Entscheidungsdatum: 25.03.2013
1. NV: Ein erheblicher Grund für eine Terminsverlegung liegt nicht vor, wenn der Kläger dem FG gegenüber nicht die Bestellung eines neuen und die Abberufung des bisherigen Prozessbevollmächtigten als Grund für die Terminsverlegung benennt, sondern sich lediglich auf sein Recht beruft, sich in der mündlichen Verhandlung von einem Prozessbevollmächtigten seines Vertrauens vertreten zu lassen.
2. NV: Als Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht kann nur das Übergehen solcher Beweisanträge gerügt werden, in denen das Beweisthema substantiiert formuliert worden ist.
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist zusammen mit ihrem Ehemann zur Einkommensteuer veranlagt worden. Nachdem der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) zunächst antragsgemäß Aufteilungsbescheide hinsichtlich der Steuerfestsetzungen erlassen hatte, machte er im Einspruchsverfahren der Klägerin die Vollstreckungsbeschränkung unter Hinweis auf § 278 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) wegen unentgeltlicher Vermögenszuwendungen des Ehemannes teilweise rückgängig. Dabei legte er die Übernahme von Zins- und Tilgungsverpflichtungen aus der Finanzierung eines im Miteigentum der Eheleute stehenden Grundstücks durch den Ehemann, dessen anteilige Übernahme von Grundsteuern und Einzahlungen auf ein Geldmarktkonto der Klägerin zugrunde. Gegen den so geänderten Aufteilungsbescheid erhob die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt A Klage. Nach Zugang der Ladung zur mündlichen Verhandlung beantragte die Klägerin, den Verhandlungstermin zu verlegen. Sie wolle sich in der Verhandlung von Rechtsanwalt B, dem "Prozessbevollmächtigten ihres Vertrauens", vertreten lassen, der an dem vorgesehenen Termin verhindert sei. Das Finanzgericht (FG) gab dem Verlegungsantrag nicht statt, verhandelte und wies die Klage ab.
Zur Begründung führt es aus, eine Terminsverlegung sei nicht geboten gewesen, da die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten A ordnungsgemäß vertreten, persönlich anwesend und Rechtsanwalt B nicht als Prozessbevollmächtigter der Klägerin bestellt gewesen sei. Die Minderung der Vollstreckungsbeschränkung nach § 278 Abs. 2 Satz 1 AO sei berechtigt, da das FA zu Recht davon ausgegangen sei, dass der Ehemann an die Klägerin in diesem Umfang unentgeltliche Zuwendungen von Vermögensgegenständen geleistet habe. So seien die alleinige Finanzierung und die Übernahme der Grundsteuern für im Miteigentum der Eheleute stehende Grundstücke mangels eines marktüblichen Mietvertrages über die Nutzung wesentlicher Gebäudeteile für eigenbetriebliche Zwecke des Ehemannes nicht als Gegenleistung, sondern als in den Anwendungsbereich des § 278 Abs. 2 Satz 1 AO fallende ehebedingte unbenannte Zuwendungen zu werten. Auch bei den Einzahlungen auf das Geldmarktkonto der Klägerin müsse es sich angesichts ihres geringen Einkommens um Zuwendungen des Ehemannes gehandelt haben. Ihre Einlassung, die Einzahlungen stammten aus eigenen Rücklagen und Geldgeschenken anlässlich ihrer Hochzeit, erscheine wenig glaubhaft. Auch wenn einer der Einzahlungsbelege auf eine Einzahlung durch die Klägerin schließen lasse, ergebe sich daraus nicht, dass es sich bei dem eingezahlten Betrag um eigene Mittel der Klägerin und nicht um eine Zuwendung ihres Ehemannes gehandelt habe.
Ihre Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stützt die Klägerin u.a. auf den Verfahrensfehler der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch das FG, weil dieses den Termin zur mündlichen Verhandlung nicht verlegt und deshalb das Recht der Klägerin verletzt habe, sich in der mündlichen Verhandlung von einem Anwalt ihres Vertrauens vertreten zu lassen, auf mangelnde Sachaufklärung durch Unterlassen der gebotenen Beweisaufnahmen und auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
II. Die Beschwerde ist unbegründet. Keiner der in § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) abschließend genannten Gründe für die Zulassung der Revision liegt vor.
1. Die Entscheidung des FG, den Termin zur mündlichen Verhandlung nicht zu verlegen, verletzt nicht deren Anspruch auf rechtliches Gehör und begründet daher keinen Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist ein Gericht verpflichtet, anberaumte Verhandlungstermine zu verlegen, wenn hierfür erhebliche Gründe i.S. des § 227 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 155 FGO vorliegen. Ob im Einzelfall solche Gründe für eine Terminsverlegung gegeben sind, muss das FG anhand der ihm bekannten Umstände beurteilen. Die Voraussetzungen durch Vortrag entsprechender Tatsachen zu schaffen, ist Aufgabe desjenigen, der die Verlegung beantragt.
So kann etwa in schwierigen Fällen der kurzfristige Wechsel des Prozessbevollmächtigten ein erheblicher Grund i.S. des § 227 Abs. 1 ZPO sein und die Ablehnung, den Termin zu verlegen, im Einzelfall den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzen, wenn der Wechsel vom Beteiligten nicht verschuldet wird oder zumindest aus schutzwürdigen Gründen erfolgt (vgl. BFH-Beschluss vom 4. Mai 2011 IX S 1/11 (PKH), BFH/NV 2011, 1381, m.w.N.).
