Entscheidungsdatum: 09.02.2011
NV: Ein schwerwiegender, zur Revisionszulassung führender Rechtsfehler des FG liegt vor, wenn die angefochtene Entscheidung objektiv willkürlich erscheint oder auf sachfremden Erwägungen beruht und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist .
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat nicht schlüssig dargelegt, dass den von ihm formulierten Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung zukommt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--; vgl. unten 1.). Ebenso wenig rechtfertigt § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO (Erfordernis einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs --BFH-- zur Fortbildung des Rechts) die Zulassung der Revision (vgl. unten 2.). Auch ist keine Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (vgl. unten 3.). Schließlich leidet das Urteil des Finanzgerichts (FG) nicht an einem so schweren Rechtsfehler, dass sein Fortbestehen das Vertrauen in die Rechtsprechung beschädigen würde (vgl. unten 4.).
1. Der Kläger hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht schlüssig (substantiiert) dargelegt.
a) Eine solche schlüssige Darlegung erfordert ein konkretes und substantiiertes Eingehen des Beschwerdeführers darauf, inwieweit die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig, d.h. in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen sie umstritten ist (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 32, m.w.N.).
b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung des Klägers zur grundsätzlichen Bedeutung nicht. Seine Ausführungen erschöpfen sich in der Behauptung, dass die von ihm aufgeworfenen Fragen,
- ob es für die Annahme des objektiven Förderzusammenhangs als Voraussetzung für die Zuordnung einer Darlehensforderung des Steuerpflichtigen zum gewillkürten Betriebsvermögen notwendig sei, dass zwischen dem Steuerpflichtigen als Darlehensgeber und dem Darlehensnehmer wesentliche, laufende Geschäftsbeziehungen bestünden, die dem Betrieb des Darlehensgebers förderlich seien und die es durch das Darlehen zu sichern gelte;
- ob es für die Annahme des objektiven Förderzusammenhangs als Voraussetzung für die Zuordnung einer Darlehensforderung des Steuerpflichtigen zum gewillkürten Betriebsvermögen ausreichend sei, dass der Steuerpflichtige als Darlehensgeber das Darlehen hingegeben habe, um sich den Darlehensnehmer als zukünftigen Geschäftspartner zu erhalten;
- ob es für die Annahme des objektiven Förderzusammenhangs als Voraussetzung für die Zuordnung einer Darlehensforderung des Steuerpflichtigen zum gewillkürten Betriebsvermögen ausreichend sei, dass der Steuerpflichtige als Darlehensgeber das Darlehen in der Erwartung hingegeben habe, dass der Darlehensnehmer zukünftig vom Steuerpflichtigen vertriebene Waren bei diesem bestellen werde, ohne dass im Zeitpunkt der Darlehensgewährung konkrete Vertragsabsprachen vorlägen;
- ob es für die Annahme des objektiven Förderzusammenhangs als Voraussetzung für die Zuordnung einer Darlehensforderung des Steuerpflichtigen zum gewillkürten Betriebsvermögen ausreichend sei, dass der Steuerpflichtige als Darlehensgeber das Darlehen in der Erwartung hingegeben habe, vom Darlehensnehmer künftig an Ausschreibungen beteiligt zu werden,
sowohl in tatsächlicher als auch rechtlicher Hinsicht eine über den Streitfall hinausgehende Bedeutung hätten, weil Darlehensgewährungen zum täglichen Geschäft in allen Bereichen wirtschaftlichen Tätigwerdens gehörten. Die Fragen lassen keine über das Interesse des Klägers am Ausgang dieses Verfahrens hinausreichende, allgemein interessierende, klärungsbedürftige und in diesem Rechtsstreit klärungsfähige Rechtsfrage erkennen (vgl. zu den Darlegungserfordernissen z.B. BFH-Beschluss vom 23. Juli 2008 VI B 78/07, BFHE 222, 54, BStBl II 2008, 878). Dies hätte hier einer besonderen, in der Beschwerdeschrift versäumten Begründung (vor allem auch einer eingehenden Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung und Literatur; s. z.B. BFH-Beschluss vom 10. Dezember 1998 VIII B 56/98, BFH/NV 1999, 804) deshalb bedurft, weil die Frage, unter welchen Voraussetzungen Darlehensforderungen zum Betriebsvermögen gehören, als grundsätzlich geklärt anzusehen ist. Eine Darlehensforderung kann dem betrieblichen Bereich zugeordnet werden, wenn die Darlehenshingabe objektiv geeignet und vom Betriebsinhaber erkennbar dazu bestimmt ist, den Betrieb zu fördern (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 31. Mai 2001 IV R 49/00, BFHE 195, 386, BStBl II 2001, 828; vom 10. November 1994 IV R 15/93, BFHE 176, 535, BStBl II 1995, 452; vom 30. Januar 1985 I R 39/82, BFH/NV 1986, 80, und vom 12. Januar 1984 IV R 89/81, nicht veröffentlicht).
2. Da die Rechtsfortbildungsrevision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO ein Spezialtatbestand der Grundsatzrevision ist (vgl. BFH-Beschluss vom 19. April 2007 III B 36/06, BFH/NV 2007, 1518), kommt diese aus den unter 1. dargelegten Gründen nicht in Betracht.
