Entscheidungsdatum: 27.02.2019
1. Keine Erstattung einer Branntweinsteuer aus sachlichen Billigkeitsgründen, die nach § 153 Abs. 3 BranntwMonG deshalb entstanden ist, weil der Inhaber einer allgemeinen Verwendungserlaubnis vergällten Branntwein an andere Erlaubnisinhaber abgegeben hat .
2. Die allgemeine Verwendungserlaubnis nach § 44 BrStV umfasst nicht die Abgabe vergällten Branntweins an Dritte. Bei einer unerlaubten Abgabe liegt nicht lediglich ein Verstoß gegen Formvorschriften vor .
3. § 227 AO ermächtigt nicht zu einer Korrektur des Gesetzes .
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 8. September 2017 4 K 1590/17 VBr wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) verwendete auf ihrem Betriebsgelände mit 1 % Methylethylketon (MEK) vergällten Branntwein zu Untersuchungs- und Reinigungszwecken im Rahmen einer allgemeinen Verwendungserlaubnis nach § 44 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a der Branntweinsteuerverordnung (BrStV). Sie gab an die auf ihrem Betriebsgelände ansässigen Firmen A-GmbH und B-GmbH im Jahr 2012 insgesamt 5 104 l vergällten Branntwein mit 5 047,9 l Ethanol und im Jahr 2013 weiteren vergällten Branntwein mit insgesamt 7 447,5 l Ethanol ab. Diese Firmen verwendeten in ihren Laboren ebenfalls vergällten Branntwein zu Untersuchungs- und Reinigungszwecken im Rahmen ihrer allgemeinen Verwendungserlaubnis nach § 44 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BrStV.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZA--) setzte gegen die Klägerin mit Bescheid vom 17. Dezember 2013 Branntweinsteuer in Höhe von 65.774,14 € für 2012 und mit Bescheid vom 9. Dezember 2014 Branntweinsteuer in Höhe von 97.040,93 € für 2013 fest. Die Klägerin habe keine Erlaubnis gehabt, an die A-GmbH und die B-GmbH vergällten Branntwein abzugeben. Daher sei die Branntweinsteuer nach § 153 Abs. 3 des Gesetzes über das Branntweinmonopol (Branntweinmonopolgesetz --BranntwMonG--) entstanden. Die Klägerin zahlte die Branntweinsteuer.
Hiergegen eingelegte Einsprüche und die nachfolgende Klage blieben erfolglos. Die Klägerin legte keine Nichtzulassungsbeschwerde ein.
Am 15. und 19. Dezember 2014 beantragte die Klägerin die Erstattung der Branntweinsteuer aus sachlichen Billigkeitsgründen.
Der gegen die Ablehnung der Erstattung eingelegte Einspruch blieb erfolglos. In der Einspruchsentscheidung führte das HZA aus, § 153 Abs. 3 BranntwMonG i.V.m. § 44 BrStV sei eine Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie 92/83/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Alkohol und alkoholische Getränke --RL 92/83/EWG-- (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1992, Nr. L 316/21) entsprechende Vorschrift zur Sicherung der korrekten und einfachen Anwendung der Steuerbefreiungen. Insoweit sei es unerheblich, ob der Branntwein letztlich zur Herstellung von Erzeugnissen verwendet worden sei, weil die hier zu berücksichtigende Steuerentstehung durch die regelmäßige Abgabe des an sich steuerfreien Branntweins bewirkt worden sei. Für diesen Fall habe der Gesetzgeber eine Besteuerung bewusst angenommen, so dass eine Billigkeitsmaßnahme ausscheide. Der Streitfall sei auch nicht mit dem des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) Polikim-SS vom 2. Juni 2016 C-355/14 (EU:C:2016:403, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2016, 196) vergleichbar, weil es hier um die Verwendung im Rahmen einer allgemeinen Verwendungserlaubnis gehe, während es in dem vom EuGH entschiedenen Fall um die Nutzung einer ausdrücklich erteilten Lagererlaubnis gegangen sei. Hätte die Klägerin darüber verfügt, wäre es nicht zu der streitbefangenen Steuer gekommen. Eine Unbilligkeit auf Grund einer sachwidrigen Härte scheide ebenfalls aus, da die Steuerentstehung dem Gesetz entspreche und keine persönliche Unbilligkeit darstelle. Schließlich seien die Endverwender, die A-GmbH und die B-GmbH, ehemalige Betriebsteile der Klägerin, die sie ausgegliedert habe. Dies und das damit verbundene Entstehen der streitbefangenen Steuerschuld sei auf eine bewusste Unternehmensentscheidung der Klägerin zurückzuführen.
