(BinSchUO2008Anh II)
Technische Mindestvorschriften für Schiffe auf dem Rhein und auf Binnenwasserstraßen der Zonen 1, 2, 3 und 4 für Fahrzeuge, die ein Schiffsattest beantragen (Anhang II zur Binnenschiffsuntersuchungsordnung)

Ausfertigungsdatum: 06.12.2008


§ 15.06 BinSchUO2008Anh II Fahrgasträume und -bereiche

1.
Fahrgasträume müssen:
a)
sich auf allen Decks hinter der Ebene des Kollisionsschotts und, sofern sie unterhalb des Schottendecks liegen, vor der Ebene des Heckschotts befinden und
b)
von Maschinen- und Kesselräumen gasdicht getrennt sein.
Decksbereiche, die durch Planen oder ähnliche mobile Einrichtungen nicht nur nach oben, sondern auch seitlich teilweise oder vollständig eingehaust sind, müssen den gleichen Anforderungen wie geschlossene Fahrgasträume genügen.
2.
Schränke nach § 11.13 und Räume zur Lagerung brennbarer Flüssigkeiten müssen sich außerhalb des Fahrgastbereiches befinden.
3.
Anzahl und Breite der Ausgänge von Fahrgasträumen müssen den folgenden Anforderungen genügen:
a)
Räume oder Gruppen von Räumen, die für 30 oder mehr Fahrgäste vorgesehen oder eingerichtet sind oder für 12 oder mehr Fahrgäste Betten aufweisen, müssen mindestens zwei Ausgänge haben. Auf Tagesausflugsschiffen darf einer dieser zwei Ausgänge durch zwei Notausgänge ersetzt sein. Räume, ausgenommen Kabinen, oder Gruppen von Räumen, die nur einen Ausgang haben, müssen über mindestens einen Notausgang verfügen.
b)
Befinden sich Räume unter dem Schottendeck, darf einer der Ausgänge eine wasserdichte Schotttür nach § 15.02 Nr. 10 zu einer benachbarten Abteilung sein, von der aus das höherliegende Deck unmittelbar erreicht werden kann. Der andere Ausgang muss unmittelbar oder, wenn nach Buchstabe a gestattet, als Notausgang auf das Schottendeck oder ins Freie führen. Dies gilt nicht für die einzelnen Kabinen.
c)
Ausgänge nach Buchstabe a und b müssen zweckmäßig angeordnet sein, eine lichte Breite von mindestens 0,80 m und eine lichte Höhe von mindestens 2,00 m haben. Bei Türen von Fahrgastkabinen und sonstigen kleinen Räumen darf die lichte Breite bis auf 0,70 m herabgesetzt werden.
d)
Bei Räumen oder Gruppen von Räumen, die für mehr als 80 Fahrgäste vorgesehen sind, muss die Summe der Breiten aller Ausgänge, die für Fahrgäste bestimmt sind und von diesen im Notfall benutzt werden müssen, mindestens 0,01 m je Fahrgast betragen.
e)
Ist die Anzahl der Fahrgäste für die Gesamtbreite aller Ausgänge maßgebend, muss die Breite jedes Ausgangs mindestens 0,005 m je Fahrgast betragen.
f)
Notausgänge müssen eine kleinste Seitenlänge von mindestens 0,60 m aufweisen oder einen Mindestdurchmesser von 0,70 m. Sie müssen sich in Fluchtrichtung öffnen lassen und beiderseits gekennzeichnet sein.
g)
Ausgänge von Räumen, die für die Nutzung durch Personen mit eingeschränkter Mobilität vorgesehen sind, müssen eine lichte Breite von mindestens 0,90 m haben. Ausgänge, die gewöhnlich für das An- oder Vonbordgehen von Personen mit eingeschränkter Mobilität genutzt werden, müssen eine lichte Breite von mindestens 1,50 m aufweisen.
4.
