Bundesfinanzhof

Entscheidungsdatum: 24.02.2011


BFH 24.02.2011 - VI R 12/10

Werbungskosten bei einem Sprachkurs im Ausland


Gericht:
Bundesfinanzhof
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsdatum:
24.02.2011
Aktenzeichen:
VI R 12/10
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 17. Juni 2009, Az: 1 K 100/07, Urteilvorgehend BFH, 15. März 2007, Az: VI R 61/04, Urteilvorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 9. September 2003, Az: 1 K 275/02, Urteil
Zitierte Gesetze

Leitsätze

1. Auch wenn ein auswärtiger Sprachkurs nur Grundkenntnisse oder allgemeine Kenntnisse in einer Fremdsprache vermittelt, diese aber für die berufliche Tätigkeit ausreichen, kann der Kurs beruflich veranlasst sein und deshalb die Kursgebühr als Werbungskosten abgezogen werden .

2. Die Wahl, einen Sprachkurs auswärts zu besuchen, ist regelmäßig privat mitveranlasst. Bei der deshalb gebotenen Aufteilung der Reisekosten in Werbungskosten und Kosten der privaten Lebensführung kann dann auch ein anderer als der zeitliche Aufteilungsmaßstab angezeigt sein .

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob Aufwendungen eines Bundeswehroffiziers für einen Englischsprachkurs in Südafrika einkommensteuerlich als Werbungskosten zu berücksichtigen sind. Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang.

2

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war im streitigen Veranlagungszeitraum 2000 bei der Bundeswehr als Zugführeroffizier tätig und studierte zugleich an der Hochschule der Bundeswehr in X Wirtschafts- und Organisationswissenschaften. Er hat den Studiengang als Diplom-Kaufmann abgeschlossen. Nach Ablauf seiner Dienstzeit im Juni 2003 ist er aus dem Dienst der Bundeswehr ausgeschieden und seitdem als Sicherheitsberater selbständig tätig.

3

In der Zeit vom 14. August bis 8. September 2000 nahm der Kläger an einem Englischsprachkurs in Y (Südafrika) teil. Hierfür machte er mit seiner Einkommensteuererklärung erfolglos Aufwendungen in Höhe von 7.844 DM als Werbungskosten geltend.

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Die Klage, mit der der Kläger den Abzug von 5.294 DM begehrte, war im Wesentlichen erfolgreich (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2005, 29). Das Finanzgericht (FG) berücksichtigte Aufwendungen (Gebühren für den Sprachkurs, Reise- und Unterkunftskosten sowie Verpflegungsmehraufwendungen) in Höhe von insgesamt 5.013 DM.

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Auf die Revision des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) hob der Bundesfinanzhof (BFH) das Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück (BFH-Urteil vom 15. März 2007 VI R 61/04, BFH/NV 2007, 1132).

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Das FG wies daraufhin die Klage aus den in EFG 2010, 1100 veröffentlichten Gründen ab.

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Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

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Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid dahin abzuändern, dass die Einkommensteuer für 2000 unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten in Höhe von 5.013 DM herabgesetzt wird.

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Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Entgegen der Auffassung der Vorinstanz sind auch Aufwendungen für einen auswärtigen Sprachkurs und die damit verbundene Reise in abziehbare Werbungskosten und privat veranlasste Aufwendungen aufzuteilen. Die tatsächlichen Feststellungen des FG ermöglichen allerdings noch keine abschließende Beurteilung, in welchem Umfang die geltend gemachten Kosten als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.

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1. Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH gehören hierzu auch Bildungsaufwendungen, sofern sie beruflich veranlasst sind (BFH-Urteil vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01, BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407). Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem Beruf zusammenhängen und subjektiv zu dessen Förderung getätigt werden (BFH-Urteil vom 1. Februar 2007 VI R 25/03, BFHE 216, 522, BStBl II 2007, 459, m.w.N.).

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Auch Aufwendungen für der beruflichen Fortbildung dienende Reisen sind demnach dann als Werbungskosten abziehbar, wenn sie durch den Beruf bzw. den Betrieb veranlasst sind (ständige Rechtsprechung; s. etwa BFH-Urteile vom 21. April 2010 VI R 5/07, BFHE 229, 219, BStBl II 2010, 687; vom 22. Juni 2006 VI R 61/02, BFHE 213, 566, BStBl II 2006, 782; jeweils m.w.N).

13

a) Nach diesen Grundsätzen sind Kursgebühren zum Erwerb von Kenntnissen in einer Fremdsprache als Werbungskosten abziehbar, wenn ein konkreter Zusammenhang mit der Berufstätigkeit besteht. Ob dies zutrifft, ist durch Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (BFH-Urteile vom 14. April 2005 VI R 6/03, VI R 122/01, BFH/NV 2005, 1544; vom 10. April 2002 VI R 46/01, BFHE 198, 563, BStBl II 2002, 579).

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b) Bei einem Fortbildungslehrgang zum Erwerb oder zur Vertiefung von Fremdsprachenkenntnissen, der nicht am Wohnort des Steuerpflichtigen oder in dessen Nähe stattfindet (auswärtiger Sprachkurs), ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung weiter zu bestimmen, ob neben den reinen Kursgebühren auch die Aufwendungen für die mit dem Sprachkurs verbundene Reise beruflich veranlasst und demzufolge als Werbungskosten abziehbar sind. Der vollständige Abzug auch dieser Aufwendungen setzt voraus, dass die Reise ausschließlich oder nahezu ausschließlich der beruflichen Sphäre zuzuordnen ist. Das ist bei auswärtigen Sprachlehrgängen ebenso wie bei sonstigen Reisen vor allem dann der Fall, wenn ihnen offensichtlich ein unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde liegt und die Verfolgung privater Reiseinteressen nicht den Schwerpunkt bildet (BFH-Urteile vom 27. August 2002 VI R 22/01, BFHE 200, 250, BStBl II 2003, 369; vom 27. Juli 2004 VI R 81/00, BFH/NV 2005, 42; in BFH/NV 2005, 1544; vom 19. Dezember 2005 VI R 88/02, BFH/NV 2006, 730; VI R 89/02, BFH/NV 2006, 934).

