Bundesfinanzhof

Entscheidungsdatum: 17.07.2012


BFH 17.07.2012 - VII R 26/09

Keine Mineralölsteuerbefreiung für Vercharterer von Flugzeugen


Gericht:
Bundesfinanzhof
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsdatum:
17.07.2012
Aktenzeichen:
VII R 26/09
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend FG Hamburg, 13. Mai 2009, Az: 4 K 53/08, Urteil
Zitierte Gesetze
§ 4 Abs 1 Nr 3 Buchst a MinöStG 1993
§ 50 Abs 1 MinöStV
Art 14 Abs 1 Buchst b S 1 EGRL 96/2003

Leitsätze

1. Einem Unternehmen, das kein Luftfahrtunternehmen ist, und ein eigenes Flugzeug flugbereit, versichert und vollgetankt nebst einem Piloten anderen Unternehmen im Rahmen eines Chartervertrags für beliebige Flüge im Werkflugverkehr zur Verfügung stellt, steht für das auf diesen Flügen verbrauchte Mineralöl kein Anspruch auf Befreiung von der Mineralölsteuer zu.    

2. Eine Mineralölsteuerentlastung kommt nicht in Betracht, weil das Unternehmen selbst keine Luftfahrt-Dienstleistungen erbringt und nicht Verwender des Mineralöls ist. Verwender ist der Charterer, der während des Charterzeitraums die Sachherrschaft über das Flugzeug ausübt.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) hält, verwaltet und verchartert Flugzeuge und betreibt alle damit zusammenhängenden Geschäfte. Ein ihr von einem anderen Unternehmen aufgrund eines Leasing-Vertrags zur Verfügung gestelltes Flugzeug verchartert sie an Unternehmen und Personen. Vertraglich schuldet sie dabei nicht den Transport von Personen oder Waren gegenüber den Charterern, sondern lediglich die Zurverfügungstellung eines flugbereiten, versicherten und vollgetankten Flugzeugs nebst eines Piloten. Der Kunde kann das Luftfahrzeug im Rahmen des Charterzeitraums zu beliebigen Flügen im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen nutzen. Den im Oktober 2006 gestellten Antrag, ihr die im Kalenderjahr 2004 für ... Liter Luftfahrtbetriebsstoff (Kerosin) entrichtete Mineralölsteuer in Höhe von ... € zu erstatten, lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZA--) mit der Begründung ab, den Antrag hätte sie bis zum 31. Dezember 2005 stellen müssen, weshalb er gemäß § 169 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) infolge des Ablaufs der Festsetzungsfrist verjährt sei. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

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Das Finanzgericht (FG) urteilte, der Klägerin stehe weder aus  den Vorschriften des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG 1993) noch unmittelbar aus Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Satz 1 der Richtlinie 2003/96/EG (RL 2006/93/EG) des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 283/51) ein Anspruch auf die begehrte Erstattung zu. Allerdings sei der Begriff der "Luftfahrt" weit und umfassend auszulegen, so dass die Steuerbegünstigung nicht auf Luftfahrtunternehmen beschränkt werden könne. In diesem Zusammenhang sei die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zur Steuerbefreiung für Schiffsbetriebsstoffe (Urteil vom 1. April 2004 C-389/02, Slg. 2004, I-3537) zu beachten, nach der jede Nutzung eines Schiffes zu kommerziellen Zwecken den Befreiungstatbestand erfülle. Zu begünstigen sei daher jeder Flug eines Luftfahrzeugs zu kommerziellen Zwecken. Im Streitfall habe die Klägerin ihr Flugzeug samt Besatzung lediglich vermietet. Dies sei keine Luftfahrt. Ihre Tätigkeit ende am Boden mit der Bereitstellung des Flugzeugs. Im Hinblick auf die mit den Flügen verfolgten begünstigten Zwecke sei auf die jeweiligen Mieter des Flugzeugs abzustellen. Im Streitfall habe nicht die Klägerin, sondern der jeweilige Kunde das Flugzeug zu kommerziellen Zwecken genutzt.

