Bundesfinanzhof

Entscheidungsdatum: 28.06.2013


BFH 28.06.2013 - VIII B 173/12

Keine Klärungsfähigkeit einer unbestimmten abstrakten Frage in einem Revisionsverfahren - Anforderungen an die Rüge mangelhafter Sachaufklärung


Gericht:
Bundesfinanzhof
Spruchkörper:
8. Senat
Entscheidungsdatum:
28.06.2013
Aktenzeichen:
VIII B 173/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend Hessisches Finanzgericht, 19. September 2012, Az: 12 K 600/09, Urteil
Zitierte Gesetze

Leitsätze

1. NV: Die abstrakte Frage, inwiefern ein - die Veräußerung eines Sozietätsanteils betreffender - zivilrechtlicher "Vergleich mit Abgeltungsklausel Auswirkungen auf die Höhe des Kapitalkontos hat", ist in ihrer Unbestimmtheit in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig .

2. NV: Die Rüge mangelhafter Sachaufklärung muss regelmäßig noch in der mündlichen Verhandlung des erstinstanzlichen Verfahrens erhoben werden; sie muss zudem erkennen lassen, worauf sich die Sachaufklärung des FG hätte erstrecken sollen und welche Beweise es gegebenenfalls hätte erheben müssen .

Tatbestand

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I. In der Rechtssache geht es darum, wie hoch der Gewinn des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) aus der Veräußerung eines Anteils an einer Rechtsanwaltssozietät war. Ein mit dem Ausscheiden des Klägers aus der Sozietät zum … November 2005 zusammenhängender Rechtsstreit endete mit einem Vergleich, wonach die beiden anderen Sozien --die Beigeladenen im vorliegenden Verfahren-- dem Kläger … € zu zahlen hatten und damit sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus dem Sozietätsvertrag und dem Anteilskaufvertrag erledigt sein sollten.

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Auf Antrag der Beigeladenen änderte daraufhin der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) den zuvor ergangenen Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte der Sozietät für das Streitjahr (2005) nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung und minderte die anteiligen Einkünfte der Beigeladenen, während es den Gewinnanteil des Klägers höher feststellte und dabei neben laufenden Einkünften einen Veräußerungsgewinn in Höhe von … € ansetzte.

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Einspruch und Klage, mit denen der Kläger anstelle des Veräußerungsgewinnes die Feststellung eines Veräußerungsverlustes in Höhe von … € begehrte, hatten keinen Erfolg. Mit seiner Beschwerde macht der Kläger die Verletzung von materiellem Recht und von Verfahrensrecht geltend. In Ansehung des zivilrechtlichen Vergleichs hält er die Ermittlung des Veräußerungsergebnisses durch FA und Finanzgericht (FG) für unzutreffend.

Entscheidungsgründe

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II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Senat kann offenlassen, ob die Beschwerdebegründung zumindest hinsichtlich eines Teils der geltend gemachten Zulassungsgründe den Anforderungen an deren Darlegung gemäß § 115 Abs. 2 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht, denn insoweit ist die Beschwerde jedenfalls nicht begründet.

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1. Soweit der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und das Erfordernis der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) geltend macht, fehlt allerdings schon eine hinreichende Darlegung der Zulassungsgründe.

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Dazu hätte die Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert ausführen müssen, weshalb eine vom Kläger für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall auch klärungsfähig ist. Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, "inwiefern ein ... Vergleich mit Abgeltungsklausel Auswirkungen auf die Höhe des Kapitalkontos hat", lässt in ihrer Unbestimmtheit weder eine Klärungsbedürftigkeit im Allgemeininteresse erkennen noch wäre sie in dieser Unbestimmtheit im Revisionsverfahren klärungsfähig. Insoweit wäre eine Zulassung der Revision auch nicht geeignet, der Rechtsfortbildung zu dienen. Letzteres gilt auch, soweit der Kläger ohne jede Benennung einer anderen Rechtsfrage meint, die Revisionszulassung ermögliche es, den Begriff des Betriebsvermögens in §§ 16 Abs. 2, 18 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes "näher zu definieren".

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2. Soweit der Kläger Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des angefochtenen Urteils geltend macht, führen diese grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs vom 28. April 2003 VIII B 260/02, BFH/NV 2003, 1336; vom 23. Juni 2003 IX B 119/02, BFH/NV 2003, 1289; vom 27. März 2007 VIII B 152/05, BFH/NV 2007, 1335, m.w.N.). Das gilt im vorliegenden Fall im Besonderen hinsichtlich der vom FG in die Ermittlung des Veräußerungsgewinnes einbezogenen Einzelpositionen und die damit verbundenen Rechenschritte.

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3. Die Revision ist auch nicht zuzulassen wegen Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Rüge, das FG habe seiner Pflicht zur Erforschung des Sachverhalts (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) nicht genügt, greift nicht durch.

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Diese Rüge bezieht sich zum einen auf die in die Gewinnermittlung einbezogenen Positionen "Mitnahme zuvor eingebrachter Mandanten" und "Neubewertung von Bilanzpositionen", ohne zu berücksichtigen, dass die Neubewertung von Bilanzpositionen den Kläger nicht beschwert, sondern sich zu seinen Gunsten ausgewirkt hat. Es ist zudem nicht ersichtlich, dass sich dem FG ein Erfordernis weiterer Sachaufklärung zu diesen Positionen hätte aufdrängen müssen; das FA weist in seiner Erwiderung auf die Beschwerdebegründung zu Recht darauf hin, dass diese beiden Positionen dem Grunde nach im Sozietätsvertrag angelegt waren und der Kläger keine substantiierten Einwendungen gegen die insoweit vom Steuerberater der Sozietät angesetzten Werte erhoben hat.

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Selbst wenn man dem FG insoweit gleichwohl ein Versäumnis vorhalten wollte, kann sich der Kläger im Beschwerdeverfahren nicht mit Erfolg hierauf berufen, weil er in der mündlichen Verhandlung die Verletzung der Aufklärungspflicht nicht gerügt hat, obwohl er dort fachkundig vertreten war (vgl. Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 100, 101 und 103, m.w.N.). Das gilt in gleicher Weise hinsichtlich der behaupteten vollständigen Entrichtung des Kaufpreises für den ursprünglichen Erwerb des Sozietätsanteils.

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Überdies enthält die Beschwerdebegründung auch keine hinreichenden Ausführungen dazu, welche Erfolg versprechenden Möglichkeiten der Sachaufklärung dem FG in Bezug auf die zuvor genannten Positionen offengestanden hätten und welche Beweise es insbesondere zur Behauptung vollständiger Kaufpreisentrichtung (s.o.) hätte erheben müssen (vgl. dazu Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz 70).