Entscheidungsdatum: 19.07.2011
1. NV: Rückstellungen wegen Erfüllungsrückstandes sind zu bilden, wenn ein Versicherungsvertreter die Abschlussprovision nicht nur für die Vermittlung der Versicherung, sondern auch für die weitere Betreuung des Versicherungsvertrags erhält (Anschluss an BFH-Urteile vom 28. Juli 2004 XI R 63/03, BFHE 207, 205, BStBl II 2006, 866, und vom 9. Dezember 2009 X R 41/07, BFH/NV 2010, 860).
2. NV: Einbezogen werden dürfen nur Leistungen für die Betreuung bereits abgeschlossener Verträge. Werbeleistungen mit dem Ziel, Kunden (auch Bestandskunden) zu neuen Vertragsabschlüssen zu veranlassen (Einwerbung von Neugeschäften), sind nicht rückstellbar.
3. NV: Für die Höhe der Rückstellung ist der jeweilige Zeitaufwand für die Betreuung pro Vertrag und Jahr von entscheidender Bedeutung; der (voraussichtliche) Zeitaufwand ist im Einzelnen darzulegen.
4. NV: Die Aufzeichnungen müssen so konkret und spezifiziert sein, dass eine angemessene Schätzung der Höhe der zu erwartenden Betreuungsaufwendungen möglich ist; die Aufzeichnungen sind "vertragsbezogen" zu führen.
5. NV: Die Richtigkeit der vorgenommenen Aufzeichnungen kann im Einzelfall verprobt werden durch eine Gegenüberstellung von Verträgen ohne Bestandspflegeprovision mit Verträgen mit Bestandspflegeprovision.
6. NV: Der Steuerpflichtige trägt im Fall eines "non-liquet" die Feststellungslast (objektive Beweislast) für die von ihm behaupteten Aufwendungen für nachträgliche Betreuungsleistungen.
I. Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang. Nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 28. Juli 2004 XI R 63/03 (BFHE 207, 205, BStBl II 2006, 866) entschieden hat, dass eine Rückstellung wegen eines Erfüllungsrückstandes im Bereich der Vertragsbetreuung bei Versicherungsvertretern zulässig ist, ist nunmehr noch streitig, in welcher Höhe im Streitfall für die Weiterbetreuung der vermittelten Versicherungsverträge Rückstellungen gebildet werden können.
Die Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagten (Kläger) werden als Eheleute zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Kläger ist seit 1969 Vertreter der V-Lebensversicherung (V), für die zuvor schon sein Vater in gleicher Weise tätig war. Seinen Gewinn aus Gewerbebetrieb ermittelt er gemäß §§ 4, 5 des Einkommensteuergesetzes. In den Streitjahren 1992 und 1994 waren folgende Mitarbeiter beschäftigt:
1992 |
1994 |
|
Mitarbeiter Innendienst | ||
Vollzeitkräfte |
3 |
4 |
Teilzeitkräfte |
2 |
4 |
Aushilfen |
0,8 |
1,25 |
Auszubildende |
6 |
7 |
Mitarbeiter Außendienst |
2,5 |
1,75 |
Neben der Vermittlung von Lebens- und Sachversicherungen obliegt dem Kläger auch die Betreuung und Erhaltung des Bestandes. Für die Vermittlung der Lebensversicherungsverträge erhielt der Kläger eine prozentuale Provision des ersten tarifmäßigen Jahresbeitrages. Sie wurde fällig, sobald der Versicherungsvertrag zustande gekommen war und die Beiträge gezahlt wurden. Der Kläger erhielt für die Betreuung der Lebensversicherungsverträge --in Abweichung zu anderen Versicherungssparten-- keine Folgeprovisionen (Bestandspflegeprovisionen). In der Bilanz zum 31. Dezember 1992 bildete er erstmals für bereits vermittelte Lebensversicherungsverträge auch aus früheren Jahren eine Rückstellung für Verwaltungskosten, die er in den folgenden Jahren --u.a. dem Streitjahr 1994-- dem Zugang an Lebensversicherungsverträgen anpasste. In den Streitjahren 1992 und 1994 setzte der Kläger Rückstellungen in folgender Höhe an:
1992 |
1994 |
334.880 DM |
348.640 DM |
(nachgeholt aus Vorjahren) |
(davon Zugang: 8.480 DM) |
Als Betreuungsaufwand schätzte der Kläger zwei Mitarbeiterstunden je Vertrag: Jeder Lebensversicherungsvertrag werde mindestens einmal im Leistungsfall, d.h. bei Tod oder Ablauf, allgemein nachgearbeitet. Für diese regelmäßig anfallenden Aktivitäten sei jeweils eine Mitarbeiterstunde anzusetzen. Darüber hinaus sei für sonstige Nachbearbeitungsfälle, insbesondere für anlassbezogene Betreuungsaktivitäten, jeweils eine weitere Mitarbeiterstunde anzusetzen. Die Mitarbeiterstunde sei mit 80 DM zu bewerten.
