Entscheidungsdatum: 26.09.2012
Die dem Ausführer auf seinen Antrag ausgezahlte Ausfuhrerstattung nach der VO Nr. 1255/1999 ist kein Entgelt eines Dritten nach § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG .
I. Streitig ist, ob die der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ausgezahlten Ausfuhrerstattungen der Europäischen Union (EU) für Milchprodukte nach der Verordnung (EG) Nr. 1255/1999 (VO Nr. 1255/1999) des Rates vom 17. Mai 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 160 S. 48) als Teil des Entgelts eines Zwischenhändlers i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) oder als Entgelt eines Dritten i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG die Bemessungsgrundlage erhöhen.
Die Klägerin stellte im Streitjahr 2000 Milchprodukte her. Sie veräußerte diese an inländische Zwischenhändler, die die Ware durch Frachtführer unmittelbar bei der Klägerin abholten und ins Drittland (Russland) exportierten. Nach den mit den Zwischenhändlern geschlossenen Verträgen verstand sich das für die Milchproduktlieferungen an die Klägerin zu zahlende Entgelt "netto/netto inclusive Exportsubventionen bzw. Ausfuhrerstattung", sodass die Exportsubventionen Teil des Kaufpreises waren. Hierbei wurde es der Klägerin von den Zwischenhändlern jedoch selbst überlassen, die Ausfuhrerstattung bei der EU zu beantragen. Die Klägerin verfügte über eine Ausfuhrlizenz und war Erstattungsberechtigte gemäß § 15 der Ausfuhrerstattungsverordnung.
In ihrer Umsatzsteuererklärung 2000 erklärte die Klägerin die für die Milchprodukte berechneten Entgelte zum ermäßigten Steuersatz von 7 %. Die hierfür erhaltenen Ausfuhrerstattungen der EU in Höhe von 213.323 DM ließ sie dabei unberücksichtigt.
Im Anschluss an eine Außenprüfung erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) am 10. April 2007 den Umsatzsteuerjahresbescheid 2000, in dem es u.a. die Umsatzsteuer um 7.135,48 € (7/107 aus 213.323 DM = 13.955,78 DM) erhöhte.
Nach vergeblichem Einspruchsverfahren wies das Finanzgericht (FG) die Klage ab. Das Urteil ist in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2012, 87 veröffentlicht. Zur Begründung führte es aus, es handele sich nicht um steuerfreie Ausfuhrlieferungen, da bei Versendung durch den Abnehmer der Lieferung die Steuerbefreiung nur dann greife, wenn der Abnehmer seinen Sitz im Ausland habe (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 UStG), woran es fehle.
Die gezahlten Exportsubventionen habe das FA zu Recht gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG als Entgelt Dritter angesehen. Zum Entgelt gehöre gemäß Art. 73 der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL) auch, was ein Dritter dem Unternehmer für seine Leistung gewähre "einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen". Die Klägerin habe im unmittelbaren Zusammenhang mit den Lieferungen der Milchprodukte an die Zwischenhändler den Anspruch auf Ausfuhrerstattung erworben. Hierbei könne offen bleiben, ob nach der Vertragsgestaltung der Klägerin die Exportsubventionen von den Zwischenhändlern im Wege der Abtretung als Teil des Kaufpreises überlassen wurden oder ob die Klägerin selbst Gläubigerin der Ausfuhrerstattungen gewesen sei. Denn im ersten Falle (Abtretung) bestehe das von den Zwischenhändlern erhaltene Gesamtentgelt aus Kaufpreis plus Ausfuhrerstattung, während bei Annahme einer eigenen Erstattungsberechtigung der Klägerin gegenüber der EU die Subventionen zur Bemessungsgrundlage zählten. Denn Zweck der Ausfuhrerstattung sei es gewesen, den Preisunterschied zwischen dem innerhalb der EU künstlich erhöhten Richtpreis und dem Weltmarktpreis wieder auszugleichen, und es der Klägerin damit zu ermöglichen, ihre für den Export bestimmten Produkte zu einem niedrigeren Preis an die Zwischenhändler zu verkaufen und damit den Absatz der Produkte auf dem Weltmarkt sicherzustellen. Im Unterschied zu den Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache Mohr vom 29. Februar 1996 C-215/94 (Slg. 1996, I-959) und Landboden Agrardienste vom 18. Dezember 1997 C-384/95 (Slg. 1997, I-7387) sei es nicht um die Aufgabe einer Milcherzeugung oder Minderung der Kartoffelernte gegangen, bei der es keinen identifizierbaren Leistungsempfänger gebe, son-dern um Verkaufsförderung. Die Ausfuhrerstattung verfolge den Zweck, die innerhalb der EU produzierten Milchwaren im Dritt-land absetzen zu können; sie diene nicht nur der Förderung der Klägerin.