Entscheidungsdatum: 30.08.2010
NV: An eine Nichtzulassungsbeschwerde, mit der die unzureichende Feststellung ausländischen Rechts gerügt wird, sind die gleichen Darlegungsanforderungen zu stellen wie an eine Beschwerde, mit der die mangelhafte Aufklärung des Sachverhalts geltend gemacht wird. Insoweit bedarf es eines substantiierten Vortrags u.a. dazu, welche Beweise das FG auch ohne Antrag hätte erheben müssen und aus welchen Gründen sich dem FG die Notwendigkeit einer Beweiserhebung ohne Antrag hätte aufdrängen müssen .
I. Der im Jahr 2002 geborene Sohn (S) der aus Kamerun stammenden Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) besitzt die belgische Staatsangehörigkeit. Sein Vater lebt in Belgien. Im Februar 2007 erhielt die Klägerin eine Aufenthaltskarte nach § 5 Abs. 2 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern.
Die Klägerin begehrte Kindergeld für S, zuletzt mit Antrag vom 20. Februar 2007. Die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) lehnte den Antrag durch Bescheid vom 26. April 2007 ab. Das Einspruchsverfahren hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) wies die anschließend erhobene Klage ab. Es war der Ansicht, die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld hätten bis einschließlich Januar 2007 nicht vorgelegen, weil die Klägerin erst im Februar 2007 eine Aufenthaltskarte erhalten habe. Ab März 2007 sei der Vater von S wieder erwerbstätig gewesen, so dass Kindergeld nach belgischem, nicht nach deutschem Recht zu leisten gewesen sei.
Mit der Beschwerde macht die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie einen Verfahrensmangel geltend (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Von grundsätzlicher Bedeutung sei die Frage, ob es für die Gewährung von Kindergeld auf den Besitz einer Aufenthaltskarte ankomme. S sei belgischer Staatsangehöriger, sie, die Klägerin, sei als Kindsmutter begleitende Familienangehörige. Die Familienkasse habe in der Einspruchsentscheidung, auf die sich das FG im angefochtenen Urteil bezogen habe, ausgeführt, dass ein Aufenthaltstitel tatsächlich in den Händen gehalten werden müsse, um nach § 62 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes berücksichtigt werden zu können. Eine Aufenthaltskarte habe jedoch nur deklaratorischen Charakter.
Darüber hinaus habe das FG die Pflicht zur Sachaufklärung verletzt (§ 76 Abs. 1 FGO). Es habe rechtsfehlerhaft festgestellt, dass vorrangig Anspruch auf Kindergeld in Belgien bestehe. Dies sei jedoch nicht zutreffend. Nach den belgischen Vorschriften werde grundsätzlich nur für ein in Belgien lebendes Kind Kindergeld geleistet. Auch sei der Kindergeldanspruch in Belgien von der elterlichen Gewalt abhängig. Das FG habe allein die Erwerbstätigkeit des Vaters geprüft. Es hätte die weiteren für die Gewährung von Kindergeld nach belgischem Recht zu erfüllenden Voraussetzungen aufklären müssen.
II. Die Beschwerde ist teilweise begründet.
1. Hinsichtlich des Kindergeldes für die Monate August 2006 bis Januar 2007 ist die Revision zuzulassen. Insoweit ergeht der Beschluss nach § 116 Abs. 5 Satz 2 letzte Alternative FGO ohne Begründung.
2. Hinsichtlich des Kindergeldes für die Monate März bis Juni 2007 ist die Beschwerde unzulässig, weil die Klägerin den Zulassungsgrund nicht ausreichend dargelegt hat (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
a) Sie rügt, das FG habe die Pflicht zur Sachaufklärung nach § 76 Abs. 1 FGO verletzt, weil es die Voraussetzungen der Gewährung von Kindergeld nach belgischem Recht nicht ermittelt habe. Feststellungen des FG zum Inhalt ausländischen Rechts sind revisionsrechtlich wie die Feststellung von Tatsachen zu behandeln (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17. November 1999 I R 11/99, BFHE 190, 419, BStBl II 2001, 822; BFH-Beschluss vom 20. Dezember 2007 VI B 68/06, BFH/NV 2008, 977; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 118 Rz 14). Dementsprechend sind an eine Beschwerde, mit der die unzureichende Feststellung ausländischen Rechts geltend gemacht wird, die gleichen Anforderungen zu stellen wie an eine Beschwerde, mit der die mangelhafte Aufklärung des Sachverhalts gerügt wird. Insoweit bedarf es eines substantiierten Vortrags u.a. dazu, welche Beweise das FG auch ohne Antrag hätte erheben müssen und aus welchen Gründen sich dem FG die Notwendigkeit einer Beweiserhebung ohne Antrag hätte aufdrängen müssen (s. Senatsbeschluss vom 29. Januar 2010 III B 50/09, BFH/NV 2010, 919, m.w.N.).
b) Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Klägerin nicht. Auch ist nicht ersichtlich, dass sich dem FG weitere Nachforschungen zu den rechtlichen Voraussetzungen der Gewährung von Kindergeld in Belgien hätten aufdrängen müssen, nachdem die Familienkasse nach einer Anfrage bei der zuständigen belgischen Behörde (Office national d'allocations familiales pour travailleurs salariés") unwidersprochen vorgetragen hatte, dass der Vater von S ab März 2007 in Belgien kindergeldberechtigt war.
3. Soweit die Beschwerde unzulässig ist und der Klägerin insoweit die Kosten des Verfahrens auferlegt werden, beruht die Kostenentscheidung auf § 135 Abs. 2 FGO.