Entscheidungsdatum: 18.01.2017
NV: Eine im EU-Ausland ansässige Person, die nicht über einen den Anforderungen der §§ 51 ff. DVStB entsprechenden Schutz in Bezug auf die Berufshaftpflicht verfügt, kann die Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfe in Steuersachen in Deutschland nicht auf die Dienstleistungsfreiheit stützen.
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 20. Februar 2014 11 K 922/09 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war früher in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) als Steuerberater bestellt. Die Bestellung wurde im Jahr 2000 gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) wegen Vermögensverfalls widerrufen. Der Widerruf wurde bestandskräftig.
Der Kläger trat seit dem Widerruf seiner Zulassung in einer Vielzahl von Fällen vor verschiedenen Finanzämtern und Finanzgerichten als Bevollmächtigter auf. U.a. wurde er im Besteuerungsverfahren des Steuerpflichtigen F wegen Einkommensteuer 2004 und 2005, Gewerbesteuermessbescheid 2004 und Umsatzsteuer 2005 und im Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung dieser Bescheide als Bevollmächtigter tätig und gab dabei Büroadressen in den Niederlanden und in Belgien an.
Mit Bescheid vom 23. Mai 2007 wies der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) den Kläger gemäß § 80 Abs. 5 und 7 der Abgabenordnung in der bis einschließlich 2016 geltenden Fassung (AO) im Hinblick auf diese Verfahren als Bevollmächtigten des F zurück. Der Einspruch des Klägers gegen den Bescheid blieb erfolglos.
Mit der Klage berief sich der Kläger insbesondere auf die Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft; jetzt Art. 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union --AEUV--). Er sei zur Vertretung des F nicht nach Deutschland gekommen. Er könne sich auf die Dienstleistungsfreiheit berufen, obwohl er seinerzeit keine berufliche Haftpflichtversicherung gehabt habe. Eine solche sei in den Niederlanden nicht erforderlich und damals --vor Ergehen des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 21. Juli 2011 II R 6/10 (BFHE 234, 474, BStBl II 2011, 906)-- auch nicht angeboten worden (Schreiben des Klägers vom 15. April 2008 an die Steuerberaterkammer Düsseldorf, Anlage zur Klageschrift vom 17. März 2009).
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage durch das in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 1058 veröffentlichte Urteil ab. Soweit der Kläger die Feststellung der Nichtigkeit des Bescheids vom 23. Mai 2007 und der Einspruchsentscheidung vom 2. April 2009 begehre, sei die Klage zwar zulässig, aber unbegründet. Das FA habe den Kläger zu Recht gemäß § 80 Abs. 5 AO als Bevollmächtigten des F zurückgewiesen. Die gegen diese Bescheide gerichtete Anfechtungsklage sei unzulässig, weil die der Zurückweisung zugrunde liegenden Klageverfahren des F rechtskräftig abgeschlossen seien und der Kläger in diesen Verfahren nicht mehr für diesen tätig werden könne. Die auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Bescheide gerichtete Klage sei zulässig, aber unbegründet.
Mit der Revision bringt der Kläger vor, er sei als Bevollmächtigter zuzulassen gewesen, was der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in dem Vorlageverfahren II R 44/12 bestätigen werde.
Der Senat setzte mit Beschluss vom 18. November 2014 das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH über das Vorabentscheidungsersuchen des BFH (Beschluss vom 20. Mai 2014 II R 44/12, BFHE 246, 278, BStBl II 2014, 907) aus. Der EuGH hat darüber inzwischen mit Urteil X-Steuerberatungsgesellschaft vom 17. Dezember 2015 C-342/14 (EU:C:2015:827) entschieden.
Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die Klage zutreffend abgewiesen. Das FA hat den Kläger zu Recht gemäß § 80 Abs. 5 AO als Bevollmächtigten zurückgewiesen. Der Kläger war im Jahr 2007 nicht zur geschäftsmäßigen Hilfe in Steuersachen befugt.
1. Gemäß § 80 Abs. 5 AO sind Bevollmächtigte und Beistände zurückzuweisen, wenn sie geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, ohne dazu befugt zu sein; dies gilt nicht für Notare und Patentanwälte.
a) Nach § 2 Satz 1 StBerG darf die Hilfeleistung in Steuersachen geschäftsmäßig nur von Personen und Vereinigungen ausgeübt werden, die hierzu befugt sind. Eine solche Befugnis ist auch für eine Person erforderlich, die vom Ausland aus Hilfe in Steuersachen für Steuerpflichtige in Deutschland leistet, selbst wenn sie sich zur Erbringung der Dienstleistungen nicht auf deutsches Gebiet begibt (BFH-Urteile in BFHE 234, 474, BStBl II 2011, 906, Rz 20, und vom 19. Oktober 2016 II R 44/12, BFHE 255, 367, für Steuerberatungsgesellschaften).
b) Die Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen gemäß § 2 Satz 1 StBerG setzt u.a. voraus, dass ein den Anforderungen der §§ 51 ff. der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften (DVStB) entsprechender Schutz in Bezug auf die Berufshaftpflicht besteht. §§ 51 ff. DVStB gelten aufgrund des mit diesen Vorschriften verfolgten Schutzzwecks auch für Personen, die vom Ausland aus Hilfe in Steuersachen für Steuerpflichtige in Deutschland leisten und die nach inländischem Recht nicht gegebene Befugnis dazu unmittelbar aus der Dienstleistungsfreiheit ableiten wollen. Das Bestehen eines entsprechenden Schutzes muss der Dienstleister gemäß § 90 Abs. 2 Sätze 1 und 2 AO ggf. i.V.m. § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO durch Vorlage entsprechender Unterlagen nachweisen.
Besteht kein den Anforderungen der §§ 51 ff. DVStB entsprechender Schutz in Bezug auf die Berufshaftpflicht, ist eine Berufung auf die Dienstleistungsfreiheit ausgeschlossen (BFH-Urteile in BFHE 234, 474, BStBl II 2011, 906, und in BFHE 255, 367, Rz 62 f., 68). Darin liegt keine unzulässige Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit. Dies ist aufgrund der im BFH-Urteil in BFHE 234, 474, BStBl II 2011, 906, Rz 28 ff. angeführten Rechtsprechung des EuGH bereits geklärt. Ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gemäß Art. 267 AEUV ist somit nicht erforderlich.
2. Der Kläger war danach bei Ergehen des Bescheids vom 23. Mai 2007 nicht zur geschäftsmäßigen Hilfe in Steuersachen i.S. des § 80 Abs. 5 AO befugt. Er hat nicht durch Vorlage entsprechender Unterlagen nachgewiesen, dass er seinerzeit über den erforderlichen Schutz in Bezug auf die Berufshaftpflicht verfügte. Er hat vielmehr bereits im Klageverfahren eingeräumt, dass dies nicht der Fall war. Es ist daher nicht erforderlich, die Sache an das FG zurückzuverweisen, um dem Kläger Gelegenheit zu geben, das Bestehen eines Haftpflichtversicherungsschutzes am 23. Mai 2007 nachzuweisen. Einem etwaigen später erfolgten Abschluss einer Haftpflichtversicherung kommt keine auf den 23. Mai 2007 zurückwirkende Bedeutung zu. Für die Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Zurückweisungsbescheids nach § 80 Abs. 5 AO sind die Verhältnisse bei dessen Ergehen maßgebend (BFH-Urteil in BFHE 255, 367, Rz 12, 27, 44, 47 f., 67).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.