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der auf Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision und führt zur Begründung aus: Bei der Ausfuhrerstattung handele es sich nicht um Entgelt der Zwischenhändler an die Klägerin, das diese im Wege der Abtretung an die Klägerin geleistet hätten, denn nicht die Zwischenhändler seien Inhaber der Ausfuhrerstattungsansprüche gewesen, sondern die Klägerin. In den Formularen für die Ausfuhranmeldungen sei die Klägerin als Anmelder benannt. Die Zahlung der EU sei vielmehr aus allgemeinen strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen erfolgt. Schließlich handele es sich auch nicht um Entgelt in Form der Zahlung eines Dritten oder einer "unmittelbar mit dem Preis zusammenhängenden Subvention" i.S. des Art. 73 der MwStSystRL, weil das Förderungsziel nicht die Subvention der Preise zugunsten des Abnehmers, sondern die Subvention des leistenden Unternehmers sei. Dementsprechend habe der EuGH bei Beihilfezahlungen für Trockenfutter die Beihilfen nicht zur Bemessungsgrundlage gezählt, weil es sich nicht um eine Verkaufsförderung handele (EuGH-Urteil vom 15. Juli 2004 C-463/02, Kommission/Schweden, Slg. 2004, I-7335). Bei der Ausfuhrerstattung liege keine Zahlung für eine bestimmte Leistung vor, weil sie nicht unmittelbar mit dem Preis des steuerpflichtigen Umsatzes zwischen Klägerin und Zwischenhändler zusammenhänge, sondern mit der Ausfuhr. Die Ausfuhrerstattungen würden daher entgegen der Ansicht des FG nicht im Interesse der Zwischenhändler, sondern der inländischen Landwirte gezahlt.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des FG-Urteils und der Einspruchsentscheidung vom 1. Februar 2008 den Umsatzsteuerbescheid 2000 vom 10. April 2007 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer um 7.135,48 € auf -12.142.187,61 € vermindert wird.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Es verteidigt die Vorentscheidung. Es handele sich um Entgelt Dritter, weil die Subventionen der Preisauffüllung dienten. Der Sachverhalt des Urteils des EuGH Kommission/Schweden in Slg. 2004, I-7335 (Trockenfutterbeihilfe) sei nicht vergleichbar.
II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Die dem Ausführer aufgrund einer ihm erteilten Ausfuhrlizenz und auf seinen Antrag ausgezahlte Ausfuhrerstattung nach der VO Nr. 1255/1999 ist entgegen der Auffassung des FG kein Ent-gelt eines Dritten nach § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, denn den Feststellungen des FG lässt sich nicht entnehmen, ob nach den vertraglichen Vereinbarungen die Klägerin die Erstattungszahlungen erfül-lungshalber oder an Erfüllungs statt als Entgelt des Leis-tungsempfängers nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG erhalten hat.
1. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG gehört "zum Entgelt auch, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt". Diese Vorschrift setzt Art. 11 Teil A Abs. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG; jetzt Art. 73 MwStSyStRL) um, wonach zur Besteuerungsgrundlage alles zählt, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger oder von einem Dritten erhält oder erhalten soll, "einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen". Diese Regelung zielt darauf ab, den gesamten Wert der Gegenstände und Dienstleistungen der Mehrwertsteuer zu unterwerfen und somit zu vermeiden, dass die Zahlung einer Subvention zu einem geringeren Steuerbetrag führt (EuGH-Urteil Kommission/Schweden in Slg. 2004, I-7335 zur Trockenfutterbeihilfe).
