Entscheidungsdatum: 02.03.2015
NV: Die Zustellung eines finanzgerichtlichen Urteils mit Zustellungsurkunde an den Prozessbevollmächtigten ist auch nach Entzug der Zulassung des Prozessbevollmächtigten zur Rechtsanwaltschaft wirksam, solange das FG den Zustellungsempfänger nicht als Prozessbevollmächtigten zurückgewiesen hat.
Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 31. Oktober 2008 8 K 3440/06 wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
I. Das Finanzgericht (FG) hat die am 23. August 2006 erhobene Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) aufgrund mündlicher Verhandlung am 31. Oktober 2008 abgewiesen. Der Kläger war vor dem FG durch einen Prozessbevollmächtigten, den Rechtsanwalt R, vertreten. Das Urteil ist dem R mit Zustellungsurkunde am 2. Dezember 2008 zugestellt worden. Dem R war --nach dem Vorbringen des Klägers-- bereits zuvor am 18. September 2008 die Zulassung als Rechtsanwalt entzogen worden.
Die jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers nahmen am 27. März 2009 Einsicht in die Gerichtsakte des FG.
Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger mit einem am 19. Oktober 2011 beim FG und am 23. Oktober 2014 beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Die Vorsitzende des beschließenden Senats hat die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 11. November 2014 u.a. darauf hingewiesen, dass für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Fristen zur Erhebung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde die Fristen des § 56 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu beachten seien und die versäumte Rechtshandlung nachzuholen sei. Überdies könne ein Jahr seit dem Ende der versäumten Frist Wiedereinsetzung gemäß § 56 Abs. 3 FGO nicht mehr beantragt werden.
II. Die Beschwerde ist unzulässig.
1. Gemäß § 116 Abs. 2 Satz 1 FGO ist die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim BFH einzulegen. Nach § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO muss die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils begründet werden. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
Nach § 104 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ist ein aufgrund mündlicher Verhandlung verkündetes Urteil den Beteiligten zuzustellen. Zugestellt wird gemäß § 53 Abs. 2 FGO von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO).
a) Im Streitfall hat der Kläger die Beschwerdeeinlegungs- und die Beschwerdebegründungsfrist versäumt. Das Urteil der Vorinstanz wurde dem R am 2. Dezember 2008 mit Zustellungsurkunde (§§ 176 bis 182 ZPO) durch Einlegen in den zum Geschäftsraum gehörenden Briefkasten zugestellt (§ 180 ZPO). Selbst wenn die Prozessvollmacht des R in Folge des Verlusts seiner Vertretungsfähigkeit (§ 62 Abs. 2 Satz 1 FGO) durch den vom Kläger geltend gemachten Entzug der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft erloschen sein sollte (vgl. dazu Gräber/ Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 62 Rz 41; Brandt in Beermann/Gosch, FGO § 62 Rz 69), war die Zustellung des Urteils an R gemäß § 62 Abs. 3 Satz 2 FGO wirksam. § 62 Abs. 3 Satz 2 FGO dient der Rechtssicherheit. Für die Beurteilung der Frage, ob eine Zustellung an einen nicht (mehr) vertretungsbefugten Bevollmächtigten wirksam ist, müssen Gericht und Beteiligte hiernach nicht nachforschen, wann die Vertretungsbefugnis entfallen ist (Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 62 Rz 42). Eine Zurückweisung des R als Bevollmächtigten durch das FG ist nicht erfolgt.
b) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 FGO ist dem Kläger nicht zu gewähren. Der Wiedereinsetzungsantrag kann schon deshalb keinen Erfolg haben, weil nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder ohne Antrag bewilligt werden kann (§ 56 Abs. 3 FGO). Dass der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war, hat der Kläger nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich. Vielmehr waren den Prozessbevollmächtigten des Klägers durch die ihnen am 27. März 2009 vom FG gewährte Akteneinsicht sowohl das Urteil der Vorinstanz als auch die Zustellung des Urteils am 2. Dezember 2008 mittels Zustellungsurkunde bekannt.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.