Entscheidungsdatum: 15.08.2017
A. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ist abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung - wie sich aus den nachstehenden Gründen ergibt - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114, 121 Abs. 1 ZPO).
B. Die Beschwerde, mit der allein eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend gemacht wird, ist unzulässig, weil sie nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt.
1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn sich die aufgeworfene Frage im Revisionsverfahren nicht stellen würde, wenn sie bereits geklärt ist bzw. aufgrund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann oder wenn sie einer abstrakten Klärung nicht zugänglich ist (BVerwG, Beschlüsse vom 1. April 2014 - 1 B 1.14 - AuAS 2014, 110 und vom 10. März 2015 - 1 B 7.15 - juris).
Für die Zulassung der Revision reicht, anders als für die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO/§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG (BVerwG, Urteil vom 31. Juli 1984 - 9 C 46.84 - BVerwGE 70, 24 <26>), eine Tatsachenfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht aus. Die Klärungsbedürftigkeit muss vielmehr in Bezug auf den anzuwendenden rechtlichen Maßstab, nicht die richterliche Tatsachenwürdigung und -bewertung bestehen; auch der Umstand, dass das Ergebnis der zur Feststellung und Würdigung des Tatsachenstoffes berufenen Instanzgerichte für eine Vielzahl von Verfahren von Bedeutung ist, lässt für sich allein nach geltendem Revisionszulassungsrecht eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht zu. Der Gesetzgeber hat insoweit auch für das gerichtliche Asylverfahren an den allgemeinen Grundsätzen des Revisionsrechts festgehalten und für das Bundesverwaltungsgericht keine Befugnis eröffnet, Tatsachen(würdigungs)fragen grundsätzlicher Bedeutung in "Länderleitentscheidungen", wie sie etwa das britische Prozessrecht kennt, zu treffen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 8. September 2011 - 10 C 14.10 - BVerwGE 140, 319 Rn. 28 - zur Feststellung einer extremen Gefahrenlage) haben sich allerdings die Berufungsgerichte nach § 108 VwGO (erkennbar) mit abweichenden Tatsachen- und Lagebeurteilungen anderer Oberverwaltungsgerichte/Verwaltungsgerichtshöfe auseinanderzusetzen.
Anderes folgt auch nicht aus dem Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14. November 2016 (2 BvR 31/14 - InfAuslR 2017, 75). Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Beschluss nicht entschieden, dass in Fällen, in denen Oberverwaltungsgerichte/Verwaltungsgerichtshöfe auf der Grundlage (weitestgehend) identischer Tatsachenfeststellungen zu einer im Ergebnis abweichenden rechtlichen Beurteilung kommen, stets und notwendig eine (klärungsbedürftige) Rechtsfrage des Bundesrechts vorliegt, welche eine Rechtsmittelzulassung gebietet, um den Zugang zur Rechtsmittelinstanz nicht in einer durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigenden Weise zu erschweren. Das Bundesverfassungsgericht hat vielmehr als Grund der bei als identisch angenommener Tatsachengrundlage im Ergebnis unterschiedlichen Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen einerseits, des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg andererseits eine unterschiedliche Rechtsauffassung zur Rechtsfrage bezeichnet, ob der Asylbewerber tatsächlich politisch aktiv war oder ob es ausreicht, dass die Behörden des Heimatstaates von einer solchen Betätigung ausgingen. Für Tatsachenfragen - und damit auch für Unterschiede bei der tatsächlichen Bewertung identischer Tatsachengrundlagen - hat es vorab ausdrücklich bestätigt, dass wegen der Bindung des Revisionsgerichts an die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) eine weitergehende Vereinheitlichung der Rechtsprechung durch das Bundesverwaltungsgericht ausscheidet. Auch in Fällen (weitgehend) identischer Tatsachengrundlagen ist für die Revisionszulassung mithin eine Darlegung erforderlich, dass die im Ergebnis abweichende Bewertung der Tatsachengrundlage eine klärungsbedürftige Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, und diese Frage hinreichend klar zu bezeichnen. Im Ergebnis unterschiedliche Bewertungen von Tatsachen bei (weitgehend) identischer Tatsachengrundlage weisen auch nicht auf rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftige Fragen zur Auslegung und Anwendung des § 108 VwGO hin; im Übrigen sind (mögliche) Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung nach ständiger Rechtsprechung revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen. Ein - hier nicht geltend gemachter - Verfahrensfehler kann ausnahmsweise dann gegeben sein, wenn die Beweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet (BVerwG, Beschlüsse vom 25. Juni 2004 - 1 B 249.03 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 284 und vom 23. September 2011 - 1 B 19.11 - juris, jeweils m.w.N.). Ein Verfahrensmangel bei der Beweiswürdigung liegt aber nur dann vor, wenn sich der gerügte Fehler hinreichend eindeutig von der materiellrechtlichen Subsumtion, d.h. der korrekten Anwendung des sachlichen Rechts abgrenzen lässt und der Tatrichter den ihm bei der Tatsachenfeststellung durch den Grundsatz freier Beweiswürdigung gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffneten Wertungsrahmen verlassen hat.
2. Nach diesen Grundsätzen ist eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache schon nicht dargelegt. Aus den oben erläuterten Unterschieden zwischen Berufung und Revision ergibt sich, dass die Revision entgegen der Auffassung des Klägers nicht schon deshalb wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen ist, weil das Berufungsgericht seinerseits die Berufung aus diesem Grund zugelassen hat.
Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage zeigt der Kläger nicht auf. Die Beschwerde hält die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig,
"wie verfassungskonform zu entscheiden ist, wenn eine Gefährdung des Asylantragstellers bei seiner Rückkehr nach Syrien zwar letzten Endes schlüssig und belastbar nicht zu beweisen ist, aber auch nicht auszuschließen ist".
Ein revisionsgerichtlicher Klärungsbedarf hinsichtlich dieser Frage ist jedoch weder dargelegt noch ersichtlich. Die im Asylverfahren anzuwendenden Prognosemaßstäbe und Beweislastgrundsätze ergeben sich z.T. bereits aus der Richtlinie 2011/95/EU und sind jedenfalls in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt (vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 5. November 1991 - 9 C 118.90 - BVerwGE 89, 162 <169>; vom 1. Juni 2011 - 10 C 25.10 - BVerwGE 140, 22 Rn. 22 und vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 - BVerwGE 146, 67 Rn. 32). Danach gilt der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit bzw. des "real risk". Vorverfolgten - zu denen der Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht gehört - kommt die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU zugute. Kann nicht festgestellt werden, dass einem Asylbewerber Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, kommt eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht in Betracht. Weitergehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde mit dem bloßen Hinweis auf den grundgesetzlichen Schutz von Menschenwürde und körperlicher Unversehrtheit nicht auf.
Mit der weiteren Begründung wendet sich der Kläger im Gewand der Grundsatzrüge gegen die Tatsachen- und Beweiswürdigung des Oberverwaltungsgerichts. Damit kann er die Zulassung der Revision nicht erreichen. Dies gilt in der Sache auch für die geltend gemachte Abweichung von einer Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs zur Frage der Rückkehrgefährdung von Personen im wehrdienstfähigen Alter, die jedenfalls nicht auf eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gerichtet ist (s.a. BVerwG, Beschluss vom 24. April 2017 - 1 B 70.17 - NVwZ-RR 2017, 598).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG; Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.