Bundesfinanzhof

Entscheidungsdatum: 11.04.2013


BFH 11.04.2013 - VII B 172/12

(Zur Begründetheit einer Divergenzbeschwerde - Rechtsweg bei zusammengefasster Entscheidung über Versagung einer Ausnahmegenehmigung und Widerruf der Bestellung als Steuerberater)


Gericht:
Bundesfinanzhof
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsdatum:
11.04.2013
Aktenzeichen:
VII B 172/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend FG Köln, 21. Juni 2012, Az: 2 K 740/10, Urteil
Zitierte Gesetze

Leitsätze

NV: Die Zulassung der Revision wegen Divergenz setzt voraus, dass die divergierend beurteilte Rechtsfrage in dem angestrebten Revisionsverfahren geklärt werden kann. Das ist nicht der Fall, wenn das FG eine von anderen Gerichtsentscheidungen abweichende Entscheidung zur Zulässigkeit des Finanzrechtswegs getroffen hat.

Tatbestand

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I. Der als Steuerberater bestellte Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war ab April 2007 neben seiner steuerberatenden Tätigkeit in eigener Praxis als Prokurist/Generalbevollmächtigter einer Genossenschaftsbank im Bereich Rechnungswesen und Bilanzierung und damit zusammenhängenden steuerlichen Fragen tätig. Seit Januar 2009 ist er unter Beibehaltung seiner bisherigen Aufgabenbereiche Vorstandsmitglied dieser Bank. Nachdem die Beklagte und Beschwerdegegnerin (die Steuerberaterkammer) den Kläger bereits im Juli 2009 darauf hingewiesen hatte, dass dessen Tätigkeit als Vorstandsmitglied der Bank mit dem Beruf des Steuerberaters nicht zu vereinbaren sei und auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nicht vorlägen, widerrief sie mit Bescheid vom 11. Februar 2010 die Bestellung des Klägers als Steuerberater.

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Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Die Bestellung des Klägers als Steuerberater sei gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) zu Recht widerrufen worden, weil dessen Vorstandstätigkeit eine gewerbliche und daher mit dem Beruf des Steuerberaters gemäß § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG nicht vereinbare Tätigkeit sei. Die nach dem zweiten Halbsatz dieser Vorschrift mögliche Zulassung einer Ausnahme habe die Steuerberaterkammer zu Recht versagt. Der Kläger habe nicht hinreichend dargetan, dass in seinem Fall eine durch die gewerbliche Tätigkeit begründete Verletzung der Berufspflichten nicht zu erwarten sei. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass seine Beratungstätigkeit Bezüge zu Kreditfinanzierungsfragen aufweise und durch seine Vorstandstätigkeit beeinflusst werde. Über die Frage der Zulassung einer Ausnahme könne entschieden werden, obwohl der Kläger im Verlauf des Klageverfahrens erneut einen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung bei der Steuerberaterkammer gestellt und nach dessen Ablehnung eine entsprechende Verpflichtungsklage beim Verwaltungsgericht erhoben habe. Bei der Zulassung einer möglichen Ausnahme handele es sich um eine im Verfahren des Widerrufs der Bestellung gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 1 StBerG zu prüfende Vorfrage, so dass auch insoweit der Finanzrechtsweg gegeben sei.

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Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er zum einen auf den Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung in Gestalt der Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt. Soweit das FG über die Zulassung einer Ausnahme gemäß § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbsatz 2 StBerG entschieden und insofern den Finanzrechtsweg für gegeben angesehen habe, weiche es von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 26. September 2012  8 C 6.12 (Neue Juristische Wochenschrift ---NJW-- 2013, 330) ab. Zum anderen beruhe das FG-Urteil auf Verfahrensfehlern.

Entscheidungsgründe

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II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe z.T. nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt, jedenfalls aber nicht vorliegen.

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1. a) Als Konkretisierung der Grundsatzzulassung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO setzt auch der Zulassungsgrund der Divergenz voraus, dass die divergierend beurteilte Rechtsfrage in dem angestrebten Revisionsverfahren geklärt werden kann (Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 59). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

