Entscheidungsdatum: 09.06.2015
1. NV: Wird im Rahmen eines Einspruchsverfahrens Aussetzung der Vollziehung für einen aufgrund eines rechtswidrig erlassenen Änderungsbescheids nachgeforderten Betrag gewährt und nimmt der Einspruchsführer den Einspruch anschließend zurück, so können Aussetzungszinsen für den nachgeforderten Betrag festgesetzt werden .
2. NV: Ein Rechtsbehelf ist auch dann i.S. des § 237 AO erfolglos geblieben, wenn zwar der Einspruchsführer mit der von ihm vorgetragenen Begründung Erfolg hat, die festgesetzte Steuer sich aber zu Gunsten des Rechtsbehelfsführers aufgrund anderer Lebenssachverhalte als richtig erweist und der Einspruchsführer den Einspruch zurücknimmt .
3. NV: Im Verfahren gegen den Zinsbescheid können keine Umstände berücksichtigt werden, die gegen die Rechtmäßigkeit der zugrunde liegenden Einkommensteuerfestsetzung sprechen .
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 8. Februar 2013 4 K 308/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) den Klägern und Revisionsklägern (Kläger) gegenüber Aussetzungszinsen (§ 237 der Abgabenordnung --AO--) festsetzen durfte.
Mit Einkommensteuerbescheid 2007 vom 10. März 2009 setzte das FA die Einkommensteuer auf 6.180 € fest. Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein. Während des Einspruchsverfahrens erließ das FA am 10. August 2009 einen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheid, mit dem die Steuer auf 10.612 € erhöht wurde. Gegen diesen Bescheid legten die Kläger mit der Begründung, die Voraussetzungen des § 173 AO lägen nicht vor, ebenfalls Einspruch ein. Sie beantragten die Aufhebung des Bescheids vom 10. August 2009 und die Aussetzung der Vollziehung (AdV).
Nach weiterem Schriftverkehr zwischen den Beteiligten teilte das FA in einem Schreiben vom 11. November 2009 den Klägern folgendes mit:
"Eine Überprüfung Ihres Antrags ergab, dass im Streitfall die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht gegeben sind. Somit ist die Gewinnerhöhung in Höhe von 15.070 €, die infolge der Auflösung der in 2005 gebildeten Anspar-AfA zzgl. der Verzinsung entstanden ist, zurückzunehmen. Auf beiliegende Aussetzungsverfügung vom 11.11.2009 wird verwiesen."
Unter der Ziff. 3 des vorgenannten Schreibens führte das FA u.a. weiter aus: |
"Dagegen sind entgegen Ihres Vortrags die erklärten Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von ./. 343 € nicht um weitere Betriebsausgaben in Höhe von ./. 1.777 € zu erhöhen. Vielmehr haben sich im Rahmen der vollumfänglichen Prüfung Ihres Einspruchs nach § 367 Abs. 2 Satz 1 AO folgende Feststellungen ergeben ..." |
Das Schreiben endet wie folgt: |
"... Aus vorgenannten Gründen würde sich unter Berücksichtigung der Feststellungen zu Tz 3 eine Nachforderung von 2.980 EUR bzw. von 765 EUR ergeben. ... Ich weise Sie darauf hin, dass eine Nachforderung unterbleibt, sofern Sie Ihren Einspruch innerhalb von 3 Wochen zurücknehmen sollten ..." |
Nach einem weiteren Austausch von Schreiben teilte das FA den Klägern am 19. Mai 2010 nach Hinweis auf § 367 Abs. 2 AO folgendes mit: |
"Aus vorgenannten Gründen und unter Berücksichtigung der Stellungnahme vom 11.11.2009 würde sich der Gewinn in Höhe von 31.629 € und damit eine Nachforderung von 5.588 € ergeben zuzüglich der Annexsteuern ... Ich weise darauf hin, dass eine Nachforderung unterbleibt, sofern Sie ihren Einspruch innerhalb von 3 Wochen zurücknehmen sollten." |
Mit Schreiben vom 2. Juni 2010 kreuzten die Kläger auf dem ihnen vom FA übersandten Vordruck an, dass sie den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 hiermit zurücknähmen. Sie fügten handschriftlich noch an, dass sie nach nochmaliger Prüfung der Sach- und Rechtslage ihre Rechtsansicht aufrechterhielten, wie sie sie in der Einspruchsbegründung dargelegt hätten.