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Mit ihrer Revision rügt die Klägerin, die Entscheidung des FG widerspreche dem klaren Wortlaut der nationalen Vorschriften. Ein Anspruch auf die beantragte Vergütung ergebe sich unmittelbar aus Art. 8 der Richtlinie 92/81/EWG (RL 92/81/EWG) des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Mineralöle (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 316/12) bzw. aus Art. 14 RL 2003/96/EG. Die Richtlinienbestimmungen habe der deutsche Gesetzgeber unzutreffend bzw. nicht rechtzeitig in nationales Recht umgesetzt. Eine Beschränkung der Steuerbefreiung für Flugbenzin auf Luftfahrunternehmen und der Ausschluss des Werkverkehrs ließen sich diesen Vorschriften nicht entnehmen. Der Begriff "Luftfahrt" könne nicht auf die eigentlichen Flüge beschränkt werden, er erfasse auch Tätigkeiten am Boden. Vom Begriff der Verwendung werde nicht nur der Verbrauch, sondern auch der Gebrauch erfasst. Im Streitfall verwende die Klägerin den Luftfahrtbetriebsstoff, um den Kunden ein Gesamtpaket an Leistungen anzubieten. Die von ihr eingesetzten Piloten verbrauchten das Kerosin. Hauptzweck ihrer Tätigkeit sei die Durchführung des Werkflugverkehrs für ein Unternehmen. Während des gesamten Fluges übe die Klägerin die Herrschaft über das Flugzeug aus. Sie entscheide in eigenem Ermessen, ob ein Flug zu dem vom Kunden bestimmten Ziel überhaupt möglich sei. Aus Gründen der Gleichbehandlung sei der Werkverkehr mit Luftfahrzeugen dem Werkverkehr mit Schiffen mineralölsteuerrechtlich gleichzustellen. Der Bundesfinanzhof sei daran gehindert, sich bei seiner Entscheidungsfindung auf das Urteil des EuGH vom 1. Dezember 2011 C-79/10 (Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2012, 20) zu berufen, denn es hätte gemäß Art. 20 Abs. 4 der Satzung des EuGH nicht ohne Schlussanträge des Generalanwalts ergehen dürfen. Von den Schlussanträgen könne das Gericht nur dann absehen, wenn das Vorabentscheidungsersuchen keine neuen Rechtsfragen aufwerfe. Der vorliegende Fall werfe jedoch neue Fragen zur Auslegung des Unionsrechts auf.

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Das HZA schließt sich im Wesentlichen der Argumentation des FG an. Die in Art. 8 RL 92/81/EWG und Art. 14 Abs. 1 RL 2003/96/EG festgelegte Begünstigung erfasse mit dem Ziel der Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen nur die Luftverkehrsbranche. Soweit die Klägerin ihr Flugzeug an Unternehmen verchartert habe, sei damit ein steuerbegünstigter Tatbestand nicht erfüllt. Allein durch die Vermietung ihres Flugzeugs verwende die Klägerin keinen Luftfahrtbetriebsstoff im Rahmen der Luftfahrt oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen. Somit sei sie auch nicht entlastungsberechtigt. Hinsichtlich der Begünstigung sei ausschließlich auf die Mieter des Flugzeugs abzustellen, die zur Gewährung der Steuerbefreiung selbst Luftfahrtunternehmen sein müssten. Im Streitfall habe auch der Hauptkunde der Klägerin eine Vergütung beantragt. Schließlich sei ein Anspruch auf Vergütung der Mineralölsteuer für das Kalenderjahr 2004 bereits verjährt, da die Klägerin den Antrag erst am 11. Oktober 2006 gestellt habe. Der Anwendung des § 169 Abs. 2 Nr. 1 AO stünden das Unionsrecht und der Umstand nicht entgegen, dass die RL 2003/96/EG nicht fristgerecht umgesetzt worden sei. Von der Stellung eines Vergütungsantrags sei die Klägerin vom HZA nicht abgehalten worden, so dass das Urteil des EuGH vom 19. Mai 2011 C-452/09 nicht einschlägig sei. Auch bestehe kein unmittelbarer, aus dem Unionsrecht abzuleitender Anspruch auf die begehrte Steuerentlastung.

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Der erkennende Senat hat das Revisionsverfahren in analoger Anwendung des § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ausgesetzt und in einem anderen Verfahren dem EuGH mit Beschluss vom 1. Dezember 2009 VII R 9, 10/09 (BFHE 227, 564, ZfZ 2010, 80) gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt.

