Bundesfinanzhof

Entscheidungsdatum: 02.10.2012


BFH 02.10.2012 - I S 12/12

Auslegung - sofortige Beschwerde als Anhörungsrüge


Gericht:
Bundesfinanzhof
Spruchkörper:
1. Senat
Entscheidungsdatum:
02.10.2012
Aktenzeichen:
I S 12/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend BFH, 5. Juni 2012, Az: I R 51/11, Beschluss
Zitierte Gesetze

Leitsätze

NV: Wird gegen den Beschluss, mit dem die Revision verworfen worden ist, eine sofortige Beschwerde erhoben, die ausschließlich auf die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gestützt wird, so kann der Rechtsbehelf - rechtsschutzgewährend - i. S. einer Anhörungsrüge auszulegen sein.

Tatbestand

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I. Die Revision des Klägers, Revisionsklägers und Rügeführers (Kläger) wurde mit Beschluss vom 5. Juni 2012 (I R 51/11, BFH/NV 2012, 1800) verworfen. In dem Beschluss wird erläutert, dass der Vortrag des Klägers nicht den Begründungserfordernissen des § 120 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genügt habe.

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Hiergegen hat sich der Kläger mit Schriftsatz vom 1. August 2012 gewendet. Das Schreiben trägt die Überschrift "Sofortige Beschwerde" und zielt nach seinem Schlusssatz darauf, über "die aufgeworfene Revisionsfrage in der Sache zu entscheiden". Hierzu wird geltend gemacht, dass der Senatsbeschluss vom 5. Juni 2012 den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt habe, weil er --entgegen der Ansicht des erkennenden Senats-- i.S. von § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO die Umstände bezeichnet, d.h. die "wesentlichen Argumente" vorgetragen habe, aus denen sich die Rechtsverletzung ergebe. Zur Begründung dieser Ansicht werden in dem Schreiben vom 1. August 2012 zum einen die einschlägigen Ausführungen der Revisionsbegründungsschrift vom 26. September 2011 zitiert, die insoweit --neben der dem vorinstanzlichen Urteil widerstreitenden Rechtsbehauptung (Zuordnung von Zinsen zum Hoheitsbereich)-- lediglich auf den erstinstanzlichen Vortrag des Klägers verweisen; zum anderen werden in dem Schreiben vom 1. August 2012 die Erwägungen wörtlich wiedergegeben, die der Kläger im Revisionsverfahren mit weiterem Schriftsatz vom 27. Februar 2012 vorgetragen hatte.

Entscheidungsgründe

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II. Der Rechtsbehelf ist unzulässig.

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1. Obgleich der Schriftsatz vom 1. August 2012 nach seinem Wortlaut auf eine Entscheidung über eine "Sofortige Beschwerde" gerichtet ist, versteht der Senat den Antrag des Klägers --entsprechend dem Gebot der rechtsschutzgewährenden Auslegung von Prozesserklärungen-- dahin, dass mit dem Schreiben eine Anhörungsrüge gemäß § 133a FGO erhoben werden sollte. Zwar ist der vor dem Bundesfinanzhof (BFH) postulationsfähige Personenkreis beim Wort zu nehmen und deshalb grundsätzlich auch eine Umdeutung der nicht statthaften sofortigen Beschwerde in eine Anhörungsrüge gemäß § 133a FGO ausgeschlossen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 22. März 2011 X B 198/10, BFH/NV 2011, 1166, m.w.N.). Hiervon unberührt bleibt jedoch, dass dann, wenn --wie vorliegend-- der Rechtsbehelf ausschließlich auf die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gestützt wird, keine Bedenken dagegen bestehen, im Wege der Auslegung von einem Antrag des Inhalts auszugehen, dass dem behaupteten Rechtsverstoß abgeholfen und damit eine Anhörungsrüge nach § 133a FGO erhoben werden soll (vgl. auch Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 133a Rz 12 a.E.).

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2. Die Anhörungsrüge genügt jedoch nicht den Anforderungen des § 133a Abs. 2 Satz 5 FGO, nach dem das Vorliegen der in § 133a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FGO genannten Voraussetzungen und damit darzulegen ist, dass das Gericht den Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.

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Der Kläger hat insoweit außer Acht gelassen, dass den Anforderungen an die Begründung einer Revision (§ 120 Abs. 3 FGO) innerhalb der zweimonatigen Frist des § 120 Abs. 2 Satz 1 FGO, die im Revisionsverfahren I R 51/11 auf den 27. September 2011 verlängert worden war (§ 120 Abs. 2 Satz 3 FGO), zu genügen ist (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz 41). Eine Berücksichtigung der mit Schriftsatz vom 27. Februar 2012 vorgebrachten Erläuterungen des Revisionsbegehrens war deshalb ausgeschlossen. Die Bezugnahme auf diesen Schriftsatz ist deshalb auch nicht geeignet, einen Verstoß gegen den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs zu substantiieren.

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3. Die Kostenpflicht für das Rügeverfahren ergibt sich aus Nr. 6400 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz --GKG-- (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG i.d.F. des Anhörungsrügengesetzes vom 9. Dezember 2004, BGBl I 2004, 3220). Es fällt eine Festgebühr von 50 € an.