Türen von Fahrgasträumen müssen den folgenden Anforderungen genügen:
a)
Mit Ausnahme der Türen, die nach Verbindungsgängen führen, müssen sie sich nach außen öffnen lassen oder als Schiebetüren gebaut sein.
b)
Kabinentüren müssen so beschaffen sein, dass sie jederzeit auch von der Außenseite aufgeschlossen werden können.
c)
Türen mit Antrieb müssen sich bei Ausfall der Antriebsenergie leicht öffnen lassen.
d)
Bei Türen, die für die Nutzung durch Personen mit eingeschränkter Mobilität vorgesehen sind, muss auf der Seite, in die die Tür ausschwingt, der seitliche Abstand zwischen der schlossseitigen Innenkante des Türrahmens und einer benachbarten, senkrecht zur Türebene angeordneten Wand mindestens 0,60 m betragen.
5.
Verbindungsgänge müssen folgenden Anforderungen genügen:
a)
Sie müssen eine lichte Breite von mindestens 0,80 haben. Führen sie zu Räumen, die für mehr als 80 Fahrgäste vorgesehen sind, müssen sie die in Nummer 3 Buchstaben d und e genannten Anforderungen an die Breite der zu den Verbindungsgängen führenden Ausgänge erfüllen.
b)
Ihre lichte Höhe darf 2,00 m nicht unterschreiten.
c)
Verbindungsgänge, die für die Nutzung durch Personen mit eingeschränkter Mobilität vorgesehen sind, müssen eine lichte Breite von mindestens 1,30 m aufweisen. Verbindungsgänge mit einer Breite von mehr als 1,50 m müssen beiderseits Handläufe aufweisen.
d)
Führt zu einem für Fahrgäste bestimmten Raum nur ein Verbindungsgang, muss die lichte Breite des Verbindungsgangs mindestens 1,00 m betragen.
e)
Sie müssen frei von Absätzen sein.
f)
Sie dürfen nur zu freien Decks, Räumen oder Treppen führen.
g)
Sackgassen in Verbindungsgängen dürfen nicht länger als zwei Meter sein.
6.
Fluchtwege müssen zusätzlich zu Nummer 5 folgenden Anforderungen genügen:
a)
Bei der Anordnung von Treppen, Ausgängen und Notausgängen muss berücksichtigt sein, dass bei Feuer in einem beliebigen Raum alle anderen Räume verlassen werden können.
b)
Fluchtwege müssen auf kürzestem Weg zu Sammelflächen nach Nummer 8 führen.
c)
Fluchtwege dürfen nicht durch Maschinenräume und Küchen führen.
d)
Im Verlauf von Fluchtwegen dürfen keine Steigeisengänge, Leitern oder Ähnliches eingebaut sein.
e)
Türen an Fluchtwegen müssen so gebaut sein, dass sie die Mindestbreite des Fluchtweges nach Nummer 5 Buchstabe a oder d nicht einengen.
f)
Fluchtwege und Notausgänge müssen deutlich markiert sein. Die Markierungen müssen von der Notbeleuchtung beleuchtet werden.
7.
Fluchtwege und Notausgänge müssen über ein geeignetes Sicherheitsleitsystem verfügen.
8.
Für alle Personen an Bord müssen Sammelflächen vorhanden sein, die folgenden Anforderungen genügen:
a)
Die Gesamtfläche der Sammelflächen (AS) muss mindestens dem folgenden Wert entsprechen:

Tagesausflugsschiffe:AS = 0,35 · Fmax [m2];
Kabinenschiffe:AS = 0,45 · Fmax [m2].


