Bundesfinanzhof

Entscheidungsdatum: 10.03.2010


BFH 10.03.2010 - VI R 47/09

Doppelte Haushaltsführung: sog. Wegverlegungsfälle


Gericht:
Bundesfinanzhof
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsdatum:
10.03.2010
Aktenzeichen:
VI R 47/09
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend FG Münster, 22. April 2009, Az: 7 K 977/06 E, Urteil
Zitierte Gesetze

Leitsätze

NV: Eine aus beruflichem Anlass begründete doppelte Haushaltsführung kann auch dann vorliegen, wenn ein Arbeitnehmer seinen Haupthausstand aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort wegverlegt und er darauf in einer Wohnung am Beschäftigungsort einen Zweithaushalt begründet, um von dort seiner bisherigen Beschäftigung weiter nachgehen zu können (Anschluss an BFH-Urteile vom 5.3.2009 VI R 23/07 und VI R 5/06).

Tatbestand

1

I. Die ledige Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war im Streitjahr (2004) bei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in X beschäftigt und erzielte aus diesen Tätigkeiten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Ab Oktober 2003 nutzte sie neben ihrer 60 qm großen Wohnung in X auch die Wohnung ihres Lebenspartners in Z und beteiligte sich an den Kosten des gemeinsamen Haushalts. Zum 1. September 2004 bezogen die Klägerin und ihr Lebenspartner als gemeinsame Mieter eine größere Wohnung in Z. Anstelle der ursprünglichen mietete die Klägerin ab 1. Oktober des Streitjahres eine 44 qm große Wohnung am Beschäftigungsort in X.

2

Mit der Einkommensteuer-Erklärung für das Streitjahr beantragte die Klägerin, Aufwendungen in Höhe von 4.419 € als Kosten der doppelten Haushaltsführung ab 1. Oktober 2004 zu berücksichtigen. Dies lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ab. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage, mit der die Klägerin zusätzlich die Berücksichtigung einer Umzugskostenpauschale in Höhe von 561 € begehrte, ab. Das FG vertrat die Auffassung, dass die ab 2003 bestehende doppelte Haushaltsführung privat veranlasst sei.

3

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

4

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid dahin abzuändern, dass die Einkommensteuer für 2004 unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten in Höhe von 4.980 € herabgesetzt wird.

5

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

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1. Der erkennende Senat hat mit zwei Urteilen vom 5. März 2009 VI R 23/07 (BFHE 224, 420, BStBl II 2009, 1016) und VI R 58/06 (BFHE 224, 413, BStBl II 2009, 1012) seine Rechtsprechung zur doppelten Haushaltsführung (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes) in sog. Wegverlegungsfällen geändert (s. auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 10. Dezember 2009 IV C 5-S 2352/0, 2009/0813056, BStBl I 2009, 1599).

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Nach neuerer Rechtsprechung des erkennenden Senats kann eine aus beruflichem Anlass begründete doppelte Haushaltsführung auch dann vorliegen, wenn ein Arbeitnehmer seinen Haupthausstand aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort wegverlegt und er darauf in einer Wohnung am Beschäftigungsort einen Zweithaushalt begründet, um von dort seiner bisherigen Beschäftigung weiter nachgehen zu können. Zur Begründung im Einzelnen verweist der Senat auf die Urteilsgründe in den beiden angeführten Entscheidungen.

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2. Das FG ist noch von den vom Senat zwischenzeitlich aufgegebenen Grundsätzen ausgegangen; die Vorentscheidung ist deshalb aufzuheben. Im Streitfall scheidet eine Berücksichtigung der als Kosten einer doppelten Haushaltsführung geltend gemachten Aufwendungen nicht deshalb aus, weil der Haupthausstand vom Beschäftigungsort wegverlegt worden war.

10

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat --aus seiner Sicht zu Recht-- keine Feststellungen zur Höhe der von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen getroffen. Diese Feststellungen wird das FG im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben. Dabei wird auch zu klären sein, ob die von der Klägerin geltend gemachten Umzugskosten als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.