Bundesfinanzhof

Entscheidungsdatum: 20.12.2010


BFH 20.12.2010 - II B 42/10

Ende der Kraftfahrzeugsteuerpflicht - Begriff der "Zulassung zum Verkehr" - Anforderungen an die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde bei behaupteter Divergenz


Gericht:
Bundesfinanzhof
Spruchkörper:
2. Senat
Entscheidungsdatum:
20.12.2010
Aktenzeichen:
II B 42/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 18. März 2010, Az: 13 K 4438/08, Urteil
Zitierte Gesetze

Leitsätze

NV: Die Kraftfahrzeugsteuerpflicht endet erst im Zeitpunkt der Außerbetriebsetzung, also in dem Moment, in dem einerseits der Vermerk über die Außerbetriebsetzung in die Zulassungsbescheinigung aufgenommen wurde und andererseits die Kennzeichen entstempelt wurden .

Tatbestand

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I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Halter eines Kraftfahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen …. Mit Wirkung vom 1. Januar 2007 erlosch der Versicherungsschutz für dieses Fahrzeug. Daraufhin beantragte der Kläger beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) die Aufhebung der Festsetzung von Kraftfahrzeugsteuer für 2007. Ermittlungen des FA ergaben, dass das Fahrzeug wegen des fehlenden Versicherungsschutzes am 19. April 2007 zwangsentstempelt wurde, nachdem die Verfügung über die Außerbetriebsetzung des Fahrzeugs dem Kläger nicht hatte zugestellt werden können. Das Fahrzeug wurde am 5. März 2008 von der Zulassungsstelle wieder aufgestempelt, ohne dass zuvor der Fahrzeugschein eingezogen oder die Außerbetriebsetzung in die Zulassungsbescheinigung eingetragen worden war.

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Mit Bescheid vom 13. März 2008 lehnte das FA den Antrag auf Aufhebung der Steuerpflicht ab dem 1. Januar 2007 mit der Begründung ab, ein Fahrzeug sei erst dann vorübergehend oder endgültig stillgelegt, wenn dies die Zulassungsstelle im Fahrzeugbrief vermerke und den Fahrzeugschein entwertet habe. Erst an diesem Tage ende die Steuerpflicht.

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Einspruch und Klage gegen den Ablehnungsbescheid blieben erfolglos. Zur Begründung seines abweisenden Urteils führte das Finanzgericht (FG) aus, die Kraftfahrzeugsteuerpflicht bestehe nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (KraftStG), solange das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen sei. Dies sei nach den maßgeblichen verkehrsrechtlichen Vorschriften erst dann nicht mehr der Fall, wenn sowohl die Kennzeichen entstempelt worden seien als auch die Außerbetriebsetzung in die Zulassungsbescheinigung eingetragen worden sei.

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Gegen die Nichtzulassung der Revision im angefochtenen Urteil des FG wehrt sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde, die er auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), die Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherstellung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) sowie auf Verfahrensfehler, auf denen das Urteil des FG beruhe (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), stützt.

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Der Kläger beantragt, die Revision gegen das Urteil des FG Baden-Württemberg vom 18. März 2010  13 K 4438/08 zuzulassen.

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Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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II. Die Beschwerde ist unbegründet und war daher zurückzuweisen. Gründe, welche die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO rechtfertigen könnten, liegen, soweit sie überhaupt in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Weise dargelegt wurden, nicht vor.

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1. Die Rechtsfrage, ob ein Fahrzeug schon dann nicht mehr i.S. des § 5 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG zum Verkehr zugelassen ist, wenn nur die Kennzeichen entstempelt wurden, dies aber nicht im Fahrzeugschein vermerkt wurde, hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Die Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, weil sie eindeutig so zu beantworten ist, wie dies das FG getan hat.

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a) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG dauert die Steuerpflicht bei einem inländischen Fahrzeug, solange das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist, mindestens jedoch einen Monat. Der Begriff der "Zulassung zum Verkehr" wird im KraftStG nicht definiert, sondern richtet sich gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 KraftStG nach den jeweils geltenden verkehrsrechtlichen Vorschriften (vgl. Strodthoff, Kraftfahrzeugsteuer, § 5 Rz 6). Die Zulassung zum Verkehr erfolgt dabei gemäß § 3 Abs. 1 Satz 3 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung in der im Streitjahr geltenden Fassung (FZV) durch die Zuteilung eines Kennzeichens "und" die Ausfertigung einer Zulassungsbescheinigung. Dem entspricht es, wenn für die Außerbetriebsetzung eines Fahrzeugs der Halter dies nach § 14 Abs. 1 Satz 1 FZV der Zulassungsbehörde unter Vorlage der Zulassungsbescheinigung unverzüglich anzuzeigen "und" die Kennzeichen zur Entstempelung vorzulegen hat. Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 FZV vermerkt die Zulassungsbehörde die Außerbetriebsetzung des Fahrzeugs unter Angabe des Datums auf der Zulassungsbescheinigung Teil I und händigt die vorgelegten Unterlagen sowie die entstempelten Kennzeichenschilder wieder aus.

