Entscheidungsdatum: 25.04.2018
1. Der Wert eines Umsatzes, der beim Tausch als Entgelt für den anderen Umsatz gilt, ist der Wert, den der Empfänger der Leistung beimisst, die er beziehen will, und entspricht dem Betrag, den er zu diesem Zweck aufzuwenden bereit ist. Er umfasst alle Ausgaben einschließlich der Nebenleistungen, die der Empfänger der jeweiligen Leistung aufwendet, um die fragliche Leistung zu erhalten.
2. Bei der Vereinfachungsregelung des Abschn. 10.5 Abs. 4 UStAE handelt es sich um eine einheitliche Schätzung, die der Unternehmer nur insgesamt oder gar nicht in Anspruch nehmen kann.
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 26. Mai 2016 11 K 10290/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine OHG, ist Organträgerin zweier GmbHs, die im Handel mit Kfz tätig sind.
Die O-GmbH führte im Rahmen ihres Handelsgewerbes auch sog. "Streckengeschäfte" durch: Sie veräußerte jeweils ein neues Kfz (Neufahrzeug) und nahm dafür --neben einer Geldleistung (sog. Baraufgabe)-- u.a. ein gebrauchtes Kfz (Altfahrzeug) des Käufers in Zahlung. Das Altfahrzeug veräußerte sie später jeweils weiter und nahm dafür z.T. erneut ein gebrauchtes Kfz in Zahlung (Folgegeschäft).
Die Klägerin versteuerte diese Umsätze zunächst vollumfänglich gemäß den Regelungen der Finanzverwaltung in Abschn. 10.5 Abs. 4 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE).
Am 30. April 2013 schrieb die O-GmbH allerdings neun Kunden, die im Juni 2010 Neufahrzeuge erworben hatten, an und teilte ihnen mit, dass die in Zahlung genommenen Altfahrzeuge bei der Weiterveräußerung den in der Rechnung über die Lieferung des Neufahrzeugs ausgewiesenen Preis für die Inzahlungnahme nicht erreicht hätten. Es habe sich eine Entgeltminderung mit einem weniger an Umsatzsteuer in näher bezifferter Höhe ergeben. Sie, die Klägerin, komme damit ihrer Verpflichtung nach § 14c Abs. 1 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) nach. Auf die Zahlungsvereinbarung habe der Vorgang keinen Einfluss.
In ihrer Umsatzsteuer-Jahreserklärung für das Jahr 2013 (Streitjahr) vom 9. Oktober 2014 minderte die Klägerin --entgegen Abschn. 10.5 Abs. 4 Satz 8 UStAE-- die Bemessungsgrundlage der Lieferungen der Neufahrzeuge auch um alle Verluste der Folgegeschäfte.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) vertrat dagegen im Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr vom 29. Juli 2015 die Auffassung, die Bemessungsgrundlage der Lieferung des Neufahrzeugs mindere sich nur um den gemeinen Wert des bei der Lieferung in Zahlung genommenen Altfahrzeugs. Er könne nicht um den Verlust aus Gebrauchtwagenverkäufen der Folgegeschäfte gemindert werden, wie sich aus Abschn. 10.5 Abs. 4 Satz 8 UStAE ergebe. Der Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 5. November 2015).
