Bundesfinanzhof

Entscheidungsdatum: 09.03.2012


BFH 09.03.2012 - VI B 121/11

Prozessurteil statt Sachurteil als Verfahrensmangel - Anforderungen an die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde bei kumulativer Begründung der FG-Entscheidung


Gericht:
Bundesfinanzhof
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsdatum:
09.03.2012
Aktenzeichen:
VI B 121/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 14. Oktober 2011, Az: 1 K 1124/11, Urteil
Zitierte Gesetze

Leitsätze

1. NV: Weist das FG die Klage zu Unrecht durch Prozessurteil als unzulässig ab, liegt ein Verfahrensfehler vor .

2. NV: Hat das FG die Klage darüber hinaus für unbegründet erachtet, so muss zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde hinsichtlich beider Gesichtspunkte ein Zulassungsgrund dargelegt werden .

Tatbestand

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I. Mit Urteil vom 14. Oktober 2011 wies das Finanzgericht (FG) die Klage der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wegen Einkommensteuer 2006 und 2007 ab. In den Entscheidungsgründen heißt es zunächst: "Die Klage ist unzulässig." Nach Auffassung des FG haben die Kläger die am 27. Januar 2011 beim FG eingegangene Klage verspätet erhoben. Die Klagefrist habe am 24. Januar 2011 geendet.

2

In den Entscheidungsgründen führt das FG ferner aus: "Die Klage ist aber auch nicht begründet." Insoweit verweist das FG im Wesentlichen auf die Ausführungen des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) in den Einspruchsentscheidungen.

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Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde machen die Kläger geltend, das angefochtene Urteil leide "an einem offensichtlichen schweren Verfahrensfehler" gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Klage sei am 24. Januar 2011 beim FA angebracht und damit rechtzeitig erhoben worden (§ 47 Abs. 2 FGO). Dies sei aktenkundig. Die vom FG gerügte Verfristung sei auch zu keinem Zeitpunkt Gegenstand der gerichtlichen Auseinandersetzung gewesen. Das FG hätte die Klage nicht als unzulässig verwerfen dürfen.

4

Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten. Es vertritt zwar die Auffassung, dass entsprechend § 47 Abs. 2 FGO die Klage fristgerecht erhoben worden sei. Das FG habe aber letztlich mit Sachurteil entschieden und dies zu Recht.

Entscheidungsgründe

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II. Die Beschwerde ist erfolglos.

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Weist das FG die Klage zu Unrecht durch Prozessurteil als unzulässig ab, statt zur Sache zu entscheiden, liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ein Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO vor (Beschlüsse vom 22. Juni 2010 VIII B 12/10, BFH/NV 2010, 1846; vom 25. März 2011 II B 141/10, BFH/NV 2011, 1006; vom 3. November 2010 II B 55/10, BFH/NV 2011, 295; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 80; Lange in Hübschmann/ Hepp/Spitaler --HHSp--, § 115 FGO Rz 234; jeweils m.w.N.).

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Im Streitfall muss nicht abschließend entschieden werden, ob das FG die Zulässigkeitsfrage unrichtig beurteilt hat. Denn unabhängig davon kann die Nichtzulassungsbeschwerde schon deshalb keinen Erfolg haben, weil das FG die Klage zugleich als unbegründet angesehen hat, diese Annahme die angefochtene Entscheidung eigenständig trägt und ihr gegenüber keine Gründe für eine Zulassung der Revision dargelegt worden sind (BFH-Beschluss vom 27. April 2009 I B 177/08, juris; Lange in HHSp, § 95 FGO Rz 34, m.w.N.).