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Das FG hat ebenso wie das BVerwG in seinem Urteil in NJW 2013, 330 (sowie mit seinem einen ähnlichen Fall betreffenden Urteil vom 26. September 2012  8 C 26.11, NJW 2013, 327) angenommen, die zuständige Steuerberaterkammer entscheide über die Zulassung einer Ausnahme von der Unvereinbarkeit einer gewerblichen Tätigkeit mit dem Beruf des Steuerberaters gemäß § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbsatz 2 StBerG durch Verwaltungsakt, ist aber im Streitfall davon ausgegangen, die Steuerberaterkammer habe diese Entscheidung bereits mit dem Widerruf der Bestellung als Steuerberater getroffen, denn (so das FG) die Bestellung könne nicht nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach letztgenannter Vorschrift vorlägen. Die BVerwG-Urteile in NJW 2013, 327 und NJW 2013, 330 stehen dieser Betrachtungsweise nicht entgegen. Den Gründen jener Entscheidungen lässt sich nicht entnehmen, die Versagung einer Ausnahme und der (in der rechtlichen Folge auszusprechende) Widerruf der Bestellung als Steuerberater müssten in voneinander getrennten Verwaltungsakten bekanntgegeben werden. Das BVerwG hält eine isoliert zu treffende Entscheidung über eine Ausnahmegenehmigung lediglich für sinnvoll, um dem betroffenen Steuerberater unabhängig von einem Widerrufsverfahren die Möglichkeit zu eröffnen, die Unbedenklichkeit einer zweitberuflichen Betätigung in einem gesonderten Verfahren vorab zu klären. Um eine solche Vorabentscheidung geht es im Streitfall indes nicht, da die Steuerberaterkammer die Bestellung des Klägers als Steuerberater bereits widerrufen hat.

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Allerdings lässt sich den vorgenannten BVerwG-Urteilen die Rechtsauffassung entnehmen, auch in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem nicht allein eine isolierte Entscheidung der Steuerberaterkammer gemäß § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbsatz 2 StBerG, sondern zugleich der auf der Versagung der Ausnahme beruhende Widerruf der Bestellung als Steuerberater im Streit sind, seien diese beiden Verwaltungsentscheidungen auf getrennten Rechtswegen einer gerichtlichen Prüfung zuzuführen. Insoweit hat das FG im Streitfall --wie die Beschwerde zu Recht ausführt-- unter Hinweis auf die Rechtsprechung des beschließenden Senats (Senatsurteil vom 17. Mai 2011 VII R 47/10, BFHE 234, 379, BStBl II 2012, 49, Senatsbeschluss vom 29. November 2011 VII B 110/09, BFH/NV 2012, 797) eine andere Auffassung als das BVerwG vertreten.

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Die bisher nicht übereinstimmend beantwortete Rechtsfrage könnte in dem angestrebten Revisionsverfahren jedoch nicht geklärt werden, denn die Frage, ob das FG hinsichtlich der begehrten Ausnahme den Finanzrechtsweg zu Recht als gegeben angesehen hat, ist nach § 17a Abs. 5 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) einer revisionsrechtlichen Prüfung entzogen.

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b) Im Übrigen erfordert die Zulassung der Revision wegen Divergenz eine Abweichung des angefochtenen FG-Urteils von tragenden Rechtsausführungen der angegebenen Divergenzentscheidung des anderen Gerichts (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 54, 62). Auch diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht gegeben, denn in der seitens der Beschwerde bezeichneten Divergenzentscheidung in NJW 2013, 330 hat das BVerwG ebenfalls auf § 17a Abs. 5 GVG hingewiesen und seine Ausführungen zu der seiner Ansicht nach gegebenen Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs "unabhängig" von dieser Vorschrift gemacht. Die Entscheidung des BVerwG beruht somit nicht auf seinen Ausführungen zur Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs.

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2. Verfahrensmängel sind nicht schlüssig dargelegt.

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Anders als die Beschwerde meint, hat das FG keine nach dem Akteninhalt klar feststehenden Tatsachen unberücksichtigt gelassen. Vielmehr hat es das von der Beschwerde insoweit angeführte Vorbringen des Klägers, ihm seien nach seinem Dienstvertrag sowie nach einer Erklärung des Aufsichtsrats der Bank bestimmte Tätigkeiten, aus denen sich eine Interessenkollision ergeben könnte, ohnehin untersagt, im Tatbestand des Urteils ausdrücklich erwähnt. Es hat aus diesem Vorbringen lediglich nicht dieselben Folgerungen wie der Kläger gezogen, sondern das Gesamtergebnis des Verfahrens anders gewürdigt.

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Die schlüssige Darlegung des Verfahrensmangels einer Verletzung der dem FG von Amts wegen obliegenden Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) erfordert Angaben, welche Tatsachen das FG mit welchen Beweismitteln noch hätte aufklären sollen und weshalb sich dem FG eine Aufklärung unter Berücksichtigung seines --insoweit maßgeblichen-- Rechtsstandpunkts hätte aufdrängen müssen, obwohl der Kläger selbst keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat; schließlich, welches genaue Ergebnis die Beweiserhebung hätte erwarten lassen und inwiefern dieses zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung hätte führen können (vgl. Senatsurteil vom 5. Oktober 1999 VII R 152/97, BFHE 191, 140, BStBl II 2000, 93). An solchen Darlegungen fehlt es im Streitfall. Indem die Beschwerde rügt, das FG habe seine "Entscheidung auf Vermutungen und Unterstellungen gestützt", würdigt sie wiederum das Gesamtergebnis des Verfahrens anders, als es das FG getan hat, legt aber keinen die Sachaufklärung betreffenden Verfahrensmangel dar.