Bundesfinanzhof

Entscheidungsdatum: 17.06.2010


BFH 17.06.2010 - VII B 225/09

Zuordnung einzelner konkreter Beratungsleistungen bei Doppelfunktion als Beratungsstellenleiter eines Lohnsteuerhilfevereins und als von dem Lohnsteuerhilfeverein unabhängig tätiger Rechtsanwalt


Gericht:
Bundesfinanzhof
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsdatum:
17.06.2010
Aktenzeichen:
VII B 225/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 13. August 2009, Az: 6 K 544/08, Urteil
Zitierte Gesetze

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist ein von der Beklagten und Beschwerdegegnerin (Oberfinanzdirektion --OFD--) anerkannter Lohnsteuerhilfeverein (im Folgenden: Verein). Er unterhält zwei Beratungsstellen, zu deren Leiter der Rechtsanwalt X (im Folgenden: X) bestellt ist.

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Die OFD hat aufgrund verschiedener zum Teil von ihr festgestellter, zum Teil an sie herangetragener Beanstandungen mit dem in diesem Verfahren angefochtenen Bescheid vom 9. September 2008 die Schließung der beiden Beratungsstellen angeordnet, weil X die persönliche Eignung und Zuverlässigkeit fehle und eine unzulässige personelle und organisatorische Verflechtung der Vereinstätigkeit mit dessen Tätigkeit als Rechtsanwalt vorliege.

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Das Finanzgericht (FG) hat die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage abgewiesen. Es urteilte, X habe sich so verhalten, dass die Besorgnis der OFD begründet sei, er werde die Pflichten des Lohnsteuerhilfevereins nicht erfüllen. Die darauf gegründete Schließungsverfügung sei auch nicht ermessensfehlerhaft und ebenso wenig deshalb rechtswidrig, weil ihr Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes entgegenstünden. Ihre Aufhebung komme auch nicht aufgrund bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung eingetretener Änderungen der Sach- oder Rechtslage in Betracht, insbesondere falle die Prognoseentscheidung hinsichtlich des zukünftigen Verhaltens von X aufgrund der mündlichen Verhandlung nicht zu seinen Gunsten aus.

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Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde des Vereins.

Entscheidungsgründe

5

II. Die Beschwerde (§ 116 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) ist unzulässig, weil in ihrer Begründung entgegen § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO keine Gründe schlüssig dargelegt sind, die zur Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO führen könnten.

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1. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt, dass der Beschwerdeführer die von ihm geltend gemachten Revisionszulassungsgründe (§ 115 Abs. 2 FGO) schlüssig darlegt. Dazu ist eine geordnete, auf die rechtlichen Kriterien einer Revisionszulassung nach § 115 Abs. 2 FGO bezogene Darstellung erforderlich. Es ist mit anderen Worten nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, sich aus ausufernden, nur gelegentlich nachvollziehbar auf die Tatbestandsmerkmale des § 115 Abs. 2 FGO zu beziehenden Ausführungen einer Beschwerdeschrift das herauszusuchen, was möglicherweise eine Zulassung der Revision rechtfertigen könnte.

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Schon unter diesem Gesichtspunkt bestehen Zweifel, ob die vorliegende Beschwerde als zulässig angesehen werden kann, weil ihr umfangreiches, 99 Seiten umfassendes und durch Anlagen angereichertes Vorbringen in weiten Teilen allenfalls die Unrichtigkeit der vom FG getroffenen Entscheidung, nicht jedoch das Vorliegen eines Revisionszulassungsgrundes darlegt.

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2. Ungeachtet dessen sind jedoch auch die in der Beschwerdeschrift ausdrücklich benannten Revisionszulassungsgründe nicht schlüssig dargestellt.

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a) Die Beschwerde greift zunächst den angeblich vom FG aufgestellten Rechtssatz an, als Beratungsstellenleiter sei ungeeignet, wer Pflichten nicht erfüllt hat, deren Einhaltung zwar von dem betreffenden Lohnsteuerhilfeverein erwartet werden könne, die ihn aber als Beratungsstellenleiter niemals beträfen. Warum dieser Rechtssatz --mag er richtig oder falsch sein-- die Zulassung der Revision rechtfertigen soll, legt die Beschwerde nicht dar.

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b) Sodann wendet sich die Beschwerde dem angeblich vom FG aufgestellten Rechtssatz zu, Lohnsteuerhilfevereine, denen die Anerkennung entzogen worden ist, hätten die Pflicht, ihre Mitglieder hierüber zu informieren, und führt lang und breit aus, weshalb eine solche Informationspflicht nicht bestehe. Auch in dieser Hinsicht ist jedoch ein Revisionszulassungsgrund nicht schlüssig dargelegt; dass in dieser Hinsicht die Rechtsauffassung des FG nicht, wie die Beschwerde behauptet, greifbar gesetzwidrig ist, begreift sich bei verständiger Würdigung von selbst und bedarf daher keiner näheren Ausführung.