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Auf die erste Frage hat der EuGH mit Urteil in ZfZ 2012, 20 Folgendes geantwortet:

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"Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom ist dahin auszulegen, dass die in dieser Vorschrift vorgesehene Steuerbefreiung für Kraftstoff, der für die Luftfahrt verwendet wird, einem Unternehmen wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, das zur Anbahnung von Geschäften ein ihm gehörendes Flugzeug nutzt, um Mitarbeiter zu Kunden und Messen zu befördern, nicht zugutekommt, da diese Beförderung nicht unmittelbar der entgeltlichen Erbringung von Luftfahrt-Dienstleistungen durch dieses Unternehmen dient."

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Mit Beschluss vom 12. Mai 2010  4 K 4605/08 VE (ZfZ 2010, Beilage Nr. 3, 42) hat das FG Düsseldorf auf das Vorabentscheidungsersuchen des Senats Bezug genommen und dem EuGH die weitere Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob auch einem Vermieter oder Vercharterer, der sein Luftfahrzeug einschließlich des von ihm zu stellenden Flugturbinenkraftstoffs vermietet oder verchartert, die Steuerbefreiung nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. b RL 2003/96/EG zustehe.

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Auf diese Frage hat der EuGH mit Urteil vom 21. Dezember 2011 C-250/10 (ZfZ 2012, 98) wie folgt geantwortet:

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"Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom ist dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Steuerbefreiung für Lieferungen von Energieerzeugnissen zur Verwendung als Kraftstoff für die Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt einem Unternehmen wie dem am Ausgangsverfahren beteiligten nicht zugute kommen kann, wenn es ein ihm gehörendes Luftfahrzeug einschließlich des Kraftstoffs an Unternehmen vermietet oder verchartert, deren Luftfahrttätigkeiten nicht unmittelbar der entgeltlichen Erbringung von Luftfahrt-Dienstleistungen durch diese Unternehmen dienen."

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Ihr steht kein Anspruch auf Befreiung von der Mineralölsteuer zu, denn sie betreibt kein Luftfahrtunternehmen, dessen Gegenstand die gewerbsmäßige Beförderung von Personen oder Sachen ist. Auch ist sie nicht als entlastungsberechtigter Verwender anzusehen.

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1. Es kann dahingestellt bleiben, ob im Streitfall § 169 Abs. 2 Nr. 1 AO aufgrund der nicht fristgerechten Umsetzung der RL 2003/96/EG und aufgrund der Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteil vom 19. Mai 2011 C-452/09) unangewendet bleiben muss; jedenfalls steht der Klägerin der begehrte Entlastungsanspruch nicht zu.

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Nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a MinöStG 1993 i.V.m. § 50 Abs. 1 der Mineralölsteuer-Durchführungsverordnung (MinöStV) wird eine steuerliche Begünstigung nur für Luftfahrtbetriebsstoffe gewährt, die von Luftfahrtunternehmen für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen oder Sachen oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen eingesetzt werden. Die Klägerin besitzt keine luftverkehrsrechtliche Genehmigungen nach § 20 Abs. 1 i.V.m. § 21 Abs. 1 des Luftverkehrsgesetzes. Sie ist daher kein Luftfahrtunternehmen, das der EuGH hinsichtlich der Beförderung von Personen oder Sachen als begünstigt angesehen hat.