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b) Da § 5 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG an diese verkehrsrechtlichen Vorgaben anknüpft und die Steuerpflicht somit besteht, solange die verkehrsrechtliche Zulassung fortbesteht (BFH-Urteile vom 16. Oktober 2007 IX R 25/07, BFH/NV 2008, 250; vom 29. August 2007 IX R 4/07, BFHE 218, 435, BStBl II 2010, 145), endet die Steuerpflicht erst im Zeitpunkt der Außerbetriebsetzung, also in dem Moment, in dem einerseits der Vermerk über die Außerbetriebsetzung in die Zulassungsbescheinigung aufgenommen wurde und andererseits die Kennzeichen entstempelt wurden. Dass es grundsätzlich auf beide Voraussetzungen ankommt, stellt auch § 5 Abs. 4 Satz 1 KraftStG klar, wonach in dem Fall, dass die Eintragung in der Zulassungsbescheinigung und die Entstempelung des Kennzeichens an verschiedenen Tagen vorgenommen werden, der letzte Tag maßgebend ist. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nach § 5 Abs. 4 Satz 2 KraftStG nur, wenn der Steuerschuldner glaubhaft macht, dass das Fahrzeug seit dem früheren Zeitpunkt nicht benutzt wurde und er die Abmeldung des Fahrzeugs nicht schuldhaft verzögert hat. Entsprechend ist ein Fahrzeug also nach den für die Anwendung des § 5 Abs. 1 Satz 1 KraftStG maßgeblichen verkehrsrechtlichen Vorschriften erst dann nicht mehr zum Verkehr zugelassen, wenn sowohl die Kennzeichen entstempelt wurden als auch die Außerbetriebsetzung in die Zulassungsbescheinigung eingetragen wurde (vgl. bereits BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 250; Strodthoff, a.a.O., § 5 Rz 77).

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2. Soweit sich der Kläger auf die Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO beruft, fehlt es bereits an der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Darlegung, in welcher konkreten Rechtsfrage das FG von einer Entscheidung des BFH abgewichen sein könnte. Dazu hätte der Kläger einen abstrakten, die Vorentscheidung tragenden Rechtssatz einem ebenfalls tragenden, abstrakten Rechtssatz aus einer anderen Entscheidung gegenüberstellen und zudem ausführen müssen, dass es sich im Streitfall um einen vergleichbaren Sachverhalt und eine identische Rechtsfrage handle (BFH-Beschlüsse vom 17. August 2007 VIII B 36/06, BFH/NV 2007, 2293; vom 20. Februar 2008 VIII B 83/07, BFH/NV 2008, 978).

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3. Der Kläger hat auch keinen Verfahrensmangel, auf dem das Urteil des FG i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO beruhen könnte, in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Weise dargelegt.

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a) Soweit er sich darauf berufen hat, das FG hätte trotz des erklärten Verzichts auf mündliche Verhandlung von ihm angebotene Zeugen hören müssen, rügt der Kläger die Verletzung der Pflicht zur Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO). Insoweit hätte es jedoch eines substantiierten Vortrags bedurft, welche konkreten Tatsachen das FG hätte aufklären und welche Beweise es von Amts wegen hätte erheben müssen, aus welchen Gründen sich für das FG die Notwendigkeit einer Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern sie auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätten führen können (z.B. BFH-Beschlüsse vom 10. April 2006 X B 162/05, BFH/NV 2006, 1332; vom 22. Mai 2007 X B 143/06, BFH/NV 2007, 1692). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des Klägers nicht.

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b) Nichts anderes ergibt sich für die Einlassung, das FG habe die Akten der Zulassungsstelle beiziehen müssen, denn auch insoweit fehlt jegliches Vorbringen dazu, inwieweit der Akteninhalt Abweichungen zu den im Urteil des FG festgestellten Tatsachen enthält und weshalb daraus abweichende steuerliche Rechtsfolgen abzuleiten wären.

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c) Soweit der Kläger schließlich geltend gemacht hat, das FG sei hinsichtlich des abgelaufenen Versicherungsschutzes für das Fahrzeug von einem Sachverhalt ausgegangen, der nicht durch tatsächliche Feststellungen gedeckt sei, verkennt er, dass das FG diesen Umstand im Tatbestand seines Urteils erwähnt hat. Soweit sich der Kläger dagegen wehrt, dass das FG den fehlenden Versicherungsschutz in seinen Entscheidungsgründen nicht berücksichtigt hat, wendet er sich gegen die materielle Richtigkeit des FG-Urteils. Mit der Rüge einer fehlerhaften Rechtsanwendung kann er aber im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht gehört werden (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 4. Juni 2003 IX B 29/03, BFH/NV 2003, 1212; vom 24. September 2008 IX B 110/08, BFH/NV 2009, 39).