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es führte aus, entgegen der Auffassung der Beteiligten sei nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht auf den gemeinen Wert des in Zahlung genommenen Gebrauchtfahrzeugs abzustellen, sondern auf den subjektiven Wert, den die Klägerin den empfangenen Gegenleistungen (Altfahrzeugen) beigemessen habe. Dieser sei zu schätzen. Der in Abschn. 10.5 Abs. 4 Sätze 2 und 3 UStAE niedergelegten Auffassung der Finanzverwaltung folge das FG nicht.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Zwar sei sie mit dem FA der Auffassung, dass das Entgelt für die Lieferung des Neufahrzeugs anhand des gemeinen Werts des Altfahrzeugs zuzüglich der Baraufgabe zu bestimmen sei. Zu Unrecht gehe das FA allerdings davon aus, dass sich der gemeine Wert des Altfahrzeugs nur aus dem Verkauf des Altfahrzeugs bestimmen lasse, nicht hingegen aus nachfolgenden Verkäufen weiterer Fahrzeuge. Nach § 9 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) sei der Wert anzusetzen, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei seien alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Unter gewöhnlichem Geschäftsverkehr sei der Handel zu verstehen, der sich nach den marktwirtschaftlichen Grundsätzen von Angebot und Nachfrage vollziehe und bei dem jeder Vertragspartner ohne Zwang und nicht aus Not, sondern freiwillig in Wahrung seiner eigenen wirtschaftlichen Interessen zu handeln in der Lage sei. Der Weiterverkauf des in Zahlung genommenen Altfahrzeugs und die sich daran anschließende erneute Inzahlungnahme (Streckengeschäft) könne nicht unberücksichtigt bleiben. Ein etwaig gewährter Preisnachlass im Rahmen des Weiterverkaufs des Altfahrzeugs sei zu berücksichtigen. Erst in dem Zeitpunkt, in dem ein in Zahlung genommenes Altfahrzeug ausschließlich gegen Geld veräußert werde, könne dessen gemeiner Wert hinreichend konkret bestimmt werden.
Eine Nichtberücksichtigung der weiteren Inzahlungnahme(n) verstoße außerdem gegen den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer. Dem Fiskus dürfe in der Gesamtschau aller Umsätze nur derjenige Umsatzsteuerbetrag zufließen, den der Endverbraucher tatsächlich wirtschaftlich aufgewendet habe.
Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung vom 5. November 2015 aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2013 vom 29. Juli 2015 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer um 2.578,99 € herabgesetzt wird.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Es verteidigt die angegriffene Verwaltungsauffassung und trägt vor, die hiervon abweichenden Ausführungen des FG beinhalteten keine abweichende Rechtsauffassung.
II.
Die Revision ist unbegründet; sie ist daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Das FG hat zutreffend angenommen, dass entgegen der Auffassung der Beteiligten für die Bestimmung des Werts des Altfahrzeugs ein subjektiver Wert anzusetzen und die Verwendung eines fremdüblichen Marktpreises unzulässig ist. Soweit die Finanzverwaltung in Abschn. 10.5 Abs. 4 UStAE eine Vereinfachungsregelung vorsieht, kann die Klägerin diese nur ganz oder gar nicht in Anspruch nehmen.
1. Zwischen den Beteiligten besteht zu Recht kein Streit darüber, dass die Klägerin Organträgerin der O-GmbH ist und die O-GmbH mit ihren im Streitfall zu beurteilenden Lieferungen von Neufahrzeugen an ihre Kunden umsatzsteuerpflichtige Umsätze im Inland ausgeführt hat.
a) Da die Gegenleistung jeweils (teilweise) in einer Lieferung bestand, liegen die Voraussetzungen für einen Tausch i.S. des § 3 Abs. 12 Satz 1 UStG vor; die Vorschrift erfasst auch den Fall, dass als Entgelt für eine Leistung eine Barzahlung mit einer Lieferung verbunden wird (BFH-Urteile vom 21. April 2005 V R 11/03, BFHE 211, 50, BStBl II 2007, 63, unter II.2., Rz 30; vom 11. Juli 2012 XI R 11/11, BFHE 238, 560, BStBl II 2018, 146, Rz 20, m.w.N.; im Falle von Lieferungen sog. Tausch mit Baraufgabe).
b) Die Besteuerung von Tauschumsätzen verstößt auch nicht gegen Unionsrecht; denn bei Tauschverträgen, bei denen die Gegenleistung per definitionem in einer Sachleistung besteht, und Umsätzen, bei denen die Gegenleistung in Geld erbracht wird, handelt es sich unter wirtschaftlichen und geschäftlichen Gesichtspunkten um zwei gleichartige Situationen (vgl. z.B. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- Serebryannay vek vom 26. September 2013 C-283/12, EU:C:2013:599, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2014, 476, Rz 39, m.w.N.; BFH-Urteil vom 15. April 2010 V R 10/08, BFHE 229, 406, BStBl II 2010, 879, Rz 25; a.A. Stadie, UStG, 3. Aufl., § 1 Rz 87 ff.).
