Bundesfinanzhof

Entscheidungsdatum: 27.11.2014


BFH 27.11.2014 - VII R 40/12

(Teilweise inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 11.11.2014 VII R 44/11 - Steuerschuldnerschaft beim Verbringen von Tabakwaren des freien Verkehrs anderer Mitgliedstaaten in das Steuergebiet - Richtlinienkonforme Auslegung von § 19 Satz 2 TabStG 1993)


Gericht:
Bundesfinanzhof
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsdatum:
27.11.2014
Aktenzeichen:
VII R 40/12
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend FG Düsseldorf, 2. März 2012, Az: 4 K 4257/11 VTa,Z,EU, Urteil
Zitierte Gesetze
Art 9 Abs 1 EWGRL 12/92
Art 7 EWGRL 12/92

Tenor

Auf die Revision des Hauptzollamts wird das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 2. März 2012  4 K 4257/11 VTa,Z,EU insoweit aufgehoben, als es den Steuerbescheid vom 24. August 2011 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. November 2011 aufgehoben hat.

Insoweit wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

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I. Bei der Durchsuchung einer Halle nebst Büro und Diele stellten die mit der Maßnahme beauftragten Beamten des Polizeipräsidiums A eine größere Menge unversteuerter Zigaretten fest. Davon wiesen insgesamt 7.000 Zigaretten slowakische Steuerzeichen auf. In der Halle fanden die Beamten zudem einen PKW und ein Kraftrad, deren Halter der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war. Aufgrund des Ergebnisses der Durchsuchung setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt --HZA--) gegen den Kläger zunächst für sämtliche vorgefundenen Zigaretten Zoll, Tabaksteuer und Einfuhrumsatzsteuer fest. Im Einspruchsverfahren wurden die Abgabenschulden insoweit herabgesetzt, als Zoll und Einfuhrumsatzsteuer auch für die mit slowakischen Steuerzeichen versehenen Zigaretten festgesetzt worden waren. Bei diesen ging das HZA nunmehr davon aus, dass sie nicht aus einem Drittland, sondern aus dem steuerrechtlich freien Verkehr eines anderen Mitgliedstaats in das Steuergebiet verbracht worden waren. Die daraufhin erhobene Klage hatte nur teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, der Kläger habe die Halle zumindest mit anderen Personen genutzt, wodurch er die tatsächliche Sachherrschaft über die dort vorgefundenen Zigaretten gehabt habe. Dies sei offensichtlich auf Grund einer Gestattung der Verfügungsberechtigten erfolgt. Soweit der Kläger behaupte, keine Kenntnis von den Zigaretten gehabt und die Halle weder gemietet noch genutzt zu haben, könne dem nach der aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung des Gerichts nicht gefolgt werden. Hinsichtlich der Zigaretten, die nicht mit slowakischen Steuerzeichen versehen gewesen seien, sei der Kläger gemäß Art. 202 Abs. 3 Anstrich 3 des Zollkodex i.V.m. § 21 Satz 1 des Tabaksteuergesetzes (TabStG) und § 21 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes Zoll- und Steuerschuldner geworden. Hinsichtlich der Zigaretten mit slowakischen Steuerzeichen sei die Steuerschuld zwar nach § 19 Satz 1 TabStG entstanden, jedoch könne der Kläger deshalb nicht nach § 19 Satz 2 TabStG als Steuerschuldner in Anspruch genommen werden, weil er die Zigaretten erst nach der Beendigung des Vorgangs des Verbringens in Besitz genommen habe. Einer Inanspruchnahme des Klägers als Steuerschuldner stehe die entsprechende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) entgegen (BGH-Urteil vom 2. Februar 2010  1 StR 635/09, Neue Zeitschrift für Strafrecht --NStZ-- 2010, 644).

2

Mit seiner Revision macht das HZA geltend, das FG habe § 19 Satz 2 TabStG unzutreffend ausgelegt. Entgegen der Auffassung des FG könne auch derjenige Schuldner der Tabaksteuer sein, der die aus dem steuerrechtlich freien Verkehr eines anderen Mitgliedstaats in das Steuergebiet geschmuggelten unversteuerten Zigaretten erst nach der Beendigung des Verbringungs- oder Versendungsvorgangs in Besitz genommen habe. Der Rechtsprechung des BGH, der das einschlägige Unionsrecht unzutreffend ausgelegt habe, sei nicht zu folgen.

3

Das HZA stellt den Antrag, das erstinstanzliche Urteil insoweit aufzuheben, als es den Steuerbescheid in der Gestalt der Einspruchsentscheidung aufgehoben hat, und die Klage insoweit abzuweisen.