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Liegt der Reise kein unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde, sind nach den Grundsätzen, die der Große Senat des BFH in seinem Beschluss vom 21. September 2009 GrS 1/06 (BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672) aufgestellt hat, die mit dem Sprachkurs verbundenen Reisekosten aufzuteilen, sofern der erwerbsbezogene Anteil nicht von untergeordneter Bedeutung ist.

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2. Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben. Die Sache ist jedoch nicht spruchreif.

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a) Die Vorinstanz wird erneut zunächst die berufliche Veranlassung des streitigen Sprachkurses festzustellen haben. In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass Aufwendungen zum Erwerb von Grundkenntnissen bzw. allgemeinen Kenntnissen in einer Fremdsprache als Werbungskosten anzuerkennen sind, wenn diese Kenntnisse für die berufliche Tätigkeit ausreichen (BFH-Urteile in BFHE 198, 563, BStBl II 2002, 579; vom 13. Juni 2002 VI R 168/00, BFHE 199, 347, BStBl II 2003, 765). Soweit das FG trotz des Vortrags des Klägers und der Bescheinigung der Kommandospezialkräfte vom 9. Oktober 2002 nicht davon überzeugt ist, dass der Kläger zur Ausübung seines Berufs (nur) auf die allgemeine Beherrschung der englischen Sprache angewiesen war, wird zu prüfen sein, ob insoweit die Ermittlungsmaßnahmen des FG bereits erschöpft sind. Die Annahme des FG, dass der Kläger für seinen Einsatz in multilateralen Stäben mehr auf ein spezifisches militärisches Fachvokabular als auf die allgemeine Beherrschung der englischen Sprache angewiesen gewesen sei, wird jedenfalls durch entsprechende Feststellungen nicht gedeckt.

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b) Im Fall der Aufteilung der mit dem Sprachkurs verbundenen Reisekosten ist Folgendes zu beachten:

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aa) Als sachgerechter Aufteilungsmaßstab für doppelmotivierte Kosten einer Reise kommt grundsätzlich das Verhältnis der beruflichen und privaten Zeitanteile der Reise in Betracht (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672; BFH-Urteil in BFHE 229, 219, BStBl II 2010, 687). Dieser Maßstab hat jedoch zur Voraussetzung, dass die maßstabsbildenden, unterschiedlich eindeutig zuzuordnenden Veranlassungsbeiträge nacheinander verwirklicht werden. Unterschiedliche Veranlassungsbeiträge, die --wie im Streitfall-- gleichzeitig verwirklicht werden, können auch nach einem anderen als dem zeitlichen Aufteilungsmaßstab aufzuteilen sein.

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bb) Bei der angesprochenen Aufteilung ist das FG im Übrigen ebenfalls zur Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls berufen. Dabei hat es einerseits zu berücksichtigen, dass eine Sprache in dem Land, in dem sie --gegebenenfalls neben anderen-- gesprochen wird, im Allgemeinen effizienter als im Inland zu erlernen sein wird. Das gilt insbesondere, wenn sich der Steuerpflichtige mit den Besonderheiten der Fremdsprache, der landesüblichen Aussprache und Betonung vertraut machen will (BFH-Urteil in BFHE 199, 347, BStBl II 2003, 765). Es darf zudem nicht darauf abgestellt werden, dass ein Besuch von Sprachkursen im Inland den gleichen Erfolg hätte haben können. Gleiches gilt auch für die Tatsache, dass ein Auslandsaufenthalt erhöhte Kosten verursachen kann (BFH-Urteil in BFH/NV 2006, 934).

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cc) Andererseits darf bei Sprachreisen der touristische Wert des Aufenthalts am Kursort nicht unbeachtet bleiben. Anders als bei sonstigen der Fortbildung dienenden Reisen besteht bei Sprachreisen für die Wahl des auswärtigen Kursortes regelmäßig keine unmittelbare berufliche Veranlassung. Deshalb wird die Ortswahl in diesen Fällen auch von privaten, in der Regel touristischen Interessen des Steuerpflichtigen bestimmt sein. Davon ist insbesondere auch im Streitfall auszugehen. Die Teilnahme an einem Sprachkurs in englischer Sprache in Südafrika ist außergewöhnlich und indiziert bereits, dass der Kläger die Reisekosten auch aus privaten Erwägungen auf sich genommen hat. Daher kann auch bei einem Intensivsprachkurs, der dem Steuerpflichtigen --wie im Streitfall-- unter der Woche wenig Zeit für touristische Aktivitäten belässt und diese deshalb im Wesentlichen auf das Wochenende beschränkt sind, eine Aufteilung der mit dem auswärtigen Aufenthalt verbundenen Kosten gerechtfertigt sein.

22

Sollte keiner der Beteiligten einen anderen Aufteilungsmaßstab substantiell vortragen und nachweisen, so bestehen keine Bedenken, von einer hälftigen Aufteilung sämtlicher mit der Reise verbundenen Kosten auszugehen.