Im Streitfall hat die Klägerin den Prozessbevollmächtigten nicht gewechselt. Sie hat dem FG gegenüber nicht die Bestellung eines neuen und die Abberufung des bisherigen Prozessbevollmächtigten als Grund für die Terminsverlegung benannt, sondern sich lediglich auf ihr Recht berufen, sich in der mündlichen Verhandlung von einem Prozessbevollmächtigten ihres Vertrauens vertreten zu lassen. Angesichts der fortbestehenden Bevollmächtigung des A und des nicht unbeträchtlichen Umfangs seines schriftsätzlichen Vorbringens im Klageverfahren hätte es zur Darlegung eines erheblichen Grundes für die Terminsverlegung zumindest einer näheren Begründung bedurft, weshalb der Mandatswechsel nicht vollzogen wurde und nur Rechtsanwalt B der Klägerin das gebührende rechtliche Gehör in der mündlichen Verhandlung werde verschaffen können.
2. Es stellt auch keinen die Zulassung der Revision gebietenden Verfahrensmangel dar, dass das FG schriftsätzlich gestellten Beweisanträgen, selbst wenn der Bevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung darauf (ohne dies protokollieren zu lassen) Bezug genommen haben sollte, nicht gefolgt ist.
a) Die unter Beweis gestellte Frage, ob der Ehemann der Klägerin Tilgungsleistungen auf das Finanzierungsdarlehen des von ihm genutzten Hausgrundstücks geleistet hat, musste das FG schon deshalb zu keiner weiteren Aufklärung veranlassen, weil es nach seiner für die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung allein maßgeblichen Rechtsauffassung nur darauf ankam, dass ausschließlich der Ehemann Zahlungen --welcher Art auch immer-- auf das gemeinschaftlich aufgenommene Darlehen geleistet hat und damit in Höhe der zivilrechtlichen Ausgleichspflicht nach § 426 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) die Zuwendung eines Vermögenswertes an die Klägerin vorliegt.
b) Der Beweisantritt durch Zeugenvernehmung des Ehemannes, bei seinen Finanzierungszahlungen habe es sich --u.a.-- um die Gegenleistungen für die Gebrauchsüberlassung des hälftigen Miteigentums an dem Anwesen für seine betrieblichen Zwecke gehandelt, war für das FG nicht entscheidungserheblich. Denn nach seiner Rechtsauffassung hätte es insoweit einer mietvertraglichen Vereinbarung über die Nutzung der betroffenen Gebäudeteile bedurft, aus der sich die (anteilige) Miete einerseits und die Übernahme der Darlehensverpflichtungen andererseits nach marktüblichen Gesichtspunkten ergeben hätten. Der Abschluss einer solchen Vereinbarung ist aber nicht unter Beweis gestellt worden.
c) Schließlich konnte das FG auch hinsichtlich der Einzahlungen auf das Geldmarktkonto der Klägerin auf eine Zeugenvernehmung des Ehemannes der Klägerin verfahrensfehlerfrei verzichten. Die rechtliche Einordnung dieser Einzahlungen als unentgeltliche Zuwendungen des Ehemannes an die Klägerin beruht einerseits auf der Gegenüberstellung der Höhe der insbesondere in den Jahren 2006 und 2007 vorgenommenen Einzahlungen und dem geringen Bruttoarbeitslohn der Klägerin in diesen Jahren sowie darauf, dass das FG deren Einlassung als nicht glaubhaft ansah, die Einzahlungen stammten aus eigenen Rücklagen und Geldgeschenken anlässlich ihrer Hochzeit 1998. Da den Feststellungen des FG der von der Klägerin vorgelegte Bildschirmausdruck über die Kontenbewegungen 2001 bis 2008 zugrunde lag, hätte die Klägerin genau angeben müssen, welche konkreten Tatsachen über Herkunft und Verbleib der Einzahlungen und Abhebungen durch Vernehmung des Ehemannes aufzuklären sind. Dazu ist den Schriftsätzen der Klägerin nichts zu entnehmen. Dem völlig unsubstantiierten Beweisantrag musste das FG daher nicht nachkommen. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BFH, dass nur das Übergehen von Beweisanträgen als Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) gerügt werden kann, in denen das Beweisthema substantiiert formuliert worden ist (vgl. BFH-Beschluss vom 20. September 2012 III B 44/12, BFH/NV 2013, 65; vom 20. April 2011 IV B 32/10, BFH/NV 2011, 1884).
d) Soweit die Klägerin meint, das FG habe Zweifeln an der Person des Einzahlenden durch Vernehmung ihres Ehemannes begegnen müssen, verkennt sie, dass das FG der Bezeichnung des Einzahlenden auf dem Einzahlungsbeleg keine Bedeutung beigemessen, sondern als entscheidend angesehen hat, aus welchen Mitteln die eingezahlten Beträge herrühren. Dies ergibt sich --wie das FG zutreffend ausführt-- nicht aus dem Einzahlungsbeleg.
3. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hat die Klägerin nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Weise dargelegt. Die vermeintlich einer Klärung bedürftige Frage der Anwendbarkeit des § 278 Abs. 2 AO, wenn eine zivilrechtliche Ausgleichspflicht nach § 426 Abs. 2 BGB durch eine Individualabrede ausgeschlossen worden ist, stellt sich im Streitfall nicht. Eine solche Abrede ist nach den Feststellungen des FG nicht wirksam zu Stande gekommen.