Mit Schreiben vom 3. August 2010 wies das FA die Kläger darauf hin, dass sie "zwar den Einspruch zurückgenommen hätten, sie dennoch ihren Einspruch aufrecht erhielten". Sie erhielten deshalb letztmals Gelegenheit, sich zur Rücknahme des Einspruchs zu äußern.
Daraufhin teilten die Kläger dem FA mit, dass der Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 bereits zurückgenommen worden sei und dass sie dies nochmals ausdrücklich bestätigten.
Mit Bescheid vom 17. September 2010 setzte das FA wegen der ausgesetzten Einkommensteuer 2007 Zinsen in Höhe von 220 € fest.
Gegen diesen Bescheid legten die Kläger am 22. September 2010 Einspruch ein. Mit Bescheid vom 24. September 2010 reduzierte das FA die Aussetzungszinsen auf 132 €. Den Einspruch wies es mit Einspruchsentscheidung vom 21. Dezember 2010 als unbegründet zurück.
Mit der hiergegen erhobenen Klage machten die Kläger geltend, dass der Bescheid über die Aussetzungszinsen rechtswidrig sei, weil das FA mitgeteilt habe, dass mit der Einspruchsrücknahme keine Steuer mehr nachgefordert werde. Das Angebot des FA mit Schreiben vom 19. Mai 2010, dass eine Nachforderung unterbleibe, hätten sie als Angebot zu einer tatsächlichen und rechtlichen Verständigung verstanden. Hieran sei das FA gebunden.
Die Klage wies das Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 8. Februar 2013 als unbegründet ab.
Mit der Revision machen die Kläger geltend, das FG habe rechtsfehlerhaft entschieden, dass der nach § 173 AO geänderte Einkommensteuerbescheid 2007 durch die erklärte Einspruchsrücknahme bestandskräftig geworden sei. Dabei habe das FG übersehen, dass das FA den Klägern mit Schreiben vom 11. November 2009 mitgeteilt habe, im Streitfall lägen die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 173 AO nicht vor und der Bescheid sei in vollem Umfang zurückgenommen worden. Der Änderungsbescheid vom 10. August 2009 könne nach dessen Rücknahme (§ 130 Abs. 1 AO) nicht Gegenstand des anhängigen Verfahrens und deshalb auch nicht Rechtsgrund für die streitgegenständlichen Aussetzungszinsen sein. Mit der Rücknahme des Änderungsbescheids --als Bestandteil einer tatsächlichen Verständigung oder eines öffentlich-rechtlichen Vergleichs-- sei der Steuerbescheid vom 10. August 2009 ex tunc rechtsunwirksam geworden. Die Feststellung des FG, der Änderungsbescheid sei bestandskräftig geworden, sei evident rechtsfehlerhaft.
Des Weiteren habe das FG die Gründe, welche die Kläger zur Rücknahme der Einsprüche bewogen hätten, nämlich keine Nachforderungen von Einkommensteuer zu erheben, nicht festgestellt bzw. in rechtlich unzutreffender Weise gewürdigt. Fehlerhaft seien zudem die Feststellungen des FG, dass weder eine tatsächliche Verständigung noch ein öffentlich-rechtlicher Vertrag vorgelegen hätten. Das FA habe den Klägern mit Schreiben vom 11. November 2009 und 19. Mai 2010 eine Verständigung zur Ausräumung des Streits durch gegenseitiges Nachgeben angeboten (§ 779 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Dabei habe das FA die bei der Sachverhaltsaufklärung bestehenden Feststellungsspielräume zu den zuvor strittigen Fragen betreffend die Abschreibungen zum Anlass genommen, sich im Interesse der Streitvermeidung über die weitere steuerliche Behandlung des Problems verbindlich zu einigen. Streit habe über den tatsächlichen Zeitpunkt der Verrechnung der Sonderabschreibung mit der gebildeten Ansparabschreibung bestanden.
