Entscheidungsdatum: 30.08.2017
NV: Eine nach der Entstehung der Steuer eingetretene Wertminderung eines freigebig zugewendeten Grundstücks kann keinen Erlass der Schenkungsteuer aus sachlichen Billigkeitsgründen rechtfertigen .
Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 11. Januar 2017 7 K 1974/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Die Beschwerde ist unbegründet. Soweit ihre Begründung den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht, liegt der geltend gemachte Grund für die Zulassung der Revision nicht vor.
1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.
a) Grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein (BFH-Beschluss vom 25. April 2017 III B 51/16, BFH/NV 2017, 1163, Rz 6, m.w.N.). Ist die Rechtslage eindeutig, bedarf es keiner Klärung in einem Revisionsverfahren (BFH-Beschluss in BFH/NV 2017, 1163, Rz 7, m.w.N.). Im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde ist zudem in entsprechender Anwendung des § 126 Abs. 4 FGO die Revision nicht zuzulassen, wenn sich das Urteil aus anderen Gründen als richtig erweist (BFH-Beschluss vom 13. Februar 2017 X B 72/16, BFH/NV 2017, 765, Rz 10, m.w.N.).
b) Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache sind vorliegend nicht erfüllt.
aa) Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) herausgestellte Rechtsfrage, ob "für eine Billigkeitsprüfung gem. § 227 AO nach veranlagter Schenkungsteuer unter dem Gesichtspunkt, ob im Lichte der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, Az: 1 BvR 48/94 und im Hinblick auf einen möglichen Verstoß gegen Art. 14 GG die aus der Veranlagung stammende Steuerverpflichtung aus nach der Veranlagung eingetretener oder bekanntgewordener Umstände nicht aus fluktuierendem Vermögen bestritten werden kann und eine erdrosselnde Wirkung für den Steuerpflichtigen vorliegt, erforderlich [ist], dass der Steuerpflichtige im Veranlagungsverfahren gegen die Festsetzung der Steuer Rechtsmittel eingelegt hat, dies unter Zugrundelegung des durch den Großen Senat des BFH in der Entscheidung vom 28.11.2016, Az.: GrS 1/15 letztmals definierten Begriffs der 'Unbilligkeit'", bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Sie bezieht sich nicht auf die vom Finanzgericht (FG) vertretene Ansicht, dass die Feststellung des Grundbesitzwerts und der Schenkungsteuerbescheid wegen der eingetragenen Bestandskraft in dem auf einen Erlass der Steuer aus Billigkeitsgründen gerichteten Verfahren nicht mehr überprüft werden könnten. Der Kläger führt auf S. 8 oben der Beschwerdebegründung vom 19. April 2017 aus, er habe im Klageverfahren nicht darauf abgestellt, dass er mit dem Gutachten die Werte zum Stichtag des § 11 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) dokumentiert habe. Mit dem Gutachten seien Wertentwicklungen belegt, die zum Stichtag "01.12.2012" erfasst worden seien.
bb) Der Kläger möchte vielmehr eine Klärung erreichen, ob eine nach der Entstehung der Schenkungsteuer gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG eingetretene Minderung des Werts eines freigebig zugewendeten Grundstücks zu einem Erlass führen kann, obwohl die Feststellung des Grundbesitzwerts und der Schenkungsteuerbescheid bestandskräftig geworden sind.
Diese Frage bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Die nach der Entstehung der Steuer eingetretene Wertminderung begründet unabhängig von der eingetretenen Bestandskraft keine sachliche Unbilligkeit i.S. des § 227 der Abgabenordnung (AO).
Sachlich unbillig in diesem Sinn ist die Festsetzung einer Steuer, wenn sie zwar äußerlich dem Gesetz entspricht, aber den Wertungen des Gesetzgebers im konkreten Fall derart zuwiderläuft, dass die Erhebung der Steuer als unbillig erscheint. So verhält es sich, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass der Gesetzgeber die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage --wenn er sie als regelungsbedürftig erkannt hätte-- im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte. Eine Billigkeitsentscheidung darf jedoch nicht dazu führen, die generelle Geltungsanordnung des den Steueranspruch begründenden Gesetzes zu unterlaufen. Sie darf nicht die Wertung des Gesetzes durchbrechen oder korrigieren, sondern nur einem ungewollten Überhang des gesetzlichen Steuertatbestandes abhelfen (BFH-Urteil vom 22. Oktober 2014 II R 4/14, BFHE 247, 170, BStBl II 2015, 237, Rz 14 f., m.w.N.). Billigkeitsmaßnahmen dienen der Anpassung des steuerrechtlichen Ergebnisses an die Besonderheiten des Einzelfalls, um Rechtsfolgen auszugleichen, die das Ziel der typisierenden gesetzlichen Vorschrift verfehlen und deshalb ungerecht erscheinen. Sie gleichen Härten im Einzelfall aus, die der steuerrechtlichen Wertentscheidung des Gesetzgebers nicht entsprechen und damit zu einem vom Gesetzgeber nicht gewollten Ergebnis führen (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 28. November 2016 GrS 1/15, BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393, Rz 113). Eine für den Steuerpflichtigen ungünstige Rechtsfolge, die der Gesetzgeber bewusst angeordnet oder in Kauf genommen hat, rechtfertigt dagegen keine Billigkeitsmaßnahme (BFH-Urteil vom 21. Dezember 2016 I R 24/15, BFH/NV 2017, 923, Rz 9).