Der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) machte demgegenüber geltend: Rückstellungen könnten nicht angesetzt werden, weil entsprechende Nachweise fehlten. Nach dem Grundsatz der Einzelbewertung sei jede Verpflichtung isoliert zu erfassen und zu bewerten. Für jeden einzelnen Vertrag müsse zu jedem Stichtag die vertragliche Laufzeit angegeben werden. Rückstellbar seien auch nur wesentliche Pflichten, die wirtschaftlich verursacht seien. Das sei aber hinsichtlich der Serviceleistungen, die über die Pflichten zur Nachbetreuung hinausgingen, nicht der Fall.
Mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2007, 1931 veröffentlichten Urteil vom 13. September 2007 hat das Finanzgericht (FG) die Klage zum größeren Teil abgewiesen. Das FG schätzte die Höhe der Rückstellungen für die Streitjahre 1992 und 1994 wie folgt:
40 DM x 1 Mitarbeiterstunde x 2 093 Verträge = 83.720 DM (1992) |
40 DM x 1 Mitarbeiterstunde x 2 179 Verträge = 87.160 DM (1994) |
(Gewinnauswirkung: 2.120 DM). |
Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Die Kläger beantragen,
das angefochtene Urteil aufzuheben und unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1992 vom 15. September 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Februar 1999 und des Einkommensteuerbescheides 1994 vom 13. November 2001 die gebildeten Rückstellungen für 1992 in Höhe von 334.880 DM und für 1994 in Höhe von 348.640 DM (Gewinnauswirkung: 8.480 DM) anzusetzen; die Kläger beantragen weiterhin, die Revision des FA zurückzuweisen.
Das FA beantragt,
die Revision der Kläger zurückzuweisen, auf seine eigene Revision das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
II. Die Revision der Kläger ist begründet; das angefochtene Urteil wird aufgehoben; die Sache wird gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an das FG zurückverwiesen.
1. Dass dem Grunde nach Rückstellungen für vertraglich übernommene Betreuungsleistungen zu bilden sind, entspricht der gefestigten BFH-Rechtsprechung (Urteile in BFHE 207, 205, BStBl II 2006, 866, und vom 9. Dezember 2009 X R 41/07, BFH/NV 2010, 860; vgl. auch Wendt, Festschrift Herzig, Unternehmensbesteuerung, 2010, 517, insbesondere zur "Wesentlichkeit" der Verpflichtung; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 30. Aufl., § 5 Rz 84 und Rz 550 Stichwort "Bestandspflege"). Im Gegensatz zu der Auffassung des FA, das der im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 28. November 2006 IV B 2 -S 2137- 73/06 (BStBl I 2006, 765) vertretenen Ansicht folgt, handelt es sich im Streitfall bei dem Erfüllungsrückstand auch um einen wesentlichen Aufwand. Insoweit ist der Senat an die im ersten Rechtsgang durch den XI. Senat des BFH vertretene Rechtsauffassung gebunden, wonach die Bearbeitung von Versicherungsverträgen keine unwesentliche Nebenleistung sei (Urteil in BFHE 207, 205, BStBl II 2006, 866, unter II.1.a; § 126 Abs. 5 FGO; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 126 Rz 30).
Hinsichtlich des Ausweises von Rückstellungen für Verträge, die vom Vater des Klägers vermittelt worden sind, sowie hinsichtlich der Höhe der Rückstellung besteht keine Bindung, weil insoweit keine Feststellungen getroffen worden waren und gerade wegen der Höhe der Rückstellungen die Sache an das FG zurückverwiesen worden war.