2. Nach dem Senatsurteil vom 9. Oktober 2003 V R 51/02 (BFHE 203, 515, BStBl II 2004, 322), mit der sich der Bundesfinanzhof (BFH) der EuGH-Rechtsprechung angeschlossen hat, gehören Zahlungen der öffentlichen Hand an einen Unternehmer, der Lieferungen oder sonstige Leistungen an Dritte erbringt, --un-abhängig von der Bezeichnung als "Zuschuss"-- dann gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG zum Entgelt für diese Umsätze, wenn
- der Zuschuss dem Abnehmer des Gegenstands oder dem Dienstleistungsempfänger zugutekommt,
- der Zuschuss gerade für die Lieferung eines bestimmten Gegenstands oder die Erbringung einer bestimmten sonstigen Leistung gezahlt wird, und
- mit der Verpflichtung der den Zuschuss gewährenden Stelle zur Zuschusszahlung das Recht des Zahlungsempfängers (Unternehmers) auf Auszahlung des Zuschusses einhergeht, wenn er einen steuerbaren Umsatz bewirkt hat.
Nicht zum Entgelt gehören die Zahlungen des Dritten, wenn sie zur allgemeinen Förderung des leistenden Unternehmers und nicht überwiegend im Interesse des Leistungsempfängers für eine bestimmte Leistung bewirkt werden. An einem Leistungsaustausch kann es insbesondere dann fehlen, wenn die Zahlung aus öffentlichen Kassen lediglich der Förderung der Tätigkeit des Empfängers aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen dient und nicht der Gegenwert für eine Leistung des Zahlungsempfängers an den Geldgeber ist (BFH-Urteile in BFHE 203, 515, BStBl II 2004, 322, unter II.2.c, und vom 18. Dezember 2008 V R 38/06, BFHE 225, 155, BStBl II 2009, 749). Die Abgrenzung zwischen Entgelt eines Dritten und nicht steuerbarem "echten" Zuschuss wird somit vor allem nach der Person des Bedachten und dem Förderungsziel vorgenommen (BFH-Urteile in BFHE 203, 515, BStBl II 2004, 322, unter II.2.c, und in BFHE 225, 155, BStBl II 2009, 749).
3. Die Ausfuhrerstattung nach der VO Nr. 1255/1999 ist kein Entgelt von dritter Seite i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG, weil es insoweit am unmittelbarem Zusammenhang mit einer Lieferung oder sonstigen Leistung fehlt.
a) Nach Art. 31 Abs. 1 der VO Nr. 1255/1999 kann eine Ausfuhrerstattung gewährt werden für "die Ausfuhr der in Artikel 1 ausgeführten Erzeugnisse in unverändertem Zustand oder in Form von Waren des Anhangs II, wenn es sich um Erzeugnisse des Artikels 1 Buchstaben a), b), c), d), e) und g) handelt". Nach den Feststellungen des FG wurden im Streitfall Erstattungen für die Ausfuhr derartiger Waren gewährt.
Nach Art. 46 Abs. 1 der VO Nr. 1255/1999 hebt diese Verordnung die zuvor geltende Verordnung (EWG) Nr. 804/68 (ABlEG Nr. L 148) vom 27. Juni 1968 in der Fassung der VO Nr. 1587/96, vom 30. Juli 1996 (ABlEG Nr. L 206/21) auf; nach Art. 46 Abs. 2 der VO Nr. 1255/1999 gelten Bezugnahmen auf die VO Nr. 804/68 als Bezugnahmen auf die VO Nr. 1255/1999. Hieraus ergibt sich im Streitfall die Anwendung der VO Nr. 800/1999 vom 15. April 1999 (ABlEG Nr. L 102 S. 11) über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen, denn nach Art. 1 der VO Nr. 800/1999 gilt diese Verordnung für Ausfuhrerstattung nach Art. 17 der VO Nr. 804/68. Gemäß der Entsprechungstabelle zur VO Nr. 1255/1999 (Anhang III zu dieser Tabelle) hat Art. 31 der VO Nr. 1255/1999 den Art. 17 der VO Nr. 804/68 ersetzt.