cc) Eine nach der Entstehung der Steuer eingetretene Wertminderung eines freigebig zugewendeten Grundstücks kann danach keinen Erlass der Schenkungsteuer aus sachlichen Billigkeitsgründen rechtfertigen. Der Zeitpunkt der Steuerentstehung ist der umfassende zeitliche Bezugspunkt für die Erbschaft- und Schenkungsteuer (BFH-Urteil vom 28. Oktober 2015 II R 45/13, BFH/NV 2016, 567, Rz 16) und nach § 11 ErbStG für die Wertermittlung maßgeblich. Die Wertermittlung stellt damit eine Momentaufnahme dar und nicht das Ergebnis einer dynamischen Betrachtung, mit der sich auch die weitere wertmäßige Entwicklung des Erwerbs erfassen ließe. Dies schließt es aus, nachträglich eingetretene, d.h. am Bewertungsstichtag noch nicht vorhandene Umstände wie etwa den Ausfall einer zum Nachlass gehörenden Forderung aufgrund von Umständen, die erst nach dem Tod des Erblassers eingetreten sind, auf diesen Zeitpunkt zurückzubeziehen (BFH-Urteil vom 18. Oktober 2000 II R 46/98, BFH/NV 2001, 420). Es entspricht somit den Wertungen des Gesetzgebers, dass eine nach der Entstehung der Steuer eingetretene Minderung des Werts eines freigebig zugewendeten Grundstücks unberücksichtigt bleibt. Mit diesen Wertungen wäre es nicht vereinbar, wenn man eine Billigkeitsmaßnahme aus sachlichen Gründen auf die nachträgliche Wertminderung stützen würde. Dass nach dem Bewertungsstichtag eintretende Wertänderungen zugunsten oder zulasten der Steuerpflichtigen bei der Besteuerung unberücksichtigt bleiben, hat der Gesetzgeber bewusst angeordnet.
dd) Dem vom Kläger zitierten BFH-Urteil in BFHE 247, 170, BStBl II 2015, 237, lässt sich nichts anderes entnehmen. Es betrifft nicht eine nach der Entstehung der Schenkungsteuer eingetretene Wertminderung eines freigebig zugewendeten Grundstücks, sondern Billigkeitsmaßnahmen bei von Todes wegen erworbenen lebenslänglichen Leibrenten, wenn der Steuerpflichtige die jährliche Besteuerung des Jahreswerts gewählt hatte und die Rentenzahlungen später wegen der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung des Verpflichteten ausfallen. Der BFH hat die dabei bestehenden Besonderheiten hervorgehoben, die eine Billigkeitsmaßnahme rechtfertigen können. Zum einen knüpft die Besteuerung an die lebenslängliche Leistung der Rente an, so dass es bei einem Wegfall der Rentenzahlungen aufgrund von Umständen, die der Rentenberechtigte nicht zu vertreten hat, zu einem vom Gesetzgeber nicht gewollten Überhang des Steuertatbestandes kommt, weil der Rentenberechtigte zwar keine Zahlungen mehr erhält, aber weiterhin bis zu seinem Ableben nach § 23 Abs. 1 ErbStG die Jahressteuer für eine lebenslängliche Rente zu entrichten hat. Zum anderen unterscheidet sich der Anspruch auf eine Leibrente grundlegend von einem anderen Vermögensgegenstand, der ohne weiteres veräußert werden kann und bei dem der Erwerber zumindest die Möglichkeit hat, den Wert bei Gefahr einer drohenden Vermögensminderung zu realisieren.
Derartige Besonderheiten liegen bei der nachträglichen Minderung des Werts eines freigebig zugewendeten Grundstücks nicht vor. Es handelt sich dabei um einen nachträglich eingetretenen Umstand, der nicht zu einer Billigkeitsmaßnahme aus sachlichen Gründen führen kann. Die Besteuerung knüpft nach dem Willen des Gesetzgebers vielmehr allein an den Wert zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer an.
c) Nach der vom FG vertretenen Ansicht steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen zu, da es an Erlassbedürftigkeit und Erlasswürdigkeit fehle. Einen Grund für die Zulassung der Revision hat der Kläger insoweit nicht wie nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlich dargelegt.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
3. Die Entscheidung ergeht im Übrigen gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ohne Angabe weiterer Gründe, insbesondere ohne Darstellung des Tatbestands.