2. Der erkennende Senat kann anhand der ihm vorliegenden Unterlagen nicht beurteilen, ob sich der Kläger für den von seinem Vater übernommenen Versicherungsbestand in einem Erfüllungsrückstand befindet. Das FG spricht im Tatbestand des Urteils davon, der Kläger sei Vertreter eines Versicherungsunternehmens, "für das schon sein Vater in gleicher Weise tätig war". In den Entscheidungsgründen heißt es demgegenüber, der Kläger sei mit dem Übergang der Versicherungsagentur vom Vater auf ihn "hinsichtlich dieses Gewerbebetriebs dessen Rechtsnachfolger". Dem sich in den Akten befindlichen Vertrag des Klägers mit V vom 23. April 1969 lässt sich eine solche Rechtsnachfolge hingegen nicht entnehmen.
Nach Auffassung des erkennenden Senats kann der Kläger eine Rückstellung für einen Erfüllungsrückstand hinsichtlich des vom Vater übernommenen Versicherungsbestandes nur dann bilden, wenn die rechtliche Verpflichtung zur Pflege dieses Bestandes auf ihn übergegangen und noch nicht wirtschaftlich vollständig erfüllt worden ist. Das FG wird deshalb im weiteren Rechtsgang zu klären haben, ob der Kläger für die V als Rechtsnachfolger seines Vaters tätig wird (vgl. hierzu FG München, Urteil vom 16. Dezember 2008 10 K 1954/07, EFG 2009, 562). Wird der Kläger hingegen nicht als Rechtsnachfolger seines Vaters für die V tätig (hierfür spricht der Vertrag des Klägers mit der V vom 23. April 1969), wird das FG im weiteren Verfahren zu klären haben, ob sich der Kläger gegenüber V zur Nachbetreuung der von seinem Vater abgeschlossenen Versicherungsverträge verpflichtet hat und --ggf.-- ob auch insoweit das Gleichgewicht der gegenseitigen Leistungsbeziehungen zwischen V und dem Kläger durch Vorleistungen der V und daraus folgenden rückständigen Gegenleistungen des Klägers gestört ist.
3. In Bezug auf den Erfüllungsrückstand bei den vom Kläger vermittelten Versicherungsverträgen fehlen der Schätzung des FG hinreichende objektive Grundlagen; das Schätzungsergebnis kann nicht nachvollziehbar abgeleitet werden.
a) Können die Besteuerungsgrundlagen --trotz Bemühens um Aufklärung-- nicht ermittelt oder berechnet werden, gibt § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO i.V.m. § 162 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) dem FG eine eigene Schätzungsbefugnis. Dabei hat es alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Ziel der Schätzung ist der Ansatz derjenigen Besteuerungsgrundlagen, die die größtmögliche Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben (ständige Rechtsprechung; vgl. BFH-Urteil vom 5. Juni 2003 IV R 36/02, BFHE 202, 395, BStBl II 2003, 871; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 162 AO Rz 29, m.w.N.).
Die Schätzung muss gemäß § 121 Abs. 1 AO begründet werden, so dass der Steuerpflichtige das Schätzungsergebnis nachvollziehen kann (Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 162 AO, Rz 96); das Schätzungsergebnis muss ableitbar, schlüssig und fundiert dargelegt werden (BFH-Urteil vom 8. November 1989 X R 178/87, BFHE 159, 20, BStBl II 1990, 268). Es muss erkennbar sein, wie das FG seine Überzeugung und sein Ergebnis in rechtlich zulässiger und einwandfreier Weise gewonnen hat (BFH-Urteil vom 2. Dezember 2004 III R 49/03, BFHE 208, 531, BStBl II 2005, 483).
Eine Schätzung ist rechtmäßig, wenn sich das Ergebnis als schlüssige und wirtschaftlich vernünftige, wenn auch an der oberen Grenze des Schätzungsrahmens bewegende Wahrscheinlichkeitsüberlegung darstellt (Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 162 AO Rz 98). Eine Schätzung ist dagegen rechtswidrig, wenn sie den durch die Umstände des Einzelfalls gezogenen Schätzungsrahmen verlässt und das Schätzungsergebnis mithin unschlüssig, wirtschaftlich unvernünftig und unwahrscheinlich ist (BFH-Beschluss vom 21. Januar 2009 X B 125/08, BFH/NV 2009, 951).