14

Soweit die Klägerin aufgrund des Umstands, dass der EuGH ohne die Schlussanträge des Generalanwalts entschieden hat, aus dem Rechtsstaatsprinzip ableiten zu können meint, der erkennende Senat müsse das Urteil des EuGH in ZfZ 2012, 20 unangewendet lassen, ist dieser Rechtsauffassung nicht zu folgen. Nach Art. 20 Abs. 5 der Satzung des EuGH kann der Gerichtshof, sofern er der Auffassung ist, die Rechtssache werfe keine neuen Rechtsfragen auf, nach Anhörung des Generalanwalts beschließen, dass ohne Schlussanträge des Generalanwalts über die Sache entschieden wird. Bei der Anwendung dieser Vorschrift ist dem EuGH ein gewisser Beurteilungsspielraum einzuräumen. Im Streitfall hat der EuGH bereits über die vergleichbare Richtlinienbestimmung zur Steuerbefreiung von Schiffsbetriebsstoffen entschieden (Urteil in Slg. 2004, I-3537). Daher ist es nachvollziehbar, dass er nach Anhörung des Generalanwalts auf die Schlussanträge verzichtet hat. Aber selbst wenn sich die verfahrensrechtliche Notwendigkeit einer Befassung des Generalanwalts nach Einschätzung eines nationalen Gerichts dem EuGH hätte aufdrängen müssen, folgt daraus noch nicht ohne Weiteres, dass das Urteil des EuGH, das unter Mitwirkung der hierzu berufenen Richter ordnungsgemäß zustandegekommen ist, unangewendet bleiben müsste. Schließlich kann schwerlich angenommen werden, es liege bei einem solchen Vorgehen des EuGH eine Überschreitung seiner ihm durch den AEUV zugewiesenen Kompetenzen vor, so dass seine Entscheidung ein vom Zustimmungsgesetz zum AEUV nicht mehr gedeckter "ausbrechender Rechtsakt" sein könnte (vgl. zur Doktrin vom "ausbrechenden Rechtsakt" Senatsurteil vom 23. Februar 2010 VII R 8/08, BFHE 229, 442, und Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Juni 2009  2 BvE 2/08 u.a. --Lissabon--, BVerfGE 123, 267).

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2. Hinsichtlich der Luftfahrtbetriebsstoffe, die im Rahmen der Vercharterung des Flugzeugs an die jeweiligen Kunden verwendet worden sind, ist die Klägerin nicht als entlastungsberechtigter Verwender anzusehen.

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Nach § 50 Abs. 1 MinöStV wird auf Antrag die Steuer für Luftfahrtbetriebsstoffe u.a. Luftfahrtunternehmen erstattet oder vergütet, die sie im Steuergebiet versteuert bezogen und für steuerfreie Flüge verwendet haben. Die hierzu erforderliche Erlaubnis wird nach § 12 Satz 1 MinöStG 1993 demjenigen erteilt, der steuerbegünstigtes Mineralöl verwenden will. Auch gemäß der Nachfolgeregelung des § 52 Abs. 1 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) setzt die Gewährung einer Steuerentlastung voraus, dass die versteuerten Energieerzeugnisse zu den in § 27 EnergieStG genannten Zwecken verwendet werden und der Entlastungsberechtigte nach § 24 Abs. 2 EnergieStG im Besitz einer Verwendererlaubnis ist. Entlastungsberechtigt ist derjenige, der die Energieerzeugnisse verwendet hat (§ 52 Abs. 2 EnergieStG) und die hierfür erforderliche Verwendererlaubnis besitzt (§ 24 Abs. 2 EnergieStG). Aus diesen Bestimmungen ergibt sich eindeutig, dass entlastungsberechtigt nur derjenige sein kann, der Luftfahrtbetriebsstoffe selbst zu den begünstigten Zwecken einsetzt, wobei die Eigentumsverhältnisse unbeachtlich sind (Schröer-Schallenberg in Teichner/Alexander/ Reiche, MinöStG, StromStG, § 12 MinöStG Rz 22). Entscheidend ist, dass der Verwender in die Lage versetzt wird, über das Mineralöl bzw. das Energieerzeugnis zu verfügen. In Bezug auf den in § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 MinöStG 1993 normierten Entlastungstatbestand hat der Senat entschieden, vergütungsberechtigter Verwender könne nur derjenige sein, der die mittelbare oder unmittelbare Sachherrschaft über das eingesetzte Mineralöl ausübt (Senatsurteil vom 22. November 2005 VII R 33/05, BFHE 212, 335, ZfZ 2006, 163). Dies entspricht dem das Verbrauchsteuerrecht prägenden Grundsatz, dass die Steuerrechtsbeziehung demjenigen zuzurechnen ist, der selbst oder durch von ihm abhängiges Personal die Verfügungsgewalt über die verbrauchsteuerpflichtige Ware ausübt oder die Betriebsvorgänge steuert (Peters in Peters/Bongartz/Schröer-Schallenberg, Verbrauchsteuerrecht, D 91).

