Entscheidungsdatum: 10.01.2012
1. NV: Es fehlt an der Gewinnerzielungsabsicht, wenn bei objektiver Betrachtung ein positives Ergebnis zwischen Betriebsgründung und Betriebsbeendigung nicht zu erwarten ist und der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen und Neigungen ausübt (Bestätigung der Rechtsprechung).
2. NV: Verluste der Anlaufzeit können nur dann steuerlich nicht anerkannt werden, wenn auf Grund der bekannten Entwicklung des Betriebs eindeutig feststeht, dass er, so wie er vom Steuerpflichtigen betrieben wurde, von vornherein nicht in der Lage war, nachhaltige Gewinne zu erzielen und deshalb nach objektiver Beurteilung von Anfang an keine Einkunftsquelle im Sinne des Einkommensteuerrechts darstellte (Bestätigung der Rechtsprechung).
Die Beschwerde ist nicht begründet.
1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
a) Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) hat folgende Rechtsfragen formuliert, die seiner Auffassung nach grundsätzliche Bedeutung haben:
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Kann die für den Nachweis der Gewinnerzielungsabsicht erforderliche Totalprognose allein durch die Darstellung des züchterischen Konzepts erfolgen? |
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Kann auf die Vorlage von betriebswirtschaftlichen Plandaten verzichtet werden? |
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Stellen 30 Pferde, davon zehn Zuchtstuten, bereits eine ausreichend breite Basis dar, um eine Pferdezucht mit Gewinnerzielungsabsicht betreiben zu können? |
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Findet im Rahmen der Totalgewinnprognose für eine Pferdezucht die Wertsteigerung eines nicht selbst gezogenen, sondern erworbenen Fohlens als Zuchterfolg Berücksichtigung? |
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Kann eine "sehr riskante unternehmerische Betätigung" im Rahmen der Pferdezucht als Einkommen i.S. des § 2 des Einkommensteuergesetzes anzusehen sein? |
b) Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Beantwortung durch den Bundesfinanzhof (BFH) aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei muss es sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame Frage handeln, die klärungsbedürftig und im zu erwartenden Revisionsverfahren klärungsfähig sein muss (ständige Rechtsprechung, u.a. BFH-Beschluss vom 21. April 2010 IV B 32/09, BFH/NV 2010, 1469, m.w.N.). Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, wenn sie sich ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt, oder wenn sie bereits durch die höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH erforderlich machen (vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 27. Januar 2004 IV B 135/01, BFH/NV 2004, 783).
c) Die vom FA vorgetragenen Rechtsfragen sind, soweit sie im vorliegenden Verfahren klärungsfähig wären, nicht im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig. Die Voraussetzungen, unter denen ein im Bereich der Land- und Forstwirtschaft tätiger Betrieb steuerrechtlich als "Liebhaberei"-Betrieb anzusehen ist, sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung hinreichend geklärt (vgl. u.a. BFH-Urteile vom 27. November 2008 IV R 17/06, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2009, 771; vom 20. September 2007 IV R 20/05, BFH/NV 2008, 532; vom 20. Januar 2005 IV R 6/03, BFH/NV 2005, 1511; vom 27. Januar 2000 IV R 33/99, BFHE 191, 119, BStBl II 2000, 227; vom 15. November 1984 IV R 139/81, BFHE 142, 464, BStBl II 1985, 205).
aa) Nach ständiger Rechtsprechung fehlt es an der Gewinnerzielungsabsicht, wenn bei objektiver Betrachtung ein positives Ergebnis zwischen Betriebsgründung und Betriebsbeendigung (Totalgewinn; vgl. BFH-Urteile vom 19. November 1985 VIII R 4/83, BFHE 145, 375, BStBl II 1986, 289, und vom 24. November 1988 IV R 37/85, BFH/NV 1989, 574) nicht zu erwarten ist und der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen und Neigungen ausübt (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 26. Februar 2004 IV R 43/02, BFHE 205, 243, BStBl II 2004, 455, und vom 17. November 2004 X R 62/01, BFHE 208, 522, BStBl II 2005, 336). Für die Prognose können die Verhältnisse der bereits abgelaufenen Zeiträume wichtige Anhaltspunkte bieten. Das gilt jedoch nicht für die Anlaufzeit, vor allem dann nicht, wenn der Betrieb neu aufgebaut werden muss (BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 532, unter II.2.c der Gründe). Verluste der Anlaufzeit können nur dann steuerlich nicht anerkannt werden, wenn auf Grund der bekannten Entwicklung des Betriebs eindeutig feststeht, dass er, so wie er vom Steuerpflichtigen betrieben wurde, von vornherein nicht in der Lage war, nachhaltige Gewinne zu erzielen und deshalb nach objektiver Beurteilung von Anfang an keine Einkunftsquelle im Sinne des Einkommensteuerrechts darstellte (vgl. BFH-Urteile vom 6. März 1980 IV R 182/78, BFHE 131, 18, BStBl II 1980, 718; in BFHE 142, 464, BStBl II 1985, 205, jeweils m.w.N. zur Rechtsprechung). So kann es sich bei der Pferdezucht verhalten (BFH-Urteil in HFR 2009, 771, unter II.2.b der Gründe).
