Entscheidungsdatum: 21.05.2010
1. NV: Es ist geklärt, dass Nachzahlungszinsen nicht zu erlassen sind, wenn der Unternehmer seine Ausgangsumsätze irrtümlich als steuerpflichtig angesehen hat und ihm deshalb der Vorsteuerabzug zu versagen ist und die daraus resultierenden Nachzahlungszinsen deshalb nicht durch Guthabenzinsen ausgeglichen werden, weil die Berichtigung der Steuerschuld nach § 14 Abs. 2 UStG erst mit Berichtigung der Rechnung in einem späteren Veranlagungszeitraum erfolgt.
2. NV: Voraussetzung für eine Bindung des FA nach Treu und Glauben ist, dass der vom Stpfl. mitgeteilte Sachverhalt in wesentlichen Punkten richtig und vollständig dargestellt wurde, von der Auskunft gewichtige wirtschaftliche Entscheidungen des Stpfl. abhängen und der für das spätere Veranlagungsverfahren zuständige Beamte oder der Vorsteher die Auskunft erteilt hat.
3. NV: Das Schweigen des FA auf eine schriftliche Aktennotiz des Stpfl. stellt keine Erteilung einer verbindlichen Zusage im Sinne des § 205 AO dar.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist unbegründet.
1. Die Revision ist nicht zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) zuzulassen, um die sinngemäß von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) bezeichnete Rechtsfrage zu klären, ob Nachzahlungszinsen nach § 233a der Abgabenordnung (AO) zu erlassen sind, wenn ein Zinsvorteil auf Grund eines irrtümlich vorgenommenen Vorsteuerabzugs aus Herstellungskosten eines Gebäudes in wirtschaftlichem Zusammenhang mit irrtümlich dem Erwerber in Rechnung gestellter, erst nach Rechnungsberichtigung in einem anderen Veranlagungszeitraum erstatteter Umsatzsteuer steht und ob der Zinsvorteil dadurch entfällt, dass die Klägerin den Erwerbern ihrerseits die Nachzahlungszinsen erstattet hat. Die Beantwortung dieser Rechtsfrage bedarf keiner Klärung im Revisionsverfahren, weil die Grundsätze für den Erlass von Nachzahlungszinsen aus sachlichen Billigkeitsgründen gemäß § 227 AO bereits hinreichend geklärt sind (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. Juli 2007 V B 222/06, BFHE 217, 310, BStBl II 2008, 163).
Insbesondere ist geklärt, dass ein Anspruch auf einen Billigkeitserlass von Nachzahlungszinsen nicht besteht, wenn diese darauf beruhen, dass der Unternehmer seine Ausgangsumsätze irrtümlich als steuerpflichtig angesehen hat und ihm deshalb der Vorsteuerabzug zu versagen ist und die daraus resultierenden Nachzahlungszinsen nicht durch Guthabenzinsen ausgeglichen werden, weil die Berichtigung der Umsatzsteuerschuld der Ausgangsumsätze nach § 14 Abs. 2 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) i.V.m. § 17 Abs. 1 UStG erst nach Rechnungsberichtigung in späteren Veranlagungszeiträumen erfolgt (BFH-Urteile vom 19. März 2009 V R 48/07, BFHE 225, 215, BStBl II 2010, 92; vom 16. August 2001 V R 72/00, BFH/NV 2002, 545, 92; BFH-Beschluss vom 6. April 2005 V B 60/04, BFH/NV 2005, 1976). Ebenfalls geklärt ist, dass es für die Frage eines Zinsvorteils, der der Klägerin wegen ihres unberechtigten Vorsteuerabzugs entstanden ist, nur auf das zwischen dem Steuerpflichtigen und dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) bestehende konkrete Steuerschuldverhältnis ankommt (BFH-Beschluss vom 15. Januar 2008 VIII B 222/06, BFH/NV 2008, 753) und somit im Streitfall unerheblich ist, dass die Klägerin auch die Nachzahlungszinsen, die zum Ausgleich der Zinsvorteile ihrer Vertragspartner bei diesen festgesetzt wurden, zivilrechtlich übernommen hat. Im Übrigen wendet sie sich mit dem Einwand, das Finanzgericht (FG) habe die allgemeinen Rechtsgrundsätze nur "schematisch" auf den Einzelfall angewandt gegen die Richtigkeit des FG-Urteils. Dies ist nicht geeignet, einen Zulassungsgrund für die Revision i.S. des § 115 Abs. 2 FGO darzulegen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2008, 753).
2. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) zuzulassen, weil das FG --nach Auffassung der Klägerin-- die Voraussetzungen für eine nach Treu und Glauben das FA bindende Zusage zum Erlass der Nachzahlungszinsen nicht verfahrensfehlerfrei abgelehnt habe.
a) Die Klägerin trägt hierzu im Wesentlichen vor, der Verfahrensfehler bestehe darin, dass das FG Angaben des in der mündlichen Verhandlung anwesenden Betriebsprüfers verwertet habe, ohne diesen über seine Wahrheitspflicht zu belehren. Außerdem habe das FG verfahrensfehlerhaft den Antrag auf Beweiserhebung darüber, "dass einer der Teilnehmer seitens der Finanzverwaltung an der Besprechung vom 16. März 2005 die Zusicherung gegeben habe, dass die Abwicklung zinsneutral erfolgen solle" zu Unrecht als Ausforschungsbeweis abgelehnt. Schließlich habe das FG "elementare Grundsätze der Beweiswürdigung" verletzt, weil es den Inhalt einer schriftlichen Aktennotiz der Klägerin wegen der Aussage des Betriebsprüfers in Zweifel gezogen habe, sowie den Amtsermittlungsgrundsatz, weil es "wegen offensichtlicher Widersprüche" bei den Aussagen der Zeugen keine "weiteren Ermittlungen" durchgeführt habe.
b) Damit hat die Klägerin keine Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO schlüssig dargetan. Fehler der Beweiswürdigung des FG sind keine Fehler in der Handhabung des Verfahrensrechts, sondern dem materiellen Recht zuzuordnen und deshalb dem BFH im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde entzogen (z.B. BFH-Beschluss vom 17. Januar 2006 VIII B 172/05, BFH/NV 2006, 799, m.w.N.).
c) Verfahrensfehler durch Übergehen eines Beweisantrags, durch Verletzung der Amtsermittlungspflicht oder durch Nichtbelehrung eines Zeugen sind im Übrigen nur dann schlüssig gerügt, wenn es für die Entscheidung des Rechtsstreits auf die zu beweisende Tatsache ankommen kann. Ansonsten "beruht" das Urteil nicht auf dem Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO; z.B. BFH-Beschluss vom 29. Februar 2008 IV B 21/07, BFH/NV 2008, 974, m.w.N.).
Das FG geht bei seiner Entscheidung von der Rechtsprechung des BFH aus, wonach die Finanzbehörden auch außerhalb einer Außenprüfung eine Zusage geben können, deren Verbindlichkeit aus den Grundsätzen von Treu und Glauben abzuleiten ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 13. Dezember 1989 X R 208/87, BFHE 159, 114, BStBl II 1990, 274; vom 17. September 1992 IV R 39/90, BFHE 169, 290, BStBl II 1993, 218). Voraussetzung für eine Bindung ist u.a. allerdings, dass der vom Steuerpflichtigen mitgeteilte Sachverhalt in allen wesentlichen Punkten richtig und vollständig dargestellt wurde, von der Auskunft gewichtige wirtschaftliche Entscheidungen des Steuerpflichtigen abhängen und dass der im Zeitpunkt der Auskunftserteilung für die spätere Entscheidung im Veranlagungsverfahren zuständige Beamte oder der Vorsteher die Auskunft erteilt hat (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 159, 114, BStBl II 1990, 274; vom 5. November 2009 IV R 13/07, BFH/NV 2010, 652).
Insoweit fehlt es schon am Vortrag, welche Dispositionen die Klägerin im Hinblick auf die behauptete Zusage im Rahmen des Verfahrens wegen des Zinserlasses getroffen haben soll, da erfolgversprechende materiell-rechtliche Einwendungen gegen die Zinsfestsetzung, auf die die Klägerin im Vertrauen auf einen Zinserlass verzichtet haben könnte, nicht ersichtlich sind. Im Übrigen erfüllt ein Bestätigungsschreiben der Klägerin, auf das das FA --nach der Behauptung der Klägerin-- untätig geblieben wäre und nicht in der Form des § 205 AO geantwortet hat, diese Voraussetzungen nicht (BFH-Urteil vom 30. April 2009 V R 3/08, BFH/NV 2009, 1734). Denn das Schweigen des FA auf eine diesem übersandte Aktennotiz stellt keine schriftlich erteilte verbindliche Zusage eines Zinserlasses dar, der in den Rechtswirkungen mit dem Erlass oder der Aufhebung eines Steuerbescheides vergleichbar wäre.