b) Die vom FG vorgenommene Schätzung (§ 96 FGO, § 162 AO) --einschließlich der Schätzungsmethode-- ist eine Tatsachenfeststellung, an die der BFH gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist (BFH-Beschluss vom 5. Dezember 2007 X B 4/07, BFH/NV 2008, 587; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 162 AO Rz 113). Eine eigene Schätzungsbefugnis steht dem BFH --als Rechtsinstanz-- nicht zu. Der BFH hat zu prüfen, ob die Schätzung gegen Denkgesetze verstößt (insbesondere ob die gezogenen Folgerungen schlüssig sind), ob die allgemeinen Erfahrungssätze und anerkannten Schätzungsmethoden beachtet worden sind, ob das FG den Sachverhalt hätte weiter aufklären müssen oder ob sonstige Verfahrensfehler vorliegen (Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 96 Rz 18 ff.; Gräber/Ruban, a.a.O., § 118 Rz 31, m.w.N.; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 162 AO Rz 114). Damit der BFH innerhalb seiner Kompetenz eine Überprüfung vornehmen kann, muss das FG-Urteil erkennen lassen, auf welchem Wege die Schätzung zustande gekommen ist.
c) Auf der Grundlage dieser Maßstäbe ist die Schätzung des FG unzureichend. Das FG hat seine eigene Schätzung (Ansatz von einer Stunde und eines Stundensatzes von 40 DM pro Vertrag; FG-Urteil Bl. 25) nicht hinreichend begründet und nur einzelne Aspekte herausgegriffen (z.B. die Tätigkeit bei Ablauf einer Versicherung). Es hätte --wie von den Klägern beantragt-- den Sachverhalt weiter aufklären müssen. Die Schätzungsgrundlagen --insbesondere der Umfang der Betreuungsarbeiten und die dadurch verursachten Kosten-- sind nicht ausreichend ermittelt worden.
4. Im weiteren Rechtsgang wird das FG bei der Beurteilung der Frage, in welcher Höhe der Kläger eine Rückstellung für Erfüllungsrückstand bilden kann, von folgenden Grundsätzen auszugehen haben:
a) Die Nachbetreuungsverpflichtung ist eine Sachleistungsverpflichtung; sie ist mit den Einzelkosten und den Gemeinkosten zu bewerten.
b) Abzustellen ist auf die Anzahl der Versicherungsverträge, für die noch künftige Betreuungsleistungen aufgrund rechtlicher Verpflichtung zu erbringen sind, für die aber kein weiteres Entgelt beansprucht werden kann.
Einbezogen werden dürfen nur Leistungen für die Betreuung bereits abgeschlossener Verträge. Werbeleistungen mit dem Ziel, Kunden (auch Bestandskunden) zu neuen Vertragsabschlüssen zu veranlassen (Einwerbung von Neugeschäften), sind nicht rückstellbar.
Nicht einzubeziehen ist der Aufwand für die eigene künftige Arbeitsleistung des Betriebsinhabers; Vertreter ohne angestelltes Personal können daher von vornherein keine Rückstellung bilden. Sollte neben dem angestellten Personal auch der Einzelunternehmer selbst in die Betreuung eingeschaltet sein, könnte für den von ihm erbrachten Teil der Leistungen ebenfalls keine Rückstellung gebildet werden.
c) Für die Höhe der Rückstellung ist der jeweilige Zeitaufwand für die Betreuung pro Vertrag und Jahr von entscheidender Bedeutung; zur Darlegung des (voraussichtlichen) Zeitaufwandes ist im Einzelnen notwendig:
- | die genaue Beschreibung der einzelnen Betreuungstätigkeiten; die Darstellung muss das FA und das FG in die Lage versetzen, anhand der rechtlichen Anforderungen zu Bildung einer Rückstellung berechtigt; |
- | die Angabe, welchen Zeitbedarf die jeweilige Tätigkeit mit sich bringt, wenn sie im Einzelfall anfällt; |
- | die Angabe, wie oft die jeweilige Tätigkeit über die Gesamtlaufzeit des jeweiligen Vertrags zu erbringen ist; |
- | die Höhe der Personalkosten pro Stunde Betreuungszeit; |
- | die Laufzeit bzw. Restlaufzeit der einzubeziehenden Verträge; dabei ist vor allem auch der Erfahrungssatz zu berücksichtigen, dass ein Teil der Verträge vorzeitig gekündigt wird. |
d) Neben dem zeitlichen Umfang der Betreuungsleistungen ist für die Bemessung der Rückstellung der Stundenlohn der vom Kläger für die Nachbetreuung eingesetzten Mitarbeiter von Bedeutung.
e) Kommt das FG im weiteren Rechtsgang zu dem Ergebnis, dass eine Rückstellung für Erfüllungsrückstand auszuweisen ist, wird diese abzuzinsen sein.