Die Klage war erfolglos. Das Urteil ist in ZfZ 2018, Beilage 4, 24 abgedruckt.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision.
Eine Billigkeitsmaßnahme komme nach Tz. 7.1.1. der Dienstvorschrift zur Anwendung der Abgabenordnung im Bereich der Zollverwaltung (AO-DV Zoll) zu § 227 der Abgabenordnung (AO) in Betracht, weil es sich um ein entschuldbares und lediglich abgabenrechtlich nachteiliges Verhalten gehandelt habe. Die Abgabe des Branntweins durch eine nach § 44 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BrStV legitimierte Gesellschaft an eine andere nach § 44 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BrStV legitimierte Gesellschaft sei bloß ein versehentlicher Formverstoß. Eine Steuerentstehung sei vom Gesetzgeber nicht gewollt.
Das Urteil verstoße gegen den Grundsatz der unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeit, weil das Finanzgericht (FG) das EuGH-Urteil Polikim-SS (EU:C:2016:403, ZfZ 2016, 196) nicht angewendet habe. Danach sei die Versagung einer Steuerbefreiung in den Fällen unverhältnismäßig, in denen der tatsächliche Empfänger verbrauchsteuerpflichtiger Waren über eine materielle Bezugsberechtigung verfüge, die Waren vom Empfänger zu Zwecken verwendet worden seien, für die nach den unionsrechtlichen Vorschriften eine Steuerbefreiung zu gewähren ist, und keine Anhaltspunkte für betrügerisches oder missbräuchliches Verhalten erkennbar seien. Das EuGH-Urteil sei auf alle Fälle anzuwenden, in denen zwar gegen Formvorschriften verstoßen worden sei, eine Gefährdung der Steueraufsicht aber letztlich nicht vorliege und die materiellen Voraussetzungen für Steuervergünstigungen erfüllt seien. Die Klägerin verweist in diesem Zusammenhang auf die EUGH-Urteile ROZ-SWIT vom 2. Juni 2016 C-418/14 (EU:C:2016:400, ZfZ 2017, 73) und Vakaru Baltijos laivu statykla vom 13. Juli 2017 C-151/16 (EU:C:2017:537, ZfZ 2017, 332).
Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung sowie den ablehnenden Bescheid vom 25. August 2016 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 22. Mai 2017 aufzuheben und das HZA zu verpflichten, dem Erstattungsantrag in vollem Umfang zu entsprechen.
Das HZA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Vorentscheidung entspricht Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO).
Das FG hat zu Recht entschieden, dass sich die Entstehung der Branntweinsteuer durch Abgabe des vergällten Branntweins an die A-GmbH und die B-GmbH nicht als sachlich unbillig erweist und eine Erstattung daher nicht zwingend geboten ist.