Ohne das Angebot des FA, dass --irgendwelche-- Nachforderungen unterblieben, hätten sie --die Kläger-- den Einspruch nicht zurückgenommen.
Die Kläger beantragen, das Urteil des FG Baden-Württemberg vom 11. April 2013 (gemeint wohl: 8. Februar 2013) 4 K 308/11 aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. 1. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Das FG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
2. Gemäß § 237 Abs. 1 Satz 1 AO ist, soweit ein Einspruch gegen einen Steuerbescheid endgültig keinen Erfolg gehabt hat, der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen.
"Endgültig keinen Erfolg gehabt" hat ein Rechtsbehelf insbesondere dann, wenn er durch eine unanfechtbare Entscheidung abgewiesen oder vom Rechtsbehelfsführer zurückgenommen worden ist, ohne dass das Finanzamt dem Rechtsbehelfsbegehren in der Sache zuvor entsprochen hat (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 31. August 2011 X R 49/09, BFHE 235, 107, BStBl II 2012, 219, Rz 18; vom 27. November 1991 X R 103/89, BFHE 166, 311, BStBl II 1992, 319). Ob und in welchem Umfang der Rechtsbehelf endgültig keinen Erfolg gehabt hat, richtet sich nach dem Verfahrensgegenstand und dem konkretisierten Rechtsbehelfsbegehren (BFH-Urteil in BFHE 166, 311, BStBl II 1992, 319).
a) Verfahrensgegenstand im Einspruchsverfahren ist nicht ein einzelnes Besteuerungsmerkmal oder eine bestimmte zugrundeliegende Rechtsfrage, sondern die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts, die vom Finanzamt in vollem Umfang gemäß § 367 Abs. 2 AO zu prüfen ist.
Im Streitfall wurde der zunächst angegriffene Einkommensteuerbescheid 2007 vom 10. März 2009 während des zulässigen Einspruchsverfahrens durch den Bescheid vom 10. August 2009 ersetzt. Wird der Verwaltungsakt geändert oder ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt nach § 365 Abs. 3 Satz 1 AO Gegenstand des Einspruchsverfahrens. Dieser neue Verwaltungsakt nimmt den geänderten Verwaltungsakt in seinen Regelungsgehalt mit auf. Dem Rechtsbehelfsverfahren gegen den ursprünglichen Bescheid ist so lange die Grundlage entzogen, wie der Änderungsbescheid Bestand hat (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25. Oktober 1972 GrS 1/72, BFHE 108, 1, BStBl II 1973, 231). Der ursprüngliche Bescheid tritt nur dann wieder in Kraft, wenn der Änderungsbescheid aufgehoben wird.
Im vorliegenden Fall ist der Änderungsbescheid vom 10. August 2009 bis zur Einspruchsrücknahme nicht aufgehoben worden. Er ist dadurch formell bestandskräftig geworden.
b) Die Kläger konnten nicht davon ausgehen, dass mit der Erklärung des FA im Schreiben vom 11. November 2009, die Gewinnerhöhung in Höhe von 15.070 € sei zurückzunehmen, da die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht gegeben seien, der Änderungsbescheid als aufgehoben gilt. Das FA hat die Kläger auf die beiliegende Aussetzungsverfügung hingewiesen, die ins Leere gegangen wäre, wenn schon der Änderungsbescheid aufgehoben worden wäre. Der Kläger, ein rechtskundiger Rechtsanwalt, konnte insoweit nicht von einer Aufhebung des Bescheids ausgehen. Zwar hätte das FA auch ohne weiteres den Änderungsbescheid vom 10. August 2009 zunächst aufheben können, so dass das Einspruchsverfahren sich ausschließlich wieder gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 vom 10. März 2009 gerichtet hätte. Das FA hat aber die verfahrensrechtlichen Konsequenzen nicht gezogen, sondern lediglich die rechtswidrig festgesetzte Steuer von der Vollziehung ausgesetzt.
c) Mit der Einspruchsrücknahme wurde der Bescheid vom 10. August 2009 bestandskräftig, ohne dass das FA dem Rechtsbehelfsbegehren der Kläger in der Sache entsprochen hat.