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Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision. Er schließt sich der Auffassung des FG und des BGH an.

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Der erkennende Senat hat in dem gleichgelagerten Verfahren VII R 44/11 das Revisionsverfahren in analoger Anwendung des § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 92/12/EWG (RL 92/12/EWG) des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 76/1) unbeschadet seines systematischen Zusammenhangs mit Art. 7 Abs. 3 der RL 92/12/EWG einer gesetzlichen Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach der eine Person, die in einem anderen Mitgliedstaat in den steuerrechtlich freien Verkehr übergeführte verbrauchsteuerpflichtige Waren zu gewerblichen Zwecken in Besitz hält, nicht Steuerschuldner wird, wenn sie die Waren erst nach Beendigung des Vorgangs des Verbringens von einer anderen Person erworben hat (BFHE 240, 458, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2013, 138).

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Auf diese Frage hat der EuGH mit Urteil vom 3. Juli 2014 C-165/13 (ZfZ 2014, 253) Folgendes geantwortet:

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"Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 92/12/EWG ... in Verbindung mit Art. 7 der Richtlinie 92/12/EWG ist dahin auszulegen, dass diese Vorschrift es einem Mitgliedstaat erlaubt, eine Person, die unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens im Steuergebiet dieses Staates zu gewerblichen Zwecken verbrauchsteuerpflichtige Waren in Besitz hält, die in einem anderen Mitgliedstaat in den steuerrechtlich freien Verkehr übergeführt worden sind, als Schuldner der Verbrauchsteuer zu bestimmen, selbst wenn diese Person nicht die erste Besitzerin der Waren im Bestimmungsland gewesen ist."

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit das FG die Unrechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen hinsichtlich der mit slowakischen Steuerzeichen versehenen Zigaretten angenommen hat. Hinsichtlich dieser Zigaretten ist der Kläger durch Inbesitznahme der entgegen § 12 Abs. 1 TabStG aus dem freien Verkehr eines anderen Mitgliedstaats in das Steuergebiet verbrachten Zigaretten nach § 19 Satz 2 TabStG Schuldner der Tabaksteuer geworden.

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1. Werden Tabakwaren unzulässigerweise entgegen § 12 Abs. 1 TabStG aus dem freien Verkehr anderer Mitgliedstaaten zu gewerblichen Zwecken in das Steuergebiet verbracht oder versandt, entsteht die Steuer mit dem Verbringen oder Versenden in das Steuergebiet (§ 19 Satz 1 TabStG). Steuerschuldner ist, wer verbringt oder versendet, und der Empfänger, sobald er Besitz an den Tabakwaren erlangt hat (§ 19 Satz 2 TabStG). Nach den Feststellungen des FG, gegen die die Revision keine Verfahrensrügen erhoben hat und die daher für den erkennenden Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindend sind, sind die vom Kläger bezogenen Zigaretten außerhalb eines Steueraussetzungsverfahrens aus einem anderen Mitgliedstaat in das Steuergebiet verbracht worden. Zudem waren im Zeitpunkt des Überschreitens der Grenze an den Kleinverkaufspackungen keine deutschen Steuerzeichen angebracht, wie dies nach § 12 Abs. 1 TabStG erforderlich gewesen wäre. Außer Frage steht, dass die Zigaretten nicht dem ausschließlich privaten Konsum der an ihrem Verbringen Beteiligten dienen sollten. Vielmehr waren sie für den Weiterverkauf im Steuergebiet bestimmt. Für die zu gewerblichen Zwecken aus dem freien Verkehr eines anderen Mitgliedstaats in das Steuergebiet verbrachten Zigaretten ist somit gemäß § 19 Satz 1 TabStG im Zeitpunkt ihres Grenzübertritts die Tabaksteuer entstanden.

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2. Entgegen der Auffassung des FG ist der Kläger --neben den am eigentlichen Vorgang des Verbringens beteiligten Personen-- nach § 19 Satz 2 TabStG Schuldner der im Steuergebiet entstandenen Tabaksteuer geworden, denn er ist als Empfänger der Zigaretten anzusehen, an denen er im Steuergebiet Besitz erlangt hat.

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a) Eine Definition des Empfängerbegriffs ist den tabaksteuerrechtlichen Vorschriften nicht zu entnehmen. In seiner Entscheidung in NStZ 2010, 644 hat der BGH den Begriff des Empfängers dahingehend ausgelegt, dass eine Person nicht Empfänger sein kann, die den Besitz an den Tabakwaren erst erlangt hat, wenn der Verbringungs- bzw. Versendungsvorgang durch das "zur Ruhe kommen" der Zigaretten bereits beendet ist.

