Entscheidungsdatum: 28.11.2011
1. NV: Bei einer Anhörungsrüge gegen die Zurückweisung einer NZB kann der Anspruch auf rechtliches Gehör nur dann i.S. von § 133a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FGO in entscheidungserheblicher Weise verletzt sein, wenn der BFH ein Vorbringen im Zusammenhang mit der Darlegung der Zulassungsgründe i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FGO nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat und die Revision bei Berücksichtigung dieses Vorbringens hätte zugelassen werden müssen .
2. NV: Eine Anhörungsrüge kann weder auf eine vermeintlich fehlerhafte Rechtsanwendung durch den BFH noch auf Überlegungen gestützt werden, die in dem der Anhörungsrüge vorausgegangenen Beschwerdeverfahren über die Nichtzulassung der Revision nicht vorgebracht wurden .
I. Mit Beschluss vom 14. Januar 2011 hat der Senat die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision III B 96/09 des Klägers, Beschwerdeführers und Rügeführers (Kläger) gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) Münster vom 31. März 2009 1 K 233/08 Kg als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Anhörungsrüge des Klägers, die er im Wesentlichen wie folgt begründet:
Der Senat habe die Ausführungen des Klägers zu den zitierten Urteilen des FG Düsseldorf und FG Hamburg ausschließlich auf die Unterbrechung oder Beendigung der Haushaltsaufnahme ("abklingende Haushaltsaufnahme") bezogen und dabei nicht erkannt, dass dies Parallelüberlegungen für die im Streitfall vorliegende "anklingende Haushaltsaufnahme" seien. Dies zeige, dass der Senat dieses Beschwerdevorbringen nicht zur Kenntnis genommen oder in Erwägung gezogen habe. Bei Berücksichtigung dieses Aspekts hätte er möglicherweise die Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung als erfüllt angesehen.
Des Weiteren habe der Senat den Kern des Beschwerdevorbringens nicht zur Kenntnis genommen. Im Streitfall müssten Pflegeeltern, deren behinderte Kinder nicht zu Hause gepflegt werden könnten, mit solchen Pflegeeltern verglichen werden, deren Kinder zu Hause lebten. Der Kläger habe in diesem Zusammenhang nicht die Rechtsfrage formuliert, ob das Merkmal des örtlich gebundenen Zusammenlebens durch eine funktionale Betrachtung ersetzt werden könne, sondern ob auch die Einrichtung einer Außenstelle des Haushalts ausreiche, wenn dies in der Absicht geschehe, mittelfristig die Außenstelle mit der Hauptstelle zusammenzuführen.
Ebenso habe der Senat den faktisch gegebenen Ausschluss des Familienlastenausgleichs nicht berücksichtigt. Wäre dies geschehen, hätte er möglicherweise eine andere Entscheidung getroffen.
Schließlich habe der Senat die Grundrechte des Klägers nicht hinreichend berücksichtigt. Als Folge seiner Rechtsprechung blieben kindsbedingte Mehraufwendungen für behinderungsbedingt notwendig außer Haus gepflegte Kinder rechtlich unberücksichtigt, während solche Aufwendungen für gesunde Kinder berücksichtigungsfähig seien. Die Grundrechte, insbesondere Art. 3 Abs. 3 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) geböten aber eine gleiche Behandlung von gesunden und behinderten Menschen. Dies ergebe sich auch aus Art. 5 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, das seit dem 1. Januar 2009 für die Bundesrepublik Deutschland verbindlich sei. Der ortsgebundene Haushaltsbegriff müsse um ein funktionales Element ergänzt werden.
II. Die Anhörungsrüge ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 133a Abs. 4 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs wurde im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde nicht verletzt.
1. Der Anspruch auf rechtliches Gehör kann nur dann i.S. von § 133a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FGO in entscheidungserheblicher Weise verletzt sein, wenn der Bundesfinanzhof (BFH) bei seiner Beschwerdeentscheidung ein Vorbringen im Zusammenhang mit der Darlegung der Gründe für die Zulassung der Revision i.S. von § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat und die Revision bei Berücksichtigung dieses Vorbringens hätte zugelassen werden müssen (BFH-Beschluss vom 7. Februar 2011 XI S 29/10, BFH/NV 2011, 824). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen eines Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, zumal es nach Art. 103 Abs. 1 GG nicht verpflichtet ist, sich mit jedem Vorbringen in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist daher erst dann verletzt, wenn sich aus den besonderen Umständen des einzelnen Falles deutlich ergibt, dass das Gericht ein tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (vgl. Senatsbeschluss vom 12. April 2011 III S 49/10, BFH/NV 2011, 1177, m.w.N.).
2. Nach diesen Grundsätzen liegen im Streitfall keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Senat im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt haben könnte. Vielmehr hat der Senat das gesamte Beschwerdevorbringen des Klägers berücksichtigt.
a) Wie der Kläger mit seiner Rüge selbst vorträgt, hat sich der Senat mit den von ihm in der Beschwerdebegründung zitierten Urteilen des FG Düsseldorf und FG Hamburg auf der Seite 6 des Beschlusses beschäftigt. Ebenso hat sich der Senat mit der vom Kläger angesprochenen funktionalen Betrachtung auf den Seiten 4, 6 f. des Beschlusses auseinandergesetzt. Zudem gibt der Senat im zweiten Absatz auf Seite 3 f. des Beschlusses --beginnend mit dem Satz "Leibliche Eltern, welche ihre Kinder in fremde Obhut gäben ..."-- die Überlegungen des Klägers wieder, die er zu dem vermeintlich faktischen Ausschluss des Familienleistungsausgleichs angestellt hat. Schließlich hat sich der Senat mit den vom Kläger vorgetragenen verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, wie die Ausführungen auf den Seiten 3 f., 6 f. des Beschlusses zeigen, beschäftigt.
Im Kern trägt der Kläger mit seiner Rüge vor, dass der Senat in dem angefochtenen Beschluss seiner, des Klägers, Rechtsauffassung nicht gefolgt sei und macht damit geltend, der Senat habe in der Sache fehlerhaft entschieden. Mit diesem Vorbringen kann der Kläger im Rahmen der Anhörungsrüge nach § 133a FGO, die auf die Geltendmachung der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör beschränkt ist, nicht gehört werden.
b) Soweit der Kläger nunmehr auf Art. 5 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen abhebt (BGBl II 2008, 1420), handelt es sich um eine Überlegung, die im vorausgegangenen Beschwerdeverfahren III B 96/09 nicht vorgebracht wurde. Somit konnte der Senat zu diesem Vorbringen weder Stellung nehmen noch es übergehen. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör scheidet insofern aus (vgl. BFH-Beschluss vom 15. Juli 2009 X S 49/08, nicht amtlich veröffentlicht --juris--).
3. Die Kostenpflicht der Anhörungsrüge folgt aus Nr. 6400 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz --GKG-- (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG).