Entscheidungsdatum: 16.03.2016
I
Der Kläger, ein afghanischer Staatsangehöriger, hatte nach seiner Einreise in das Bundesgebiet am 10. Juli 2013 Asyl beantragt. Mit Schreiben vom 12. Mai 2014 beantragte er beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt), ihm mitzuteilen, bis wann mit einer Entscheidung über den Asylantrag zu rechnen sei. Mit weiteren Schreiben vom 6. August 2014, 8. August 2014 und 19. August 2014 beantragte er erneut, mitzuteilen, bis wann mit einer Entscheidung zu rechnen sei. Mit Schreiben vom 22. August 2014 teilte das Bundesamt mit, dass aufgrund der hohen Zugangszahlen und der festgelegten Arbeitsprioritäten voraussichtlich nicht mehr in diesem Jahr über den Asylantrag entschieden werden könne. Das Verwaltungsgericht hat die hiergegen erhobene Klage auf Mitteilung nach § 24 Abs. 4 AsylVfG, bis wann über den Asylantrag voraussichtlich entschieden wird, abgewiesen. Die Klage sei mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Die Klage sei allerdings, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts, nicht aufgrund der Regelung des § 44a VwGO unzulässig, sondern unbegründet. Denn die Beklagte sei mit ihrer Mitteilung vom 22. August 2014 jedenfalls der Sache nach ihrer Auskunftspflicht gerecht geworden.
Hiergegen wendet sich die Beschwerde, mit der diese die Zulassung der Revision erstrebt.
II
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Beschwerde beimisst.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn sich die aufgeworfene Frage im Revisionsverfahren nicht stellen würde, wenn sie bereits geklärt ist bzw. aufgrund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann oder wenn sie einer abstrakten Klärung nicht zugänglich ist (BVerwG, Beschlüsse vom 1. April 2014 - 1 B 1.14 - AuAS 2014, 110 und vom 10. März 2015 - 1 B 7.15 - juris Rn. 3). Die als grundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfene Frage muss entscheidungserheblich sein, ansonsten fehlt ihr die Klärungsfähigkeit. Entscheidungserheblichkeit liegt nicht vor, wenn die Rechtsfrage nicht Teil der tragenden Begründung ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Oktober 2015 - 1 B 55.15 -; Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 132 Rn. 65). Klärungsbedürftig sind aber nur Rechts- oder Tatsachenfragen, die die Vorinstanz entschieden hat, nicht jedoch solche, die sich erst stellen würden, wenn die Vorinstanz anders entschieden hätte (Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 152; BVerwG, Beschluss vom 29. Juni 1992 - 3 B 102.91 - Buchholz 418.04 Heilpraktiker Nr. 17 S. 6).
1. Soweit die Beschwerde folgende Frage als grundsätzlich klärungsbedürftig aufwirft:
"Welcher Inhalt die Mitteilung nach § 24 Abs. 4 AsylVfG (jetzt: AsylG), bis wann voraussichtlich über den Asylantrag entschieden werde, erforderlich ist, damit die Beklagte ihrer Verpflichtung nachkommt bzw. welcher konkrete Inhalt diese Mitteilung nach § 24 Abs. 4 enthalten muss bzw. wie konkret diese beantragte Mitteilung sein muss, um der Auskunftspflicht nach § 24 Abs. 4 AsylG Genüge zu tun;
bzw. reicht es aus, dass nur mitgeteilt wird, bis wann nicht entschieden wird oder ob nicht erforderlich ist, entsprechend dem Wortlaut des Gesetzes mitzuteilen, bis wann voraussichtlich über den Asylantrag entschieden wird, auch wenn dieser Zeitpunkt nicht genau bestimmbar ist."
rechtfertigt diese nicht die Zulassung der Revision. Denn diese Frage ist, soweit sie rechtsgrundsätzlicher Klärung zugänglich ist, bereits anhand des Gesetzes unter Berücksichtigung der anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung zu beantworten.
Die Vorschrift des § 24 Abs. 4 AsylVfG (jetzt: AsylG) ist durch das Richtlinienumsetzungsgesetz 2007 eingeführt worden und setzt Art. 23 Abs. 2 der Richtlinie 2005/85/EG um. Danach haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass das Asylverfahren unbeschadet einer angemessenen und vollständigen Prüfung der Anträge so rasch wie möglich zum Abschluss gebracht wird. Nach § 24 Abs. 4 AsylG hat das Bundesamt dem Antragsteller auf Antrag mitzuteilen, bis wann voraussichtlich über den Antrag entschieden wird, wenn eine Entscheidung über den Asylantrag nicht innerhalb von sechs Monaten ergeht. Durch die Vorschrift wird eine Verpflichtung statuiert, dass der Antragsteller auf seinen Antrag hin über den zeitlichen Rahmen informiert wird, innerhalb dessen mit einer Entscheidung zu rechnen ist. Eine Verpflichtung zur Entscheidung innerhalb der angegebenen Frist wird hierdurch nicht begründet (BT-Drs. 16/5065 S. 216).
Es ist davon auszugehen, dass die Regelung des § 24 Abs. 4 AsylG angesichts der weiten Formulierung ihrer Voraussetzungen (vgl. dazu auch: Marx, AsylVfG, 8. Aufl. 2014, § 24 Rn. 33) nicht über die bereits heute selbstverständlichen Informations- und Auskunftspflichten von Behörden in Verwaltungsverfahren (vgl. § 25 Abs. 2 Satz 2 VwVfG) hinausgeht (vgl. Bell, in: Hailbronner, AuslR, Stand: Oktober 2014, § 24 AsylVfG Rn. 63). Hieraus folgt, dass ein Entscheidungszeitpunkt nicht konkret benannt werden muss, sondern vielmehr die Angabe einer ungefähren zeitlichen Dimension genügt (vgl. auch: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 25 Rn. 22). Dies kommt auch im Wortlaut des § 24 Abs. 4 AsylG zum Ausdruck, wonach eine Mitteilung darüber zu erfolgen hat, bis wann "voraussichtlich" über den Asylantrag entschieden wird. Dieser Formulierung kann lediglich die Bedeutung beigemessen werden, dass das Bundesamt eine Zwischennachricht darüber zu erteilen hat, mit welcher Verfahrensdauer zu rechnen ist, ohne dass sich die Behörde selbst eine verbindliche Frist setzt.
In Anbetracht des allgemeinkundigen Umfangs der Migration seit dem Sommer 2015, dem deutlichen Anstieg der Zahl der Schutzsuchenden bereits im Laufe des Jahres 2014 und der sich hieraus ergebenden Überlastung des Bundesamts steht im Übrigen einer konkreten Angabe des Entscheidungszeitpunktes in der Regel bereits der wegen der exorbitant gestiegenen Asylbewerberzahlen und der begrenzten personellen Kapazitäten beim Bundesamt entstandene Bearbeitungsrückstau entgegen. Dem Bundesamt wird es bei einer derartigen Sachlage in einer Vielzahl von Fällen tatsächlich unmöglich sein, den voraussichtlichen Entscheidungszeitpunkt genau mitzuteilen. Vor diesem Hintergrund ist in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht anzunehmen, dass die Beklagte mit ihrer Mitteilung vom 22. August 2014, wonach "aufgrund der hohen Zugangszahlen und der festgelegten Arbeitsprioritäten voraussichtlich nicht mehr in diesem Jahr über den Asylantrag ... entschieden werden kann", ihrer Auskunftspflicht Genüge getan hat.
2. Soweit die Beschwerde des Weiteren die Frage als grundsätzlich klärungsbedürftig aufwirft,
"inwieweit die ausreichende Mitteilung nach § 24 Abs. 4 AsylG Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO ist"
rechtfertigt diese ebenfalls nicht die Zulassung der Revision. Die Klärung dieser Rechtsfrage ist für die Entscheidung in der Sache nicht erheblich und kann daher der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung verleihen. Denn Streitgegenstand der erhobenen Klage ist nicht eine Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO, sondern lediglich eine Klage auf Erteilung einer Mitteilung nach § 24 Abs. 4 AsylG.
3. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den oben genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 121 Abs. 1 ZPO).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG; Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.