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Nach Auffassung des erkennenden Senats ist der Begriff des Empfängers in einem weiteren Wortverständnis dahin zu deuten, dass Empfänger auch derjenige sein kann, der in das Steuergebiet geschmuggelte Tabakwaren, die nach der Beendigung des Vorgangs des Verbringens bzw. Versendens nach Deutschland in hierfür bestimmten Verstecken gelagert worden sind, vom eigentlichen Verbringer oder Versender übernimmt, d.h. von diesem in Empfang nimmt, um sie im Steuergebiet an andere Personen zu veräußern. Denn als Empfänger kann nach allgemeinem Sprachgebrauch jede Person verstanden werden, an die etwas Bestimmtes (Warensendung, Nachrichten, Signale etc.) gerichtet ist bzw. der etwas Bestimmtes übermittelt wird. Nach dem Verständnis des BGH wäre selbst der Adressat einer Postsendung nicht als Empfänger anzusehen, dem aus einem im Steuergebiet angelegten Lager unversteuerte Zigaretten zum Weiterverkauf oder zur Verteilung an Zwischenhändler geliefert werden. Für eine solche einschränkende Deutung lässt sich dem Begriff des Empfängers nichts entnehmen. Zudem ist bei der Auslegung des in § 19 Satz 2 TabStG verwendeten Empfängerbegriffs zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit den in § 19 TabStG getroffenen Regelungen die Umsetzung der einschlägigen Richtlinienbestimmungen --insbesondere der Art. 7 und Art. 9 Abs. 1 RL 92/12/EWG-- beabsichtigte, so dass eine richtlinienkonforme Auslegung der Vorschrift geboten ist. Dem kann nicht --wie in der Literatur vertreten wird (Allgayer/Sackreuther, Neue Zeitschrift für Wirtschafts-, Steuer- und Unternehmensstrafrecht 2014, 235)--  entgegengehalten werden, § 19 TabStG sei nach seinem vermeintlich eindeutigen Wortlaut und der Systematik einer solchen richtlinienkonformen Auslegung nicht zugänglich. Wie bereits dargelegt, lässt sich der Begriff des Empfängers unterschiedlich deuten. Lässt der Gesetzestext mehrere Auslegungsmöglichkeiten zu und ist nur eine mit dem Unionsrecht vereinbar, so ist derjenigen Auslegung der Vorzug zu geben, nach der die Norm nicht als unionsrechtswidrig einzustufen ist (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 15. Februar 2012 XI R 24/09, BFHE 236, 267, BStBl II 2013, 712; vom 8. September 2010 XI R 40/08, BFHE 231, 343, BStBl II 2011, 661, und vom 29. Juni 2011 XI R 15/10, BFHE 233, 470, BStBl II 2011, 839). Dabei ist eine richtlinienkonforme Auslegung auch zulasten des Steuerpflichtigen möglich (EuGH-Urteil vom 5. Juli 2007 C-321/05 -Kofoed- Slg. 2007, I-5795, m.w.N.; Englisch in Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl., § 4 Rz 31).

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b) In seiner Entscheidung hat der EuGH ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auf den vom BFH dargestellten Streitfall Art. 7 RL 92/12/EWG Anwendung findet und dass nach Art. 7 Abs. 3 RL 92/12/EWG die Verbrauchsteuer in dem Mitgliedstaat, in dem sich die betreffenden Waren befinden u.a. von der Person oder dem Wirtschaftbeteiligten geschuldet werden, bei der oder bei dem sie bereitgestellt werden, so dass jeder Besitzer der Waren Schuldner der Verbrauchsteuer ist. Daraus folgt, dass nach den unionsrechtlichen Vorgaben von einer Steuerschuldnerschaft des in diesem Verfahren in Anspruch genommenen Beteiligten auszugehen ist, denn bei ihm sind nach Auffassung des EuGH die Zigaretten nach Art. 7 Abs. 2 RL 92/12/EWG mit der Folge bereitgestellt worden, dass er an ihnen zu gewerblichen Zwecken Besitz erlangt hat. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die Zigaretten nach Art. 9 Abs. 1 Satz 1 RL 92/12/EWG zu gewerblichen Zwecken in Besitz gehalten werden.