Für den Begriff der Ausfuhr i.S. der VO Nr. 1255/1999 ergibt sich, dass nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. g der VO Nr. 800/1999 "Ausfuhr die Erfüllung der Ausfuhrförmlichkeiten, gefolgt durch das Verlassen des Zollgebietes der Gemeinschaft durch die Erzeugnisse" ist.
Ausfuhr im Sinne des Ausfuhrerstattungsrechts ist daher ein tatsächlicher Vorgang, der mit dem Verlassen des Zollgebietes unter Beachtung der hierfür geltenden Zollförmlichkeiten beendet ist. Dies entspricht der zollrechtlichen Definition der Ausfuhr, für die es gleichfalls auf einen tatsächlichen Vorgang, auf das Verbringen von Waren aus dem Zollgebiet, ankommt (Witte, Zollkodex, Art. 4 Rdnr. 2).
Der erstattungsrechtliche Ausfuhrbegriff knüpft somit nicht an eine der Ausfuhr zugrundeliegende Rechtsbeziehung an, die die Voraussetzung eines steuerbaren Leistungsaustauschs i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG (Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG) erfüllt. Da die Zahlung der Ausfuhrerstattung somit keine Lieferung i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG voraussetzt und die Zahlung nicht im umsatzsteuerrechtlichen Sinn für eine Leistung des Unternehmers an einen Empfänger gewährt wird (vgl. BFH-Urteil vom 19. Oktober 2001 V R 48/00, BFHE 196, 376, BStBl II 2003, 210, unter II.3.c), fehlt der Zahlung der Entgeltcharakter für eine Lieferung.
b) Bestätigt wird dies durch den Zweck der Ausfuhrerstattung. Diese dient nicht in erster Linie dem Leistungsempfänger.
aa) Nach Art. 31 der VO Nr. 1255/1999 wird die Ausfuhrerstattung gezahlt, um die Ausfuhr der genannten Erzeugnisse auf der Grundlage der im internationalen Handel geltenden Preise zu ermöglichen. Innerhalb der Union werden die Preise für diese Produkte durch ein Prämien- und Interventionssystem künstlich hoch gehalten, um der landwirtschaftlich tätigen Bevölkerung eine angemessene Lebenshaltung zu ermöglichen, die Märkte zu stabilisieren (Nr. 2 der Begründungserwägungen der VO Nr. 1255/1999) und "den Anteil der Gemeinschaft am Welthandel mit Milch und Milcherzeugnissen zu wahren" (Begründungserwägung Nr. 21 der VO Nr. 1255/1999). Der Verkauf dieser Produkte in Drittländer, die ihren Bedarf zum günstigeren Weltmarktpreis decken können, ist aufgrund dieser Preise nur mit Verlust möglich. Daher soll die Ausfuhrerstattung den Preisunterschied ausgleichen, der sich aufgrund der Richtpreise (Art. 3 der VO Nr. 1255/1999) zwischen dem Preis innerhalb der EU und demjenigen im internationalen Handel ergibt. Die Ausfuhrerstattung kommt jedoch nicht --wie für die Berücksichtigung als zusätzliches Entgelt erforderlich-- in erster Linie den Abnehmern von Milchprodukten in einem Drittland zugute, sondern sie dient allgemeinen strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Marktregelungszwecken, nämlich der Stützung der inländischen Landwirte und der Sicherung eines ausreichenden Mindestbestandes an Milchprodukten.
