Entscheidungsdatum: 10.01.2012
NV: Die Angabe "zur Deckung Ihrer erhaltenen Vorauszahlungen" ermöglicht keine eindeutige und leicht nachprüfbare Identifizierung der abgerechneten Leistung. Sie genügt als Leistungsbeschreibung nicht den Anforderungen an eine zum Vorsteuerabzug berechtigenden Gutschrift .
I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, in den Streitjahren 1997 bis 1999 zum Vorsteuerabzug aus Gutschriften an Handelsvertreter, die für sie tätig waren, berechtigt war.
Die Klägerin stellte Markisen und andere Sonnenschutzanlagen her und vertrieb diese direkt. Hierzu setzte sie selbständige Handelsvertreter ein. Ausscheidenden Handelsvertretern, deren Provisionskonto im Zeitpunkt des Ausscheidens ein Debet-Saldo auswies, erteilte die Klägerin --unter gesondertem Ausweis von Mehrwertsteuer-- eine Gutschrift in Höhe des jeweiligen Saldos. Darin heißt es, "zur Deckung Ihrer erhaltenen Vorauszahlungen erhalten Sie eine Gutschrift in Höhe von ..." Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) versagte nach einer Außenprüfung den Vorsteuerabzug aus diesen Gutschriften und erließ geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre.
Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage als unbegründet ab. Es führte im Wesentlichen aus, die von der Klägerin erteilten Gutschriften berechtigten sie nicht zum Vorsteuerabzug. Sie erfüllten nicht die Anforderungen an eine Rechnung i.S. des § 14 Abs. 1 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) a.F. Ein Bezug zwischen erteilter Gutschrift und konkreter Leistung sei nicht erkennbar. Die Klägerin habe auch nicht dargelegt, dass im Zeitpunkt der Vorschusszahlungen tatsächlich jeweils ein umsatzsteuerrechtlich relevanter Vorgang stattgefunden habe. Der Senat sei durch die Beweisanträge der Klägerin nicht an einer Sachentscheidung gehindert.
Das FG ließ die Revision gegen sein Urteil nicht zu. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Nichtzulassungsbeschwerde vom 19. August 2011.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe sind entweder nicht gegeben oder nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entsprechend dargelegt.
1. Soweit die Klägerin ihre Beschwerde auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO (Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung) mit der Begründung stützt, das FG weiche mit seinem Urteil von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu den Anforderungen an eine zum Vorsteuerabzug geeignete Rechnung ab, liegt dieser Revisionszulassungsgrund nicht vor.
a) Entgegen dem Vorbringen der Klägerin hat das FG nicht den Rechtssatz aufgestellt, dass nur solche Gutschriften zum Vorsteuerabzug berechtigten, die folgende Angaben enthalten
- "für welchen Zeitraum,
- welche konkrete Leistung oder für welche vermittelten Aufträge eine Provision geschuldet ist,
- ggf. die Handelsvertretereigenschaft der Empfänger".
Vielmehr hat das FG die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 UStG a.F. dargelegt und im Rahmen der anschließenden Subsumtion ausgeführt, die im Streitfall erteilten Gutschriften erfüllten diese Voraussetzungen offensichtlich nicht. Sie seien lediglich "zur Deckung der erhaltenen Vorauszahlungen" erteilt, ohne dass ersichtlich wäre, für welchen Zeitraum, für welche konkrete Leistung oder für welche vermittelten Aufträge eine Provision geschuldet werden sollte; der allgemeine Hinweis auf von den betroffenen Personen erhaltene Vorauszahlungen sei nicht ausreichend.
b) Mit diesen Ausführungen weicht die Vorentscheidung nicht --wie die Klägerin meint-- von dem BFH-Urteil vom 24. September 1987 V R 50/85 (BFHE 153, 65, BStBl II 1988, 688) ab.
aa) Nach diesem Urteil kann ein Rechnungsaussteller grundsätzlich, statt die Leistungshandlung zu beschreiben, mit Angaben tatsächlicher Art, den beim Leistungsempfänger eintretenden Erfolg der Leistungshandlung bezeichnen, soweit die Angaben nicht so ungenau sind, dass sie keine Identifizierung des Leistungsgegenstandes ermöglichen.
bb) Der Streitfall betrifft schon nicht den in der vorgeblichen Divergenzentscheidung entschiedenen Sachverhalt, dass in den Abrechnungspapieren statt der Leistungshandlung der beim Leistungsempfänger eingetretene Erfolg der Leistungshandlung bezeichnet worden wäre. Ferner ist nach der materiell-rechtlichen Ansicht des FG im vorliegenden Streitfall der Hinweis in den Gutschriften auf die erhaltenen Vorauszahlungen zur Identifizierung des Leistungsgegenstandes nicht ausreichend; Hinweise auf eine konkrete, zu einem Entgeltanspruch führende Tätigkeit seien nicht erkennbar.
c) Auch die von der Klägerin vorgebrachte "weitere" Divergenz liegt nicht vor.