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c) Für den Fall, dass unversteuerte verbrauchsteuerpflichtige Waren außerhalb eines Verfahrens der Steueraussetzung vorgefunden werden, hat der EuGH entschieden, dass der Besitz der betreffenden Ware eine Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr i.S. des Art. 6 Abs. 1 RL 92/12/EWG darstellt (EuGH-Urteil vom 5. April 2001 C-325/99, Slg. 2001, I-2729). Nach Auffassung des EuGH ist diese Vorschrift dahin auszulegen, dass der bloße Besitz einer verbrauchsteuerpflichtigen Ware die Steuerschuldnerschaft begründet, wenn feststeht, dass die Ware noch nicht nach den geltenden gemeinschaftsrechtlichen und nationalen Vorschriften versteuert worden ist. Dieser Rechtsgedanke lässt sich auf Art. 7 und Art. 9 Abs. 1 RL 92/12/EWG übertragen. Die Mitgliedstaaten haben dafür Sorge zu tragen, dass eine in ihrem Steuergebiet vorgefundene und aus einem anderen Mitgliedstaat stammende verbrauchsteuerpflichtige Ware, für die die Steuer zwar entstanden, jedoch noch nicht entrichtet worden ist, nicht unversteuert bleibt. Wie der Senat bereits entschieden hat, geht es dem Unionsrecht bei der Bestimmung des (verbrauchsteuerrechtlichen) Abgabenschuldners darum, denjenigen in Anspruch nehmen zu können, in dessen unmittelbarer Obhut eine Ware sich befindet und der deshalb anhand objektiver Umstände relativ leicht ausgemacht und zur steuerrechtlichen Verantwortung gezogen werden kann (BFH-Urteil vom 10. Oktober 2007 VII R 49/06, BFHE 218, 469, ZfZ 2008, 85).

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d) In Bezug auf Art. 7 und Art. 9 RL 92/12/EWG hat der EuGH geurteilt, dass eine Auslegung der unionsrechtlichen Bestimmungen, mit der die Eigenschaft als Schuldner der Verbrauchsteuer auf den ersten Besitzer der Waren begrenzt würde, im Widerspruch zum Zweck der RL 92/12/EWG stünde, denn sie würde die Erhebung der mit dem Überschreiten einer Grenze der Union verbundenen Verbrauchsteuern unsicherer machen. Diese Argumentation ist auf die Auslegung des § 19 Satz 2 TabStG übertragbar. Aus den Ausführungen des EuGH lässt sich schließen, dass die Mitgliedstaaten keine nationale Regelung treffen dürfen, die es ausschließt, Personen als Schuldner der Verbrauchsteuer in Anspruch zu nehmen, die nicht die ersten Besitzer der Waren im Bestimmungsland gewesen sind (im Ergebnis so auch Rüsken in ZfZ 2014, 255, nach dem das EuGH-Urteil so zu verstehen sei, dass es das Unionsrecht gebiete, auch einen Zwischenhändler als Steuerschuldner anzusehen). Zwar ist der vom EuGH gebildete Leitsatz in Bezug auf die Steuerschuldnerschaft von Personen, die nicht die ersten Besitzer der in das Bestimmungsland verbrachten Waren sind, offener formuliert als die entsprechenden Ausführungen in der Begründung des Urteils, doch entnimmt der erkennende Senat der Begründung eine hinreichende Antwort auf die Vorlagefrage in dem Sinne, dass eine richtlinienkonforme Auslegung des § 19 Satz 2 TabStG geboten ist. Damit ist die Entscheidung des BGH in NStZ 2010, 644 zumindest aus verbrauchsteuerrechtlicher Sicht als überholt anzusehen. Anlass zur Anrufung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes besteht nicht.

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Empfänger i.S. des § 19 Satz 2 TabStG kann demnach --wie im Streitfall-- auch eine Person sein, die erst nach der Beendigung des Vorgangs des Verbringens aus einem anderen Mitgliedstaat im Steuergebiet Besitz an nicht mit deutschen Steuerzeichen versehenen Zigaretten erlangt hat. Da sich dieses Auslegungsergebnis lediglich auf die tabaksteuerrechtlichen Folgen der vom Kläger vorgenommenen Handlungen bezieht, ist mit einer solchen Deutung keine Entscheidung darüber getroffen, ob § 19 TabStG im Hinblick auf eine mögliche Strafbarkeit aus § 370 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) bzw. § 374 AO aus strafrechtlicher Sicht den Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 des Grundgesetzes genügt.

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3. Da der Kläger durch die Übernahme der unversteuerten Zigaretten im Steuergebiet Besitz an ihnen erlangt hat, ist er als Empfänger der Zigaretten anzusehen. Infolgedessen ist er hinsichtlich der mit slowakischen Steuerzeichen versehenen Zigaretten gemäß § 19 Satz 2 TabStG Schuldner der zuvor entstandenen Tabaksteuer geworden. Das HZA hat ihn somit zu Recht als Steuerschuldner in Anspruch genommen, so dass das erstinstanzliche Urteil insoweit keinen Bestand haben kann.

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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.