2. Das FG hat weiter zutreffend angenommen, dass --entgegen der Auffassung der Beteiligten-- die Bemessungsgrundlage dieses Umsatzes nicht anhand objektiver Werte (gemeiner Wert o.Ä.), sondern anhand subjektiver Werte zu bestimmen ist.
a) Der Umsatz wird u.a. bei Lieferungen nach dem Entgelt bemessen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 UStG). Beim Tausch (§ 3 Abs. 12 Satz 1 UStG), bei tauschähnlichen Umsätzen (§ 3 Abs. 12 Satz 2 UStG) und bei Hingabe an Zahlungs statt gilt der Wert jedes Umsatzes als Entgelt für den anderen Umsatz (§ 10 Abs. 2 Satz 2 UStG).
b) Der BFH hatte diesbezüglich früher angenommen, es komme nicht darauf an, was die Vertragsparteien vereinbart hätten oder wovon sie ausgegangen seien, denn nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 3 Satz 2 UStG 1973 (jetzt: § 10 Abs. 2 Satz 2 UStG) sei der Wert nach objektiven Maßstäben zu bestimmen (vgl. BFH-Beschluss vom 12. November 1987 V B 52/86, BFHE 151, 474, BStBl II 1988, 156, unter II.2., Rz 14; BFH-Urteile vom 24. November 1988 V R 30/83, BFHE 155, 210, BStBl II 1989, 210, unter 2.d, Rz 22; vom 7. März 1995 XI R 72/93, BFHE 177, 171, BStBl II 1995, 518, unter II.2., Rz 18; vom 28. März 1996 V R 33/95, BFH/NV 1996, 936, unter II.1., Rz 9). Mangels besonderer Bewertungsvorschriften des UStG wendete der BFH zur Ermittlung des objektiven Werts die Vorschriften des BewG an (vgl. BFH-Urteil vom 21. Mai 1992 V R 66/86, BFH/NV 1995, 343, unter II.2., Rz 25; BFH-Beschluss in BFHE 151, 474, BStBl II 1988, 156, unter II.2., Rz 15).
c) Allerdings muss nach der Rechtsprechung des EuGH die Gegenleistung in Geld ausgedrückt werden können und einen subjektiven Wert darstellen, da die Besteuerungsgrundlage die tatsächlich erhaltene Gegenleistung ist und nicht ein nach objektiven Maßstäben geschätzter Wert (vgl. EuGH-Urteile Genossenschaft Coöperatieve Aardappelenbewaarplaats vom 5. Februar 1981 C-154/80, EU:C:1981:38, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 1981, 100, Rz 13; Naturally Yours Cosmetics vom 23. November 1988 C-230/87, EU:C:1988:508, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1990, 276, Rz 16; Orfey Balgaria vom 19. Dezember 2012 C-549/11, EU:C:2012:832, UR 2013, 215, Rz 44 und 47). Als subjektiver Wert ist derjenige Wert festzustellen, den der Empfänger der Leistung beimisst, die er sich verschaffen will und deren Wert dem Betrag entspricht, den er zu diesem Zweck aufzuwenden bereit ist (EuGH-Urteile Empire Stores vom 2. Juni 1994 C-33/93, EU:C:1994:225, Betriebs-Berater 1994, 1621, Rz 19; Argos Distributors vom 24. Oktober 1996 C-288/94, EU:C:1996:398, HFR 1997, 113, Rz 16; Astra Zeneca UK vom 29. Juli 2010 C-40/09, EU:C:2010:450, Deutsches Steuerrecht 2010, 1623, Rz 28; Orfey Balgaria, EU:C:2012:832, UR 2013, 215, Rz 45; BFH-Urteil vom 1. August 2002 V R 21/01, BFHE 200, 101, BStBl II 2003, 438, m.w.N.). Er umfasst alle Ausgaben einschließlich der Nebenleistungen, die der Empfänger der jeweiligen Leistung aufwendet, um die fragliche Leistung zu erhalten (vgl. z.B. zu Versandkosten EuGH-Urteil Bertelsmann vom 3. Juli 2001 C-380/99, EU:C:2001:372, UR 2001, 346).