bb) Die Feststellung, ob ein Betrieb mit Gewinnerzielungsabsicht geführt wird, liegt im Wesentlichen auf dem Gebiet der Tatsachenwürdigung. Der BFH ist daher an die tatrichterlichen Feststellungen gebunden, sofern dagegen nicht zulässige und begründete Rügen vorgebracht sind (§ 118 Abs. 2 FGO; vgl. dazu u.a. BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 532, unter II.2.e der Gründe). Die Tatsachen- und Beweiswürdigung des Finanzgerichts (FG) bindet den BFH auch dann, wenn sie nicht zwingend, sondern nur möglich ist. Das gilt allerdings nicht, wenn sie in sich widersprüchlich, lückenhaft oder unklar ist, gegen Denkgesetze oder gesichertes Erfahrungswissen verstößt oder ihr zu hohe Anforderungen an die Überzeugungsbildung zu Grunde liegen (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH-Urteil vom 27. Oktober 2005 IX R 76/03, BFHE 212, 360, BStBl II 2006, 359; BFH-Beschluss vom 5. Juli 2006 IV B 91/05, BFH/NV 2006, 2245).
cc) Die vom FA formulierten Fragen haben danach keine grundsätzliche Bedeutung. Es handelt sich nicht um im allgemeinen Interesse aus rechtssystematischen Gründen klärungsbedürftige Rechtsfragen. Es liegt auf der Hand und ist daher nicht klärungsbedürftig, dass die Gewinnerzielungsabsicht nicht allein aus dem züchterischen Konzept der Insolvenzschuldnerin abgeleitet werden kann; dem entsprechend hat das FG seine Entscheidung auf eine Würdigung der Besonderheiten des Streitfalls gestützt (u.a. Wertsteigerung auf Grund der Veredelungskompetenz; Schwierigkeiten bei der Realisierung am Markt infolge der Zwangsverwertung des Pferdebestandes). Auch die weiteren Fragen sind auf die Besonderheiten des Streitfalls zugeschnitten und betreffen Gesichtspunkte, die im Rahmen der Tatsachenwürdigung des Einzelfalls --die dem FG obliegt (s. vorstehend unter 1.c bb)-- zu berücksichtigen sind.
2. Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und zur Fortbildung des Rechts zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).
a) Das FA macht geltend, das FG gehe in seinem Urteil davon aus, dass Verluste nach der Anlaufphase berücksichtigt werden könnten, obwohl die Insolvenzschuldnerin nicht erkennbar und wirtschaftlich sinnvoll reagiert habe. Damit widerspreche es den vom BFH aufgestellten Rechtssätzen, wonach bei der Prüfung der Frage der Liebhaberei bei Pferdezuchtbetrieben neben der Verlustperiode zu berücksichtigen sei, welche Überlegungen der Steuerpflichtige hierbei hinsichtlich einer Gewinnerzielung angestellt und ob er seine Maßnahme an diesem Ziel ausgerichtet habe (BFH-Urteil vom 28. November 1985 IV R 178/83, BFHE 145, 226, BStBl II 1986, 293).
b) Die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO setzt voraus, dass das FG in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist, dass dabei über dieselbe Rechtsfrage entschieden wurde und diese für beide Entscheidungen rechtserheblich war, dass die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind, dass die abweichend beantwortete Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden kann und dass eine Entscheidung des BFH zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist (u.a. BFH-Beschluss vom 31. März 2010 IV B 131/08, BFH/NV 2010, 1487). Eine Divergenz liegt deshalb nur vor, wenn das FG seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zu Grunde gelegt hat, der mit tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung des anderen Gerichts nicht übereinstimmt (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH-Beschlüsse vom 18. Januar 1991 VI B 140/89, BFHE 163, 204, BStBl II 1991, 309; vom 4. August 2010 X B 172/09, BFH/NV 2010, 2053). Nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO müssen diese Voraussetzungen in der Begründung der Beschwerde dargelegt werden. Dazu ist es erforderlich, in der Beschwerdeschrift abstrakte Rechtssätze des erstinstanzlichen Urteils herauszustellen, die mit tragenden Rechtssätzen der Entscheidung eines anderen Gerichts nicht übereinstimmen (vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 8. September 2005 IV B 23/04, BFH/NV 2006, 51, m.w.N.).
c) Vorliegend hat das FA danach die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht hinreichend dargelegt. Das FA macht in der Sache geltend, das FG habe den Sachverhalt falsch gewürdigt und die Rechtsprechung des BFH im Ergebnis falsch auf den konkreten Sachverhalt angewendet. Damit hat es den Zulassungsgrund jedoch nicht schlüssig dargetan (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 1487). Denn eine fehlerhafte Einzelfallentscheidung vermag die Notwendigkeit einer BFH-Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung grundsätzlich nicht zu begründen.
