Entscheidungsdatum: 29.01.2010
NV: Äußert das FG in der mündlichen Verhandlung eines Rechtsstreits, in dem es um die Voraussetzungen von Eigenheimzulage geht, Bedenken, ob der Kläger mangels Anschaffungskosten Eigenheimzulage beanspruchen könne, so liegt keine Überraschungsentscheidung vor, wenn das FG den Grundstückserwerb schließlich als Scheingeschäft steuerrechtlich nicht anerkennt .
I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage des Klägers und Antragstellers (Antragsteller) wegen Eigenheimzulage ab 1997 als unbegründet zurückgewiesen, ohne die Revision zuzulassen.
Der Antragsteller beantragt Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Durchführung eines Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens.
Der Antragsteller macht sinngemäß, indes zu Unrecht als Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO geltend, das FG habe eine Überraschungsentscheidung erlassen.
Eine Überraschungsentscheidung (und damit eine Verletzung des Anspruchs des Antragstellers auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes; § 96 Abs. 2 FGO) liegt nur vor, wenn das FG sein Urteil auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Auffassungen nach dem bisherigen Verlauf der Verhandlung nicht rechnen musste. Das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, verpflichtet das Gericht andererseits aber nicht, den Beteiligten die für die Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte anzudeuten und sie mit ihnen umfassend zu erörtern (vgl. zum Vorstehenden die ständige Rechtsprechung, z.B. den Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 17. März 2008 IX B 258/07, BFH/NV 2008, 1180, m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben sind die Voraussetzungen einer Überraschungsentscheidung nicht gegeben. Denn obschon das FG seine Beurteilung des Kaufvertrags als Scheingeschäft i.S. des § 41 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) nicht im Einzelnen angedeutet hatte, musste der Antragsteller nach dem bisherigen Verlauf des Rechtsstreits damit rechnen, das Gericht könne seinen Anspruch auf Eigenheimzulage bereits deshalb ablehnen, weil er keine Anschaffungskosten für den Erwerb der Wohnung getragen habe. Denn ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem FG vom 31. Juli 2009 (zu dessen Beweiskraft s. § 94 FGO i.V.m. § 165 ZPO) hat das Gericht Bedenken geäußert, "was eine entgeltliche Anschaffung der Erdgeschosswohnung angehe" (s. Bl. 9 des Protokolls, Bl. 304 der Gerichtsakten, Bd. II). Im Anschluss daran hatte das Gericht die Verhandlung überdies für einige Minuten unterbrochen. Den exakten Grund für die Ablehnung der Anschaffungskosten (hier: Scheingeschäft mit der Rechtsfolge des § 41 Abs. 2 Satz 2 AO) musste das FG nicht erörtern. Es reicht aus, wenn den Beteiligten klar wurde, dass es nicht mehr nur um die tatsächliche Nutzung der Wohnung ging, der Anspruch auf Eigenheimzulage vielmehr bereits mangels Anschaffung der Wohnung scheitern konnte.