Entscheidungsdatum: 04.06.2014
1. NV: Eine Mandatsniederlegung kann einen erheblichen Grund für die Aufhebung bzw. Verlegung eines Termins zur mündlichen Verhandlung sein, sofern es sich um eine Sache handelt, die in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht nicht einfach ist, und der Kläger die Niederlegung des Mandats nicht verschuldet hat.
2. NV: Eine ausreichende Begründung eines Antrags auf Terminsverlegung aufgrund einer unverwarteten Mandatsniederlegung erfordert schlüssige Darlegungen, die es dem Gericht ermöglichen, die Frage zu beantworten, ob dem Kläger ein Verschulden an der Mandatsniederlegung trifft.
3. NV: Die vom Kläger geäußerte Vermutung, dass die Niederlegung des Mandats mit einer unzureichenden Vorschusszahlung zusammenhängt, genügt den Darlegungserfordernissen nicht, zumal sie auf ein schuldhaftes Verhalten des Klägers hindeutet.
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wurde vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt) wegen seiner Beteiligung an einem Umsatzsteuerhinterziehungssystem nach § 71 der Abgabenordnung als Haftungsschuldner in Anspruch genommen. Sein Einspruch führte zu einer Teilrücknahme des Haftungsbescheids und zu einer Herabsetzung der Haftungssumme. Die Klage hatte keinen Erfolg. Am Tag vor der mündlichen Verhandlung teilte die Prozessbevollmächtigte des Klägers dem Finanzgericht (FG) schriftlich mit, das Mandat werde mit sofortiger Wirkung niedergelegt und eine Terminsverlegung beantragt. Noch am selben Tag lehnte das FG den Antrag mit der Begründung ab, ein erheblicher Grund für eine Terminsverlegung liege nicht vor. In dem Antrag fehlten jegliche Angaben, anhand derer ein fehlendes Verschulden des Klägers an der Mandatsniederlegung überprüft werden könnte. An der mündlichen Verhandlung hat der Kläger teilgenommen und ebenfalls eine Terminsverlegung beantragt.
Das FG entsprach dem Antrag jedoch nicht. Zur Begründung führte es aus, ein erheblicher Grund für eine Verlegung bzw. Vertagung liege nicht vor. Der Kläger sei im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch anwaltlich vertreten gewesen. Den Grund für die Mandatsniederlegung habe er weder von seiner Prozessbevollmächtigten darlegen lassen noch selbst hierzu vorgetragen. In der mündlichen Verhandlung habe er lediglich erklärt, dass Vorschüsse für Reisekostenerstattungen möglicherweise nicht rechtzeitig bei der Prozessbevollmächtigten eingegangen seien. Wenn diese Vermutung zuträfe, hätte er die Mandatsniederlegung selbst verschuldet. Vor oder noch während der Anreise zum Termin habe er ausreichend Gelegenheit gehabt, mit seiner Prozessbevollmächtigten Kontakt aufzunehmen und mit ihr über die Gründe für die Mandatsniederlegung zu sprechen. Da es an einer nachvollziehbaren Darlegung der Gründe fehle, komme es auf weitere im Rahmen der Entscheidung über den Verlegungsantrag zu prüfende Gründe nicht an.
Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Durch die Ablehnung des Antrags auf Terminsverlegung habe das FG ihm die Möglichkeit zur Verschaffung eines qualifizierten rechtlichen Gehörs genommen und damit den Gehörsanspruch verletzt (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes). Für ihn sei die Niederlegung des Mandats --über die er erst von seiner Lebensgefährtin am späteren Nachmittag des Tages vor dem anberaumten Verhandlungstermin in Kenntnis gesetzt worden sei-- unerwartet gewesen, so dass sie zur Unzeit erfolgt sei. Da er sich in Haft befunden habe, sei es nicht möglich gewesen, rechtzeitig Aufschluss über die Gründe der Mandatsniederlegung zu erlangen. Auch habe ihm nicht ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden, um sich auf den Gerichtstermin vorzubereiten.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Bei Zweifeln an der ausreichenden Darlegung des geltend gemachten Zulassungsgrundes liegt der behauptete Verfahrensmangel jedenfalls nicht vor.
1. Zwar kann die einen Verfahrensmangel darstellende Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs auch in einer unzutreffenden Behandlung eines Antrags auf Aufhebung bzw. Verlegung des anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung gesehen werden (Senatsbeschluss vom 3. Februar 2003 VII B 13/02, BFH/NV 2003, 797, m.w.N.), doch liegt im Streitfall ein solcher Verfahrensmangel nicht vor. Die Entscheidung des FG, die Anträge auf Terminsverlegung abzulehnen, ist nicht zu beanstanden.
a) Nach § 155 FGO i.V.m. § 227 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann der Vorsitzende bzw. das FG aus erheblichen Gründen einen Termin aufheben oder verlegen bzw. eine mündliche Verhandlung vertagen. Die erheblichen Gründe für die begehrte Terminsänderung sind auf Verlangen glaubhaft zu machen (§ 227 Abs. 2 ZPO). Dies gilt auch für den Fall einer Mandatsniederlegung. Eine solche kann ein erheblicher Grund für eine Terminsaufhebung sein, sofern in einer Sache, die in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht nicht einfach ist, ein Wechsel der Prozessbevollmächtigten stattfindet, den der Kläger nicht verschuldet hat (Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 31. Januar 2012 IV B 22/11, BFH/NV 2012, 766). Ein am Vortag der mündlichen Verhandlung gestellter Antrag auf Terminsverlegung aufgrund einer Mandatsniederlegung muss mit einer nachvollziehbaren Begründung versehen sein, die dem FG die Beurteilung der Frage ermöglicht, ob den Kläger ein Verschulden an der Mandatsniederlegung trifft (Senatsbeschluss vom 27. Januar 2004 VII B 66/03, BFH/NV 2004, 796).
b) Im Streitfall fehlt es an einer solchen Begründung. Eine Begründung für die Mandatsniederlegung hat die Prozessbevollmächtigte dem FG nicht mitgeteilt. Ausweislich des Verhandlungsprotokolls hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung lediglich ausgeführt, er könne sich allenfalls vorstellen, dass die Mandatsniederlegung mit finanziellen Forderungen zu tun habe und möglicherweise Vorschüsse für Reisekostenauslagen nicht rechtzeitig eingegangen seien. Mit diesem Vorbringen hat er keine Gründe geltend gemacht, die auf ein fehlendes Verschulden an der Mandatsniederlegung schließen lassen. Auch hat er nicht substantiiert dargelegt, warum ihm eine Rücksprache mit seiner Prozessbevollmächtigten nicht möglich gewesen sein soll und ob er überhaupt einen Versuch unternommen hat, mit ihr Kontakt aufzunehmen. Zu Recht hat das FG darauf hingewiesen, dass der pauschale Hinweis auf eingeschränkte Kommunikationsmöglichkeiten infolge der Inhaftierung nicht als ausreichender Vortrag erachtet werden kann. Aber selbst wenn das Vorbringen des Klägers als ausreichend gewertet werden könnte, würde es auf ein Verschulden an der Mandatsniederlegung hindeuten, so dass auch aus diesem Grund der Antrag auf Terminsverlegung zu Recht abgelehnt worden wäre. Der von der Beschwerde behauptete Verfahrensmangel liegt demnach nicht vor.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.