Entscheidungsdatum: 05.02.2010
1 NV: Tatfragen und Rechtsfragen, über die in der Einspruchsentscheidung bereits entschieden wurde, sind regelmäßig nicht wegen eines Antrag auf Änderungsfestsetzung nach § 172 AO erneut zu prüfen.
2. NV: Neue materiell-rechtliche Gesichtspunkte, die erstmals nach Ergehen einer Einspruchsentscheidung in einem Änderungsverfahren vorgebracht werden, müssen nicht weiter geprüft werden, wenn der Steuerpflichtige keine hinreichenden sachlichen Anhaltspunkte für die Richtigkeit seiner Behauptungen liefert.
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--), verpflichtet ist, auf einen Antrag des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) hin den Gewinnfeststellungsbescheid für das Streitjahr (2000) in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Februar 2007 nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO) zu ändern.
Der andernorts wohnende Kläger betrieb im Streitjahr bis zur Einstellung seiner freiberuflichen Tätigkeit am 31. Dezember 2003 ein Konstruktionsbüro für Maschinenbau in gemieteten Räumen in X. Nach Durchführung einer Außenprüfung änderte das FA den zunächst erklärungsgemäß erteilten Gewinnfeststellungsbescheid für das Streitjahr nach § 164 Abs. 2 AO. Dabei rechnete das FA ein im Streitjahr veräußertes und zuvor zwangsverwaltetes Grundstück in Z (B-Str. 8), auf dem sich das Konstruktionsbüro früher befunden hatte, bis zur Veräußerung mit einem Anteil von 60 % dem Betriebsvermögen zu und erhöhte die Einkünfte aus der freiberuflichen Tätigkeit um den entsprechenden anteiligen Veräußerungsgewinn.
Der Einspruch des Klägers hatte insoweit keinen Erfolg, da der Kläger vor dem Streitjahr keine eindeutige Entnahmeerklärung bezüglich des Grundstücks in Z abgegeben hatte. Während der durch die Einspruchsentscheidung vom 22. Februar 2007 (Einspruchsentscheidung 1) in Lauf gesetzten Klagefrist stellte der Kläger einen Änderungsantrag nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO. Er begehrte erneut die vollständige Nichterfassung des Erlöses aus der Grundstücksveräußerung. Erstmals stellte er hilfsweise den Antrag, die Grundstücksveräußerung als nach §§ 16, 34 des Einkommensteuergesetzes steuerbegünstigte Teilbetriebsveräußerung zu behandeln.
Der gegen die Ablehnung dieses Antrags gerichtete Einspruch blieb erfolglos. Das FA verwies in der Einspruchsentscheidung vom 17. August 2007 (Einspruchsentscheidung 2) hinsichtlich des Hauptantrags auf die Einspruchsentscheidung 1. Dem Hilfsantrag habe nicht entsprochen werden können, da es sich im Streitfall nicht um eine Teilbetriebsveräußerung gehandelt habe, sondern um eine Betriebsverlegung.
Die daraufhin erhobene Klage blieb erfolglos. Die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils sind in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 1432 veröffentlicht.
Mit seiner Beschwerde rügt der Kläger die Verletzung von materiellem Recht und von Verfahrensrecht und macht sämtliche Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend.
Hinsichtlich des im erstinstanzlichen Verfahren verfolgten Hauptantrags hat der Kläger schon keine entscheidungserhebliche Rechtsfrage formuliert. Hiervon abgesehen entspricht es dem eindeutig erkennbaren Gesetzeszweck und ist deshalb nicht klärungsbedürftig, dass das Einspruchsverfahren eine grundsätzlich abschließende Prüfung im Verwaltungsverfahren bedeutet (vgl. § 348 Nr. 1 AO). Deshalb können Tat- und Rechtsfragen, über die in der Einspruchsentscheidung bereits entschieden worden ist, im Regelfall nicht in einem Änderungsverfahren nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO erneut geprüft werden.
Der Rechtsstreit ist auch hinsichtlich des erstmals im Antragsverfahren gestellten Hilfsantrags nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Die vom Kläger in den Mittelpunkt seiner Beschwerdebegründung gestellte Frage, ob § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO eine Ermessensnorm ist und wie gegebenenfalls diese Ermessensnorm anzuwenden ist, kann mangels Klärungsfähigkeit im Streitfall dahingestellt bleiben. Sie ist nicht entscheidungserheblich, weil weder die Feststellungen des Finanzgerichts noch das Vorbringen des Klägers hinreichende sachliche Anhaltspunkte für eine Teilbetriebsveräußerung im Streitjahr erkennen lassen.
2. Aus diesem Grund greifen auch die anderen geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 FGO (Rechtsfortbildung, Sicherung einheitlicher Rechtsprechung, Verfahrensmangel), zu deren Begründung sich der Kläger wiederum auf den nach seiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur noch nicht hinreichend geklärten Normcharakter des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO beruft, nicht durch.