Bundesfinanzhof

Entscheidungsdatum: 19.09.2011


BFH 19.09.2011 - XI B 85/10

An einer KG als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligte GmbH kann nicht Organgesellschaft der KG sein


Gericht:
Bundesfinanzhof
Spruchkörper:
11. Senat
Entscheidungsdatum:
19.09.2011
Aktenzeichen:
XI B 85/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend FG Düsseldorf, 25. August 2010, Az: 5 K 4132/07 U, Urteil
Zitierte Gesetze

Leitsätze

1. NV: Eine Zulassung der Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache kommt u.a. nur dann in Betracht, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage in dem angestrebten Revisionsverfahren auch klärbar ist .

2. NV: Durch die Rechtsprechung ist bereits geklärt, dass eine GmbH, die an einer KG als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt ist, nicht als Organgesellschaft in das Unternehmen dieser KG eingegliedert sein kann .

Tatbestand

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I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, betätigte sich in den Jahren 2004 bis 2006 (Streitjahre) ausschließlich als Geschäftsführerin einer KG, an der sie selbst mit 1.000 DM sowie Frau S mit 6.000 DM und Frau P mit 4.000 DM beteiligt waren. Gesellschafter der GmbH waren Frau S und Frau P zu gleichen Teilen. Geschäftsführer und einzige Arbeitnehmer der GmbH waren die Ehemänner von S und P. Die KG glich die der Klägerin entstandenen Personal- und Beratungskosten über Verrechnungskonten aus.

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Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) nahm unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 6. Juni 2002 V R 43/01 (BFHE 199, 49, BStBl II 2003, 36) einen Leistungsaustausch zwischen der GmbH und der KG an und unterwarf die der GmbH erstatteten Beträge unter Anwendung der Übergangsregelung im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 23. Dezember 2003 IV B 7 -S 7100- 246/03 (BStBl I 2004, 240) ab dem 1. April 2004 der Umsatzsteuer. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen.

Entscheidungsgründe

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II. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in der Vorentscheidung ist unbegründet.

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1. Wird die Beschwerde --wie im Streitfall-- mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) begründet, so muss nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO in der Beschwerdebegründung eine bestimmte --abstrakte-- klärungsbedürftige und in dem angestrebten Revisionsverfahren auch klärbare Rechtsfrage herausgestellt und --unter Berücksichtigung von Rechtsprechung und Literatur-- deren Bedeutung für die Allgemeinheit substantiiert dargetan werden (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 26, 32, m.w.N.). Im Allgemeinen besteht kein Klärungsbedarf mehr, wenn eine Rechtsfrage bereits vom BFH geklärt worden ist (vgl. z.B. Beschlüsse vom 10. Januar 2003 XI B 80/00, BFH/NV 2003, 898, und vom 27. Mai 2005 III B 197/04, BFH/NV 2005, 1486).

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2. Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtfrage, "inwieweit die Komplementär-GmbH (einer GmbH & Co. KG), die die durch ihre Geschäftsführungs- und Vertretungstätigkeit für die KG entstehenden Auslagen kraft Gesellschaftsvertrag als Gewinn vorab erstattet erhält, im Rahmen eines Leistungsaustausches i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) für die KG tätig wird", ist im Streitfall nicht klärbar. Die Fragestellung geht nämlich davon aus, dass die GmbH die Zahlungen der KG als Gewinnvorab erhalten habe. Das FG hat demgegenüber ausgeführt, es handele sich nicht um eine bloße Gewinn- oder Verlustbeteiligung, sondern um eine gewinnabhängige Vergütung zu Lasten des Handelsbilanzgewinns der KG. Steht danach aber nicht fest, dass die Zahlungen als Gewinnvorab gezahlt wurden, kann die aufgeworfene Frage, die von einer Gewinnvorabzahlung ausgeht, nicht beantwortet werden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO). Deshalb scheidet auch die von der Klägerin insoweit begehrte Revisionszulassung zur Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) aus.

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Die Rüge der Klägerin in diesem Zusammenhang, dass das FG den für die rechtliche Einordnung der Zahlungen an die GmbH maßgeblichen Sachverhalt nur unzureichend von Amts wegen erforscht und damit gegen § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO verstoßen habe, ist nicht entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt.

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Wird ein Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht mit der Begründung geltend gemacht, das FG habe auch ohne entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen den Sachverhalt weiter aufklären müssen, so muss der Beschwerdeführer u.a. substantiiert vortragen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 22. Januar 2008 X B 185/07, BFH/NV 2008, 603; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 48, § 120 Rz 66 ff., m.w.N.),

- welche konkreten Tatsachen das FG hätte aufklären und welche genau bezeichneten Beweise es von Amts wegen hätte erheben müssen,

- warum er --sofern er, wie hier, durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten war-- nicht von sich aus ent sprechende Beweisanträge gestellt hat und sich die Beweiserhebung dem FG auch ohne besonderen Antrag als erforderlich hätte aufdrängen müssen,

- inwieweit die als unterlassen gerügte Beweisaufnahme --auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des FG-- zu einer anderen Entscheidung hätte führen können und

- dass der Mangel in der mündlichen Verhandlung vor dem FG gerügt wurde.

