Entscheidungsdatum: 28.08.2014
Verbucht der Unternehmer Ausfuhrlieferungen auf einem separaten Konto unter Bezugnahme auf die jeweilige Rechnung, kann dies ausreichen, um den Buchnachweis nach § 6 Abs. 4 UStG i.V.m. § 13 UStDV dem Grunde nach zu führen.
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) lieferte Gegenstände in das Ausland und behandelte die Lieferungen als nach § 6 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfrei. In ihrer Buchführung verbuchte sie die Ausfuhrlieferungen auf einem separaten Konto unter Bezugnahme auf die jeweilige Rechnung über die Ausfuhrlieferungen. Im Anschluss an eine Außenprüfung ging der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass die Lieferungen steuerpflichtig seien, da die Klägerin den Beleg- und Buchnachweis nicht erbracht habe und änderte durch die Bescheide vom 2. Februar 2012 die Steuerfestsetzungen für die Streitjahre 2007 und 2008. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Demgegenüber gab das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2014, 1045 veröffentlichten Urteil der Klage statt. Die Klägerin habe unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) wie auch der des Bundesfinanzhofs (BFH) sowohl den Belegnachweis als auch den Buchnachweis erbracht. Sie habe mit der Erstellung von Anlagen zu den Rechnungen vor der letzten mündlichen Verhandlung die erforderlichen Spezifizierungen vorgenommen. Die Angaben seien zur Bezeichnung von Menge und Art der ausgeführten Gegenstände ausreichend, da anhand dieser Bezeichnungen für einen sachkundigen Dritten eindeutig feststellbar sei, welche Waren ausgeführt worden seien. Der Angabe individualisierter Artikelnummern habe es nicht bedurft. Der Buchnachweis ergebe sich daraus, dass die Klägerin die steuerfreien Ausfuhrlieferungen auf einem gesonderten Konto unter Angabe der jeweiligen Rechnungsnummer aufgezeichnet habe. Aufgrund der Erstellung der Anlagen zu den Rechnungen sei auch der Buchnachweis noch rechtzeitig ergänzt worden.
Hiergegen wendet sich das FA mit seiner Revision. Für den buchmäßigen Nachweis reichten Sammelbezeichnungen wie z.B. Lederware nicht aus. Die erst nachträglich erstellten Anlagen zu den Rechnungen hätten der Betriebsprüfung nicht vorgelegen. Diese Anlagen seien für einen Objektivnachweis nicht geeignet. Die Klägerin habe auch kein Warenausgangsbuch i.S. von § 144 der Abgabenordnung (AO) geführt. Ihre gesamte Buchführung sei nicht als ordnungsgemäß anzusehen. Die Klägerin habe das Umlaufvermögen nicht einzeln, sondern nur mit Gattungsbezeichnungen erfasst. Korrekturen des Buchnachweises seien nur aufgrund von Umständen zulässig, die der Unternehmer nicht zu vertreten habe. Das Urteil verstoße gegen den klaren Inhalt der Akten. Es werde Aufklärungsrüge geltend gemacht.
Das FA beantragt sinngemäß,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Ausfuhrlieferungen sind gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. a UStG unter den in § 6 UStG bezeichneten Voraussetzungen steuerfrei. Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 146 Abs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL).
a) Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung hat der Unternehmer gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 UStG nachzuweisen, wobei das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrats bestimmen kann, wie der Unternehmer die Nachweise zu führen hat (§ 6 Abs. 4 Satz 2 UStG). Aufgrund dieser Ermächtigung hat der Unternehmer einen Nachweis gemäß §§ 8 ff. UStDV durch Belege (Belegnachweis) und gemäß § 13 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) durch Aufzeichnungen (Buchnachweis) zu führen. Die Vorschriften zum Beleg- und Buchnachweis gemäß § 6 Abs. 4 UStG i.V.m. §§ 8 bis 17 UStDV beruhen unionsrechtlich auf der gemäß Art. 131 MwStSystRL bestehenden Befugnis, Bedingungen für die Anwendung der Steuerbefreiungen für Ausfuhrlieferungen festzusetzen und sind daher grundsätzlich mit dem Unionsrecht vereinbar.
b) Erfüllt der Unternehmer die nach § 6 Abs. 4 UStG i.V.m. §§ 8 bis 17 UStDV bestehenden Nachweispflichten, ist er berechtigt, die Lieferung als steuerfrei zu behandeln. Die durch den Unternehmer beigebrachten Belege und Aufzeichnungen unterliegen aber der Nachprüfung durch die Finanzverwaltung, ohne dass den Nachweispflichten dabei materiell-rechtliche Bedeutung für die Steuerfreiheit zukommt (BFH-Urteil vom 28. Mai 2009 V R 23/08, BFHE 226, 177, BStBl II 2010, 517, unter II.1. und 2.).
c) In zeitlicher Hinsicht kann der Unternehmer den Belegnachweis bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG erbringen. Demgegenüber muss der Buchnachweis grundsätzlich bis zu dem Zeitpunkt vorliegen, zu dem der Unternehmer die Voranmeldung für den Voranmeldungszeitraum der Ausfuhrlieferung abzugeben hat. Der Unternehmer, der eine Ausfuhrlieferung als steuerfrei erklärt, muss sich durch seine buchmäßigen Aufzeichnungen zumindest dem Grunde nach vergewissern, ob er die Voraussetzungen der Steuerfreiheit als gegeben ansehen kann. Nach dem Zeitpunkt für die Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung kann der Unternehmer die buchmäßigen Aufzeichnungen nicht mehr erstmals erstellen, sondern nur noch berichtigen oder ergänzen. Derartige Korrekturen können bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG erfolgen (BFH-Urteil in BFHE 226, 177, BStBl II 2010, 517, unter II.3.).
