Entscheidungsdatum: 19.03.2018
1. NV: Die Abgrenzung zwischen den bindenden Verfügungssätzen eines Feststellungsbescheids und deren (bloßer) Begründung ist durch Auslegung zu ermitteln.
2. NV: Lässt der Verfügungssatz eines Feststellungsbescheids Raum zu Zweifeln über seinen Inhalt, ist nicht nur auf den Tenor dieses Bescheids abzustellen, sondern auch auf dessen materiellen Regelungsgehalt einschließlich seiner Begründung.
Die Beschwerde der Kläger wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Thüringer Finanzgerichts vom 22. August 2017 2 K 349/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Kläger zu tragen.
Die Beschwerde der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen.
1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Dabei muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig sein (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschluss vom 24. Mai 2012 VI B 120/11, BFH/NV 2012, 1438, m.w.N.).
a) Die Kläger halten die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam, "ob Aussagen in Steuerbescheiden ihren Regelungscharakter im Sinne von § 118 AO und damit ihre Bindungskraft gemäß § 182 Abs. 1 AO verlieren können, sobald sie unter 'Erläuterungen' ausgewiesen sind".
Dieser Rechtsfrage kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Sie ist in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) bereits hinreichend geklärt.
b) Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Gewinnfeststellungsbescheid eine Vielzahl selbständiger und damit auch selbständig anfechtbarer Feststellungen enthalten, die eigenständig in Bestandskraft erwachsen und deshalb für die in dem nämlichen Bescheid getroffenen und rechtlich nachgelagerten Feststellungen Bindungswirkung entfalten können. Solche selbständigen Regelungen (Feststellungen) sind insbesondere die Qualifikation der Einkünfte, das Bestehen einer Mitunternehmerschaft, die Höhe des laufenden Gesamthandsgewinns sowie dessen Verteilung auf die Mitunternehmer und die Höhe eines Sondergewinns bzw. einer Sondervergütung. Selbständig anfechtbar ist auch die Feststellung eines Veräußerungs- oder Aufgabegewinns jedenfalls des einzelnen Mitunternehmers (BFH-Urteile vom 9. November 2017 IV R 37/14, BFHE 259, 545, und vom 16. März 2017 IV R 31/14, BFHE 257, 292, m.w.N.).
Die Bindungswirkung der Regelungen eines Feststellungsbescheids wird durch den Feststellungsbereich begrenzt. Die hiernach erforderliche Abgrenzung zwischen den bindenden Verfügungssätzen eines Feststellungsbescheids und deren (bloßer) Begründung ist durch Auslegung zu ermitteln (BFH-Urteil vom 8. November 2005 VIII R 11/02, BFHE 211, 277, BStBl II 2006, 253). Hierbei ist --wie generell bei Verwaltungsakten-- entsprechend § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs darauf abzustellen, wie ein verständiger Empfänger nach den ihm bekannten Umständen den Bescheid unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste (BFH-Urteile vom 11. Dezember 1997 III R 14/96, BFHE 185, 177, BStBl II 1999, 401; vom 10. Mai 2016 IX R 4/15, BFH/NV 2016, 1425, und vom 14. September 2017 IV R 28/14, BFH/NV 2018, 1). Nach ständiger Rechtsprechung sind die Gründe eines Feststellungsbescheids zur Bestimmung seines Tenors aber nur dann heranzuziehen, wenn der Verfügungssatz selbst Raum zu Zweifeln über seinen Inhalt lässt (z.B. BFH-Urteile vom 28. November 1985 IV R 178/83, BFHE 145, 226, BStBl II 1986, 293, 294; vom 18. November 1997 VIII R 65/95, BFH/NV 1998, 573; vom 29. Mai 2001 VIII R 10/00, BFHE 195, 486, BStBl II 2001, 747, 751, und in BFHE 211, 277, BStBl II 2006, 253).
Es hängt damit von den Umständen des Einzelfalls ab, ob zur Bestimmung des Umfangs der Bindungswirkung eines Feststellungsbescheids für den Folgebescheid gemäß § 182 Abs. 1 der Abgabenordnung neben dem Tenor (Verfügungssatz) auch die Begründung des Feststellungsbescheids heranzuziehen ist.
Einen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerdebegründung nicht auf. Ein solcher ergibt sich insbesondere nicht aus dem Hinweis der Kläger auf den BFH-Beschluss vom 9. März 1995 X B 242/94 (BFH/NV 1995, 858). Der BFH hat in jener Entscheidung zur Auslegung eines (negativen) Feststellungsbescheids zwar nicht nur auf den Tenor des Bescheids, sondern auch auf seinen materiellen Regelungsgehalt einschließlich seiner Begründung abgestellt. Dies beruhte aber darauf, dass der Tenor des Bescheids zu Zweifeln Anlass gab, weil er über die Zulässigkeit der Zurechnung negativer gewerblicher Einkünfte keine Auskunft gab. Allein dem Tenor des Bescheids konnte mithin nicht entnommen werden, ob das Betriebsstättenfinanzamt die Feststellung negativer gewerblicher Einkünfte abgelehnt hatte oder nicht.
2. Die Kläger rügen mit ihrer Beschwerde im Kern die materielle Richtigkeit des Urteils der Vorinstanz, indem sie geltend machen, das Finanzgericht (FG) habe den Regelungsgehalt der Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 2006 und 2007 unzutreffend bestimmt. Der Vortrag, das Urteil des FG sei rechtsfehlerhaft, rechtfertigt die Zulassung der Revision indessen nicht. Denn die Rüge der falschen Rechtsanwendung und tatsächlichen Würdigung des Streitfalls durch das FG ist im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren --von im Streitfall nicht gegebenen Ausnahmefällen abgesehen-- grundsätzlich unbeachtlich (BFH-Beschluss vom 10. Mai 2012 X B 71/11, BFH/NV 2012, 1461).
3. Von einer Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.