Bundesfinanzhof

Entscheidungsdatum: 24.02.2010


BFH 24.02.2010 - IX R 51/09

Keine Eigenheimförderung für Anteile an einer Genossenschaft in Liquidation


Gericht:
Bundesfinanzhof
Spruchkörper:
9. Senat
Entscheidungsdatum:
24.02.2010
Aktenzeichen:
IX R 51/09
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend FG Hamburg, 15. Oktober 2009, Az: 5 K 152/07, Urteil
Zitierte Gesetze

Leitsätze

NV: Wird eine Genossenschaft liquidiert, endet der Förderzeitraum der Genossenschaftsförderung nach § 17 EigZulG mit dem Ablauf des Jahres des Liquidationsbeschlusses (BMF-Schreiben vom 21. Dezember 2004, BStBl I 2005, 305, Rz. 84).

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Erben nach ihrer Mutter K, die im Jahr 2002 einen Geschäftsanteil an der seit 1996 bestehenden E-Genossenschaft zur Förderung des Wohnbaus e.G. (E) erwarb. Nach § 2 ihrer Satzung bezweckt E, genossenschaftliches Wohnen zu fördern. § 11 der Satzung räumt den Mitgliedern ein Erwerbsrecht i.S. des § 17 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) ein. Im Jahr 2004 beschloss die Generalversammlung der E, die Genossenschaft aufzulösen. Auch danach vermietete E neben verschiedenen Veräußerungen weiterhin Wohnungen.

2

K stellte im Jahr 2003 einen Antrag auf Eigenheimzulage ab dem Jahr 2002. Dementsprechend setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) Eigenheimzulage und Kinderzulage zunächst fest. Im Jahr 2007 hob das FA die Festsetzung ab dem Jahr 2005 wieder auf, nachdem es durch die Oberfinanzdirektion von der Liquidation erfahren hatte.

3

Die Klage war erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) hob den Aufhebungsbescheid des FA auf und führte zur Begründung aus, auch im Abwicklungsstadium habe E ihre werbende Tätigkeit in Erfüllung des Gesetzeszwecks des § 17 EigZulG zunächst fortgesetzt.

4

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung von § 17 EigZulG. In der Liquidation verfolge die aufgelöste Genossenschaft statt des bisher zentralen, werbenden Zwecks, ihre Mitglieder zu fördern, den Zweck, abgewickelt zu werden und ihr Vermögen in Geld umzusetzen.

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Das FA beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

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Die Kläger beantragen,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision ist begründet und führt zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat unzutreffend einen Anspruch auf Eigenheimzulage über das Jahr 2004 hinaus bejaht. Die Voraussetzungen des § 17 EigZulG liegen ab dem Jahr 2005 nicht mehr vor.

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1. Nach § 17 EigZulG kann der Anspruchsberechtigte die Eigenheimzulage für die Anschaffung von Geschäftsanteilen von mindestens 5.113 € an einer nach dem 1. Januar 1995 in das Genossenschaftsregister eingetragenen Genossenschaft (Genossenschaftsanteile) in Anspruch nehmen. Zwar erfüllte K als Anspruchsberechtigte i.S. von § 1 EigZulG diese Voraussetzungen; denn sie hat Genossenschaftsanteile im Werte von 5.113 € erworben. Indes entspricht E nicht den Anforderungen, die das Gesetz an die Förderbarkeit ihrer Anteile stellt.

9

Wenn der Gesetzgeber mit der Begünstigung des Erwerbs von Genossenschaftsanteilen vermeiden wollte, genossenschaftliches Anteilseigentum gegenüber (Allein-)Eigentum an einer Wohnung zu diskriminieren (Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der steuerrechtlichen Wohneigentumsförderung, BTDrucks 13/2476, S. 5, Tz. 13, zu Art. 1), so ist es nur der mitgliedernützige Zweck der genossenschaftlichen Vereinigungsform (§ 1 Abs. 1 des Genossenschaftsgesetzes --GenG--), der deren Begünstigung rechtfertigt (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 15. Januar 2002 IX R 55/00, BFHE 197, 507, BStBl II 2002, 274, unter II.4.a, und vom 29. März 2007 IX R 28/06, BFH/NV 2007, 1635). Dieser Zweck tritt aber hinter den Abwicklungszweck zurück, wenn die Genossenschaft in Liquidation gerät. Zwar muss die Genossenschaft auch im Abwicklungsstadium auf die Förderung ihrer Mitglieder Rücksicht nehmen, wie sich aus § 87 Abs. 1 GenG ergibt. Ihr ursprünglicher Zweck, das --hier bezogen auf E-- genossenschaftliche Wohnen ihrer Mitglieder durch werbende Geschäftstätigkeit zu fördern, fällt aber fort. Stattdessen richtet sich ihr Zweck von der Auflösung an auf die Abwicklung des Geschäftsbetriebs (Beuthien, GenG, 14. Aufl., § 87 Rz 1; Fandrich in Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, GenG, 3. Aufl., § 87 Rz 1; Cario in Lang/Weidmüller, GenG, 36. Aufl., § 87 Rz 1). Dementsprechend müssen die Liquidatoren nach § 88 GenG die laufenden Geschäfte der Genossenschaft beenden, ihre Verbindlichkeiten erfüllen, Forderungen einziehen und das Vermögen verwerten.

10

Vor diesem Hintergrund trifft die Gesetzesauslegung durch das Bundesministerium der Finanzen (BMF) zu, wonach der Förderzeitraum mit dem Ablauf des Jahres des Liquidationsbeschlusses endet (BMF-Schreiben vom 21. Dezember 2004, BStBl I 2005, 305, Rz. 84).

11

2. Nach diesen Maßstäben hat K keinen Anspruch auf Eigenheimzulage nach § 17 EigZulG ab dem Jahr 2005. Denn im Jahr 2004 beschloss E die Liquidation. Es ist unerheblich, ob und inwieweit E in den folgenden Jahren tatsächlich noch wohnungswirtschaftlich zugunsten ihrer Mitglieder tätig wurde. Das ändert nichts daran, dass ihr vorrangiger Zweck auf Abwicklung des Geschäftsbetriebs gerichtet ist. Dieser Zweck rechtfertigt keine Begünstigung durch Eigenheimzulage.

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Da die Vorentscheidung diesen Grundsätzen nicht entspricht, ist sie aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. K hat keinen Anspruch auf Eigenheimzulage über das Jahr 2004 hinaus. Deshalb hat das FA zutreffend die Festsetzung von Eigenheimzulage ab dem Jahr 2005 aufgehoben. Die Klage gegen diesen Aufhebungsbescheid ist deshalb abzuweisen.