d) Dieser Rechtsprechung hat sich der BFH angeschlossen (Urteile vom 16. April 2008 XI R 56/06, BFHE 221, 475, BStBl II 2008, 909; in BFHE 238, 560, BStBl II 2018, 146; s.a. BFH-Urteile in BFHE 200, 101, BStBl II 2003, 438, unter II.3.a, Rz 24; in BFHE 229, 406, BStBl II 2010, 879, Rz 34; ebenso z.B. Bunjes/Korn, UStG, 16. Aufl., § 10 Rz 49 f.; Wagner in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 10 Rz 265 f., 285 ff., 291 ff.; Tehler in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 10 Rz 204 f., 216 ff.; a.A. für Lieferungen mit Marktwert Lippross, UR 2017, 821, 824 f.) und zur Begründung ausgeführt, dass die unter II.2.b zitierte ältere Rechtsprechung des BFH durch die Rechtsprechung des EuGH überholt ist. Der Wert des anderen Umsatzes wird in richtlinienkonformer Auslegung des § 10 Abs. 2 Satz 2 UStG durch den subjektiven Wert für die tatsächlich erhaltene und in Geld ausdrückbare Gegenleistung bestimmt; soweit dieser nicht ermittelt werden kann, ist er nach § 162 der Abgabenordnung zu schätzen (BFH-Urteile in BFHE 200, 101, BStBl II 2003, 438; in BFHE 221, 475, BStBl II 2008, 909). Dies gilt aus den unter II.1.a genannten Gründen auch für den Tausch mit Baraufgabe, auf den § 3 Abs. 12 UStG auch anwendbar ist.
Aus Rz 28 des BFH-Beschlusses vom 30. September 2008 XI B 74/08 (BFH/NV 2008, 2066) ergibt sich --entgegen der Auffassung von Lippross (Umsatzsteuer, 24. Aufl., S. 882; derselbe, UR 2017, 821, 824 und Fn. 21)-- insoweit nichts anderes; denn dort wurde vom FG auf die tatsächlich erhaltenen ("vereinnahmten") Geldbeträge abgestellt.
e) Auch die Finanzverwaltung wendet diese Rechtsprechung grundsätzlich an (s. Abschn. 10.5 Abs. 1 Sätze 2 ff. UStAE).
f) Nach diesen Grundsätzen hat das FG das Entgelt zutreffend anhand von subjektiven Werten ermittelt. Der Einwand der Klägerin, die Bewertung sei jedenfalls bei der Lieferung von Gegenständen anhand von objektiven Werten vorzunehmen, greift nicht durch. Unionsrechtlich ist auch bei der Lieferung von Gegenständen im Grundsatz ein subjektiver Wert anzusetzen, wie sich aus Art. 80 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) ergibt. Der Ansatz des Normalwerts als objektiver Wert darf unionsrechtlich nur in den dort genannten Fällen erfolgen. Die in Art. 80 Abs. 1 MwStSystRL aufgestellten Tatbestandsmerkmale sind erschöpfend, so dass nationale Rechtsvorschriften nicht auf der Grundlage dieser Bestimmung vorsehen können, dass die Steuerbemessungsgrundlage in anderen als den in ihr aufgezählten Fällen der Normalwert des Umsatzes (als objektiver Wert) ist (EuGH-Urteile Balkan and Sea Properties und Provadinvest vom 26. April 2012 C-621/10 und C-129/11, EU:C:2012:248, UR 2012, 435, Rz 51; Orfey Balgaria, EU:C:2012:832, UR 2013, 215, Rz 47).
3. Die Klägerin kann auch aus Abschn. 10.5 Abs. 4 UStAE keine für sie günstigeren Rechtsfolgen ableiten; denn der Senat ist nicht befugt, diese Verwaltungsanweisung selbst auszulegen.
a) Aus Vereinfachungsgründen kann zwar die anzusetzende Bemessungsgrundlage --nach Wahl des Unternehmers-- aufgrund entsprechender Verwaltungsvorschriften u.a. bei Umsätzen i.S. des § 3 Abs. 12 UStG geschätzt werden (vgl. BFH-Urteile vom 5. Juni 2014 XI R 2/12, BFHE 246, 244, BStBl II 2015, 785, Rz 30; vom 5. Juni 2014 XI R 3/12, BFH/NV 2015, 64, Rz 29, zur Schätzung nach lohnsteuerrechtlichen bzw. nach ertragsteuerrechtlichen Werten). Abschn. 10.5 Abs. 4 UStAE ist zwar an sich ungeeignet für die Ermittlung der umsatzsteuerrechtlich anzusetzenden Bemessungsgrundlage, weil er den unter II.2. genannten Grundsätzen nicht entspricht; gleichwohl wird es vom BFH im Interesse einer erleichterten Ermittlung der Bemessungsgrundlage nicht beanstandet, wenn ein Unternehmer nach seiner Wahl von einer Vereinfachungsregelung der Finanzverwaltung Gebrauch macht (BFH-Urteile vom 19. Mai 2010 XI R 32/08, BFHE 230, 272, BStBl II 2010, 1079, Rz 28; in BFHE 246, 244, BStBl II 2015, 785, Rz 32).
