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sowie (hilfsweise) die Erteilung eines Reiseausweises im Streit waren.