Entscheidungsdatum: 14.07.2010
Die auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und das Vorliegen von Verfahrensmängeln (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Beschwerde hält in rechtlicher Hinsicht zunächst für grundsätzlich klärungsbedürftig,
"ob sich aus Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 ein Anspruch auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis entsprechend der 'überschießenden' Geltungsdauer einer Arbeitserlaubnis ergibt",
ohne in diesem Zusammenhang in der nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen Weise darzulegen, inwiefern diese Frage nach der Grundsatzentscheidung des Senats vom 8. Dezember 2009 - BVerwG 1 C 16.08 - (zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung BVerwGE vorgesehen) weiterhin klärungsbedürftig ist. Soweit die Beschwerde darauf hinweist, der Senat habe in dieser Entscheidung ausdrücklich offengelassen, ob er nach der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache Gattoussi an seiner bisherigen Rechtsprechung festhalte, wonach nach deutschem Recht eine unbefristete Arbeitsgenehmigung kein von der Aufenthaltserlaubnis unabhängiges, gleichsam überschießendes Recht auf Fortführung einer nichtselbstständigen Erwerbstätigkeit vermittele, übersieht sie, dass sich die von ihr in diesem Zusammenhang zitierten Auszüge aus dem Urteil vom 8. Dezember 2009 (Rn. 18) auf die bis zum 31. Dezember 2004 geltende Rechtslage beziehen. In Bezug auf die seitdem geltende neue Rechtslage hat der Senat indes entschieden, dass sich eine vor dem 1. Januar 2005 erteilte unbefristete Arbeitserlaubnis mit Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes am 1. Januar 2005 in eine verwaltungsinterne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zur Aufnahme einer Beschäftigung umgewandelt hat, wenn der Ausländer - wie hier - zu diesem Zeitpunkt im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis war, die ihn uneingeschränkt zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigte, und damit als Grundlage für eine ausnahmsweise mögliche aufenthaltsrechtliche Wirkung des Diskriminierungsverbots in Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 von vornherein ausscheidet (Urteil vom 8. Dezember 2009 a.a.O. Rn. 22). Eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt insoweit auch nicht mit Blick auf die Vorlagepflicht letztinstanzlicher Gerichte nach Art. 267 AEUV (ex-Art. 234 EGV) in Betracht. Nachdem der Gesetzgeber etwaige sich aus der bisherigen Rechtslage ergebende unionsrechtliche Zweifel ausgeräumt hat, bestünde in einem künftigen Revisionsverfahren keine Notwendigkeit zur Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union.
Auch die von der Beschwerde in Bezug auf ein etwaiges Aufenthaltsrecht aus Art. 6 ARB 1/80 aufgeworfene Frage,
"ob es bei der Verwirklichung der Folgenbeseitigung einer rechtswidrig nicht erteilten verlängerten Aufenthaltserlaubnis auf die Tatbestandsvoraussetzungen zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (Bescheid des Landratsamts H. vom 14. Februar 2006) oder auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz ankommt",
rechtfertigt keine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Insoweit fehlt es ebenfalls an einer näheren Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage. In diesem Zusammenhang setzt sich die Beschwerde weder mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei Verpflichtungsklagen auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels (vgl. Urteil vom 7. April 2009 - BVerwG 1 C 17.08 - BVerwGE 133, 329) noch mit dem Inhalt eines Anspruchs auf Folgenbeseitigung auseinander. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass der Betroffene im Wege der Folgenbeseitigung keinen Anspruch hat, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn der behördliche Fehler nicht passiert wäre. Anders als im Sozialrecht, das bei der Verletzung behördlicher Auskunfts- und Hinweispflichten einen Anspruch auf Herstellung desjenigen Zustands kennt, der entstanden wäre, wenn sich der Sozialleistungsträger von vornherein rechtmäßig verhalten hätte, kann auf dem Gebiet des allgemeinen Verwaltungsrechts unrechtmäßiges Verwaltungshandeln oder Unterlassen nur im Rahmen zulässigen Verwaltungshandelns ausgeglichen werden (vgl. Urteil vom 24. März 1988 - BVerwG 3 C 48.86 - BVerwGE 79, 192). Gegenstand eines Folgenbeseitigungsanspruchs ist daher nicht die Einräumung derjenigen Rechtsposition, die der Betroffene bei rechtsfehlerfreiem Verwaltungshandeln erlangt haben würde. Der Anspruch auf Folgenbeseitigung, der ein Verschulden der Behörde nicht voraussetzt, ist nur auf die Wiederherstellung des ursprünglichen, durch hoheitlichen Eingriff veränderten Zustands gerichtet. Mangels gesetzlicher Vorschriften kann er nicht zu einem darüber hinausgehenden Erfolg führen (Beschluss vom 16. Juni 1986 - BVerwG 2 B 67.86 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 160 m.w.N.). Folgerichtig könnte dem Kläger, nachdem das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gekommen ist, dass der Kläger bei Ablauf der ihm zum Zwecke des Ehegattennachzugs erteilten Aufenthaltserlaubnis allenfalls nach Art. 6 Abs. 1 1. Spiegelstrich ARB 1/80 ein Recht auf Aufenthalt zur Weiterbeschäftigung beim gleichen Arbeitgeber erworben hatte, über einen Folgenbeseitigungsanspruch nur eine Aufenthaltserlaubnis zur Fortsetzung dieses Arbeitsverhältnisses erteilt werden, was ihm aber nicht weiterhelfen würde, da dieses Arbeitsverhältnis nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht mehr besteht (vgl. UA S. 9) und eine Weiterbeschäftigung dort auch nicht möglich ist (UA S. 8). Die Beschwerde legt nicht dar, inwiefern ein Revisionsverfahren hier zu weiteren grundsätzlichen Erkenntnissen führen könnte.