In diesen Formeln bedeutet:

Fmax = die höchstzulässige Zahl der Fahrgäste an Bord.
b)
Jede einzelne Sammel- und Evakuierungsfläche muss größer als 10 m2 sein.
c)
Die Sammelflächen müssen frei von beweglichem und festem Mobiliar sein.
d)
Befindet sich in einem Raum, in dem eine Sammelfläche ausgewiesen ist, bewegliches Mobiliar, so ist dieses ausreichend gegen Verrutschen zu sichern.
e)
Befindet sich in einem Raum, in dem eine Sammelfläche ausgewiesen ist, fest eingebautes Sitzmobiliar, braucht die Zahl der Personen, für die es geeignet ist, bei der Berechnung der Gesamtfläche der Sammelflächen nach Buchstabe a nicht berücksichtigt zu werden. Die Zahl der Personen, für die in einem Raum fest eingebautes Sitzmobiliar berücksichtigt wird, darf jedoch nicht die Zahl der Personen übersteigen, für die in diesem Raum Sammelflächen zur Verfügung stehen.
f)
Von den Evakuierungsflächen müssen die Rettungsmittel leicht zugänglich sein.
g)
Eine sichere Evakuierung der Personen von den Evakuierungsflächen muss von beiden Seiten des Schiffes möglich sein.
h)
Die Sammelflächen müssen oberhalb der Tauchgrenze liegen.
i)
Die Sammel- und Evakuierungsflächen sind im Sicherheitsplan als solche darzustellen und an Bord zu kennzeichnen.
j)
Die Vorschriften nach Buchstabe d und e gelten auch für offene Decks, auf denen Sammelflächen ausgewiesen sind.
k)
Sind an Bord geeignete Sammelrettungsmittel vorhanden, braucht die Zahl der Personen, für die sie geeignet sind, bei der Berechnung der Gesamtfläche der Sammelflächen nach Buchstabe a nicht berücksichtigt zu werden.
l)
Die Gesamtfläche nach Buchstabe a muss jedoch in allen Fällen, in denen eine Reduzierung nach Buchstabe e, j und k erfolgt, für mindestens 50 % der höchstzulässigen Zahl der Fahrgäste an Bord ausreichen.
9.
Treppen im Fahrgastbereich und deren Podeste müssen:
a)
entsprechend der Europäischen Norm EN 13056 : 2000 gebaut sein;
b)
eine lichte Breite von mindestens 0,80 m oder, wenn sie zu Verbindungsgängen oder Treppen führen, die von mehr als 80 Fahrgästen genutzt werden, mindestens 0,01 m je Fahrgast haben;
c)
eine lichte Breite von mindestens 1,00 m haben, wenn sie zu einem für Fahrgäste bestimmten Raum führen, der nur über diese Verbindungstreppe zugänglich ist;
d)
im sicheren Bereich liegen, sofern nicht auf jeder Schiffsseite im gleichen Raum mindestens eine Treppe vorhanden ist;
e)
darüber hinaus, wenn sie für die Nutzung durch Personen mit eingeschränkter Mobilität vorgesehen sind, folgenden Anforderungen genügen:
aa)
die Neigung der Treppen darf 38° nicht überschreiten;
bb)
die Treppen müssen eine lichte Breite von mindestens 0,90 m aufweisen;
cc)
die Treppen dürfen keine Wendelung aufweisen;
dd)
die Treppen dürfen nicht quer zum Schiff verlaufen;
ee)
die Handläufe der Treppen sind mit einem waagerechten Abstand von 0,30 m über die An- und Austritte so hinauszuführen, dass sie Verkehrswege nicht einschränken;
ff)
Handläufe, Vorderkanten zumindest der ersten und der letzten Stufen sowie die Bodenbeläge an den Enden der Treppen sind durch farbliche Gestaltung hervorzuheben.
Aufzüge, die für die Nutzung durch Personen mit eingeschränkter Mobilität vorgesehen sind, und Aufstiegshilfen, wie Treppenlifte oder Hebebühnen, müssen entsprechend einer einschlägigen Norm oder Vorschrift eines der Rheinuferstaaten oder Belgiens ausgeführt sein.
10.
