Entscheidungsdatum: 13.03.2014
NV: Beantragt der Steuerpflichtige lediglich die Aufhebung des im Anschluss an eine Schätzung ergangenen Änderungsbescheids, bei dem das FA im Veranlagungsverfahren und zusätzlich verbösernd im Einspruchsverfahren in einer Reihe von Punkten von der eingereichten Steuererklärung abgewichen ist, ist der Gegenstand des Klagebegehrens jedenfalls dann nicht hinreichend bezeichnet, wenn der Kläger auch den Einspruch nicht begründet hat.
Die Beschwerde der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist --bei Zweifeln daran, ob Zulassungsgründe entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) schlüssig dargetan wurden-- jedenfalls unbegründet.
1. Zwar stellt es nach ständiger Rechtsprechung einen Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dar, wenn über eine in Wahrheit zulässige Klage nicht zur Sache, sondern durch Prozessurteil entschieden wird (vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17. November 2003 XI B 213/01, BFH/NV 2004, 514, m.w.N.). Im Streitfall hat das Finanzgericht (FG) die Klage mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, der Gegenstand des Klagebegehrens sei --trotz der dafür vom Gericht gesetzten Ausschlussfrist-- von den Klägern nicht hinreichend bezeichnet worden. Die Entscheidung des FG hält indes der rechtlichen Nachprüfung stand. Ein Verfahrensmangel liegt nicht vor. Die Kläger haben den Gegenstand des Klagebegehrens nicht ausreichend bezeichnet.
a) Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO muss die Klage u.a. den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Eine ausreichende Bezeichnung erfordert zumindest die substantiierte und schlüssige Darlegung, was der Kläger begehrt und worin er eine Rechtsverletzung sieht; dadurch soll das Gericht in die Lage versetzt werden, die Grenzen seiner Entscheidungsbefugnis zu bestimmen (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO). Entspricht die Klage diesen Anforderungen nicht, hat der Vorsitzende oder ein von ihm bestimmter Richter (Berichterstatter) den Kläger zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern (§ 65 Abs. 2 Satz 1 FGO). Dem Kläger kann für die Ergänzung eine Frist mit ausschließender Wirkung gesetzt werden, wenn es an einem der in § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO genannten Erfordernisse fehlt (§ 65 Abs. 2 Satz 2 FGO).
b) Wie weit ein Klagebegehren zu substantiieren ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere von dem Inhalt des angefochtenen Verwaltungsakts, der Steuerart und der Klageart. Entscheidend ist, ob das Gericht durch die Angaben des Klägers in die Lage versetzt wird, zu erkennen, worin die den Kläger treffende Rechtsverletzung nach dessen Ansicht liegt (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 17. Januar 2002 VI B 114/01, BFHE 198, 1, BStBl II 2002, 306).
c) Handelt es sich --wie im Streitfall-- um eine Anfechtungsklage gegen Steuerbescheide, ist der Gegenstand des Klagebegehrens nicht gleichzusetzen mit der bloßen Benennung der angegriffenen Verwaltungsentscheidungen und dem Begehren auf Aufhebung. Nach dem Ziel der Regelung, nämlich das Verfahren durch eine wirksame Durchsetzung der Verpflichtung zur Vervollständigung des Klageinhalts zu beschleunigen (BTDrucks 12/1061, S. 15), sind Angaben erforderlich, die es dem Gericht ermöglichen, die Grenzen seiner Entscheidungsbefugnis zu bestimmen und eine effektive und auf das erforderliche Maß beschränkte Sachaufklärung zu betreiben (Senatsbeschluss vom 18. November 2013 X B 130/13, BFH/NV 2014, 371, m.w.N.). Ermittlungen ins Blaue hinein muss es nicht anstellen.
d) Gemessen daran haben die Kläger den jeweiligen Gegenstand ihres Klagebegehrens in ihrer Klageschrift nicht hinreichend bezeichnet, so dass das FG ihnen zulässigerweise eine Ausschlussfrist i.S. des § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO gesetzt hat.
Die Klageschrift enthält lediglich den Antrag, die Bescheide für das Jahr 2009 über Einkommen- und Umsatzsteuer sowie über den Gewerbesteuermessbetrag in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben. Mit diesen Bescheiden hatte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die Einkommen- und Umsatzsteuer sowie den Gewerbesteuermessbetrag abweichend von den eingereichten Steuererklärungen festgesetzt und die verschiedenen Punkte dabei erläutert. Ihre Einsprüche begründeten die Kläger nicht. Das FA überprüfte die verschiedenen Abweichungen, hielt diese aber weiter für zutreffend und griff weitere Punkte auf. Nach Anhörung setzte das FA die Einkommen- und Umsatzsteuer sowie den Gewerbesteuermessbetrag entsprechend seiner Ankündigung herauf und wies die Einsprüche im Übrigen als unbegründet zurück.
Bei dieser Sachlage konnte das FG den Gegenstand des Klagebegehrens selbst unter Beiziehung der Veranlagungs- und Rechtsbehelfsakten nicht hinreichend sicher bestimmen. Daran ändert insbesondere auch der Umstand nichts, dass es sich bei den Bescheiden, deren Aufhebung die Kläger in ihrer Klageschrift beantragten, um Änderungsbescheide handelte. Da die Kläger zunächst keine Steuererklärungen abgegeben hatten, hatte das FA die Besteuerungsgrundlagen geschätzt. Die formal beantragte (ersatzlose) Aufhebung der Änderungsbescheide stand in Widerspruch zu den mittlerweile eingereichten Steuererklärungen. Da das FA diese zwar als Grundlage für die streitigen Steuerfestsetzungen herangezogen hatte, jedoch in verschiedenen Punkten von den Erklärungen --zunächst im Veranlagungs- und später ergänzend im Rechtsbehelfsverfahren-- abgewichen war, konnte das FG auch nicht erkennen, ob sich die Kläger im Klageverfahren nun gegen sämtliche Punkte oder aber nur gegen einzelne Abweichungen im Veranlagungs- und/oder Einspruchsverfahren wenden wollten. Aus der Zusammenschau von Klageantrag, Steuerbescheiden und Einspruchsentscheidung war das Klagebegehren im Streitfall gerade nicht hinreichend klar erkennbar.
Dass die Kläger eine "erklärungsgemäße Veranlagung" wünschten, sich mithin gegen sämtliche Abweichungen von ihren Steuererklärungen wenden wollten, haben sie in ihrer Klageschrift nicht zum Ausdruck gebracht. Dass das FG hiervon auch nicht unbesehen ausgehen durfte, zeigt die nach Ablauf der Ausschlussfrist eingereichte Klagebegründung. Aus dieser wird deutlich, dass die Kläger verschiedene Punkte --wie beispielsweise die Auflösung einer Ansparabschreibung, die teilweise Nichtanerkennung von Bewirtungskosten, die Nichtberücksichtigung von Gewerbesteuervorauszahlungen als Betriebsausgaben, die Erhöhung des Telefoneigenverbrauchs insgesamt sowie des Ansatzes der privaten Kfz-Nutzung dem Grunde nach-- anerkannten. Erst aus ihrem Schriftsatz vom 12. April 2013 war der Gegenstand ihres Klagebegehrens erkennbar. Im Zeitpunkt des Eingangs beim FG war die Ausschlussfrist jedoch bereits abgelaufen.
2. Aus denselben Gründen liegt eine Divergenz von dem in der Beschwerdebegründung herangezogenen Beschluss des BFH vom 28. Juni 2012 XI B 44/12 (BFH/NV 2012, 1811) nicht vor.