2. Die von der Beschwerde erhobenen Verfahrensrügen greifen ebenfalls nicht durch. Ein Verfahrensmangel ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird. In diesem Sinne legt die Beschwerde insbesondere weder eine Verletzung der Aufklärungspflicht noch einen Verstoß gegen die Hinweispflicht schlüssig dar.
Soweit die Beschwerde der Auffassung ist, das Berufungsgericht hätte dem Kläger im Zusammenhang mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses und deren Zugang einen Hinweis erteilen und ihn befragen müssen, weshalb der endgültige Auszug Ende August 2006 erfolgt sei, legt sie nicht dar, was der Kläger in diesem Fall noch vorgetragen hätte und inwiefern der weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre. Auch setzt sie sich nicht damit auseinander, dass das Berufungsgericht seine Entscheidung selbstständig tragend darauf gestützt hat, dass die Kündigung auch dann als zugegangen anzusehen wäre, wenn der Kläger Ende August 2006 tatsächlich ausgezogen sein sollte, ohne eine aktuelle Anschrift zu hinterlassen, da anerkannt sei, dass sich der Adressat einer Willenserklärung nicht auf den fehlenden Zugang berufen könne, wenn er - wie hier - aufgrund eines bestehenden konkreten Rechtsverhältnisses mit dem Zugang rechtserheblicher Erklärungen habe rechnen müssen, gleichwohl aber schuldhaft keine Vorkehrungen getroffen habe, um eine Zugangsmöglichkeit zu eröffnen (UA S. 11).
Ein Verfahrensmangel ist auch nicht in Bezug auf die Ablehnung des vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrags auf Vernehmung seines Bruders als Zeugen dargetan. Dieser Antrag war - entgegen der Darstellung in der Beschwerdeschrift - nicht auf den Beweis der Tatsache gerichtet, dass ein Kündigungsschreiben auch in Abwesenheit des Klägers nicht im Briefkasten gewesen sei, sondern hatte die pauschale Behauptung zum Gegenstand, dass dem Kläger keine Arbeitgeberkündigung schriftlich zugegangen sei. Im Übrigen hat das Berufungsgericht den Antrag jedenfalls im Ergebnis zu Recht als unzulässig abgelehnt. Denn er war nicht auf den Beweis einer konkreten Tatsache gerichtet, sondern so unbestimmt, dass im Grunde erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen hätte aufdecken können.
Bezüglich der gerügten Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht fehlt zudem die Darlegung, hinsichtlich welcher tatsächlicher Umstände vom materiellen Standpunkt des Berufungsgerichts her weiterer Aufklärungsbedarf bestanden haben soll, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, weshalb sich dem Gericht insoweit eine weitere Aufklärung hätte aufdrängen müssen und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären.
Das Berufungsurteil verstößt entgegen der Auffassung der Beschwerde schließlich auch nicht gegen die Pflicht zur Gewährleistung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG). Kommt ein Gericht seiner Pflicht zur Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV nicht nach, liegt hierin zwar ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Das Berufungsgericht war hier aber schon deshalb nicht zu einer Vorlage verpflichtet, weil es nicht als letztinstanzliches Gericht entschieden hat. Außerdem hat der Gesetzgeber - wie oben ausgeführt - mit der Neuordnung des Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisrechts etwaige sich aus der bisherigen Rechtslage ergebende unionsrechtliche Zweifel inzwischen ausgeräumt.