Bundesfinanzhof

Entscheidungsdatum: 27.10.2010


BFH 27.10.2010 - VII B 119/10

Kein Anspruch auf Zulassung zur Eignungsprüfung nach dreimaligem Scheitern in der Steuerberaterprüfung


Gericht:
Bundesfinanzhof
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsdatum:
27.10.2010
Aktenzeichen:
VII B 119/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend Finanzgericht des Saarlandes, 4. Mai 2010, Az: 1 K 1609/07, Urteil
Zitierte Gesetze
Art 14 Abs 5 S 1 EGRL 36/2005

Leitsätze

1. NV: Ein Anspruch auf Zulassung zur Eignungsprüfung nach § 37a Abs. 2 StBerG besteht nach zweimaliger erfolgloser Wiederholung der Steuerberatungsprüfung nicht. Denn die Eignungsprüfung ist eine Sonderform der Steuerberaterprüfung und über die Verweisung des § 37a Abs. 5 StBerG findet auch § 35 Abs. 4 StBerG Anwendung, weshalb die Steuerberaterprüfung insgesamt nur zweimal wiederholt werden kann.

2. NV: Aus der nach Art. 12 GG garantierten Berufsfreiheit lässt sich kein Recht ableiten, die Steuerberaterprüfung unbeschränkt oft zu wiederholen.

3. NV: Staatsangehörige anderer EU/EWR-Staaten und der Schweiz sind nach dreimaligem Scheitern in der Steuerberaterprüfung ebenfalls von der Eignungsprüfung nach § 37a Abs. 2 StBerG ausgeschlossen.

4. NV: Die Sperrwirkung des § 35 Abs. 4 StBerG schließt die Anwendbarkeit des § 37a StBerG insgesamt aus.

Tatbestand

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I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), der Rechtsanwalt, vereidigter Buchprüfer und Fachanwalt für Steuerrecht ist, ist in der Steuerberaterprüfung dreimal (zuletzt im Jahr 1994) gescheitert. Im Juni 2001 schloss der Kläger in Belgien erfolgreich eine Ausbildung zum "Steuersachverständigen" mit einem Diplom ab, welches ihn zur Hilfeleistung in Steuersachen in Belgien berechtigt. Den Antrag des Klägers, ihn von der in § 37a Abs. 2 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) vorgesehenen Eignungsprüfung zu befreien, lehnte das damals zuständige Ministerium der Finanzen ab. Hiergegen hat der Kläger Klage mit dem Ziel der Befreiung sowohl von der Steuerberaterprüfung als auch von der Eignungsprüfung sowie hilfsweise mit dem Ziel der Zulassung zur verkürzten Prüfung (nach § 37a Abs. 1 StBerG) bzw. zur Eignungsprüfung (nach § 37a Abs. 2 StBerG) erhoben. Er ist der Auffassung, dass er aufgrund seiner erfolgreich bestandenen Prüfung zum vereidigten Buchprüfer im Jahr 2005 die erforderliche Sachkunde nachgewiesen habe und daher eine Befreiung von der Steuerberaterprüfung wegen erforderlicher Sachkunde nach § 37a Abs. 2 bis 4 StBerG möglich sei. Jedenfalls sei er hilfsweise aufgrund seiner in Belgien gültigen Steuersachverständigenqualifikation zur Eignungsprüfung nach § 37a Abs. 2 StBerG zuzulassen.

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Das Finanzgericht (FG) hat die Klage als unbegründet abgewiesen, da der Kläger weder einen Anspruch auf Befreiung von der Steuerberaterprüfung noch auf Zulassung zur Eignungsprüfung habe. § 38 StBerG stelle eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende abschließende Aufzählung von Personengruppen dar, die von der Steuerberaterprüfung zu befreien sind. Auch ermächtige § 37a Abs. 4 Satz 4 StBerG nicht zu einer vollständigen Befreiung von der Eignungsprüfung, mit deren erfolgreicher Ablegung gemäß § 37a Abs. 2 Satz 2 StBerG dieselben Rechte wie durch die erfolgreich abgelegte Steuerberaterprüfung erworben würden. Jedenfalls beinhalte § 37a Abs. 4 Satz 4 StBerG eine nur eingeschränkt nach § 102 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) überprüfbare Ermessensentscheidung. Schließlich bestehe auch kein Anspruch des Klägers auf Zulassung zur Eignungsprüfung nach § 37a Abs. 4 StBerG, da er von der --in § 35 Abs. 4 StBerG vorgesehenen-- Möglichkeit der zweimaligen Wiederholung der Steuerberaterprüfung bereits erfolglos Gebrauch gemacht habe und damit für ihn eine verkürzte Prüfung i.S. des § 37a Abs. 1 StBerG bzw. eine Eignungsprüfung nach § 37a Abs. 2 StBerG gesperrt sei.

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Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde des Klägers.

Entscheidungsgründe

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II. Die Beschwerde (§ 116 Abs. 1 FGO) hat keinen Erfolg, weil der im nachgereichten Schriftsatz vom 20. Juli 2010 noch rechtzeitig geltend gemachte Revisionszulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO schon nicht schlüssig dargelegt ist, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erfordert, jedenfalls aber nicht vorliegt.