5. Über die unter 4. bezeichneten Angaben sind Aufzeichnungen zu führen und vorzulegen.
a) Diese Aufzeichnungen müssen so konkret und spezifiziert sein, dass eine angemessene Schätzung der Höhe der zu erwartenden Betreuungsaufwendungen möglich ist. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass eine Rückstellung ein Passivposten ist, der eine dem Grund und/oder der Höhe nach noch ungewisse (also nur wahrscheinliche) künftige Verbindlichkeit zum Ausdruck bringt. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Rückstellung jedes Jahr angepasst werden muss und jedes Jahr zu prüfen ist, in welchem Umfang der rückgestellte Aufwand tatsächlich eingetreten ist und ob für die Zukunft Korrekturen vorzunehmen sind. Dieser Natur des Rückstellungspostens entsprechend (Schätzung von Aufwand, der auf u.U. sehr langfristigen Verpflichtungen beruht) kann ggf. auch auf spätere Aufzeichnungen zurückgegriffen werden, sofern sie geeignet sind, die voraussichtlich anfallenden Kosten zu belegen.
b) Die laufenden Aufzeichnungen sind "vertragsbezogen" zu führen; der Steuerpflichtige hat zu belegen, welche einzelnen Tätigkeiten (z.B. Fälle von Namens- und Adressenänderungen, Beitragsfreistellungen, Baufinanzierungen, Abtretungen, Änderungskündigungen) in welcher Häufigkeit mit welchem Zeitaufwand über die Gesamtlaufzeit des einzelnen Vertrags (typischerweise) anfallen werden. Diese Prüfung muss nicht für alle Verträge einzeln vorgenommen werden; im Einzelfall können fundierte Stichproben (z.B. anhand eines bestimmten Prozentsatzes der Verträge oder nach bestimmten Anfangsbuchstaben der Kundennamen) ausreichen, um eine hinreichende Rückstellungswahrscheinlichkeit zu begründen.
c) Die Richtigkeit der vorgenommenen Aufzeichnungen kann im Einzelfall verprobt werden durch eine Gegenüberstellung von Verträgen ohne Bestandspflegeprovision mit Verträgen mit Bestandspflegeprovision. Dabei muss die Vergleichbarkeit der Versicherungen gewährleistet sein; so darf etwa der Teil der Bestandspflege, der auf den Inhaber der Versicherungsagentur entfällt, nicht berücksichtigt werden.
d) Eine derartige Dokumentation der Beratungsleistungen erlegt dem Steuerpflichtigen keine unangemessenen und unverhältnismäßigen Belastungen auf. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass der zu führende Belegnachweis sich auf Vorgänge bezieht, die sich allein in der Sphäre des Steuerpflichtigen zugetragen haben und die zu einem späteren Zeitpunkt nur in eingeschränktem Umfang und nur mit erheblichem Ermittlungsaufwand auf ihre zutreffende Erfassung hin überprüft werden können (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 9. November 2005 VI R 27/05, BFHE 211, 508, BStBl II 2006, 408, unter II.1.c, zu den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch). Zum anderen sind auch angesichts der Höhe und der Zeitdauer des vom Kläger geltend gemachten Erfüllungsrückstandes aussagekräftige Aufzeichnungen geboten.
6. Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, dass die Kläger letzten Endes die Feststellungslast (objektive Beweislast) für die von ihnen behaupteten Aufwendungen für Betreuungsleistungen tragen. Da es sich um Angaben aus der Sphäre der Steuerpflichtigen handelt, die von der Finanzverwaltung regelmäßig nur eingeschränkt nachgeprüft werden können und die zudem der Herbeiführung einer Steuerminderung dienen, tragen die Steuerpflichtigen die volle Feststellungslast für ihre entsprechenden Tatsachenbehauptungen (vgl. BFH-Urteil vom 28. November 2007 X R 11/07, BFHE 220, 3, BStBl II 2008, 335).
III.
Die Revision des FA ist ebenfalls begründet; auch im Umfang der Klagestattgabe beruht das angefochtene Urteil auf unzureichenden Feststellungen bzw. Schätzungen (s. oben).