Entscheidungsdatum: 24.11.2010
1. NV: Darlegungsvoraussetzungen bei Verfahrensrüge wegen Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht.
2. NV: Mit der Frage, was unter dem Begriff des "Streitgegenstandes" zu verstehen ist, wird keine im Allgemeininteresse zu klärende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung bezeichnet.
Die Beschwerde ist unzulässig, denn die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat entgegen § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensfehlers (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) oder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) nicht schlüssig dargetan.
1. Die Klägerin rügt, das Finanzgericht (FG) habe das rechtliche Gehör verletzt, weil es nicht in ausreichender Form Akteneinsicht gewährt habe. Die Übersendung der Gerichtsakte per Fax sei unvollständig gewesen, weil die Postzustellungsurkunde über die Zustellung des früheren, wegen desselben Veranlagungszeitraums bereits ergangenen FG-Urteils gefehlt habe. Der Bevollmächtigte habe daher erst bei seiner Akteneinsicht unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung die Postzustellungsurkunde geprüft und hierbei bemerkt, dass der Postbedienstete die Übergabe des FG-Urteils an einen Gesellschafter der Klägerin nicht auf der Zustellungsurkunde selbst, sondern auf einem der Urkunde angehefteten Zettel vermerkt habe. Ihm habe die Zeit zur angemessenen Vorbereitung gefehlt.
Mit diesem Sachvortrag hat die Klägerin die Voraussetzungen eines Verfahrensfehlers nicht schlüssig vorgetragen. Denn für die schlüssige Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs durch einen Verstoß gegen das Akteneinsichtsrecht (§ 78 Abs. 1 FGO) ist nicht nur vorzutragen, welche entscheidungserheblichen Umstände --unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des FG-- sich aus den betreffenden, nicht eingesehenen Akten möglicherweise hätten ergeben können, sondern auch, was die Klägerin nach ausreichender Akteneinsicht noch vorgetragen hätte und inwiefern dieser Vortrag zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. Mai 2010 V B 70/09, BFH/NV 2010, 1837, jeweils m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, weil die Klägerin nicht dargetan hat, inwiefern die möglicherweise unwirksame Zustellung des Urteils nach der für einen Verfahrensfehler maßgeblichen materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des FG zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Denn das FG hat die Wirksamkeit dieser Zustellung ausdrücklich (S. 5 des Urteils) dahinstehen lassen, weil es jedenfalls von einer Heilung des Zustellungsmangels gemäß § 53 Abs. 2 FGO i.V.m. § 189 der Zivilprozessordnung ausgegangen ist. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt deshalb nicht vor, weil die Klägerin nicht am Vortrag eines für das FG entscheidungserheblichen Umstands gehindert worden ist (vgl. BFH-Beschluss vom 2. März 2004 VII B 186/03, juris).
2. Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zuzulassen, weil die Klägerin mit der Frage, was unter dem Begriff "Streitgegenstand" zu verstehen ist, keine im allgemeinen Interesse liegende klärungsbedürftige Rechtsfrage bezeichnet hat.
Soweit die Klägerin ohne Bezug zur vorhandenen Rechtsprechung geltend macht, dem FG habe "den Streitgegenstandsbegriff verkannt", liegt weder eine ordnungsgemäß erhobene Divergenzrüge (zu den Anforderungen z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 40 ff., m.w.N.) vor, noch erfüllt die Beschwerde die Darlegungsanforderungen des Zulassungsgrundes nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
Von der --vorliegend nicht gegebenen-- Offenkundigkeit der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage abgesehen, hätte die Klägerin eine hinreichend bestimmte Rechtsfrage im konkreten Streitfall voraussichtlich klärbare Rechtsfrage substantiieren müssen, deren Beurteilung zweifelhaft oder umstritten ist. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer insbesondere mit der Rechtsprechung des BFH und den Äußerungen im Schrifttum auseinandersetzen (z.B. BFH-Beschlüsse vom 14. September 2009 III B 119/08, BFH/NV 2010, 34; vom 27. Oktober 2009 VI B 160/09, BFH/NV 2010, 204, und vom 18. März 2010 X B 124/09, BFH/NV 2010, 1278). Daran fehlt es, denn die Klägerin legt lediglich ohne die Rechtsprechung des BFH zum Begriff des Streitgegenstandes und der Rechtskraft (z.B. BFH-Urteile vom 26. November 1998 IV R 66/97, BFH/NV 1999, 788; vom 17. Dezember 1998 IV R 47/97, BFHE 187, 409, BStBl II 1999, 303; vom 18. März 2004 V R 23/02, BFHE 205, 402, BStBl II 2004, 763) auch nur zu erwähnen, dar, wie ihrer Ansicht nach das FG hätte entscheiden müssen. Das genügt nicht.