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c) Weiter trägt die Beschwerde vor, das FG habe die Frage zu entscheiden gehabt, "ob im Zeitraum fehlender Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein die festgestellte Hilfeleistung entweder der Beschwerdeführer erbracht hat oder ob die Hilfe vielmehr nicht nur tatsächlich durch die selbige natürliche Person (gemeint: den Beratungsstellenleiter, der Rechtsanwalt ist), sondern zugleich normativ von ihr --und zwar in Ausübung ihres Anwaltsberufs-- geleistet wurde", welche Frage "die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache enthalte".

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Das ausufernde, nicht in allen Argumentationssträngen für den beschließenden Senat nachvollziehbare Vorbringen der Beschwerde lässt indes eine über den Einzelfall hinaus bedeutsame Rechtsfrage, deren Klärung im Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Handhabung oder Fortentwicklung des Rechts höchstrichterlicher Klärung bedarf, nicht erkennen. Unbeschadet dessen, dass es in diesem Zusammenhang gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO keiner ins Einzelne gehenden Auseinandersetzung mit dem Vortrag der Beschwerde bedarf, genügt in diesem Zusammenhang der Hinweis, dass in Fällen einer Doppelfunktion als Beratungsstellenleiter und als von dem Lohnsteuerhilfeverein unabhängig tätiger Rechtsanwalt die Zuordnung einzelner konkreter Beratungsleistungen als Tätigkeit für den Lohnsteuerhilfeverein oder als unabhängige Rechtsanwaltstätigkeit Aufgabe des Tatrichters ist, die dieser unter umfassender Würdigung der Umstände des Einzelfalls zu erledigen hat und im Streitfall auch unter eingehender Würdigung der Gegebenheiten desselben nicht nur nachvollziehbar, sondern überzeugend erledigt hat.

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d) Was die Beschwerde unter der Überschrift "Keine andere wirtschaftliche Tätigkeit" ausführt, lässt sich allenfalls als materiell-rechtlicher Angriff gegen die Richtigkeit der vom FG getroffenen Entscheidung nachvollziehen, enthält jedoch keine Revisionszulassungsgründe.

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e) Das gilt in gesteigertem Maß für die dann unter der Überschrift "Keine Besorgnis" folgenden Ausführungen, bei denen der Beschwerdeführer vollends die rechtlichen Voraussetzungen für die Zulassung einer Revision, nämlich die Tatbestandsmerkmale des § 115 Abs. 2 FGO, aus den Augen verloren zu haben scheint. Soweit er beiläufig einmal einen Rechtssatz, den das FG angeblich aufgestellt hat, anführt und meint, dieser stehe in Widerspruch zu einer früheren FG-Entscheidung, die in Entscheidungen der Finanzgerichte 1971, 359 veröffentlicht sei, kann auch insofern der Revisionszulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 2  2. Alternative FGO (sog. Divergenz) nicht einmal ernstlich in Betracht gezogen werden.

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f) Auch die unter der Überschrift "Ermessensdefizite" nun folgenden Ausführungen sind nicht geeignet, einen Revisionszulassungsgrund darzutun. Sie enthalten vielmehr ebenfalls --nicht in jeder Hinsicht immer nachvollziehbare-- Angriffe gegen die Richtigkeit der rechtlichen Würdigung des FG und beruhen im Übrigen auf einer offenbar grundsätzlichen Verkennung der Voraussetzungen, unter denen eine Revision nach § 115 Abs. 2 FGO zugelassen werden kann, etwa wenn die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) darin erblickt wird, "ob die Art, wie der Streitfall gelagert ist, über einen Kamm geschoren werden darf mit jenen anderen Fällen ...".

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g) Schließlich und endlich sieht die Beschwerde einen Revisionszulassungsgrund in ihren Erwägungen im Zusammenhang mit dem "Vertrauensschutz". Der beschließende Senat vermag ihren Ausführungen jedoch weder zu entnehmen, dass unter diesem Gesichtspunkt die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hätte (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), noch dass die Entscheidung des FG auf einem Rechtssatz beruhte, der von anderweit in der Rechtsprechung aufgestellten Rechtssätzen in einer Weise abwiche, die eine klärende Entscheidung des Senats erforderte (§ 115 Abs. 2 Nr. 2  1. Alternative FGO), noch gar, dass die Entscheidung des FG auf einer objektiv willkürlichen Würdigung der Sach- oder Rechtslage beruhte und greifbar gesetzwidrig wäre (§ 115 Abs. 2 Nr. 2  2. Alternative FGO).

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3. Auch Verfahrensfehler, auf denen die Entscheidung des FG beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), sind nicht schlüssig dargelegt, was nicht zuletzt daran liegt, dass der Beschwerde die Abgrenzung zwischen Verfahrensfehlern und materiell-rechtlichen Mängeln offenbar nicht geläufig ist, so wenn sie z.B. als verfahrensfehlerhaft rügt, dass das FG die Möglichkeit übergangen habe, "dass sich aus der Anerkennung des Lohnsteuerhilfevereins Vertrauensschutz ... als einschlägig erweisen konnte". Soweit im Schriftsatz vom 7. März 2009 weitere Verfahrensfehler des FG gerügt werden, kommt dies zu spät, weil sie nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist vorgetragen worden sind.

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4. Im Übrigen ergeht dieser Beschluss nach § 116 Abs. 5 Satz 2  2. Halbsatz FGO ohne weitere Begründung.