Nach dem BFH-Urteil in BFHE 153, 65, BStBl II 1988, 688 sind zwar Angaben tatsächlicher Art im Abrechnungspapier, welche ggf. unter Heranziehung weiterer Erkenntnismittel die Identifizierung der abgerechneten Leistung ermöglichen, ausreichend. Derartige Angaben tatsächlicher Art enthalten die hier in Rede stehenden Gutschriften aber nicht. In ihnen wird --entgegen der Ansicht der Klägerin-- auch nicht entsprechend der Rechtsprechung des BFH im Beschluss vom 3. Mai 2007 V B 87/05 (BFH/NV 2007, 1550) auf andere eindeutig bezeichnete Geschäftsunterlagen verwiesen.
d) Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist das FG auch nicht von der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 1. August 1996 V R 9/96, BFH/NV 1997, 381) abgewichen, nach der unter bestimmten Umständen bei monatlicher Abrechnung der Hinweis, dass es sich um Vermittlungsleistungen für einen bestimmten Zeitraum gehandelt hat, für die Leistungsbeschreibung ausreichend sein kann.
e) Im Übrigen setzt der Vorsteuerabzug nach ständiger Rechtsprechung eine Rechnung voraus, die eine eindeutige und leicht nachprüfbare Identifizierung der abgerechneten Leistung ermöglicht (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 6. Juli 2010 XI B 91/09, BFH/NV 2010, 2138, m.w.N.). Hierzu genügen allgemeine Angaben --wie im Streitfall "zur Deckung Ihrer erhaltenen Vorauszahlungen"-- nicht (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 5. Februar 2010 XI B 31/09, BFH/NV 2010, 962, m.w.N.).
2. Die Revision ist auch nicht deshalb zuzulassen, weil --wie die Klägerin meint-- "das Gesamtergebnis schlechterdings unhaltbar" sei.
a) Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO ist die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung auch zuzulassen, wenn die angefochtene Entscheidung des FG in einem solchen Maße fehlerhaft ist, dass das Vertrauen in die Rechtsprechung nur durch eine höchstrichterliche Korrektur wiederhergestellt werden könnte (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 17. März 2010 X B 118/09, BFH/NV 2010, 1277, m.w.N.).
Diese Voraussetzung ist erfüllt bei einem offensichtlichen materiellen oder formellen Rechtsfehler von erheblichem Gewicht, der die Entscheidung der Vorinstanz als willkürlich oder greifbar gesetzwidrig erscheinen lässt (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 10. Februar 2005 IX B 169/03, BFH/NV 2005, 1057, m.w.N.). Vorliegen kann dies etwa, wenn das FG eine offensichtlich einschlägige entscheidungserhebliche Vorschrift übersehen hat (vgl. BFH-Beschluss vom 28. Juli 2003 V B 72/02, BFH/NV 2003, 1597), das Urteil jeglicher gesetzlichen Grundlage entbehrt oder auf einer offensichtlich Wortlaut und Gesetzeszweck widersprechenden Gesetzesauslegung beruht (vgl. BFH-Beschluss vom 8. Februar 2006 III B 128/04, BFH/NV 2006, 1116). Ferner kann ein gravierender Rechtsanwendungsfehler auch gegeben sein, wenn das FG bei der Auslegung einer Willenserklärung anerkannte Auslegungsgrundsätze in einem Maße außer Acht lässt, dass seine Entscheidung nicht mehr nachvollziehbar erscheint (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 70, m.w.N.). Unterhalb dieser Schwelle liegende Rechtsfehler reichen dagegen nicht aus, um eine greifbare Gesetzwidrigkeit oder gar eine Willkür der angefochtenen Entscheidung anzunehmen.
b) Ein solcher gravierender, zur Zulassung der Revision führender Rechtsfehler liegt im Streitfall nicht vor.
3. Die Revision ist nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zuzulassen. Einen Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, hat die Klägerin nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend dargelegt.
a) Soweit sie vorbringt, das FG habe den Sachverhalt unzureichend aufgeklärt und insbesondere ihren Beweisantrag übergangen setzt diese Rüge nach ständiger Rechtsprechung des BFH u.a. voraus, dass der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdeschrift vorbringt, inwiefern das angefochtene Urteil des FG nach dessen materiell-rechtlicher Auffassung auf der unterbliebenen Sachaufklärung bzw. Beweisaufnahme beruhen kann (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 9. Dezember 2004 V B 85/04, BFH/NV 2005, 712; vom 10. Oktober 2008 VIII B 20-22/08, BFH/NV 2009, 183, m.w.N.).
b) Die Beschwerdeschrift genügt diesen Anforderungen nicht. Nach der materiell-rechtlichen Auffassung des FG hätte --wie das FG ausgeführt hat-- die Klage selbst dann keinen Erfolg haben können, wenn sich die Behauptung der Klägerin, es habe sich "nur um Zahlungen für abgeschlossene Verträge gehandelt" nach einer Beweisaufnahme bestätigt hätte.
c) Soweit die Klägerin einen Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten rügt, macht sie sinngemäß einen Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO geltend. Auch insoweit sind die Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 15. März 2002 X B 175/01, BFH/NV 2002, 944, m.w.N.; vom 10. Oktober 2008 IV B 132/07, nicht veröffentlicht, juris, m.w.N.; Gräber/Ruban, a.a.O., 7. Aufl., § 120 Rz 72, m.w.N.) nicht erfüllt.
Die Klägerin hat nicht dargetan, dass es unter Zugrundelegung der vom FG zu den inhaltlichen Anforderungen an ein Abrechnungspapier vertretenen materiell-rechtlichen Auffassung entscheidungserheblich war, dass die Vorentscheidung --wie die Klägerin behauptet-- entgegen dem nach Aktenlage feststehenden Sachverhalt den bestehenden Rechtsanspruch der Handelsvertreter auf Vorschuss sowie das Vorliegen von Zahlungen, denen ausschließlich Leistungen zugrunde gelegen hätten, nicht berücksichtigt habe.
4. Mit ihrem übrigen Vorbringen stellt die Klägerin die materielle Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung in Frage. Dies begründet grundsätzlich keinen Revisionszulassungsgrund (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 5. Juni 2008 IX B 249/07, BFH/NV 2008, 1512, m.w.N.).
5. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).