bb) Hinzukommt, dass --ebenso wie die Subvention für die Herstellung von Trockenfutter, die Gegenstand der Entscheidung des EuGH Kommission/Schweden in Slg. 2004, I-7335 Rdnrn. 42 f.) war-- die Beihilfe trotz der gegenüber dem Weltmarkt höheren Produktionskosten die Erzeugung in der Gemeinschaft fördern und nicht Dritte zum Kauf von Milchprodukten veranlassen soll, deren Preis aufgrund der Beihilfe unter dem Weltmarktpreis läge, was zur Folge hätte, dass eine auf den gezahlten Preis beschränkte Bemessungsgrundlage für die Mehrwertsteuer nicht dem gesamten Wert des gelieferten Gegenstands entspräche. Die Regelung soll vielmehr Abnehmern in Drittländern ermöglichen, sich in der Gemeinschaft zu einem dem Weltmarktpreis entsprechenden (Normal)Preis zu versorgen, zu dem sie sich außerhalb der Gemeinschaft auch dann versorgen könnten, wenn ohne Beihilfe innerhalb der Gemeinschaft kein oder kein ausreichendes Angebot vorhanden wäre. Die auf diesen Preis --d.h. den Preis ohne Berücksichtigung der Beihilfe-- erhobene Mehrwertsteuer erfasst daher --ebenso wie in dem vom EuGH Kommission/Schweden in Slg. 2004, I-7335 entschiedenen Sachverhalt-- den gesamten Marktwert des Gegenstands.
Hierzu führt der EuGH in seinem Urteil Kommission/Schweden in Slg. 2004, I-7335 zur Trockenfutterbeihilfe aus (Rdnr. 43):
"In diesem Kontext stellt sich die Beihilferegelung nicht als Verbrauchsförderung dar. Sie soll nicht Dritte zum Kauf von Trockenfutter veranlassen, dessen Preis aufgrund der Beihilfe unter dem Weltmarktpreis läge, was zur Folge hätte, dass eine auf den gezahlten Preis beschränkte Bemessungsgrundlage für die Mehrwertsteuer nicht den Wert der gelieferten Gegenstände entspräche. Die Regelung soll Dritten vielmehr ermöglichen, sich in der Gemeinschaft zu einem dem Weltmarktpreis entsprechenden Preis zu versorgen, zu dem sie sich zudem außerhalb der Gemeinschaft versorgen könnten, wenn ohne die Beihilfe innerhalb der Gemeinschaft kein oder kein ausreichendes Angebot vorhanden wäre. Die auf diesen Preis erhobene Mehrwertsteuer erfasst also den gesamten Marktwert des Gegenstandes." Dies gilt auch für den Streitfall.
Entgegen der Rechtsauffassung des FA stellt somit die Ausfuhrerstattung für Milchprodukte keine im Interesse der Abnehmer liegende Preisauffüllung dar, die dazu bestimmt ist, das Entgelt auf den Normalpreis (Weltmarktpreis) aufzufüllen, sondern --im Gegenteil-- sie dient dazu, eine künstliche Verteuerung abzubauen.
4. Der Senat kann jedoch nicht selbst entscheiden, da das FG keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen hat, ob die Ausfuhrerstattung aufgrund der Vereinbarungen mit den Zwischenhändlern Entgelt i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG waren.
