Entscheidungsdatum: 16.07.2012
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat im Jahr 1985 ein Brennrecht für seine landwirtschaftliche Verschlussbrennerei von seinem Vater übernommen, das im Oktober 1996 auf insgesamt 142,00 Hektoliter Alkohol festgesetzt worden ist. Zusätzlich wurde dem Kläger die Herstellung von jährlich bis zu 50 Litern Branntwein aus selbstgewonnenen Obststoffen im sogenannten Zwischenbetrieb bewilligt. Darüber hinaus wurde ihm die Erlaubnis erteilt, dass Stoffbesitzer in seiner Brennerei unter eigener Anmeldung unter Abfindung brennen dürfen.
Aufgrund eines Kontrollbrandes und einer weiteren Untersuchung eines Stoffbesitzerbrennverfahrens stellte das zuständige Hauptzollamt (HZA) erhöhte Alkoholausbeuten fest. In seiner Vernehmung räumte der Kläger ein, seit fünf bis sechs Jahren der Maische Zucker zugegeben zu haben. Dies sei auch bei den Stoffbesitzerbrennverfahren geschehen. Daraufhin leitete das HZA gegen den Kläger ein Strafverfahren ein. Bis zum Abschluss dieses Verfahrens wurden dem Kläger die mit dem Abfindungsbrennen verbundenen Vergünstigungen entzogen. Mit einem Kontingentbescheid vom 29. September 2005 teilte die damals zuständige Oberfinanzdirektion (OFD) dem Kläger das Erlöschen des Brennrechts für die landwirtschaftliche Verschlussbrennerei mit Wirkung vom 1. Oktober 1996 mit. Zur Begründung verwies die OFD auf den Verlust der Vergünstigung unter Abfindung zu brennen, und den dadurch bewirkten Wechsel in die Klasse der gewerblichen Brennereien, der aufgrund der bis in das Jahr 1996 zurückreichenden Tatvorwürfe nunmehr zum Verlust des Brennrechts führe. Aufgrund eines Einwands des Klägers wurde der Kontingentbescheid von der Beklagten und Beschwerdegegnerin (Bundesfinanzdirektion --BFD--), auf die die Zuständigkeit der OFD übergegangen ist, dahingehend geändert, dass das Erlöschen des Brennrechts erst zum 1. Oktober 1999 festgestellt wurde. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) urteilte, das Brennrecht des Klägers sei gemäß § 10 Abs. 5 und § 116a Abs. 1 Nr. 3 der Brennereiordnung (BO) i.V.m. § 38 Abs. 1 Nr. 2 des Branntweinmonopolgesetzes (BranntwMonG) erloschen. Durch die Verarbeitung von gezuckerten Obststoffen habe ein Wechsel der Brennereiklasse stattgefunden. Da nach den eigenen Angaben des Klägers die Maische ab dem Betriebsjahr 1999/2000 gezuckert worden sei, sei das Brennrecht nach § 38 Abs. 4 BranntwMonG rückwirkend zum 1. Oktober 1999 erloschen. Der Verlust des Brennrechts verletze den Kläger nicht in seinen Grundrechten. Bei einer landwirtschaftlichen Brennerei handele es sich lediglich um einen landwirtschaftlichen Nebenbetrieb, weshalb die Brennerei nicht als Grundlage der Lebensführung angesehen werden könne. Aus diesem Grund komme ein Eingriff in die Freiheit der Berufswahl (Art. 12 des Grundgesetzes --GG--) nicht in Betracht. Dem Kläger stehe es weiterhin frei, mit seiner Verschlussbrennerei Branntwein außerhalb des Brennrechts zu erzeugen, so dass auch kein Eingriff in das Recht zur freien Berufswahl vorliege. Schließlich stelle der Entzug des Brennrechts keinen Verstoß gegen das Übermaßverbot (Art. 3 GG) dar, denn der Gesetzgeber habe im Bereich der Steuervergünstigungen einen weiten Ermessensspielraum.
Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) und wegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Grundsätzlich bedeutsam sei die Rechtsfrage, ob das rückwirkende Erlöschen des Brennrechts dem verfassungsrechtlich gebotenen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspreche, zumal der hierzu erforderliche Brennereiklassenwechsel lediglich in einer Rechtsverordnung geregelt sei. Durch einen einmaligen, in der Vergangenheit liegenden Verstoß könne rückwirkend das Brennrecht erlöschen. Durch Änderungsgesetz vom 12. Januar 1967 sei die Übertragung von Brennrechten und die Zusammenlegung von landwirtschaftlichen Brennereien ermöglicht worden. Diese Rechtsänderung werfe die Frage auf, ob das vom FG ausdrücklich in Bezug genommene Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 31. Januar 1967 VII K 27/66 u.a. (BFHE 87, 582), nach dem es sich beim Brennrecht nicht um ein privates Vermögensrecht handele, noch Geltung beanspruchen könne. Zu berücksichtigen sei auch, dass nach der damaligen Rechtslage (§ 177 BranntwMonG) ein Ausgleich des Brennrechtsverlustes im Wege einer Billigkeitsentscheidung vorgesehen gewesen sei. Im Hinblick darauf sei die Revision auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtsfortbildung zuzulassen. Schließlich sei ein Verfahrensfehler darin zu erblicken, dass sich das FG mit der im Tatbestand angesprochenen Frage der Verhältnismäßigkeit des rückwirkenden Verlustes des Brennrechts in den Urteilsgründen nicht auseinandergesetzt habe. Da somit ein selbständiges Angriffs- und Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergangen worden sei, liege eine zumindest teilweise fehlende Begründung vor.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Entgegen der Auffassung des Klägers hat das FG die Frage nach der Verhältnismäßigkeit des rückwirkenden Verlustes des Brennrechts nicht unbeantwortet gelassen. In seiner Urteilsbegründung hat es ausdrücklich die in der Einspruchsentscheidung dargelegten Entscheidungsgründe gemäß § 105 Abs. 5 FGO in Bezug genommen und festgestellt, dass es diesen Ausführungen folge. In der Einspruchsentscheidung hat sich die BFD eingehend mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit befasst und ausgeführt, der Kläger habe durch das Brennen von gezuckerter Maische gegen fundamentale Pflichten des Branntweinmonopols verstoßen und es gebe kein milderes Mittel als den Verlust des Brennrechts, um die Sicherheit des Branntweinmonopols und die Sicherung des Steueraufkommens zu gewährleisten. In Anbetracht des ausdrücklichen Verweises auf diese Ausführungen kann keine Rede davon sein, dass das Urteil nicht mit Gründen versehen ist, wie der Kläger behauptet.
2. Soweit der Kläger Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft, genügen die Darlegungen nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Die bloße Behauptung des Klägers, die nationalen Regelungen verstießen gegen das verfassungsrechtlich gebotene Verhältnismäßigkeitsprinzip, können deshalb nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung führen (BFH-Beschluss vom 21. Februar 2002 XI B 39/01, BFH/NV 2002, 1035, m.w.N.). Wird die Verfassungswidrigkeit einer Norm geltend gemacht, muss der Beschwerdeführer in der Beschwerdeschrift den behaupteten Verfassungsverstoß im Einzelnen darlegen. Erforderlich ist hierzu eine substantiierte, an den Vorgaben des GG sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) orientierte rechtliche Auseinandersetzung mit dem erstinstanzlichen Urteil (BFH-Beschlüsse vom 26. September 2002 VII B 270/01, BFH/NV 2003, 480, und vom 3. April 2001 VI B 224/99, BFH/NV 2001, 1138). Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht, denn sie setzt sich mit der Rechtsprechung des BVerfG zur Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Steuerrecht nicht einmal ansatzweise auseinander; es fehlt selbst die Angabe der Norm des GG, deren Schutzbereich durch die behauptete Verletzung des Verhältnismäßigkeitsprinzips tangiert sein soll.
3. Soweit der Kläger einen Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG geltend macht und sich darauf beruft, dass dem Brennrecht der Charakter eines privaten Vermögensrechts zuerkannt werden müsse, kann seinen Ausführungen eine hinreichende Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BVerfG zum verfassungsrechtlich gebotenen Schutz des Eigentums (Art. 14 GG) ebenfalls nicht entnommen werden. In diesem Zusammenhang stellt die Beschwerde lediglich die These auf, dem Urteil des BFH in BFHE 87, 582, nach dem den branntweinsteuerrechtlichen Vergünstigungen sämtliche für den Eigentumsbegriff wesentlichen Merkmale fehlten, könne infolge der aktuellen Rechtsentwicklung nicht mehr gefolgt werden. Eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit dem von der Rechtsprechung des BVerfG entwickelten Eigentumsbegriff und seiner Ausprägung im Steuerrecht lässt die Beschwerde indes vermissen, weshalb eine Zulassung der Revision weder nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO noch nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO in Betracht kommt.
Im Übrigen hat der Senat in seiner Entscheidung vom 28. November 1995 VII R 6/94 (BFHE 179, 491) darauf hingewiesen, dass es sich beim Brennen unter Abfindung um ein Konglomerat von steuertechnischen, steuerverfahrensrechtlichen, monopol- und steuerrechtlichen Vergünstigungen handelt, dem ein Ausnahme- und Besitzstandscharakter zukomme. Ausdrücklich ist der Senat der Rechtsauffassung der Vorinstanz gefolgt, nach der sich der durch § 116b Abs. 1 BO geregelte dauerhafte Ausschluss der Wiederzulassung einer Brennerei zum Brennen unter Abfindung nicht als Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 GG darstellt. Der Entscheidung lässt sich entnehmen, dass der BFH auch nach der im Jahr 1967 erfolgten Änderung des BranntwMonG davon ausgeht, dass einem Brennrecht nicht der Charakter eines privaten Vermögensrechts zukommt, dessen Bestand durch Art. 14 GG geschützt wird.