b) Allerdings ist in solchen Fällen die Vereinfachungsregelung der Finanzverwaltung eine einheitliche Schätzung, die von einem Unternehmer nur insgesamt oder gar nicht in Anspruch genommen werden kann (vgl. BFH-Urteil in BFHE 230, 272, BStBl II 2010, 1079, Rz 31). Für die Auslegung einer solchen Verwaltungsvorschrift ist nicht maßgeblich, wie das Gericht eine solche Verwaltungsanweisung versteht, sondern wie die Verwaltung sie verstanden hat und verstanden wissen wollte; das Gericht darf daher solche Verwaltungsanweisungen nicht selbst auslegen, sondern nur darauf überprüfen, ob die Auslegung durch die Behörde möglich ist (vgl. BFH-Urteile vom 1. Juli 2003 VIII R 80/00, BFH/NV 2004, 23, unter II.4.b, Rz 22; vom 13. Januar 2011 V R 43/09, BFHE 233, 58, BStBl II 2011, 610, Rz 16). Die Gerichte können die Finanzbehörden nicht zwingen, Vereinfachungsregelungen, die durch allgemeine Verwaltungsanweisungen angeordnet werden, auf einen Fall anzuwenden, der nach deren Auffassung nicht von der Verwaltungsanweisung gedeckt ist (vgl. BFH-Urteil vom 22. September 2011 III R 82/08, BFHE 235, 336, BStBl II 2012, 734, Rz 21, m.w.N.).
c) Ausgehend davon kann die Klägerin aus Abschn. 10.5 Abs. 4 UStAE nicht ableiten, dass Folgeverkäufe bei der Ermittlung des gemeinen Werts einzubeziehen sind.
aa) Abschn. 10.5 Abs. 4 UStAE ist, wie Abschn. 10.5 Abs. 1 Sätze 2 ff. UStAE zeigen, kein "Nichtanwendungserlass" der Finanzverwaltung, sondern eine (zulässige, vgl. BFH-Urteil in BFHE 246, 244, BStBl II 2015, 785, Rz 30) auf die Kfz-Branche bezogene Vereinfachungsregelung der Finanzverwaltung für die im Rahmen des § 3 Abs. 12 UStG erforderliche Schätzung (vgl. dazu im Einzelnen Wagner, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht 2011, 379, 382 ff., sowie in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 10 Rz 318), mit der im Ergebnis u.a. verhindert wird, dass der Neuwagenverkäufer (hier: die Klägerin) den von ihm für den Neuwagen aufgewendeten Betrag (und damit die Gewinnspanne) dem Käufer offenlegen muss (zur Zulässigkeit einer Pflicht zur Offenlegung s. EuGH-Urteil Kommission/Deutschland vom 8. Februar 2018 C-380/16, EU:C:2018:76, Mehrwertsteuerrecht 2018, 312, Rz 62 ff.).
Der Senat darf Abschn. 10.5 Abs. 4 UStAE daher aus den unter II.3.b genannten Gründen nicht selbst auslegen.
bb) Die vom FA vertretene Auslegung der Verwaltungsanweisung ist angesichts des Abschn. 10.5 Abs. 4 Satz 8 UStAE möglich. Die Nichtanwendung auf die Klägerin ist frei von Willkür.
cc) Soweit die Klägerin mit den objektiven Werten der Finanzverwaltung nicht einverstanden sein sollte, steht es ihr frei, die Vereinfachungsregelung nicht in Anspruch zu nehmen und die Bewertung anhand subjektiver Werte vorzunehmen (und dabei im Ergebnis den von ihr für den jeweiligen Neuwagen aufgewendeten Betrag dem Käufer in der Rechnung zu offenbaren).