Hierzu sind die Feststellungen des FG widersprüchlich. Während das FG zunächst (auf Seite 3 seines Urteils) ausführt, dass die Ausfuhrerstattungen "Teil des Kaufpreises waren", lässt es in den Gründen (Seite 5 des Urteils) ausdrücklich offen, "ob die mit den Zwischenhändlern vereinbarte Preisklausel eine Abtretung etwaiger Ansprüche auf Ausfuhrerstattungen der Zwischenhändler an die Klägerin darstellen". Hierzu sind daher weiter gehende Feststellungen zu treffen. Hierbei wird das FG von Folgendem auszugehen haben:
a) Liegt --wie im Streitfall zwischen der Klägerin und den Zwischenhändlern-- eine entgeltliche Leistung i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vor, ist für deren Besteuerung unerheblich, ob der Leistungsempfänger die Entgeltsverpflichtung in eigener Person erfüllt oder ob ein anderer vereinbarungsgemäß den vom Leistungsempfänger für die Leistung geschuldeten Betrag bezahlt (z.B. BFH-Urteil vom 19. Oktober 2001 V R 75/98, BFH/NV 2002, 547, unter II.3.d). Ohne Bedeutung für die Umsatzsteuer ist deshalb, ob der Leistungsempfänger seine Entgeltforderung vereinbarungsgemäß durch Abtretung einer Forderung erfüllt, die er, der Leistungsempfänger, selbst gegenüber einem Dritten besitzt (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 25. Mai 1993 C-18/92, Bally, Slg. 1993, I-2871 Rdnr. 17) und diesen insoweit in die Erfüllung seiner Entgeltsverpflichtung einschaltet. Dass der Zahlende zugleich eine eigene Verpflichtung gegenüber dem Leistungsempfänger und/oder dem leistenden Unternehmer erfüllt, steht der Beurteilung der Zahlung als Entgelt in einem anderen Rechtsverhältnis nicht entgegen (BFH-Urteil in BFH/NV 2002, 547, unter II.3.d; vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 15. Mai 2001 C-34/99, Primback Ltd., Slg. 2001, I-3833 Rdnr. 43, m.w.N.). Ist daher der Ausfuhrerstattungsanspruch als Teil des Entgelts für die Lieferungen an den Zwischenhändler vereinbart worden, ist die Zahlung Teil der Bemessungsgrundlage für die Lieferungen. Für einen Entgeltcharakter der Ausfuhrerstattung im Verhältnis zum Zwischenhändler würde sprechen, dass im Falle einer Leistungsstörung der Zwischenhändler zur Nachzahlung einer ausgebliebenen Ausfuhrerstattung verpflichtet wäre, wenn z.B. die Erstattung aus Gründen, die die Klägerin nicht zu vertreten hätte, ganz oder teilweise ausbleiben sollte.
b) Zu keinem zusätzlichen Entgelt in Form der Abtretung geldwerter Ansprüche oder Vorteile führt es, wenn die Zwischenhändler lediglich die Mithilfe und Unterstützung bei der Verfolgung eigener Rechtsansprüche der Klägerin an der Durchsetzung von Ausfuhrerstattungsansprüchen vereinbart hätten, z.B. durch die Übergabe von Ausfuhrdokumenten oder weiterer Nach-weisunterlagen. Denn nicht die Erfüllung jedweder Nebenpflich-ten aus einem Vertrag (wie z.B. die Rechnungslegung) stellt bereits ein zusätzliches Entgelt i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG dar.
c) Das FG wird dabei berücksichtigen, dass gemäß Art. 31 Abs. 6 der VO Nr. 1255/1999 sowie der im Streitjahr geltenden Durchführungsbestimmungen (VO Nr. 800/1999 vom 15. April 1999) der "Ausführer" erstattungsberechtigt nach Art. 2 Buchst. i ist. Nach dem EuGH-Urteil vom 12. Juli 2012 in den verbundenen Rechtssachen C-608/10 Südzucker AG, C-10/11 WEGO Landwirtschaftliche Schlachtstellen GmbH und C-23/11 Fleischkontor Moksel GmbH (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2012, 1000) hat der Inhaber einer Ausfuhrlizenz grundsätzlich dann Anspruch auf Ausfuhrerstattung, wenn er in Feld 2 der bei der zuständigen Zollstelle abgegebenen Ausfuhranmeldung als Ausführer eingetragen ist (Rdnr. 44).
5. Eine Vorlage an den EuGH zur Klärung der Frage, "ob die im vorliegenden Fall der Klägerin gewährten Ausfuhrerstattungen Entgelt von dritter Seite sind", ist nicht erforderlich, da die Grundsätze geklärt sind und es nach der Rechtsprechung des EuGH Sache der nationalen Gerichte ist, "anhand der ihm unterbreiteten Tatsachen festzustellen, ob die Subvention eine solche Gegenleistung darstellt" (z.B. EuGH-Urteil vom 22. November 2001 C-184/00, Office des produits wallons, Slg. 2001, I-9115 Rdnr. 18).