3. Es besteht auch nicht die Notwendigkeit einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO).
a) Der Kläger meint, das FG-Urteil weiche von den BFH-Entscheidungen vom 26. Februar 1965 VI 167/64 U (BFHE 82, 332, BStBl III 1965, 366) und vom 28. April 1970 VI R 183/67 (BFHE 99, 196, BStBl II 1970, 621) ab, wonach bei der Frage, ob ein Wirtschaftsgut gewillkürtes Betriebsvermögen sein könne, an das Bestehen eines objektiven Zusammenhangs zwischen dem Wirtschaftsgut und dem Betrieb keine übertriebenen Forderungen gestellt werden dürften. Mit seinen übertriebenen Anforderungen an den Begriff des Dienens verstoße das FG zugleich gegen den vom BFH aufgestellten Rechtssatz, dass der Vollkaufmann den Umfang seines Gewerbebetriebs grundsätzlich bestimmen und im Allgemeinen der Nutzung fähige Wirtschaftsgüter zum gewillkürten Betriebsvermögen machen könne, soweit er damit nicht den Charakter seiner Tätigkeit als Gewerbebetrieb verändere oder es sich um notwendiges Privatvermögen handele.
b) Bei dieser Rüge lässt der Kläger außer acht, dass der BFH in all seinen jüngeren Entscheidungen zur Frage, ob Wirtschaftsgüter, die weder notwendiges Betriebsvermögen noch notwendiges Privatvermögen sind, als sog. gewillkürtes Betriebsvermögen bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 und § 5 des Einkommensteuergesetzes berücksichtigt werden können, darauf abstellt, ob sie objektiv geeignet und vom Betriebsinhaber erkennbar dazu bestimmt sind, den Betrieb zu fördern (Urteil vom 23. September 2009 IV R 14/07, BFHE 226, 332, BStBl II 2010, 227, m.w.N. aus der Rechtsprechung). Darlehen oder stille Beteiligungen, die mit dem Betrieb des Steuerpflichtigen nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, können grundsätzlich nicht als gewillkürtes Betriebsvermögen und ihr Verlust nicht gewinnmindernd berücksichtigt werden (BFH-Urteil in BFHE 226, 332, BStBl II 2010, 227). Entsprechend diesen Vorgaben ging das FG davon aus, dass Darlehensforderungen dann zum Betriebsvermögen gehören, wenn die Hingabe des Darlehens betrieblich veranlasst ist, d.h. wenn die Gewährung des Darlehens auf einem Vorgang beruht, der in den betrieblichen Bereich fällt, wozu auch das Anbahnen von Geschäften gehört. Das FG hat in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung weiter darauf abgestellt, dass es für die Zugehörigkeit einer Darlehensforderung zum gewillkürten Betriebsvermögen erforderlich sei, dass die Darlehenshingabe objektiv geeignet und erkennbar dazu bestimmt sei, den Betrieb zu fördern. Bei branchenfremden Risikogeschäften sei der erforderliche betriebliche Förderzusammenhang besonders sorgfältig zu prüfen, da nicht lediglich ein privates Risiko in den betrieblichen Bereich verlagert werden dürfe. Je mehr es sich bei einem Geschäft um ein für den Steuerpflichtigen branchenfremdes Geschäft handele, desto größer sei in der Regel die Gefahr eines Verlustes und desto höher seien die Anforderungen an die Feststellung des objektiven Förderzusammenhangs (BFH-Urteil vom 19. Februar 1997 XI R 1/96, BFHE 182, 567, BStBl II 1997, 399). Wenn das FG dabei zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Darlehensgewährung objektiv nicht dazu geeignet gewesen sei, den Betrieb des Klägers zu fördern, weil dem Kläger bei Hingabe des nicht gesicherten Darlehens das hohe Ausfallrisiko habe bewusst sein müssen, die Gewinnung eines Handwerkers für den Bau eines Mietshauses regelmäßig dem privaten Bereich zuzuordnen sei und nicht mit der gewerblichen Tätigkeit zusammenhänge, sowie die bloße Aussicht, der Darlehensnehmer werde beim Kläger Maschinen bestellen, viel zu vage gewesen sei, so kann dahingestellt bleiben, ob diese Beurteilung zutreffend ist. Denn es liegt dann keine Abweichung vor, wenn das FG erkennbar von den Rechtsgrundsätzen der BFH-Rechtsprechung ausgeht, selbst wenn diese fehlerhaft auf die Besonderheiten des Streitfalles angewendet worden sein sollten. Nicht die Unrichtigkeit des angefochtenen FG-Urteils im Einzelfall, sondern nur die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen rechtfertigt die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 25. August 2010 X B 25/10, BFH/NV 2010, 2234).
4. Eine Zulassung der Revision ist entgegen der vom Kläger vertretenen Ansicht schließlich auch nicht wegen eines schwerwiegenden Rechtsfehlers, der geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen, zuzulassen. Das Vorliegen eines derart schwerwiegenden Fehlers nimmt der BFH in ständiger Rechtsprechung dann an, wenn die angefochtene FG-Entscheidung objektiv willkürlich erscheint oder auf sachfremden Erwägungen beruht und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 13. Oktober 2003 IV B 85/02, BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25). Ein Richterspruch ist allerdings nicht schon dann (objektiv) willkürlich, wenn er (offensichtlich) fehlerhaft ist (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 4. Februar 2003 VIII B 182/02, BFH/NV 2003, 1059). Es genügt auch nicht, dass das FG mit seiner Rechtsauffassung von der herrschenden Meinung abweicht. (Objektive) Willkür liegt vielmehr erst dann vor, wenn die Rechtslage in krasser Weise verkannt wird. Daran fehlt es, selbst wenn das FG --wie der Kläger meint-- übertriebene Anforderungen an den objektiven Förderzusammenhang erhoben haben sollte.
5. Die späteren Darlegungen im nachgereichten Schriftsatz vom 19. Oktober 2010 sind nicht zu berücksichtigen, da sich die Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde, insbesondere hinsichtlich der Anforderungen an ihre Begründung, nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nur nach den innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist (§ 116 Abs. 3 Sätze 1 und 4 FGO) vorgebrachten Ausführungen beurteilt.