1. Die Entscheidung über die Erstattung bzw. den Erlass nach § 227 AO ist eine Ermessensentscheidung der Behörde (§ 5 AO). Diese kann im finanzgerichtlichen Verfahren nach § 102 Satz 1 FGO nur daraufhin überprüft werden, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 31. Mai 2017 I R 92/15, BFHE 259, 387, BStBl II 2019, 14). Stellt das Gericht eine Ermessensüberschreitung oder einen Ermessenfehler fest, ist es grundsätzlich auf die Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen beschränkt. Nur wenn der Ermessensspielraum im konkreten Fall derart eingeengt ist, dass nur eine einzige Entscheidung als ermessensgerecht in Betracht kommt, d.h. im Fall einer Ermessensreduzierung auf Null, ist es befugt, seine Entscheidung an die Stelle der Ermessensentscheidung der Verwaltungsbehörde zu setzen und eine Verpflichtung zum Erlass bzw. zur Erstattung auszusprechen (Senatsurteil vom 17. Dezember 2013 VII R 8/12, BFHE 244, 184).
2. Nach § 227 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.
Die Unbilligkeit kann in der Sache liegen oder ihren Grund in der wirtschaftlichen Situation des Steuerpflichtigen haben. In der wirtschaftlichen Situation liegende persönliche Billigkeitsgründe sind im Streitfall weder geltend gemacht worden noch ersichtlich, so dass allein sachliche Unbilligkeit in Betracht kommt.
Wie der Große Senat des BFH in seinem Beschluss vom 28. November 2016 GrS 1/15 (BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393) zum sog. Sanierungserlass betont hat, handelt es sich bei dem Begriff der Unbilligkeit i.S. von § 227 AO und § 163 AO um einen gerichtlich überprüfbaren Rechtsbegriff und um die gesetzliche Voraussetzung einer behördlichen Ermessensentscheidung.
Sachlich unbillig ist die Festsetzung einer Steuer, wenn sie zwar äußerlich dem Gesetz entspricht, aber den Wertungen des Gesetzgebers im konkreten Fall derart zuwiderläuft, dass die Erhebung der Steuer unbillig erscheint. Das ist der Fall, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass er die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage --wenn er sie als regelungsbedürftig erkannt hätte-- im Sinne der begehrten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte (BFH-Urteil vom 20. September 2012 IV R 29/10, BFHE 238, 518, BStBl II 2013, 505, m.w.N.). Dies wiederum kann seinen Grund entweder in Gerechtigkeitsgesichtspunkten oder in einem Widerspruch zu dem der gesetzlichen Regelung zu Grunde liegenden Zweck haben (BFH-Urteil vom 21. Januar 2015 X R 40/12, BFHE 248, 485, BStBl II 2016, 117, Rz 24). Allerdings dürfen Billigkeitsmaßnahmen nicht die einem gesetzlichen Steuertatbestand innewohnende Wertung des Gesetzgebers generell durchbrechen oder korrigieren, sondern nur einem --sich lediglich in einem Einzelfall zeigenden-- ungewollten Überhang des gesetzlichen Steuertatbestands abhelfen (Senatsurteil in BFHE 244, 184). Bei der Billigkeitsprüfung müssen solche Umstände außer Betracht bleiben, die der gesetzliche Tatbestand typischerweise mit sich bringt (BFH-Urteil vom 21. Juli 1993 X R 104/91, BFH/NV 1994, 597). Eine für den Steuerpflichtigen ungünstige Rechtsfolge, die der Gesetzgeber bewusst angeordnet oder in Kauf genommen hat, rechtfertigt in der Regel keine Billigkeitsmaßnahme (BFH-Urteile vom 7. Oktober 2010 V R 17/09, BFH/NV 2011, 865, und vom 4. Februar 2010 II R 25/08, BFHE 228, 130, BStBl II 2010, 663, jeweils m.w.N.); insbesondere kann § 227 AO nicht als Rechtsgrundlage für eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Befreiungsvorschrift dienen (BFH-Urteil vom 10. Mai 1972 II 57/64, BFHE 105, 458, BStBl II 1972, 649).