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1. a) Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2  1. Alternative FGO) ist in Fällen erforderlich, in denen über bisher ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden ist, so beispielsweise, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Grundsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen. Zur Darlegung des Zulassungsgrunds des § 115 Abs. 2 Nr. 2  1. Alternative FGO sind somit substantiierte und konkrete Angaben dazu erforderlich, weshalb eine Entscheidung des Revisionsgerichts zu einer bestimmten Rechtsfrage aus Gründen der Rechtsklarheit oder der Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse liegt (BFH-Beschluss vom 10. Oktober 2002 I B 147/01, BFH/NV 2003, 197). An solchen Darlegungen fehlt es im Streitfall. Die Beschwerde bezeichnet keine Rechtsfrage, deren Klärung aus Gründen der Rechtsklarheit oder der Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse liegt.

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b) Darüber hinaus ist ein Klärungsbedarf im Streitfall nicht gegeben, da der beschließende Senat bereits mit Urteil vom 1. April 2008 VII R 13/07 (BFHE 221, 378, BStBl II 2008, 693) entschieden hat, dass ein Anspruch auf Zulassung zur Eignungsprüfung nach § 37a Abs. 2 StBerG nach zweimaliger erfolgloser Wiederholung der Steuerberaterprüfung nicht besteht, weil die Eignungsprüfung eine Sonderform der Steuerberaterprüfung ist und über die Verweisung des § 37a Abs. 5 StBerG auch § 35 Abs. 4 StBerG Anwendung findet, wonach die Steuerberaterprüfung insgesamt nur zweimal wiederholt werden kann.

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c) Hat der BFH bereits früher über die Rechtsfrage entschieden, muss die Beschwerde begründen, weshalb gleichwohl eine erneute Entscheidung des BFH zu dieser Frage im Interesse der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung für erforderlich gehalten wird (vgl. Entscheidungen des BFH vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479; vom 22. Februar 2005 X B 164/04, BFH/NV 2005, 1126; vom 4. Mai 2005 XI B 225/03, BFH/NV 2005, 1603). Hierzu ist ein substantiierter Vortrag notwendig, inwiefern und aus welchen Gründen die Rechtsfrage weiterhin umstritten ist, weil von Seiten der Finanzgerichte oder der Literatur gewichtige Einwendungen gegen die Rechtsprechung vorgebracht wurden, mit denen sich der BFH noch nicht auseinandergesetzt hat (vgl. Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 116 FGO Rz 44). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde nicht:

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aa) Soweit der Kläger § 35 Abs. 4 StBerG als "verfassungsrechtlich nicht haltbar" ansieht, hat das FG zutreffend festgestellt, dass sich aus der nach Art. 12 des Grundgesetzes garantierten Berufsfreiheit kein Recht ableiten lässt, die Steuerberaterprüfung unbeschränkt oft zu wiederholen.

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bb) Die vom Kläger beanstandete Ungleichbehandlung mit einem EU-Ausländer liegt schon deshalb nicht vor, weil auch für den EU-Ausländer mit belgischem Diplom die Sperrwirkung des § 35 Abs. 4 StBerG gilt, wenn er dreimal in der Steuerberaterprüfung gescheitert ist. Daher wären, wie das FG zutreffend feststellt, Staatsangehörige anderer EU/EWR-Staaten und der Schweiz nach dreimaligem Scheitern in der Steuerberaterprüfung ebenfalls von der Eignungsprüfung nach § 37a Abs. 2 StBerG ausgeschlossen.

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cc) Auch kann der in Art. 14 Abs. 5 Satz 1 der Richtlinie 2005/36/EG (RL 2005/36/EG) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 255/22) erwähnte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht zu der --von der Beschwerde für richtig gehaltenen-- Auslegung führen, "dass § 35 Abs. 4 StBerG als ungültig behandelt wird für den, der nach einem ausländischem Studium zum ersten Mal in Deutschland eine Eignungsprüfung beantragt". Es ist nicht zweifelhaft, dass die Geltung des § 35 Abs. 4 StBerG auch für die in § 37a Abs. 2 StBerG genannten Personen mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist. Es bestünde daher in einem Revisionsverfahren keine Verpflichtung ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union zu richten.

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d) Die von der Beschwerde aufgeworfenen Frage, ob § 37a Abs. 4 Satz 4 StBerG eine generelle Befreiung von der Steuerberaterprüfung zulässt, kann mangels Klärungsbedarf im Streitfall dahingestellt bleiben, da jedenfalls die Sperrwirkung des § 35 Abs. 4 StBerG die Anwendbarkeit des § 37a StBerG insgesamt ausschließt.

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2. Dass die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH im Streitfall erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2  2. Alternative FGO), ist weder dargelegt noch ersichtlich.

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3. Soweit der Kläger das angefochtene Urteil für rechtsfehlerhaft hält, weil es das materielle Recht anders als von ihm begehrt auslegt, so begründet dies allein keinen Zulassungsgrund für eine Revision, selbst wenn das FG materiell rechtsfehlerhaft geurteilt hätte.