Die Kläger haben vorbehaltlos ihren Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 zurückgenommen. Ihre Erklärung kann nicht dahin ausgelegt werden, dass sie nur den gegen den Änderungsbescheid eingelegten (unzulässigen) Einspruch zurücknehmen wollten. Hierfür fehlen jegliche Anhaltspunkte. Vielmehr haben die Kläger auf Nachfrage des FA bei der zunächst erteilten "eingeschränkten" Rücknahme vom 2. Juni 2010 mit Schreiben vom 12. August 2010 die Rücknahme gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 ausdrücklich bestätigt.
aa) Aus welchem Grund der Antrag auf Herabsetzung der festgesetzten Steuer endgültig erfolglos bleibt, ist ohne Bedeutung, weil die Besteuerungsgrundlagen aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung nur unselbständiger Teil der Regelung und deshalb nur der Begründung des Bescheids zugeordnet sind (BFH-Urteile in BFHE 235, 107, BStBl II 2012, 219, Rz 18, und in BFHE 166, 311, BStBl II 1992, 319). Demnach können im Verfahren gegen den Zinsbescheid grundsätzlich auch keine Umstände berücksichtigt werden, die gegen die Rechtmäßigkeit des Einkommensteuerbescheids sprechen.
Solange der Änderungsbescheid vom 10. August 2009 Bestand hatte, war dieser vom FA während des Einspruchsverfahrens in vollem Umfang erneut zu überprüfen (vgl. § 367 Abs. 2 Satz 1 AO), und zwar unabhängig davon, ob die Kläger als Einspruchsführer einzelne ursprüngliche Streitpunkte zwischenzeitlich als erledigt ansahen. Infolgedessen ist ein Rechtsbehelf auch dann i.S. des § 237 AO erfolglos geblieben, wenn zwar der Einspruchsführer mit der von ihm vorgetragenen Begründung Erfolg hat, die festgesetzte Steuer sich aber zugunsten des Rechtsbehelfsführers nicht ändert, weil die festgesetzte Steuer aufgrund anderer Lebenssachverhalte als richtig anzusehen ist. Dementsprechend sind die Lebenssachverhalte, die einer Steuerveranlagung zugrunde liegen, austauschbar (vgl. FG Köln, Urteil vom 9. Oktober 1991 6 K 432/90, Entscheidungen der Finanzgerichte 1992, 384).
bb) Das Vorbringen der Kläger, dass sich das FA nicht an seine "Zusage", Nachforderungen nicht zu erheben, gehalten habe und sie deshalb auch keine Aussetzungszinsen zahlen müssten, ist kein wirksamer Widerruf der Rücknahmeerklärung des Einspruchs vom 12. August 2010.
Die Rücknahme kann grundsätzlich nicht widerrufen oder wegen Irrtums angefochten werden. Sie kann allenfalls in besonders gelagerten Fällen unwirksam sein, wenn sie durch eine bewusste Täuschung oder Drohung veranlasst worden ist (BFH-Beschluss vom 12. September 2014 VII B 99/13, BFH/NV 2015, 161, Rz 34; BFH-Urteil vom 29. Juni 2005 II R 21/04, BFH/NV 2005, 1964) oder durch eine bewusst falsche Auskunft oder mittels rechtlich offensichtlich unzutreffender Erwägungen --insbesondere gegenüber rechtsunkundigen Steuerpflichtigen-- veranlasst worden ist (BFH-Urteil vom 1. September 1988 V R 139/83, BFH/NV 1989, 206). Die Unwirksamkeit der Rücknahme kann somit nur in krassen Fällen unzulässiger Einwirkung auf die Willensbildung des Steuerpflichtigen geltend gemacht werden (BFH-Urteile in BFH/NV 2005, 1964, und in BFH/NV 1989, 206, unter 1.b, m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen kann von einem wirksamen Widerruf der Einspruchsrücknahme nicht ausgegangen werden. Die Schriftsätze des FA vom 11. November 2009 und vom 19. Mai 2010 stellen keine bewusst falsche Auskunft dar. Soweit das FA die Kläger darauf hingewiesen hat, dass eine Nachforderung unterbleibt, bezog sich dieser Hinweis nach dem Inhalt der Schreiben nur auf die außerhalb der nach § 173 AO erfolgten Änderung dargestellten Gewinnerhöhungen. Wenn die Kläger der Ansicht waren, dass darüber hinaus auch eine Nachforderung aus dem Änderungsbescheid vom 10. August 2009 unterbleiben würde, befanden sie sich in einem Rechtsirrtum, der nicht zur Unwirksamkeit der Rücknahmeerklärung führt. Zwar ist den Klägern zuzugestehen, dass jegliche Nachforderung unterblieben wäre, wenn das FA zunächst den fehlerhaften Einkommensteuerbescheid vom 10. August 2009 aufgehoben hätte. Dies ist aber nicht geschehen.