2. Im Streitfall hat das FG zu Recht entschieden, dass die Lieferungen der Klägerin steuerfrei sind.
a) Wie das FG nach den Maßstäben der Rechtsprechung des erkennenden Senats zutreffend entschieden hat, hat die Klägerin den Belegnachweis aufgrund der von ihr erstellten Anlagen zu den Rechnungen vor dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung erbracht. Dabei ist die auf tatsächlichem Gebiet liegende Würdigung des FG, dass die Ergänzungen der Rechnungen für den Beleg- und Buchnachweis ausreichten, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
b) Um den Buchnachweis i.S. von § 13 UStDV entsprechend dem Senatsurteil in BFH-Urteil in BFHE 226, 177, BStBl II 2010, 517, unter II.3. dem Grunde nach zu führen, reicht es ferner aus, wenn die Klägerin die Ausfuhrlieferungen auf einem separaten Konto unter Bezugnahme auf die jeweilige Rechnung verbucht. Entgegen der Auffassung des FA kommt es nicht darauf an, ob der Unternehmer zusätzlich ein Warenausgangsbuch i.S. von § 144 AO führt oder weitergehend seine Buchführung im Allgemeinen als ordnungsgemäß anzusehen ist. Ohne dass der Senat darüber zu entscheiden hat, ob der nationale Gesetzgeber unter Berücksichtigung des unionsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (vgl. hierzu z.B. EuGH-Urteil vom 19. Dezember 2013 C-563/12, BDV Hungary Trading, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2014, 182, Rdnrn. 29 ff.) berechtigt wäre, für den Buchnachweis auf derartige Kriterien abzustellen, ergeben sich derartige Erfordernisse jedenfalls nicht aus §§ 8 ff. UStDV. Die Klägerin war daher berechtigt, durch die im finanzgerichtlichen Verfahren erstellten Anlagen zu den Rechnungen nicht nur den Belegnachweis, sondern auch den Buchnachweis zu vervollständigen.
c) Liegt somit im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG der Beleg- und Buchnachweis vor, ist das Vorliegen der Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nach § 6 UStG zu vermuten. Diese Vermutung entfällt erst, wenn sich die Nachweisangaben bei einer Überprüfung als unzutreffend erweisen oder zumindest berechtigte Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Angaben bestehen, die der Unternehmer nicht ausräumt; die Lieferung ist aber dann gleichwohl steuerfrei, wenn objektiv zweifelsfrei feststeht, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllt sind (BFH-Urteil vom 25. April 2013 V R 28/11, BFHE 242, 77, BStBl II 2013, 656, unter II.1.d bb zur Parallelfrage bei § 6a UStG, und BFH-Urteil vom 23. April 2009 V R 84/07, BFHE 225, 243, BStBl II 2010, 509, unter II.2.c).
Berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der Beleg- und Buchangaben sind nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) zu verneinen. Derartige Zweifel hat das FA auch nicht vorgebracht. Ob die Voraussetzungen der Steuerfreiheit zudem auch objektiv feststehen, ist entgegen der Auffassung des FA nach dem BFH-Urteil in BFHE 226, 177, BStBl II 2010, 517, unter II.4.b für eine bereits beleg- und buchmäßig zu bejahende Steuerfreiheit unerheblich.
d) Schließlich kommt es entgegen der Auffassung des FA auch nicht auf ein Vertretenmüssen in Bezug auf Nachweismängel an.
Zwar hat der erkennende Senat in seinem Urteil in BFHE 226, 177, BStBl II 2010, 517 unter Bezugnahme auf das EuGH-Urteil vom 27. September 2007 C-146/05, Collée, Slg. 2007, I-7861, Rdnrn. 33 ff. entschieden, dass sich Korrekturen z.B. aufgrund von Umständen, die der Steuerpflichtige nicht zu vertreten hat, als notwendig erweisen können und unter den Bedingungen, die auch für Rechnungsberichtigungen gelten, zulässig sind, wobei es darauf ankommt, ob die verspätete Erbringung des Buchnachweises das Steueraufkommen gefährdet oder die Steuererhebung beeinträchtigt hat.
Dies steht einer Ergänzung des Buchnachweises indes nicht entgegen, da Rechnungen nach § 14c UStG unabhängig von einem schuldhaften Handeln des Rechnungsausstellers berichtigungsfähig sind.
3. Die Verfahrensrügen sind unzulässig (vgl. § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b FGO). Die bloße Behauptung einer Aktenwidrigkeit und die Erklärung, Aufklärungsrüge geltend zu machen, enthält ohne weitergehende Begründung, an der es hier fehlt, keine Bezeichnung der Tatsachen, aus denen sich diese Mängel ergeben.