3. Verfahrensmängel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO lassen sich den Darlegungen des FA ebenfalls nicht entnehmen.
a) Das FA rügt, das FG habe bei der Sachverhaltswürdigung gegen die Denkgesetze verstoßen und seiner Entscheidung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zu Grunde gelegt.
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Das FG habe nicht berücksichtigt, dass aus der Zucht der Insolvenzschuldnerin im Streitzeitraum kein Spitzenpferd hervorgegangen sei, wie es der als Zeuge vernommene Zuchtleiter für erforderlich gehalten habe; eine konkrete Auseinandersetzung mit betriebswirtschaftlichen Grundsätzen sei nicht zu erkennen; das Urteil sei damit entgegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnen worden und erscheine willkürlich. |
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Das FG sei trotz entsprechenden Vortrags nicht darauf eingegangen, wie es zur Aufnahme der Pferdezucht gekommen sei, welche Überlegungen die Insolvenzschuldnerin hinsichtlich der Gewinnerzielung angestellt und ob sie ihre Maßnahmen an diesem Ziel ausgerichtet habe. |
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Das FG habe ausgeführt, dass es Beweis erhoben habe über das Betriebskonzept der Insolvenzschuldnerin "und dessen betriebswirtschaftliche Schlüssigkeit durch Einvernahme des Zeugen ...", der sich jedoch tatsächlich nicht zu dem betriebswirtschaftlichen, sondern nur zu dem züchterischen Konzept geäußert habe. Insoweit habe das FG seine Überzeugung nicht aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens, sondern im Widerspruch dazu gewonnen. |
b) Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Diese Regelung ist nach der Rechtsprechung des BFH dahin auszulegen, dass neben dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung auch der gesamte Akteninhalt vollständig zu berücksichtigen ist. Ein Verstoß dagegen kann mit der Verfahrensrüge (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) geltend gemacht werden (vgl. BFH-Beschlüsse vom 4. August 1999 IV B 96/98, BFH/NV 2000, 70; vom 25. Juli 2006 IV B 116/04, BFH/NV 2006, 2270, unter 2. der Gründe). Die Geltendmachung eines solchen Verfahrensmangels erfordert die genaue Bezeichnung des nicht berücksichtigten Akteninhalts sowie die Darlegung, inwieweit dessen Berücksichtigung auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunktes des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (BFH-Beschluss vom 24. August 2005 IV B 61/04, BFH/NV 2006, 85). Angeblich widersprüchliche Urteilsbegründungen oder fehlerhafte Sachverhaltswürdigungen sind dagegen --wenn sie vorliegen-- materiell-rechtliche Fehler und keine Verfahrensfehler (BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 2270, unter 2. der Gründe).
c) Die behaupteten Verfahrensmängel hat das FA nicht in der gebotenen Form dargelegt. Das FG hat sich --wie sich dem angefochtenen Urteil entnehmen lässt-- mit der Betriebsführung der Insolvenzschuldnerin auseinandergesetzt; es hat sich dabei auf die Zeugenaussage gestützt, in der Wertsteigerung des zugekauften Pferdes einen Nachweis der Veredelungskompetenz gesehen und ist davon ausgegangen, dass die Insolvenzschuldnerin wegen der Zwangsverwertung des Pferdebestandes ihr züchterisches Können am Markt nicht mehr habe unter Beweis stellen können. Damit hat das FG weder gegen den Akteninhalt noch gegen Denkgesetze verstoßen. Nichts anderes gilt hinsichtlich des Vorbringens, das FG habe sich nicht mit den Gründen für die Aufnahme der Pferdezucht und den Planungen der Insolvenzschuldnerin sowie deren Umsetzung auseinandergesetzt. Soweit darin zugleich ein Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht zu sehen sein sollte, fehlt es bereits an der erforderlichen Rüge in der Vorinstanz. Schließlich ist auch kein Verfahrensverstoß erkennbar, soweit das FG im Tatbestand des angefochtenen Urteils angegeben hat, es habe "über das Betriebskonzept und dessen betriebswirtschaftliche Schlüssigkeit" durch Einvernahme des Zeugen Beweis erhoben. Denn maßgebend sind insoweit die Entscheidungsgründe, in denen sich das FG im Rahmen einer Gesamtabwägung ausführlich mit der Zeugenaussage auseinandergesetzt hat.
d) Soweit sich das FA im Stil einer Revisionsbegründung gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung und die vom FG vorgenommene Einzelfallwürdigung wendet, reicht dies zur ordnungsgemäßen Darlegung eines Revisionszulassungsgrundes ebenfalls nicht aus (vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 7. September 2005 IV B 67/04, BFH/NV 2006, 234).