Die Billigkeitsprüfung darf sich je nach Fallgestaltung nicht nur auf allgemeine Rechtsgrundsätze und verfassungsmäßige Wertungen beschränken; sie verlangt vielmehr eine Gesamtbeurteilung aller Normen, die für die Verwirklichung des in Frage stehenden Steueranspruchs im konkreten Fall maßgeblich sind (BFH-Urteil vom 26. Oktober 1994 X R 104/92, BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297, m.w.N.). Eine sachliche Billigkeitsmaßnahme stellt immer auf den Einzelfall ab und ist atypischen Ausnahmefällen vorbehalten (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393, Rz 112).
3. Unter Beachtung dieser Grundsätze hat das FG die vom HZA getroffene Ermessensentscheidung zu Recht nicht beanstandet. Die von der Klägerin behauptete sachliche Unbilligkeit der Branntweinsteuerentstehung liegt nicht vor.
a) Die begehrte Erstattung der Branntweinsteuer nach § 227 AO scheidet schon deshalb aus, weil diese Vorschrift --wie ausgeführt-- atypische Einzelfälle erfassen soll, nicht aber Fälle der Steuerentstehung, die der gesetzliche Tatbestand typischerweise mit sich bringt.
Vorliegend handelt es sich nicht um einen atypischen Sonderfall, sondern um den vom Gesetzgeber ausdrücklich geregelten Fall einer Verwendung außerhalb der begünstigten Zwecke durch Abgabe an Dritte. Nach § 153 Abs. 3 Satz 1 BranntwMonG entsteht die Branntweinsteuer, wenn die Erzeugnisse entgegen der in der Erlaubnis vorgesehenen Zweckbestimmung verwendet werden. Steuerschuldner ist der Verwender. Die allgemeine Verwendungserlaubnis nach § 44 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BrStV umfasst nicht die Abgabe an Dritte.
b) Soweit sich die Klägerin auf Tz. 7.1.1. AO-DV Zoll zu § 227 AO beruft, handelt es sich um eine norminterpretierende (das Merkmal sachlicher Unbilligkeit konkretisierende) Verwaltungsvorschrift, welche die gleichmäßige Auslegung und Anwendung des Rechts sichern soll. Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften haben nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung keine Bindungswirkung im gerichtlichen Verfahren. Sie stehen unter dem Vorbehalt einer abweichenden Auslegung der Norm durch die Rechtsprechung. Dieser allein obliegt es zu entscheiden, ob die Auslegung der Rechtsnorm durch die Finanzverwaltung im Einzelfall Bestand hat (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393, Rz 107). Deshalb lässt sich ein Anspruch auch nicht mit einer durch Verwaltungsvorschrift geschaffenen Selbstbindung der Finanzverwaltung und einem darauf gestützten Anspruch des Steuerpflichtigen auf Gleichbehandlung begründen (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393, Rz 108).
Ungeachtet der Frage, ob eine versehentliche Verletzung von Verfahrensvorschriften zu einer sachlichen Unbilligkeit führen kann (Tz. 7.1.1. AO-DV Zoll zu § 227 AO), handelt es sich im Streitfall nicht lediglich um einen Verstoß gegen Verfahrensvorschriften.