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Wer ein aufgetanktes Flugzeug lediglich vermietet, überlässt die Sachherrschaft über die Luftfahrtbetriebsstoffe sowie deren konkrete Verwendung einem Dritten, der aufgrund des zu entrichtenden Entgelts für die Nutzungsüberlassung eigentlicher Belastungsträger der Steuer wird. Deshalb ist es systemgerecht, diesen als eigentlichen Verwender anzusehen, der im Fall der Verwendung des Luftfahrtbetriebsstoffs zu den von Gesetzes wegen begünstigten Zwecken eine Steuerentlastung beantragen kann. Nach dem Hinweis des HZA ist dies im Streitfall auch erfolgt.

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Der Klägerin steht ein Entlastungsanspruch hinsichtlich der Luftfahrtbetriebsstoffe, die auf den von ihren Kunden durchgeführten Flügen verbraucht worden sind, nicht zu, weil nicht sie, sondern ihre Kunden (Charterer) Verwender des Flugbenzins sind. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Klägerin das Flugzeug einschließlich eines Piloten verchartert hat. Nach den mit der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des FG konnten die Kunden das Luftfahrzeug im Rahmen des Charterzeitraums zu beliebigen Flügen nutzen. Die Sachherrschaft über das Flugzeug und die zur Durchführung der Flüge erforderlichen Luftfahrtbetriebsstoffe übten somit die Charterer aus, denen es oblag, im Rahmen des durchzuführenden Werkflugverkehrs die Einsatzorte und Einsatzzeiten festzulegen. Für die Beurteilung der Verwendereigenschaft eines Charterers kann es keinen Unterschied machen, ob er das Luftfahrzeug vom Vercharterer mit oder ohne Pilot mietet. Dieser Rechtsauffassung steht der Umstand nicht entgegen, dass der Pilot die Durchführung eines Fluges, z.B. aufgrund einer nicht erteilten Landeerlaubnis, schlechter Wetterbedingungen oder noch zu behebender technischer Mängel, ablehnen kann. Diese auf Einzelfälle beschränkte Dispositionsmöglichkeit kann die vertragsmäßig festgelegte Befugnis des Charterers zur Bestimmung der Flugziele und Einsatzzeiten nicht in einem solchen Maß verdrängen, dass mineralölsteuerrechtlich der Vercharterer als Verwender angesehen werden müsste.

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3. Ein Anspruch der Klägerin auf die beantragte Mineralölsteuervergütung ergibt sich auch nicht aus der unmittelbaren Anwendung von Unionsrecht.

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Nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Satz 1 RL 2003/96/EG sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, unter den Voraussetzungen, die sie zur Sicherstellung der korrekten und einfachen Anwendung der Steuerbegünstigung und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung und -vermeidung oder Missbrauch festlegen, Lieferungen von Energieerzeugnissen zur Verwendung als Kraftstoff für die Luftfahrt mit Ausnahme der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt von der Steuer zu befreien.

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Nach dem Urteil des EuGH in ZfZ 2012, 98 behält diese Bestimmung die in ihr vorgesehene Steuerbefreiung zwar nicht allein Luftfahrtunternehmen vor, jedoch kann die Steuerbegünstigung in anderen Fällen als bei der Beförderung von Sachen oder Personen durch Luftfahrtunternehmen nur dann gewährt werden, wenn ein Luftfahrzeug unmittelbar der entgeltlichen Erbringung von Luftfahrt-Dienstleistungen dient. Im Streitfall ist die Klägerin weder ein Luftfahrtunternehmen noch erbringt sie Luftfahrt-Dienstleistungen. Nach ihrem eigenen Vortrag und den Feststellungen des FG schuldet die Klägerin keine Beförderungsdienstleistungen, sondern lediglich die Zurverfügungstellung eines vollgetankten Luftfahrzeugs nebst Piloten. Soweit ihre Kunden nach den Feststellungen des FG ihren Werkverkehr mit dem Flugzeug abwickeln, erbringen auch sie keine Luftfahrt-Dienstleistungen. Ein Vergütungsanspruch, der sich aus der unmittelbaren Anwendung des Unionsrechts ergeben könnte, ist somit nicht ersichtlich.