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Die Beschwerde enthält keine derartigen Darlegungen. Im Übrigen reichen entgegen der Ansicht der Klägerin die vom FG getroffenen Feststellungen aus, im Streitfall einen Leistungsaustausch zu bejahen. Das FG hat insoweit im Tatbestand seines Urteils u.a. den wesentlichen Inhalt des Prüfungsberichts sowie die Begründung der Einspruchsentscheidung (einschließlich der einschlägigen Regelung des § 12 des Gesellschaftsvertrags) wiedergegeben (Urteil, S. 3, 4). In den Entscheidungsgründen hat das FG die Beurteilung des FA zum Vorliegen eines Leistungsaustausches --unter zusätzlichem Hinweis auf das BFH-Urteil vom 7. März 1996 V R 29/93 (BFH/NV 1996, 858)-- übernommen (Urteil, S. 7). Es hat ferner ausgeführt, es handele sich nicht lediglich um eine Gewinn- oder Verlustbeteiligung, wogegen --was auch nach dem Beschwerdevorbringen zutrifft-- "von der Klägerin im Übrigen ... keine begründeten Einwendungen erhoben" worden waren (Urteil, S. 7).

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Soweit die Klägerin die Vorentscheidung ferner dahingehend angreift, das FG habe im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes gegen die allgemeine Beweislastverteilung verstoßen, nach der das FG darzulegen und zu beweisen habe, dass die Voraussetzungen eines Leistungsaustausches erfüllt sind, wendet sie sich --auch insoweit-- gegen die rechtliche Beurteilung des FG und macht keinen der in § 115 Abs. 2 FGO abschließend aufgeführten Revisionszulassungsgründe geltend (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 21. Juni 2010 IX B 25/10, BFH/NV 2010, 2052).

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3. Die Revision ist nicht zuzulassen, um grundsätzlich zu klären, "ob und ggf. ab welchem Umfang die Beteiligung einer Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG an der KG ihrer finanziellen Eingliederung in das Unternehmen der KG entgegensteht, wenn umgekehrt die KG (mittelbar) über sämtliche Stimmanteile an der GmbH verfügt". Denn diese Frage ist bereits durch die Rechtsprechung geklärt.

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Schon durch Urteil vom 14. Dezember 1978 V R 85/74 (BFHE 127, 75, BStBl II 1979, 288), auf das das FG ausdrücklich verwiesen hat, hat der BFH entschieden, dass eine GmbH, die --wie im Streitfall-- an einer KG als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt ist, nicht als Organgesellschaft in das Unternehmen dieser KG eingegliedert sein kann.

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Soweit die Klägerin zur Begründung ihrer Beschwerde auf die abweichende rechtliche Beurteilung der Finanzverwaltung bei einer sog. "Einheits-GmbH & Co. KG" (100%ige unmittelbare Beteiligung der KG an der GmbH) hinweist (vgl. Abschn. 2.8. Abs. 2 Satz 5 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses), ergibt sich daraus kein Klärungsbedarf im Streitfall. Denn hier ist die KG an der GmbH nicht unmittelbar beteiligt.

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Der Hinweis der Klägerin auf die bisherige Rechtsprechung, wonach es im Falle einer Personengesellschaft als Organträger für eine finanzielle Eingliederung i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG ausreichend war, dass die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft von den Gesellschaftern der Organträgergesellschaft gehalten wurde, so dass in beiden Gesellschaften dieselben Gesellschafter zusammen über die Mehrheit der Stimmrechte verfügten und damit die Personengesellschaft mittelbar ihren Willen in der Organgesellschaft durchsetzen konnte, kann der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Denn diese Rechtsprechung ist zwischenzeitlich mit dem Senatsurteil vom 1. Dezember 2010 XI R 43/08 (BFHE 232, 550, BStBl II 2011, 600) im Anschluss an das BFH-Urteil vom 22. April 2010 V R 9/09 (BFHE 229, 433, BStBl II 2011, 597) aufgegeben worden.

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4. Die Revision ist auch nicht zuzulassen, um zu klären, inwieweit die "Abkehr der höchstrichterlichen Rechtsprechung" in dem BFH-Urteil in BFHE 232, 550, BStBl II 2011, 600 von der bisherigen Rechtsprechung sowie der Verwaltungsauffassung "vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes und des Gemeinschaftsrechts" auch für die Beurteilung "bereits abgeschlossener Veranlagungsjahre" zu berücksichtigen sei.

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a) Die Klägerin trägt hierzu unter Hinweis auf den BFH-Beschluss vom 17. Dezember 2007 GrS 2/04 (BFHE 220, 129, BStBl II 2008, 608) sowie auf Abschn. 21 Abs. 4 Satz 8 der Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR) 2008 vor, die Anwendung der geänderten Rechtsprechung verstoße gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Der BFH habe noch im Urteil vom 14. Februar 2008 V R 12-13/06 (BFH/NV 2008, 1365) unter Anführung weiterer BFH-Urteile anerkannt, dass die finanzielle Eingliederung u.a. vorliegt, "wenn ... die Gesellschafter einer Personengesellschaft (des Organträgers) die Geschäftsanteile der Organgesellschaft besitzen".

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b) Die Klägerin kann sich im Streitfall aber schon deshalb nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen, weil sie nach dem BFH-Urteil in BFHE 127, 75, BStBl II 1979, 288 und nach den diese Rechtsprechung anwendenden UStR 2002 und 2005, dort jeweils Abschn. 21 Abs. 2, deshalb nicht als Organgesellschaft in das Unternehmen der KG eingegliedert sein konnte, weil sie an der KG als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt war. Deshalb liegt entgegen der Ansicht der Klägerin in der "Verkennung des Vertrauensschutzes" kein "gravierender Rechtsanwendungsfehler" vor, der eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO rechtfertigen könnte.

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5. Soweit die Klägerin schließlich vorträgt, die Revision sei zuzulassen, um die unionsrechtliche Vereinbarkeit der einschränkenden Auslegung des Tatbestandsmerkmals der "finanziellen Eingliederung" dem Gerichtshof der Europäischen Union vorzulegen, entspricht die Beschwerde nicht den Anforderungen an die notwendige Darlegung eines Zulassungsgrundes.