Für Fahrgäste bestimmte, nicht geschlossene Teile der Decks müssen folgenden Anforderungen genügen:
a)
Sie müssen mit einem festen Schanzkleid von mindestens 1,00 m Höhe oder einem Geländer nach der Europäischen Norm EN 711 : 1995, Bauart PF, PG oder PZ umgeben sein. Schanzkleider und Geländer von Decks, die für die Nutzung durch Personen mit eingeschränkter Mobilität vorgesehen sind, müssen eine Höhe von mindestens 1,10 m aufweisen.
b)
Öffnungen und Einrichtungen für das An- oder Vonbordgehen sowie Öffnungen für das Ein- oder Ausladen müssen gesichert werden können und eine lichte Breite von mindestens 1,00 m haben. Öffnungen, die gewöhnlich für das An- oder Vonbordgehen von Personen mit eingeschränkter Mobilität genutzt werden, müssen eine lichte Breite von 1,50 m aufweisen.
c)
Sind die Öffnungen oder Einrichtungen für das An- oder Vonbordgehen nicht vom Steuerhaus einsehbar, müssen optische oder elektronische Hilfsmittel vorhanden sein.
11.
Die nicht für Fahrgäste bestimmten Teile der Schiffe, insbesondere die Zugänge zum Steuerhaus, zu den Winden und zu Maschinenräumen, müssen gegen Zutritt Unbefugter gesichert werden können. An diesen Zugängen muss außerdem an auffälliger Stelle ein Symbol entsprechend Anlage I Bild 1 angebracht sein.
12.
Landstege müssen entsprechend der Europäischen Norm EN 14206 : 2003 beschaffen sein. Abweichend von § 10.02 Nr. 2 Buchstabe d kann deren Länge weniger als 4 m betragen.
13.
Verkehrsflächen, die für die Nutzung durch Personen mit eingeschränkter Mobilität vorgesehen sind, müssen eine lichte Breite von mindestens 1,30 m aufweisen und frei von Schwellen und Süllen sein, deren Höhe 0,025 m überschreitet. Wände an Verkehrsflächen, die für die Nutzung durch Personen mit eingeschränkter Mobilität vorgesehen sind, sind mit Handläufen in einer Höhe von 0,90 m über dem Boden zu versehen.
14.
Glastüren, Glaswände an Verkehrsflächen und Fensterscheiben müssen aus vorgespanntem Glas oder Verbundglas hergestellt sein. Sie können auch, wenn hinsichtlich des Brandschutzes zulässig, aus Kunststoff hergestellt sein.
Durchsichtige Türen und bis zum Boden reichende durchsichtige Wände an Verkehrsflächen müssen auffällig gekennzeichnet sein.
15.
Aufbauten, die vollständig oder deren Dächer aus Panoramascheiben bestehen, oder Einhausungen durch Planen oder ähnliche mobile Einrichtungen sowie deren Unterkonstruktion dürfen nur aus solchen Materialien hergestellt und müssen so konstruiert sein, dass im Schadensfall die Verletzungsgefahr für Personen möglichst gering ist.
16.
Trinkwasseranlagen müssen mindestens den Anforderungen des § 12.05 entsprechen.
17.
Es müssen Toiletten für Fahrgäste vorhanden sein. Mindestens eine Toilette muss entsprechend einer einschlägigen Norm oder Vorschrift eines der Rheinuferstaaten oder Belgiens für die Nutzung durch Personen mit eingeschränkter Mobilität ausgestattet und über Fahrgastbereiche, die für die Nutzung durch Personen mit eingeschränkter Mobilität vorgesehen sind, zu erreichen sein.
18.
Kabinen, die nicht über ein zu öffnendes Fenster verfügen, müssen an eine Lüftungsanlage angeschlossen sein.
19.
Räume, in denen Besatzung oder Bordpersonal untergebracht sind, müssen diesem Paragraphen sinngemäß entsprechen.