cc) Es kommt auch keine Feststellung der Nichtigkeit des Bescheids vom 10. August 2009 in Betracht. Der (rechtswidrige) Erlass eines Steuerbescheids nach § 173 AO, ohne dass die Voraussetzungen vorliegen, stellt keinen Nichtigkeitsgrund i.S. des § 125 AO dar. Ob ein Verwaltungsakt an einem zu seiner Nichtigkeit führenden schwerwiegenden Fehler leidet, bestimmt sich nach der Art des Fehlers, der ihm anhaftet, und nicht danach, ob er der Behörde bewusst oder aus Versehen unterlief oder ob er vermeidbar oder unvermeidbar war (Senatsurteil vom 19. Oktober 2006 III R 31/06, BFH/NV 2007, 392, Rz 15). Der Einkommensteuerbescheid 2007 vom 10. August 2009 ist auch nicht etwa deshalb nachträglich nichtig geworden, weil das FA die Rechtswidrigkeit erklärt und die Rücknahme in Aussicht gestellt hat. Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann nicht durch nachfolgendes Verhalten nichtig werden, da dem ursprünglichen Verwaltungsakt dadurch kein (weiterer) Fehler anhaftet (Senatsbeschluss vom 17. März 2010 III B 177/09, BFH/NV 2010, 1238, Rz 9).
dd) Der Senat kann dahinstehen lassen, ob das FA in dem Schreiben vom 11. November 2009 ein Angebot zu einer wirksamen tatsächlichen Verständigung (Vereinbarung über die Sachbehandlung in Form der Aufhebung des Bescheids) abgegeben hat, welches die Kläger angenommen haben. Selbst wenn das Schreiben vom 11. November 2009 Bindungswirkung haben sollte, so hätte dies nur zur Folge, dass die verständigungswidrige Nichtbeachtung --Nichtaufhebung des Bescheids vom 10. August 2009-- zu einem rechtswidrigen Steuerbescheid geführt hätte (vgl. Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Vor § 118 AO Rz 28). Da im Verfahren gegen den Zinsbescheid grundsätzlich keine Umstände berücksichtigt werden können, die gegen die Rechtmäßigkeit der zugrunde liegenden Einkommensteuerfestsetzung sprechen, änderte selbst eine "tatsächliche Verständigung" nichts daran, dass durch die wirksame Einspruchsrücknahme der Einkommensteuerbescheid 2007 vom 10. August 2009 formell bestandskräftig geworden ist und der Einspruch letztlich erfolglos war. Selbst eine spätere --nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens-- Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerfestsetzung bliebe gemäß § 237 Abs. 5 AO unberücksichtigt.
3. Aufgrund der Erfolglosigkeit des Einspruchs gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 vom 10. August 2009 ist nach § 237 Abs. 1 Satz 1 AO der Unterschiedsbetrag zwischen den ausgesetzten und den aufgrund bestandskräftiger Festsetzungen geschuldeten Beträgen ohne Rücksicht auf den Grund der Erfolglosigkeit des Rechtsbehelfs zu verzinsen. Das FG hat daher zu Recht die Klage abgewiesen.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 2 FGO.