Im Rahmen der allgemeinen Verwendungserlaubnis nach § 44 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BrStV war es der Klägerin lediglich erlaubt, den vergällten Branntwein auf ihrem Betriebsgelände zu lagern und ihn zu den in § 152 Abs. 1 Nr. 4 BranntwMonG genannten Zwecken steuerfrei zu verwenden. Nicht von der Erlaubnis erfasst war die Abgabe vergällter Erzeugnisse an andere Verwender. Im Gegensatz zum Energiesteuerrecht sieht das Branntweinsteuerrecht Verteilerverkehre und die damit verbundene Zulassung von Verteilern nicht vor; im Rahmen der Anpassung der branntweinsteuerrechtlichen Regelungen an das harmonisierte Verbrauchsteuerrecht wurden die in § 99a BranntwMonG vorgesehenen Verteilerlager mit Wirkung zum 1. Januar 1993 abgeschafft (BTDrucks 12/3432, S. 79). Eine Abgabe von Branntwein und branntweinhaltigen Erzeugnissen zur steuerfreien Verwendung ist demnach nur durch Steuerlager möglich (Bongartz/ Schröer-Schallenberg, Verbrauchsteuerrecht, 2. Aufl., Rz G 149). Nur in Ausnahmefällen kann das zuständige Hauptzollamt einem Verwender, der über kein Steuerlager verfügt, nach § 49 BrStV auf Antrag die Abgabe von steuerbefreiten Erzeugnissen an Steuerlagerinhaber oder andere Verwender gestatten. Mit der regelmäßigen Belieferung von zwei Unternehmen über einen Zeitraum von zwei Jahren hat die Klägerin einen den dargestellten Grundwertungen zuwiderlaufenden Handel mit vergälltem Branntwein aufgenommen und nicht lediglich formelle Anforderungen an eine nach dem Unionsrecht zwingend zu gewährende Steuerbefreiung unbeachtet gelassen.
c) Soweit sich die Klägerin auf eine vermeintliche Gesetzeslücke beruft, weil die Erfassung der Abgabe an einen ebenfalls über eine Verwendungserlaubnis verfügenden Empfänger durch § 153 Abs. 3 BranntwMonG begünstigende Rahmenregelungen erfordere, bezieht sich dieses Vorbringen nicht auf einen --sich lediglich in Einzelfällen zeigenden-- ungewollten Überhang des gesetzlichen Steuertatbestandes. Wenn eine solche Gesetzeslücke vorliegen sollte --wogegen die Ausnahmeregelung in § 49 BrStV spricht--, ist es nicht Aufgabe des Billigkeitsverfahrens --und damit der Verwaltung--, einen Ausgleich zu schaffen. Denn mit Billigkeitsmaßnahmen darf die Geltung des Gesetzes nicht unterlaufen werden (Senatsurteil in BFHE 244, 184).
4. Auch der Einwand der Klägerin, durch die Steuerentstehung werde der unionsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt, kann keine sachliche Unbilligkeit begründen.
a) Die Frage nach der materiell-rechtlichen Richtigkeit der Steuerfestsetzung ist grundsätzlich nicht im Billigkeitsverfahren zu klären.
Zwar müssen die Mitgliedstaaten bei der Ausübung ihrer Befugnisse die allgemeinen Rechtsgrundsätze beachten, die Bestandteil der Rechtsordnung der Union sind und zu denen insbesondere die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit zählen (EuGH-Urteil Mecsek-Gabona vom 6. September 2012 C-273/11, EU:C:2012:547, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2012, 1121). Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dürfen Maßnahmen, welche die Mitgliedstaaten erlassen, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu verhindern, nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist (vgl. EuGH-Urteil Gabalfrisa u.a. vom 21. März 2000 C-110/98 bis C-147/98, EU:C:2000:145, Rz 52, HFR 2000, 456; EuGH-Beschluss Transport Service vom 3. März 2004 C-395/02, EU:C:2004:118, Rz 29, HFR 2005, 370, und EuGH-Urteil Collee vom 27. September 2007 C-146/05, EU:C:2007:549, BStBl II 2009, 78).
Jedoch ist bei Einwänden, die die materiell-rechtliche Richtigkeit der Steuerfestsetzung betreffen, ein Erlass bzw. eine Erstattung aus Billigkeitsgründen nur möglich, wenn die Steuerfestsetzung offensichtlich und eindeutig falsch ist und dem Steuerpflichtigen nicht zuzumuten war, sich rechtzeitig gegen die Fehlerhaftigkeit zu wehren (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 30. April 1981 VI R 169/78, BFHE 133, 255, BStBl II 1981, 611; in BFH/NV 1994, 597; vom 14. November 2007 II R 3/06, BFH/NV 2008, 574, und in BFHE 248, 485, BStBl II 2016, 117, Rz 29; Senatsurteil vom 11. August 1987 VII R 121/84, BFHE 150, 502, BStBl II 1988, 512). Bei der Prüfung der sachlichen Unbilligkeit muss nämlich berücksichtigt werden, welch hohen Stellenwert der Gesetzgeber der Rechtskraft beimisst (BFH-Urteil in BFHE 248, 485, BStBl II 2016, 117, Rz 36).