4. a) Der Ansicht der Klägerin, dem Fiskus dürfe in der Gesamtschau aller Umsätze nur derjenige Umsatzsteuerbetrag zufließen, den der Endverbraucher tatsächlich wirtschaftlich aufwende, kann im vorliegenden Fall nicht gefolgt werden.
aa) Der Endverbraucher, d.h. der Käufer des Neufahrzeugs, hat für den Erwerb des Neufahrzeugs sowohl die Baraufgabe als auch das Altfahrzeug aufgewendet.
bb) Außerdem ist bei der Umsatzbesteuerung jeder Umsatz für sich zu betrachten und ändern vorausgehende oder nachfolgende Ereignisse nichts am Charakter eines bestimmten Umsatzes in einer Lieferkette (vgl. EuGH-Urteile Optigen u.a. vom 12. Januar 2006 C-354/03, C-355/03 und C-484/03, EU:C:2006:16, UR 2006, 157, Rz 47; X BV vom 30. Mai 2013 C-651/11, EU:C:2013:346, UR 2013, 582, Rz 45 und 47).
cc) Aus der Rechtsprechung zu Preisnachlässen in der Umsatzkette (vgl. z.B. EuGH-Urteile Elida Gibbs vom 24. Oktober 1996 C-317/94, EU:C:1996:400, BStBl II 2004, 324; Ibero Tours vom 16. Januar 2014 C-300/12, EU:C:2014:8, BStBl II 2015, 317) folgt ebenfalls nichts anderes. Die Klägerin ist nicht das erste Glied in der Kette der Lieferungen des Altfahrzeugs, da sie das Altfahrzeug erwirbt; vielmehr erbringt sie mehrere Lieferungen unmittelbar an die Endverbraucher. Außerdem gewährt die Klägerin dem Käufer des Neufahrzeugs keinen Rabatt, da der Käufer des Neufahrzeugs in jedem Fall verpflichtet bleibt, ihr unabhängig von etwaigen Preisabschlägen, die die Klägerin bei Folgeverkäufen des Altfahrzeugs vornimmt, den vereinbarten Preis zu zahlen (vgl. EuGH-Urteil Ibero Tours, EU:C:2014:8, BStBl II 2015, 317, Rz 30 und 31). Auf die Zahlungsvereinbarung mit dem Käufer des Neufahrzeugs hatte eine etwaige Weiterveräußerung unter Einstandspreis nach den tatsächlichen Feststellungen des FG keinen Einfluss.
b) Der von der Klägerin gesehene Verstoß gegen den Grundsatz der Neutralität ist letztlich Folge des Umstands, dass im Rahmen der Differenzbesteuerung von Folgeverkäufen nach § 25a Abs. 3 UStG eine negative Marge nicht berücksichtigt wird (vgl. BTDrucks 11/5977, S. 3 und 4: "positiver Unterschied"; ebenso Abschn. 25a.1 Abs. 11 Satz 3 UStAE; Oelmaier in Sölch/ Ringleb, a.a.O., § 25a Rz 50; Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 25a Rz 121; Langer in Reiß/Kraeusel/ Langer, UStG § 25a Rz 130; Lippross, a.a.O., S. 1256 f.; Grebe/Raudszus, Der Umsatz-Steuer-Berater 2015, 159, 164; zweifelnd Wäger in Birkenfeld/Wäger, Umsatzsteuer-Handbuch, § 236 Rz 80). Auch ein Vorsteuerabzug ist ausgeschlossen (s. § 25a Abs. 5 Satz 3 UStG, Art. 322 f. MwStSystRL).
Außerdem ist die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass es dem Unternehmer freisteht, ob sich die Gegenleistung bei einem Tauschvorgang auf den Austausch von Lieferungen oder sonstigen Leistungen beschränkt oder ob er die Erbringung seiner Leistung von einer (ggf. zusätzlichen) Zahlung eines Geldbetrages abhängig macht (vgl. BFH-Urteil in BFHE 229, 406, BStBl II 2010, 879, Rz 25).
5. Einwendungen gegen die Ermittlung des subjektiven Werts der Altfahrzeuge durch das FG hat die Klägerin nicht erhoben.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.