Im vorliegenden Fall ist die Steuerfestsetzung rechtskräftig durch Urteil des FG Düsseldorf vom 8. September 2017 4 K 838/15 VBr bestätigt worden. Aus welchen Gründen die Klägerin gehindert war, sich dagegen zu wehren, ist nicht vorgetragen.
b) Im Übrigen war der nationale Gesetzgeber nach Art. 27 Abs. 1 RL 92/83/EWG berechtigt, Maßnahmen zur Sicherstellung einer korrekten und einfachen Anwendung von Steuerbefreiungen sowie zur Vermeidung von Steuerflucht, Steuerhinterziehung oder Missbrauch zu treffen. Er durfte die näheren Bedingungen, d.h. die Voraussetzungen bzw. Verfahrensmodalitäten, festlegen, bei deren Beachtung die in Art. 27 RL 92/83/EWG festgelegten Steuerbefreiungen zu gewähren sind. Dabei dürfen nach der Rechtsprechung des EuGH allerdings keine Maßnahmen getroffen werden, die praktisch zu einer Versagung der Steuerbefreiungen führen würden (EuGH-Urteile Teleos vom 27. September 2007 C-409/04, EU:C:2007:548, BStBl II 2009, 70; Flughafen Köln/Bonn vom 17. Juli 2008 C-226/07, EU:C:2008:429, ZfZ 2008, 270).
Die Unbedingtheit der Steuerfreiheit von vergälltem Alkohol, der zu nach Art. 27 Abs. 1 Buchst. a RL 92/83/EWG begünstigten Zwecken verwendet wird, wird jedoch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der nationale Gesetzgeber die Verteilung solcher Erzeugnisse Steuerlagerinhabern überlässt und eine Abgabe durch Verwender nur in Ausnahmefällen vorsieht.
5. Eine Pflicht des Senats zur Vorlage nach Art. 267 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) besteht vorliegend nicht.
Zum einen ist eine Vorabentscheidung des EuGH nur einzuholen, wenn die aufgeworfene Auslegungsfrage streiterheblich ist (vgl. die EuGH-Urteile CILFIT vom 6. Oktober 1982 283/81, EU:C:1982:335, Rz 21, Slg. 1982, 3415, Neue Juristische Wochenschrift 1983, 1257; Gaston Schul Douane-Expediteur vom 6. Dezember 2005 C-461/03, EU:C:2005:742, Slg. 2005, I-10513, HFR 2006, 416; Intermodal Transports vom 15. September 2005 C-495/03, EU:C:2005:552, Slg. 2005, I-8151, HFR 2005, 1236; BFH-Beschluss vom 1. April 2011 XI B 75/10, BFH/NV 2011, 1372). Zum anderen muss es um die Auslegung von Unionsrecht gehen; dagegen ist die Anwendung des ausgelegten Rechts auf den konkret zur Entscheidung stehenden Einzelfall allein Aufgabe des innerstaatlichen Gerichts (vgl. EuGH-Urteil ICAP vom 28. März 1979 222/78, EU:C:1979:67, Rz 10 ff., Slg. 1979, 1163).
Die Klägerin erhebt --im Rahmen des Billigkeitsverfahrens-- lediglich Einwände gegen die Steuerentstehung, wobei sie einen Verstoß gegen den unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz behauptet. Ihren Ausführungen vermag der Senat jedoch keine konkrete Frage zur Auslegung einer Bestimmung des Unionsrechts zu entnehmen.
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.